Wenn Sie für Ihr Unternehmen „geringwertige Wirtschaftsgüter“ bis 800 Euro netto anschaffen, können Sie die Kosten komplett im gleichen Jahr steuerlich ansetzen. Das Abschreiben über mehrere Jahre ist also nicht notwendig. Dafür gelten allerdings einige Voraussetzungen. Erfahren Sie, wie Sie mögliche GWG-Fallen erfolgreich vermeiden.
Geringwertige Wirtschaftsgüter: Sofortabschreibung statt Abschreibung über mehrere Jahre
Wenn Selbstständige für ihren Betrieb Maschinen, Fahrzeuge, Büromöbel, Werkzeug, IT-Geräte oder andere Investitionsgüter anschaffen, sind das Betriebsausgaben. Sie werden von den Einnahmen abgezogen und verringern so die Steuerlast.
Allerdings darf man den steuerlichen Abzug nicht immer im gleichen Jahr vornehmen, jedenfalls nicht in voller Höhe. Das geht nur bei sogenannten „geringwertigen Wirtschaftsgütern“, deren Netto-Anschaffungskosten maximal 800 Euro betragen. Nur bis zu dieser Wertgrenze ist die Sofortabschreibung möglich, bei der die Anschaffungskosten den Gewinn schon im Jahr der Anschaffung in voller Höhe mindern. Teurere Investitionsgüter können bis auf wenige Ausnahmen nur über mehrere Jahre hinweg abgeschrieben werden.
Natürlich ist die Sofortabschreibung vorteilhafter: Da das Finanzamt die Anschaffung schon bei der Steuerlast im selben Jahr berücksichtigt, ergibt sich ein schöner Liquiditätsvorteil.
Die Möglichkeit der Sofortabschreibung für GWG steht direkt im Einkommensteuergesetz (§ 6 Abs. 2 EStG). Allerdings gibt es dabei noch etwas mehr zu beachten als nur den Kaufpreis. Sonst drohen Fehlentscheidungen.
Geringwertige Wirtschaftsgüter: Wert zwischen 250 bis 800 Euro (netto)
Der Wert der Anschaffung ist ein Hauptkriterium für die Einordnung als GWG. Ein geringwertiges Wirtschaftsgut liegt vor, wenn die Anschaffungskosten oder Herstellungskosten die folgenden Wertgrenzen einhalten:
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Die untere Grenze beträgt 250,01 Euro netto. Wirtschaftsgüter mit Anschaffungskosten bis 250 Euro dürfen generell als Betriebsausgaben angesetzt werden. Das betrifft nicht nur echte Verbrauchsgüter wie Druckerpapier. Es schließt auch Gegenstände ein, die längerfristig im Unternehmen genutzt werden, etwa einfache Werkzeuge oder einen Locher. Ein Vorteil der „Verbrauchsfiktion“: Der Locher und andere Wirtschaftsgüter bis 250 Euro Wert müssen nicht ins GWG-Verzeichnis aufgenommen werden (mehr dazu weiter unten.).
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Die obere Grenze für GWG liegt bei 800 Euro netto. Wirtschaftsgüter, deren Anschaffungs- oder Herstellungskosten über 800 Euro liegen, werden über die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer abgeschrieben.
Der Wert-Bereich von GWG lässt sich in Form einer Pyramide darstellen.
Die Wertgrenzen gelten netto, auch bei Kleinunternehmern
Diese Wertgrenzen gelten immer für den Netto-Betrag des Anschaffungswerts ohne Umsatzsteuer.
Das ist auch bei Kleinunternehmern und umsatzsteuerbefreiten Selbstständigen so. Sie können eine Maschine, die sie einschließlich 19 Prozent Mehrwertsteuer 952 Euro kostet, als GWG buchen, da der Nettopreis dann 800 Euro beträgt.
Geringwertiges Wirtschaftsgut: ein Beispiel
Wenn Sie für Ihr Büro einen Schreibtischstuhl zum Nettopreis von 750 Euro zuzüglich 142,50 Euro Umsatzsteuer kaufen, handelt es sich um ein geringwertiges Wirtschaftsgut. Sie müssen den Stuhl deshalb nicht über die „betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer“ von 13 Jahren abschreiben, die die AfA-Listen für Büromöbel vorsehen.
Wenn Sie umsatzsteuerlicher Kleinunternehmer sind, führt der Bürostuhl zwar bei Ihnen zu einer Betriebsausgabe von 892,50 Euro. Sie müssen die Umsatzsteuer selbst tragen, erhalten sie nicht als Vorsteuer ersetzt und erfassen deshalb den Bruttopreis in Ihrer Einnahmenüberschussrechnung. Trotzdem ist auch bei Ihnen für die GWG-Einstufung der Nettokaufpreis entscheidend.
Tipp: Per Investitionsabzugsbetrag eine höhere -GWG-Grenze
Wenn Sie für GWG-Anschaffungen, die Sie in den nächsten drei Jahren planen, bereits jetzt einen 50-prozentigen Investitionsabzugsbetrag (IAB) bilden, können Sie die GWG-Grenze unter dem Strich sogar auf 1.600 Euro verdoppeln. Dieser „IAB-Trick“ ist viel zu wenig bekannt und dabei völlig legal. Das Vorgehen verrät „Investitionsabzugsbetrag: Die Anschaffung von morgen heute schon von der Steuer absetzen“.
Voraussetzungen für ein GWG: abnutzbar, beweglich, selbstständig nutzbar
Um geringwertige Wirtschaftsgüter, die nicht über mehrere Jahre abgeschrieben werden, handelt es sich nur bei bestimmten Anschaffungen. Diese müssen drei Merkmale aufweisen:
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Die Wirtschaftsgüter müssen beweglich sein. Neu eingebaute Bürofenster zählen deshalb genauso wenig wie Gebäude, Grundstücke und sonstige Immobilien generell.
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Die Anschaffungen müssen technisch oder wirtschaftlich abnutzbar sein. Das schließt zum Beispiel Patente, Marken- und Urheberrechtslizenzen und andere immaterielle Nutzungsrechte aus.
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Außerdem müssen sie selbstständig nutzbar sein. Ein zum Einbau in eine Maschine bestimmtes Ersatzteil ist kein GWG.
Ob ein GWG-Kandidat beweglich und abnutzbar ist, lässt sich in der Regel leicht erkennen. Schwieriger wird es oft bei der selbstständigen Nutzbarkeit.
Das Gesetz liefert in § 6 Abs. 2 EstG eine Definition: „Ein Wirtschaftsgut ist einer selbständigen Nutzung nicht fähig, wenn es nach seiner betrieblichen Zweckbestimmung nur zusammen mit anderen Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens genutzt werden kann und die in den Nutzungszusammenhang eingefügten Wirtschaftsgüter technisch aufeinander abgestimmt sind. Das gilt auch, wenn das Wirtschaftsgut aus dem betrieblichen Nutzungszusammenhang gelöst und in einen anderen betrieblichen Nutzungszusammenhang eingefügt werden kann.“
Was das praktisch bedeutet, lässt sich an Beispielen zeigen:
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Eine Kaffeemaschine, ein Smartphone oder ein Bürostuhl sind selbstständig nutzbar.
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Eine Spezialmesser-Scheibe, die in eine Schneidemaschine eingefügt wird, ist dagegen nicht selbstständig nutzbar.
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Ebenfalls nicht selbstständig nutzbar sind Computer-Peripheriegeräte wie ein Headset. Dass sich dieses Gerät drahtlos mit beliebigen anderen Geräten verbinden kann, ändert daran nichts.
Dabei muss man oft genau hinschauen. So gehen Multifunktionsgeräte zum Drucken, Kopieren und Scannen als GWG durch. Schließlich funktioniert das Kopieren auch ohne angeschlossenen Computer. Im Einzelfall kann auch der konkrete Einsatzzweck ausschlaggebend sein. So gilt ein Pkw-Anhänger normalerweise nicht als selbstständig nutzbar. Wenn Sie das Finanzamt davon überzeugen, dass der Anhänger nur als stationärer Werbeträger dient, ist eine Buchung als GWG möglich. Solche Grenz- und Zweifelsfälle besprechen Sie jedoch am besten mit einer Steuerberaterin oder einem Steuerberater.
Ein GWG-Verzeichnis ist Pflicht
Wenn Sie geringwertige Wirtschaftsgüter direkt im Jahr der Anschaffung abschreiben, müssen Sie für die Anschaffungen in jedem Jahr „ein besonderes, laufend zu führendes Verzeichnis“ anlegen. So verlangt es das Gesetz. Aus diesem GWG-Verzeichnis muss ersichtlich sein ...
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wann jedes einzelne Wirtschaftsgut angeschafft, hergestellt oder ins Betriebsvermögen eingelegt wurde und …
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wie hoch die Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten waren.
Sind die GWG-Anschaffungen direkt aus Ihrer Buchführung ersichtlich, etwa in Form einer eigenen Kontoliste, dann müssen sie nicht zusätzlich ein separates Verzeichnis erstellen.
Ganz einfach lässt sich ein GWG-Verzeichnis mit orgaMAX erstellen. Wie das geht, schildert „Auf Knopfdruck: So erstellen Sie ein GWG-Verzeichnis“.
GWG-Alternative, selten sinnvoll: die Pool-Abschreibung
Das Gesetz sieht eine Alternative zur Sofortabschreibung von GWG vor. Sie können stattdessen auch einen jährlichen „GWG-Sammelposten“ bilden und als Pool abschreiben. Diese Pool-Abschreibung war vor vielen Jahren einmal Pflicht und existiert weiterhin als freiwillige Option (§ 6 Abs. 2a EstG). Sie lohnt sich allerdings nur in seltenen Ausnahmefällen.
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Einen Sammelposten können Sie aus Anschaffungen bilden, deren einzelne Anschaffungskosten im Bereich von 250,01 Euro bis 1.000 Euro liegen.
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Der Gesamtwert des Pools (also die Summe der entsprechenden Anschaffungen des Kalenderjahrs) wird dann über fünf Jahre hinweg abgeschrieben.
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Wenn Sie für ein bestimmtes Jahr die Pool-Abschreibung per Sammelposten wählen, besteht für dieses Jahr kein Wahlrecht mehr. Sie müssen alle GWG dort aufnehmen. Das gilt selbst für IT-Geräte wie Notebooks, die Sie ansonsten im Jahr der Anschaffung abschreiben könnten.
In den meisten Fällen ist die GWG-Abschreibung vorteilhafter als ein Sammelposten. Der kann zum Beispiel von Vorteil sein, wenn viele Wirtschaftsgüter im Wert von 800 bis 1.000 Euro angeschafft werden, deren AfA mehr als fünf Jahre beträgt. Beispiel dafür ist die Anschaffung einer kompletten Laden- oder Büroeinrichtung. Ob sich der Sammelposten für Sie lohnt, klären Sie am besten mit Ihrem Steuerberater oder der Steuerberaterin.
Kein GWG? Dann gilt die Pflicht zur Abschreibung
Wichtig zu wissen: Wenn die Anschaffungskosten für betrieblich genutzte „Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens“ über der GWG-Grenze liegen, müssen sie in den allermeisten Fällen auf mehrere Jahre verteilt abgeschrieben werden. Die Anzahl der Jahre hängt von der „betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer“ ab, die die Finanzverwaltung in Form von AfA-Tabellen zusammenfasst.
Mit anderen Worten: Bezahlen müssen Sie die Anschaffung in der Regel sofort. Von der Steuer abziehen dürfen Sie den Preis aber nur häppchenweise in jährlichen Portionen.
Die Abschreibung über mehrere Jahre betrifft zum Beispiel Gebäude und Fahrzeuge, Maschinen, Anlagen und Werkzeuge, Mobiliar und andere Einrichtungsgegenstände sowie die allermeisten anderen längerfristig nutzbaren Wirtschaftsgüter.
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Mehr zum System der Abschreibung und der berüchtigten „Absetzung für Abnutzung“ (AfA) erfahren Sie in „Prinzip Abschreibung: Privileg oder Plage?“.
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Wie Sie orgaMAX ERP einsetzen, um sich die Buchung von Abschreibungen einfach zu machen, erläutert „orgaMAX-Abschreibungsautomat: Vom Anlagenkauf über die Abschreibung bis zum Anlagenverzeichnis“.
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Hardware und Software dürfen in bestimmten Fällen direkt in voller Höhe abgeschrieben werden. Die Sofortabschreibung ist auf bestimmte IT-Geräte wie Notebooks und Desktop-Rechner beschränkt. Sie gilt beispielsweise nicht für Smartphones. Mehr dazu steht im Beitrag „Sofortabschreibung von Hard- und Software“.
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Der vor einigen Wochen beschlossene Wachstumsbooster ermöglicht eine degressive Abschreibung, die ebenfalls für Liquidität sorgt. Der Beitrag „Wachstumsbooster der Bundesregierung“ stellt sie vor.
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Für Anschaffungen im Jahr 2024 besteht ebenfalls die Möglichkeit einer Abschreibung mit fallenden Raten. Mehr in „Degressive Abschreibung und Sonderabschreibung“.
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