Unternehmer-News-Blog

Investitionsabzugsbetrag: Die Anschaffung von morgen heute schon von der Steuer absetzen

26. Jun. 2025
10 MIN

Modern eingerichtetes, helles Großraumbüro mit Schreibtischen, ergonomischen Bürostühlen und Steharbeitsplatz – symbolisch für Investitionen in Büroausstattung, wie sie im Rahmen des Investitionsabzugsbetrags steuerlich geltend gemacht werden können.Geld für Investitionen zurückstellen, statt darauf direkt Steuern zu bezahlen: Nach diesem Motto können Selbstständige mit einem Investitionsabzugsbetrag oder IAB ihre Steuerlast optimieren und Liquidität für betriebliche Investitionen erhalten. Was kompliziert klingt, ist eine echte Chance für kleinere Unternehmen.

 

Beispiel: Ein gutes Geschäftsjahr, aber …

Angenommen, Lena hat einen Catering-Betrieb gestartet. Im Geschäftsjahr 2024 konnte sie sich über einen Gewinn von 48.000 Euro freuen – nicht schlecht für das dritte Jahr ihrer Selbstständigkeit. Doch nicht alles ist erfreulich:

  • Auf Lena kommt eine deutliche Einkommensteuer-Nachzahlung zu. Ihre Einkommensteuervorauszahlungen waren niedrig, denn das Finanzamt hat sie auf Grundlage ihres ersten Geschäftsjahrs angesetzt. Da lief das Geschäft noch schleppend.

  • Der Transporter, den Lena nutzt, wird wohl bald den Geist aufgeben. Außerdem ist er zu klein. Ein neues Fahrzeug muss her. Da es mehr als 3,5 Tonnen Gesamtgewicht haben soll, ist es als Nutzfahrzeug über neun Jahre abzuschreiben. Lena kann den Preis nicht sofort als Betriebsausgabe abziehen. Sie muss die Anschaffungskosten vielmehr über neun Jahre verteilt ansetzen, sozusagen in Häppchen. (Mehr zum Abschreiben verrät „Prinzip Abschreibung: Privileg oder Plage?“)

Zum Glück gibt es für beide Probleme eine praktische Lösung: Lena bildet in der Einkommensteuererklärung für 2024 einen Investitionsabzugsbetrag. Damit kann sie die Anschaffung des Transports bereits heute von der Steuer absetzen, zumindest zur Hälfte.

Lena macht jetzt schon 50 Prozent des Transporter steuerlich geltend, kauft ihn aber erst später

Der Investitionsabzugsbetrag oder kurz IAB funktioniert so:

  • Lena weist in ihrer Einkommensteuererklärung für 2024 einen Investitionsabzugsbetrag (IAB) in Höhe von 25.000 Euro aus. Dieser Betrag wird vom Gewinn, den sie in dem Jahr versteuern muss, abgezogen. An Einkünften aus Selbstständigkeit bleiben damit nur 23.000 Euro. Lenas Einkommensteuer sinkt

  • Mit dem IAB hat sie 25.000 Euro vom späteren Anschaffungspreis des Fahrzeugs schon jetzt vom Gewinn abgezogen und muss diesen Betrag nicht versteuern. Oder andersherum: Das Finanzamt stundet ihr die Steuern auf diesen Betrag, damit sie damit die Hälfte des Fahrzeugs bezahlen kann.

  • Lena hat jetzt drei Jahre Zeit, um den Transporter tatsächlich zu kaufen. Ihren IAB für 2024 muss sie bis spätestens Ende 2027 nutzen – oder wieder auflösen.

  • Besonders praktisch: Lena muss den Verwendungszweck nicht festlegen oder angeben. Ob sie die 25.000 Euro des IAB später tatsächlich für einen Lieferwagen oder doch lieber für eine neue Profi-Küchenausstattung oder für Tiefkühlschränke in Anspruch nimmt, ist allein ihr überlassen.

  • Genauso wenig muss sie den Betrag auf einem Konto bunkern oder per Kontoauszug nachweisen. Der IAB existiert nur als Zahl in der Anlage EÜR zu Lenas Steuererklärung für 2024. Er ist eine rein rechnerische Größe für das Finanzamt.

 

Nur abnutzbare Investitionsgüter, maximal die Hälfte: Für was darf ein IAB genutzt werden?

Allerdings sind die Einsatzmöglichkeiten eines Investitionsabzugsbetrags klar eingeschränkt.

  • Ein IAB gilt jeweils für maximal die Hälfte der Anschaffungskosten. Wenn Lena 2026 für 44.000 Euro einen neuen Transporter kauft, kann sie nur 22.000 Euro aus dem IAB dafür ansetzen. Die restlichen 3.000 Euro bleiben übrig.

  • Ein Investitionsabzugsbetrag darf nur „für die künftige Anschaffung oder Herstellung von abnutzbaren beweglichen Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens“ genutzt werden. Per IAB lassen sich Investitionsgüter anschaffen, die zum Betriebsvermögen gehören und abgeschrieben werden: Fahrzeuge, Maschinen, IT-Geräte, Büromöbel oder Küchenausstattung

  • Ausgeschlossen sind dagegen Ausgaben wie Wareneinkäufe, Personal- oder Immobilienkosten, das Schalten von Werbung oder die Rückzahlung von Krediten.

  • Außerdem muss ein per IAB finanziertes Wirtschaftsgut „fast ausschließlich betrieblich genutzt“ werden. Die Privatnutzung darf höchstens zehn Prozent Lena kann den Transporter, den sie per IAB steuerlich angesetzt hat, also nicht für Privatfahrten nutzen.

  • Ob Lena den Transporter neu oder gebraucht kauft, ist dem Finanzamt gleichgültig. Der IAB ist für beides nutzbar.

  • Wenn sie das Fahrzeug bereits angeschafft hat, darf sie den IAB dafür nicht

  • Für IAB-Anschaffungen gilt eine Mindestnutzung: Sie müssen bis zum Ende des Folgejahrs nach Anschaffung betrieblich in Gebrauch bleiben. Alternativ dürfen sie auch vermietet werden. Lena kann das 2025 beschaffte Fahrzeug frühestens 2026 in ihr Privatvermögen übernehmen oder verkaufen. Sonst muss sie den IAB nachträglich wieder rückgängig machen und Steuern nachzahlen.

  • Ein IAB kann für Anschaffungen genutzt werden, die als geringwertige Wirtschaftsgüter zählen (GWG, Netto-Anschaffungspreis maximal 800 Euro). Damit verlagert sich die Hälfte der Abschreibung vom Jahr der Anschaffung ins Jahr der IAB-Bildung. Weitere Infos zur GWG-Grenze stehen im Beitrag „Geringwertige Wirtschaftsgüter: Worauf Sie bei GWG achten sollten“.

  • Software ist für das Finanzamt nur dann ein „abnutzbares, bewegliches Wirtschaftsgut“, wenn es sich um sogenannte Trivialprogramme handelt. So bezeichnet der Fiskus Programme, die die GWG-Grenze von maximal 800 Euro einhalten. Nur dann kann Anschaffung ein Investitionsabzugsbetrag genutzt werden.

  • Das Gesetz spricht von „Anschaffung oder Herstellung“. Ein Tischlerbetrieb, der Büromöbel für das eigene Unternehmen herstellt, kann auch für diesen Aufwand einen IAB nutzen.

 

Gewinngrenze und Betragsgrenze: Wer darf einen IAB nutzen?

Investitionsabzugsbeträge sind auf kleinere Unternehmen beschränkt und dürfen nur in einem bestimmten Ausmaß gebildet werden.

  • Das Gesetz legt eine allgemeine Gewinngrenze für Betriebe fest, die einen IAB nutzen wollen. Ihr steuerlicher Gewinn (ohne IAB) darf im betreffenden Jahr maximal 200.000 Euro Bei der Ermittlung des Gewinns darf der geplante IAB nicht bereits abgezogen werden. Außerdem ist die Gewinnermittlung nach Durchschnittssätzen ausgeschlossen (Landwirtschafts- und Forstbetriebe).

  • Ein Verlust ist kein Problem: der IAB ist selbst dann zulässig, wenn das Jahresergebnis negativ ist oder durch den Abzug ins Minus rutscht.

  • Die Summe an „laufenden“ IAB darf nicht mehr als 200.000 Euro Das schließt die Investitionsabzugsbeträge aus den vorigen drei Jahren ein, soweit diese nicht bereits genutzt oder wieder aufgelöst wurden.

 

IAB wieder aufgelöst oder nicht genutzt? Steuernachzahlung!

Wenn Lena sich umentscheidet und keinen Transporter oder andere Investitionsgüter kauft, obwohl sie für 2024 einen Investitionsabzugsbetrag angesetzt hat, muss sie den IAB wieder auflösen. Dazu ist eine geänderte Einkommensteuererklärung für 2024 erforderlich. Die Folge ist ein geänderter Einkommensteuerbescheid: Das Finanzamt wird den Betrag nachträglich ihrem Gewinn hinzurechnen und die Einkommensteuer entsprechend erhöhen.

Dasselbe passiert, wenn Lena es versäumt, ihren IAB aus dem Jahr 2024 bis zum Ablauf von 2027 zu nutzen. Auf die Nachzahlung sind Zinsen in Höhe von 0,5 Prozent monatlich fällig. Die Verzinsung beginnt jedoch erst 15 Monate nach Ende des Wirtschaftsjahres, für das die Rücklage gebildet wurde.

 

Steueroptimierung mit wenig Aufwand

  • Wenn Lena 2025, 2026 oder 2027 den neuen Transporter kauft, wird der IAB (oder so viel davon, wie dem halben Kaufpreis entspricht) wieder ihrem Gewinn hinzugerechnet. Rechnerisch wird der Betrag also jetzt versteuert. Dazu macht Lena ebenfalls in der Anlage EÜR einen entsprechenden Eintrag.

  • Praktisch bedeutet das: Beträgt der Kaufpreis des 2025 gekauften Transporters 44.000 Euro, sind davon 22.000 Euro durch den IAB aus dem Jahr 2024 bereits abgeschrieben. Die andere Hälfte des Kaufpreises schreibt Lena regulär über die nächsten neun Jahre ab. Zusätzlich kann sie eine Sonderabschreibung nutzen (mehr dazu unten).

  • Der Investitionsabzugsbetrag ist kein Steuerfreibetrag. Lena kommt unterm Strich nicht darum herum, diese Einnahmen zu versteuern. Aber sie hat Liquidität gewonnen. Vielleicht kann sie so den neuen Transporter anschaffen, ohne einen Kredit aufnehmen zu müssen.

  • Außerdem hat sie mit dem Investitionsabzugsbetrag ein Mittel, um die Steuerbelastung dorthin zu verschieben, wo es für sie günstiger ist. Wenn Lena 2024 unerwartet viel Gewinn macht, kann der IAB einen Teil von diesem Geld steuerbegünstigt im Unternehmen halten.

 

Tipp Nr. 1: Weitere Steueroptimierung durch Sonderabschreibung

Bei betrieblichen Investitionsgütern, also den Anschaffungen, für die ein IAB möglich ist, können zusätzlich Sonderabschreibungen genutzt werden. Mit ihnen lassen sich 40 Prozent vom Anschaffungswert, der nach Abzug des IAB übrig bleibt, abschreiben, und zwar in den fünf Jahren ab Anschaffung.

Bleiben wir bei unserem Beispiel. Lena kauft 2025 den Transporter für 44.000 Euro. Davon sind 22.000 bereits per IAB aus 2024 abgeschrieben. Als Sonderabschreibung setzt sie 40 Prozent von den verbleibenden 22.000 Euro an, das sind 8.800 Euro. Diesen Teilbetrag schreibt sie damit in den Jahren 2025 bis 2029 mit jährlich je 1.760 Euro ab. Über die reguläre AfA für Lastwagen von neun Jahren schreibt Lena nur noch 13.200 Euro ab, von 2025 bis 2033 also jährlich 1466,67 Euro.

Falls Lena ihr Fahrzeug bereits in der Zeit von April bis Dezember 2024 gekauft hat, kann sie zusätzlich degressive Abschreibungsraten ansetzen und damit noch mehr vom Betriebskostenabzug für den Kaufpreis nach vorn verlagern. Diese Regelung ist allerdings zum Jahresende 2024 ausgelaufen.

Die gleichzeitige Nutzung von IAB und Sonderabschreibung ist möglich und in vielen Fällen sinnvoll, aber nicht vorgeschrieben. Details auch zur Sonderabschreibung werden in „Degressive Abschreibung und Sonderabschreibung“ erläutert.

 

Tipp Nr. 2: Per Investitionsabzugsbetrag die GWG-Grenze erhöhen

Ein Investitionsabzugsbetrag darf wie erwähnt für geringwertige Wirtschaftsgüter genutzt werden. Doch der IAB kann noch mehr: Mit ihm kann Lena beispielsweise einen Fettabscheider für 1.500 Euro anschaffen, ohne ihn über die reguläre Frist von 10 Jahren hinweg abzuschreiben. Stattdessen kann sie die GWG-Regelung nutzen, obwohl das Gerät deutlich mehr als 800 Euro kostet. Das geht so:

  • Lena bildet 2025 einen IAB über 700 Euro. Damit wurde fast die Hälfte des Anschaffungspreises schon 2025 steuerlich angesetzt.

  • Diesen IAB nutzt sie, wenn sie den Fettabscheider 2026 kauft. Der verbleibende rechnerische Wert des Geräts beträgt dann nur noch 800 Euro. Die GWG-Grenze ist eingehalten, den verbleibenden Wert kann Lena also direkt im selben Jahr abschreiben.

Ergebnis: Den Fettabscheider, den Lena ansonsten in 10-Prozent-Häppchen bis 2035 hätte abschreiben müssen, kann sie bereits in den Jahren 2025 und 2026 voll als Betriebsausgabe geltend machen.

 

Tipp Nr. 3: IAB gibt es auch bei Eröffnungsvorbereitungen

Der IAB kann schon in der Eröffnungsphase eines Betriebs genutzt werden. Voraussetzung ist, dass man die Vorbereitungen glaubhaft machen kann, zum Beispiel durch eine Gewerbeanmeldung, durch die Aufnahme von Krediten oder das Einholen von Kostenvoranschlägen.

Wenn Lena durch das Aufstellen von Getränkeautomaten für ein zweites Standbein sorgen möchte und deshalb 2024 Kostenvoranschläge einholt, kann sie dafür einen IAB bilden, selbst wenn der Auftrag erst 2025 erfolgt und die Automaten erst 2026 geliefert werden.

 

Die gesetzlichen Grundlagen

Der Investitionsabzugsbetrag ist im Einkommensteuergesetz geregelt (§ 7g EStG). Im gleichen Paragrafen stehen auch die Vorgaben zur Sonderabschreibung (Absatz 5). Die Sichtweise der Finanzverwaltung findet sich in als BFM-Schreiben im amtlichen Einkommensteuerhandbuch (BMF vom 15.06.2022).

 

Bei Fragen helfen Steuerberater

Dass deutsche Steuerrecht ist ausgesprochen komplex. Gleichzeitig bietet es viele Chancen. Beides zeigt sich auch am Investitionsabzugsbetrag. Steuerberater helfen dabei, die Chancen zu nutzen, ohne in die Fallen zu stolpern. Bei ihnen sind Fragen zum eigenen Fall an der richtigen Adresse.

 

Lektüretipps

Weiterführende Informationen zu Rechts- und Steuerthemen finden Sie im orgaMAX-Blog und im Newsletter-Archiv:

unknown-1594719540955-1

Fragen oder Anregungen?

Melden Sie sich gerne bei uns per E-Mail oder unter
+49 (0) 52 31 - 70 90 - 0

Top-Themen | Unternehmer-News

Blog-Abo per E-Mail

  • Aktuelle Artikel und Tipps
  • Regelmäßige Infos
  • Kostenlos und jederzeit kündbar

Mehr aus unseren orgaMAX Blogs:

Unternehmer-News  Effizienter arbeiten, Umsätze steigern und Ihr Unternehmen in die Erfolgsspur  führen.
orgaMAX Tipps  Wertvolle Tipps, Tricks und Termine für den Büroalltag mit orgaMAX.

Top-Themen | orgaMAX ERP Tipps