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Degressive Abschreibung und Sonderabschreibung: Wachstumschancengesetz

5. Apr. 2024
15 MIN

degressvive_abschreibung

Das Wachstumschancengesetz, das endlich in abgespeckter Form beschlossen wurde, bringt zwei Neuerungen für die Abschreibungen von Unternehmen und Selbstständigen: eine befristete Rückkehr der degressiven Abschreibung und eine Erhöhung der Sonderabschreibung. Beide können helfen, beim Investieren Steuern zu sparen.

Das Wachstumschancengesetz und die geplanten Änderungen im Abschreibungsrecht

Eigentlich sollte das Wachstumschancengesetz ein großer Rundumschlag im Steuerrecht werden. Das galt auch für das Abschreibungsrecht. Dann blieb das Gesetz im Bundesrat hängen. Nach monatelangem Hin und her wurde schließlich eine geschrumpfte Version beschlossen.

  • Auf der Strecke blieben dabei neben vielen anderen geplanten Neuerungen die Erhöhung der GWG-Grenze auf 1.000 Euro. Gestrichen wurde auch die Ausweitung der Sammelabschreibung auf Wirtschaftsgüter bis 5.000 Euro bei auf drei Jahre verkürzter Abschreibungsfrist.
  • Tatsächlich beschossen wurden dagegen zwei andere Abschreibungsregelungen. So kehrt zum April 2024 bis Ende des Jahres die degressive Abschreibung zurück, wenn auch mit verringerten Prozentsätzen ( 7Abs. 2 EstG). Außerdem darf von Investitionen seit Jahresbeginn 2024 ein höherer Kostenanteil als Sonderabschreibung gemäß § 7g EstG angesetzt werden, allerdings nur 40 Prozent statt der ursprünglich geplanten 50 Prozent.

Dieser Beitrag fasst zusammen, wie man die beiden neuen Abschreibungsregelungen nutzt und welche Chancen sie Selbstständigen und kleineren Unternehmen eröffnen.

Abschreibungen: so funktioniert das Prinzip

Wenn Selbstständige oder Unternehmen selbstständig nutzbare, bewegliche und abnutzbare „Investitionsgüter des Anlagevermögens“ anschaffen – gemeint sind Maschinen, Büromöbel, Geschäftsausstattung, Firmenfahrzeuge, IT-Geräte und ähnliches mehr – dann stellen die Kosten dafür Betriebsausgaben dar. Der Aufwand dafür kann vom Gewinn abgezogen werden und verringert so die Steuerlast.

Allerdings darf nur bei den sogenannten „geringwertigen Wirtschaftsgüter“ oder „GWG“ der volle Preis sofort im Jahr der Anschaffung steuermindernd geltend gemacht werden. Die GWG-Grenze liegt – nun auch weiterhin – bei 800 Euro. Teurere Anschaffungen müssen über mehrere Jahre abgeschrieben werden. Als Abschreibungsfrist gilt im Regelfall die von der Finanzverwaltung festgelegte „betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer“. Sie steht in offiziellen AfA-Listen (AfA steht für „Absetzung für Abnutzung“) und ist zum Teil branchenabhängig.

Für ein Kassensystem sind dort beispielsweise sechs Jahre vorgesehen. Wenn Sie ein Kassensystem für mehr als 800 Euro anschaffen, müssen Sie den Kaufpreis im Regelfall „über sechs Jahre abschreiben“: sechs Jahre nacheinander können Sie immer nur einen Teil der 800 Euro als Betriebsausgabe geltend machen. Erst nach sechs Jahren haben Sie den gesamten Betrag steuermindernd von Ihrem Gewinn abgezogen.

Abschreibung gibt es in zwei Formen. Standard ist die lineare Abschreibung mit gleichbleibenden Jahresbeträge: die 800 Euro werden in sechs gleich großen Beträgen abgeschrieben.

Zu bestimmten Zeiten – so auch für die Zeit von April bis Dezember 2024 – wurde als Alternative die degressive Abschreibung gestattet. Dabei bleibt nicht der Abschreibungsbetrag konstant, sondern der Prozentsatz, der vom jeweiligen Restwert abgeschrieben wird. Der Abschreibungsbetrag verkleinert sich also mit jedem Jahr.

Zusätzlich besteht die Möglichkeit, zuerst degressiv und dann linear abzuschreiben: ein einmaliger Wechsel der Methode ist zulässig. Die per AfA-Frist festgelegte Abschreibungsdauer ist bei allen drei Formen gleich lang.

Mehr zu Abschreibungen:

Degressive Abschreibungsmöglichkeit für Wirtschaftsgüter bis Ende 2024

Für eine begrenzte Zeit hat das Wachstumschancengesetz die degressive Abschreibung als Alternative wiedereingeführt: Bei Wirtschaftsgütern, die zwischen dem 01. April und dem 31. Dezember 2024 angeschafft werden, können Selbstständige zwischen der linearen Abschreibung und degressiver Abschreibung wählen.

Anders ausgedrückt: Wer möchte, kann die von April bis Dezember beschaffte neue Maschine oder die neuen Büromöbel statt mit gleichbleibenden auch mit fallenden Jahresbeträgen abschreiben. Dann werden zunächst größere Anteile steuerlich geltend gemacht, dafür schrumpfen die Abzugsbeträge kontinuierlich.

Die entsprechende Regelung im Einkommensteuergesetz, die das degressive Abschreiben bereits von 2020 bis 2022 gestattete, wurde entsprechend erweitert (§ 7 Abs. 2 EstG). Bei der degressiven Abschreibung darf nun der zweifache Abschreibungssatz der linearen Abschreibung angesetzt werden, maximal jedoch 20 Prozent der Anschaffungskosten. Das ist weniger, als bei der degressiven Abschreibung für Anschaffungen in den Jahren 2020 bis 2022 möglich war, dort war sie auf das 2,5 fache des linearen Abschreibungssatzes und maximal 25 Prozent der Anschaffungskosten gedeckelt.

Die degressive Abschreibung ist in der Regel von Vorteil, weil man so in den ersten Jahren nach der Anschaffung bereits einen größeren Teil der Ausgaben vom Gewinn abziehen kann. Entscheidend ist allerdings der individuelle Fall.

Degressive Abschreibung: ein Beispiel als Vergleich

Angenommen, Ihr neuer Gabelstapler, beschafft zum 01. Juli 2024, kostet Sie 8.000 Euro netto. Die AfA-Frist für das Gerät beträgt acht Jahre. Sie haben drei Varianten zur Auswahl. In allen drei Fällen ist der Stapler am 30. Juni 2032 komplett abgeschrieben.

Lineare Abschreibung:

Bei der linearen Abschreibung ergeben sich acht Jahresbeträge von jeweils 1.000 Euro, wenn Sie das Gerät zum 01. Januar anschaffen. Das entspricht einem Abschreibungsbetrag von 12,5 Prozent des Anschaffungswerts.

Bei unterjähriger Anschaffung gilt der auf die Monate entfallende Anteil. Wenn Sie den Stapler zum 01. Juli 2024 kaufen und in Betrieb nehmen, können Sie im ersten Jahr 500 Euro abschreiben. In diesem Fall ergibt sich folgender Abschreibungsplan:

Jahr

Abschreibungsbetrag

Restwert zum Jahresende

2024

500 Euro

7.500 Euro

2025

1.000 Euro

6.500 Euro

2026

1.000 Euro

5.500 Euro

2027

1.000 Euro

4.500 Euro

2028

1.000 Euro

3.500 Euro

2029

1.000 Euro

2.500 Euro

2030

1.000 Euro

1.500 Euro

2031

1.000 Euro

500 Euro

2032

1.000 Euro

0 Euro


Degressive Abschreibung:

Die neu festgelegte degressive Abschreibungsrate beträgt das Zweifache der linearen Abschreibungsrate. Diese liegt in unserem Beispiel bei 1.000 Euro, das Zweifache wären 2.000 Euro. Allerdings ist die degressive Abschreibungsrate auf 20 Prozent der Anschaffungskosten gedeckelt. So ergibt sich bei Anschaffungskosten von 8.000 Euro zunächst ein degressiver Abschreibungsbetrag von 1.600 Euro. Da der Stapler zum 01. Juli beschafft wurde, ergibt sich für das erste Jahr die Hälfte.

Der degressive Abschreibungsplan sieht bei Anschaffung zum 01. Juli 2024 wie folgt aus:

Jahr

Abschreibungsbetrag

Restwert zum Jahresende

2024

800 Euro

7.200 Euro

2025

1.440 Euro

5.760 Euro

2026

1.152 Euro

4.608 Euro

2027

921,60 Euro

3.686,40 Euro

2028

737,28 Euro

2.949,12 Euro

2029

589,82 Euro

2.359,30 Euro

2030

471,86 Euro

1.887,44 Euro

2031

377,49 Euro

1.509,95 Euro

2032

1.509,95 Euro

0 Euro


Im letzten Jahr der Abschreibungsfrist kann der verbleibende Restwert komplett abgeschrieben werden. Davor beträgt der Abschreibungsbetrag stets 20 Prozent des Restwerts.

Sonderfall: Degressive Abschreibung mit Wechsel zur linearen Abschreibung

Als Besonderheit erlaubt das Steuerrecht, innerhalb der AfA-Frist einmalig von der degressiven zur linearen Abschreibung zu wechseln. Der umgekehrte Wechsel von linear zu degressiv ist nicht erlaubt (§ 7 Abs. 3 EstG). Ab dem Zeitpunkt des Wechsels werden vom verbleibenden Restwert gleiche jährliche Abschreibungsraten abgezogen. Sie werden aus dem Restwert zum Wechselzeitpunkt und den verbleibenden AfA-Jahren gebildet.

In welchem Abschreibungsjahr der Wechsel vorgenommen wird, kann man sich aussuchen. Sinnvollerweise nimmt man dafür den Zeitpunkt, an dem der degressive Abschreibungsbetrag geringer wird als der lineare AfA-Satz.

Im folgenden Beispiel wird in den ersten vier Jahren degressiv abgeschrieben. 2028 wird zur linearen Abschreibung gewechselt. Der lineare Abschreibungsbetrag von 819,20 Euro ergibt sich aus dem Restwert von 3.686,40 Euro zum Wechselzeit, der durch die noch verbleibenden 4,5 Jahren an AfA-Frist geteilt wird.

Jahr

Abschreibungsbetrag

Restwert

2024

800 Euro

7.200 Euro

2025

1.440 Euro

5.760 Euro

2026

1.152 Euro

4.608 Euro

2027

921,60 Euro

3.686,40 Euro

2028

819,20 Euro

2.867,20 Euro

2029

819,20 Euro

2.048 Euro

2030

819,20 Euro

1.228,80 Euro

2031

819,20 Euro

409,60 Euro

2032

409,60 Euro

0 Euro

Auch hier wird im letzten Jahr der AfA-Frist der komplette verbleibende Restwert abgeschrieben.

Anmerkungen zur degressiven Abschreibung:

  • Für eine AfA-Dauer bis vier Jahre bringt die lineare Abschreibung höhere Beträge: bei drei Jahren ergibt sich ein jährlicher linearer Abschreibungsbetrag von 25 Prozent. Die degressive Abschreibung ist dagegen auf 20 Prozent gedeckelt. Sie wird deshalb in der Regel erst ab sechs Jahren AfA-Frist interessant.
  • Für Wechsel von der degressiven von der linearen Abschreibung gibt es eine Formel. Sie ergibt den Zeitpunkt, ab dem die degressiven Abschreibungsraten niedriger liegen als die linearen. Die Formel lautet: Wechseljahr = Nutzungsdauer – (100/degressiver Abschreibungs-Prozentsatz) + 1. In unserem Stapler-Beispiel: 8 Jahre – (100/20) + 1 = 4 Jahre.
  • Die degressive Abschreibung ist auch dann möglich, wenn Anlagevermögen wie ein Schreibtisch aus dem Privat- ins Betriebsvermögen überführt wird. In diesem Fall wird der Teilwert abgeschrieben: der Betrag, der beim Kauf des Betriebs für den Gegenstand angesetzt werden würde. Auch die Herstellungskosten für von im Betrieb selbst gefertigten Gegenständen des Anlagevermögens können degressiv abgeschrieben werden, in dem Fall die Herstellungskosten.
  • Die Erläuterungen gelten nur für das Steuerrecht. Für Abschreibungen zur handelsrechtlichen Bewertung, etwa in der Bilanz einer GmbH oder von Kaufleuten, gelten eigene Vorschriften.

Sonderabschreibung gemäß § 7g EstG: jetzt 40 Prozent

Steuerlich ist es in der Regel von Vorteil, wenn man von den Herstellungs-, Kauf- oder Beschaffungskosten von Maschinen, Büroausstattung oder Fahrzeugen möglichst viel möglichst früh abschreiben kann. Das macht die gerade erläuterte progressive Abschreibung interessant.

Das Wachstumschancengesetz bringt dafür noch eine weitere, verbesserte Möglichkeit: eine höhere Sonderabschreibung gemäß § 7g Abs. 5 EstG. Über diese Regelung können zusätzlich zur normalen Abschreibung nun 40 Prozent statt wie bisher 20 Prozent des Wertes gesondert abgeschrieben werden.

Die Erhöhung gilt für Investitionen in das Anlagevermögen, die seit dem 01. Januar 2024 erfolgt sind. Per Sonderabschreibung kann fast die Hälfte des Wertes der neuen Maschine oder des neuen Fahrzeugs gleich im ersten Jahr steuermindernd geltend gemacht werden. Für die Abschreibung der verbleibenden 60 Prozent gelten die regulären Vorschriften. Sonderabschreibung und degressive Abschreibung können also kombiniert werden.

Voraussetzungen und Vorgaben für die Sonderabschreibung

  • Die Sonderabschreibung kann in den ersten fünf Jahren erfolgen und beliebig auf diesen Zeitraum verteilt werden. Oft ist es sinnvoll, sie gleich ins Jahr der Anschaffung zu legen. Das muss aber nicht sein: wenn der Betrieb im dritten Jahr nach Anschaffung voraussichtlich besonders viel Geld einnimmt, kann die Gewinnspitze mit der Sonderabschreibung steuerlich aufgefangen werden.
  • Die Sonderabschreibung ist an eine Gewinngrenze geknüpft: der Betrieb darf im Wirtschaftsjahr vor der Anschaffung maximal 200.000 Euro Gewinn erzielt haben. Für Anschaffungen im Jahr 2024 ist also der Gewinn von 2023 entscheidend.
  • Das Wirtschaftsgut – zum Beispiel die neue Maschine – darf im Anschaffungs- und dem darauffolgenden Jahr „ausschließlich oder fast ausschließlich“ betrieblich genutzt werden, in einer inländischen Betriebsstätte. Auch eine Vermietung ist möglich. Bei gemischter Nutzung, beispielsweise einem zu mehr als zehn Prozent privat genutzten Geschäftswagen, ist die Sonderabschreibung nicht zulässig. Sie muss außerdem dann rückgängig gemacht werden, wenn die neu beschaffte Maschine in dem genannten Zeitraum weiterverkauft oder ins Ausland verbracht wird.
  • Die Sonderabschreibung gilt nur für bewegliche Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens, nicht jedoch für Baumaßnahmen, den Wareneinkauf, Software-Lizenzen oder Marketing-Ausgaben.
  • Die Sonderabschreibung betrifft nur Steuerrecht, nicht die handelsrechtliche Bewertung.

Tipp: Investitionsabzugsbetrag nutzen

Der Investitionsabzugsbetrag ist eine weitere Möglichkeit, bei der Anschaffung von Betriebsvermögen Steuern zu sparen. Mit einem „IAB“ ziehen Sie die Abschreibung zum Teil vor. Wie das funktioniert, steht in „Abschreibungen: der Investitionsabzugsbetrag

Lektüretipps

Weiterführende Informationen zu Rechts- und Steuerthemen finden Sie im orgaMAX-Blog und im Newsletter-Archiv:

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