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Differenzbesteuerung:  Umsatzsteuer-Vorteil beim Handel mit Gebrauchtwaren

24. Jul. 2025
9 MIN

Autohändler übergibt Autoschlüssel an Kundin – symbolisches Bild für den Verkauf von Gebrauchtwagen, bei dem häufig die Differenzbesteuerung zur Anwendung kommt.Wer gebrauchte Waren ohne Umsatzsteuer einkauft und beim Verkauf Umsatzsteuer berechnen muss, kann eine Sonderregelung nutzen. Bei der sogenannten Differenzbesteuerung berechnet sich die Umsatzsteuer nur von der Handelsspanne des Wiederverkäufers, nicht vom gesamten Wiederverkaufspreis. Vorteil: Dem Händler bleibt mehr vom Bruttopreis beziehungsweise der Bruttopreis sinkt.

 

Voraussetzungen für die Differenzbesteuerung

Selbstständige und Unternehmen können den Umsatzsteuer-Vorteil der Differenzbesteuerung unter folgenden Voraussetzungen nutzen:

  • Sie müssen „Wiederverkäufer“ von

  • beweglichen körperlichen Gegenständen („Sachen zum Anfassen“, in der Regel gebraucht) sein, die sie

  • umsatzsteuerfrei gekauft haben, von einem Verkäufer ohne Recht auf Vorsteuerabzug, und zwar

  • in Deutschland oder einem anderen EU-Land.

Der Ankauf kann zum Beispiel von privat, von Kleinunternehmern, von umsatzsteuerbefreiten Unternehmen wie Arztpraxen oder von öffentlich-rechtlichen Institutionen erfolgen.

 

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Wie funktioniert Differenzbesteuerung eigentlich? Ein Beispiel

Angenommen, Sie sind selbstständig und handeln mit Antiquitäten. Sie sind kein Kleinunternehmer und deshalb umsatzsteuerpflichtig.

Sie kaufen eine gut erhaltene Biedermeier-Vitrine für 5.000 Euro von privat und verkaufen sie für 8.000 Euro netto weiter, ebenfalls an privat. Auf den Nettopreis müssen Sie bei regulärer Versteuerung 19 Prozent Umsatzsteuer aufschlagen, das sind 1.520 Euro. Der Bruttopreis liegt somit bei 9.520 Euro.

Die Differenzbesteuerung als Alternative sorgt dafür, dass Sie die Umsatzsteuer nicht auf den vollen Einkaufspreis von 8.000 Euro berechnen müssen. Stattdessen können sie als Bemessungsgrundlage Ihre Handelsspanne nehmen, die Differenz aus Einkaufspreis und Verkaufspreis. Der Umsatzsteuersatz von 19 Prozent fällt damit nur auf 3.000 Euro an. Das entspricht 570 Euro. Ihr Bruttopreis reduziert sich auf 8.570 Euro. Ein Privatkunde muss bei dieser Variante für die Vitrine 950 Euro weniger hinlegen.

Das Ganze lässt sich auch umdrehen. Wenn Sie die Vitrine bereits für 8.000 Euro verkauft haben, ist das der Bruttopreis. Bei regulärer Versteuerung müssen sie 19 Prozent Umsatzsteuer aus diesem Betrag herausrechnen. Das entspricht 1.277,31 Euro. Bei Differenzbesteuerung ermitteln Sie die 19 Prozent nur aus Ihrer Handelsspanne von 3.000 Euro. Das ergibt 478,99 Euro. Ihnen bleiben damit 798,32 Euro mehr von dem Geschäft.

Im Grunde verschafft Ihnen die Differenzbesteuerung beim Ankauf von Privatleuten oder Kleinunternehmern den gleichen Vorteil, den der Vorsteuerabzug beim Ankauf der Ware von einem umsatzsteuerpflichtigen Unternehmen ermöglicht.

 

Haben Sie grundlegende Fragen zur Umsatzsteuer?

Beantwortet werden Sie in „Steuern für Selbstständige: Die Umsatzsteuer“.

 

Wann ist die Differenzbesteuerung anwendbar?

In Fällen wie diesen kann die Regelung Vorteile bringen:

  • Gebrauchtwagenhändler, die Autos von privat ankaufen (aber nicht beim Ankauf von Firmenwagen)

  • eine Second-Hand-Boutique, die Kleider aus privater Hand erwirbt und weiterverkauft (jedoch nicht beim Ankauf über gewerbliche Händler)

  • ein gewerblicher Briefmarkenhändler, der sich auf den Weiterverkauf von Sammlungen aus Nachlässen an private Sammler spezialisiert hat

  • Kunst- oder Antiquitätenhändler, die Objekte aus Privathand auf Auktionen versteigern

  • ein Unternehmen, das Gebrauchtgeräte aus Arztpraxen an andere Ärzte weiterverkauft

  • eine Selbstständige, die Gebrauchtwaren von Kleinunternehmern ersteht und anderen Kleinunternehmern anbietet

  • ein Pferdehändler, der junge Pferde aus Privathand kauft, ausbilden lässt und an Privatleute weiterverkauft

 

Wann ist Differenzbesteuerung nicht sinnvoll?

Wenig Sinn ergibt die Differenzbesteuerung beim Verkauf an vorsteuerabzugsberechtigte Unternehmen und Selbstständige. Grund: Bei Differenzbesteuerung darf keine Umsatzsteuer auf der Rechnung ausgewiesen werden. Ist der Käufer Unternehmer, darf er deshalb keine Vorsteuer geltend machen.

Ein zweites Problem kann der Umsatzsteuersatz sein. Der beträgt bei Differenzbesteuerung stets 19 Prozent. Das gilt auch für Dinge, bei denen regulär der ermäßigte Umsatzsteuersatz von 7 Prozent greift, wie Kunstgegenstände oder antiquarische Bücher, Ob die Differenzbesteuerung in Höhe von 19 Prozent oder die ermäßigte Umsatzsteuer auf den vollen Nettoverkaufspreis vorteilhafter ist, hängt vom Einkaufspreis und der Handelsspanne im Einzelfall ab.

 

Freie Wahl: Differenzbesteuerung oder reguläre Umsatzsteuer

Die Berechnung der Umsatzsteuer gemäß Handelsspanne ist nicht verpflichtend, selbst wenn die Voraussetzungen vorliegen.

Die Differenzbesteuerung bringt in vielen Fällen Vorteile. Das muss aber nicht immer so sein. Deshalb ist es gut, dass Händler bei jedem einzelnen Verkauf entscheiden können, ob sie die Differenzbesteuerung nutzen oder die Umsatzsteuer regulär berechnen.

 

Ausnahmen: Differenzbesteuerung nicht zulässig

Ausdrücklich ausgeschlossen von der Differenzbesteuerung sind Edelsteine und Edelmetalle.

Gebrauchtwagen, die weniger als 6.000 Kilometer Laufleistung haben oder erst vor maximal sechs Monaten zum ersten Mal zugelassen wurden, zählen beim Verkauf über EU-Grenzen hinweg umsatzsteuerlich als „neue Fahrzeuge“ (§ 1b Abs. 3 UStG). Auch sie sind von der Differenzbesteuerung ausgeschlossen. Für den Grauimport von Kfz aus anderen EU-Ländern darf diese Option also nicht genutzt werden.

Beim Upcycling gebrauchter Dinge durch neue, mit Vorsteuerabzug gekaufte Elementen ist die Möglichkeit der Differenzbesteuerung nicht zulässig. Das hat der Bundesfinanzhof entschieden (BFH, 11.12.2024 - XI R 9/23). Eine Selbstständige hatte eine von privat gekaufte antike Kommode mit einem modernen Waschbecken als Aufsatz versehen und weiterverkauft. Sie war nicht berechtigt, für die Kommode eine Rechnung mit Differenzbesteuerung auszustellen, obwohl sie für das Waschbecken eine eigene Teilrechnung mit Umsatzsteuer ausgestellt hatte. Für den BFH handelte es sich jedoch um einen einheitlichen Gegenstand mit anteiligem Recht zum Vorsteuerabzug.

 

Wiederholte Differenzbesteuerung

Die Differenzbesteuerung ist auch dann möglich, wenn der Verkäufer der Gebrauchtware selbst bereits die Differenzbesteuerung angewandt hat. Verkauft der Antiquitätenhändler aus dem Beispiel oben die von privat gekaufte Vitrine mit Differenzbesteuerung an einen anderen Antik-Shop, dann kann dessen Inhaber es beim Weiterverkauf genauso halten.

 

Welche Formalitäten sind zu beachten?

  • Wer die Differenzbesteuerung nutzt, sollte auf eine sorgfältige Buchführung Geschäftsvorgänge, die differenzbesteuert werden, müssen in der Buchführung von Transaktionen mit regulärer Umsatzsteuer unterscheidbar sein.

  • Das Finanzamt möchte bei allen differenzbesteuerten Verkäufen sowohl den Einkaufspreis als auch den Verkaufspreis und die für die Umsatzsteuer entscheidende Handelsspanne klar nachvollziehen können.

  • Eine Vereinfachung gilt für alle Gegenstände, deren Einkaufspreis maximal 750 Euro beträgt. Für sie darf eine Gesamtdifferenz gebildet und die Umsatzsteuer darauf berechnet werden. Händler können für diese Gegenstände also einmal pro Quartal (oder dem sonstigen Umsatzsteuer-Voranmeldezeitraum) alle Einkaufspreise und alle Verkaufspreise zusammenrechnen und so die Summe der Handelsspannen und daraus die fällige Umsatzsteuer berechnen.

  • Werden dem Käufer Verpackungs-, Versand- und Versicherungskosten in Rechnung gestellt, dann gehören sie zum Wiederverkaufspreis und müssen bei der Berechnung der Differenzsteuer berücksichtigt werden.

  • Für Dinge, die per Differenzbesteuerung verkauft werden, darf kein Umsatzsteueranteil in der Rechnung ausgewiesen werden.

  • Stattdessen ist ein Rechnungshinweis erforderlich, der auf die Differenzbesteuerung hinweist. Empfehlenswert ist die Formulierung „Gebrauchtgegenstände/Sonderregelung” oder „Gebrauchtgegenstände/Sonderregelung gem. § 25a UStG“, selbst bei Gebrauchtwagen oder Pferden.

  • Es ist möglich, Rechnungspositionen mit regulärer Umsatzsteuer und solche mit Differenzbesteuerung auf einer Rechnung zusammenzufassen, solange jeweils die korrekten Hinweise erfolgen und klar ist, was für welche Rechnungsposition gilt.

 

Sonderregelung: Differenzbesteuerung bei Kunstgegenständen, Antiquitäten und Sammlerstücken

Beim Verkauf von Kunstgegenständen, Sammlerobjekten wie Münzen oder Briefmarken und Antiquitäten gilt eine Sonderregelung. In diesem Fall darf die Differenzbesteuerung auch dann angewandt werden, wenn der Händler die Sachen selbst nach Deutschland eingeführt hat.

Im Fall von Kunstobjekten ist die Differenzbesteuerung sogar dann möglich, wenn diese regulär von anderen Händlern mit Umsatzsteuer gekauft wurden. Dann zählt der Bruttopreis als Einkaufspreis, der Vorsteuerabzug ist ausgeschlossen.

Über diese Form der Differenzbesteuerung darf nicht von Fall zu Fall entschieden werden. Der Händler muss dem Finanzamt erklären, dass er davon Gebrauch macht, und ist für zwei Jahre daran gebunden. Schon deshalb ist es sinnvoll, die Option vorher mit einem Steuerberater zu besprechen.

 

Die Vorschriften zur Differenzbesteuerung

  • Die gesetzliche Regelung zur Differenzbesteuerung steht im Umsatzsteuergesetz: 25a UStG.

  • Sie beruht auf der Mehrwertsteuer-Systemrichtlinie der EU: 311 – 325 RL 2006/112/EG.

  • Die Vorgaben der Finanzverwaltung zur Differenzbesteuerung stehen im amtlichen Umsatzsteuer-Handbuch: UStAE 25a.1.

 

Fragen und Unklarheiten? Steuerberatung nutzen

Die praktische Anwendung der Differenzbesteuerung kann komplex sein. Deshalb empfiehlt es sich, Fragen und Zweifelsfälle mit Fachleuten zu klären: einem Steuerberater oder einer Steuerberaterin.

 

Lektüretipps

Weiterführende Informationen zu Rechts- und Steuerthemen finden Sie im orgaMAX-Blog und im Newsletter-Archiv:

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