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Kaufmännische Leitung ändert nichts an der Freiberuflichkeit

22. Mai. 2025
5 MIN

Drei Zahnbürsten im Glas und Eukalyptus auf weißem Hintergrund – symbolisch für eine Zahnarztpraxis. Das Bild steht im Kontext eines Urteils zur Freiberuflichkeit in zahnärztlichen Partnerschaften mit geschäftsführender Tätigkeit.Eine Partnerschaftsgesellschaft aus Freiberuflern wird nicht gewerblich, nur weil einer der Partner vor allem die Geschäftsführung übernimmt. Das entschied der Bundesfinanzhof, nachdem das Finanzamt von einer Zahnarzt-Gemeinschaftspraxis Gewerbesteuer wollte. Das Urteil lässt sich grundsätzlich auf andere Formen freiberuflicher Zusammenarbeit übertragen.

 

Ein Zahnarzt als Geschäftsführer

Der Bundesfinanzhof musste sich mit der Frage befassen, ob ein Zahnarzt auch dann Freiberufler bleibt, wenn er voll allem Leitungsaufgaben in einer größeren Praxis übernimmt und selbst kaum noch zahnärztlich tätig ist. Von der Antwort hing eine mögliche Gewerbesteuerpflicht ab.

Sieben Zahnärzte hatten sich zu einer „Berufsausübungsgemeinschaft“ zusammengeschlossen. Sie betrieben gemeinsam eine große Zahnarztpraxis mit weiteren fünf angestellten Zahnmedizinern. Als Rechtsform hatten sie die Partnerschaftsgesellschaft (PartG) gewählt.

Einer der Partner führte selbst so gut wie keine Behandlungen mehr durch. In erster Linie kümmerte er sich um die kaufmännische Leitung und Geschäftsführung der Praxis, von Personalfragen über Verwaltungs-, Kassen- und Behördenangelegenheiten bis hin zur Beschaffung der Praxistechnik. Daneben war er Strahlenschutzbeauftragter für die Röntgenapparate. Seine zahnmedizinischen Aktivitäten beschränkten sich auf wenige Fälle konsiliarischer Beratung von Patienten, die bei anderen Ärzten in Behandlung waren.

 

Wird die Zahnarztpraxis zum Gewerbebetrieb, wenn einer der Partner nicht „am Stuhl“ arbeitet?

Die Sonderrolle des Gesellschafters sorgte intern für Streit. Einige der Mitgesellschafter monierten, er trage zu wenig zum Praxisumsatz bei. Dieser Konflikt endete damit, dass ein Teil von ihnen aus der Partnerschaftsgesellschaft ausschied.

Zum anderen ergab sich Ärger mit dem Finanzamt. Eine Betriebsprüfung endete mit dem Ergebnis, dass die Praxis gewerbliche statt freiberufliche Einkünfte habe, weil der Gesellschafter kaum noch ärztlich tätig war. Hintergrund ist die sogenannte „Infizierung“ freiberuflicher durch gewerbliche Einkünfte. In einer freiberuflichen Personengesellschaft genügt es, dass einer der Gesellschafter gewerbliche Einkünfte hat, um die Gesamteinkünfte der Gesellschaft gewerblich werden zu lassen.

Die Neueinordnung war für die Praxis unerfreulich. Nur als Freiberufler waren die Zahnärzte von der Gewerbesteuer und der Pflicht zur Bilanzierung und zu doppelter Buchführung ausgenommen.

 

Zum Weiterlesen: Freier Beruf oder Gewerbe?

Weitere Informationen zur Unterscheidung von Freiberuflern und Gewerbetreibenden im Steuerrecht liefern diese Beiträge:

 

 

Bundesfinanzhof: Auch „administrative Leistungen“ für die Praxis sind freiberuflich

Die Zahnarztpraxis legte zunächst Einspruch gegen die geänderten Bescheide des Finanzamts ein. Als das nichts brachte, klagte sie dagegen. Das Finanzgericht Rheinland-Pfalz gab der Finanzverwaltung recht. Doch in der Revision vor dem Bundesfinanzhof hatte die Partnerschaftsgesellschaft Erfolg. Das oberste deutsche Steuergericht stellte ausdrücklich fest, dass der mit Managementaufgaben befasste Partner weiterhin Freiberufler war.

Dass er neben einer „äußerst geringfügigen behandelnden Tätigkeit vor allem und weit überwiegend organisatorische und administrative Leistungen für den Praxisbetrieb“ erbrachte, änderte daran nichts. Auch die „Mit- und Zusammenarbeit“ kann gemäß BFH freiberuflich sein, und die „kaufmännische Führung und Organisation“ gehört mit zum Berufsbild eines Zahnarztes (BFH, 04.02.2025 - VIII R 4/22).

Das Finanzamt war also nicht berechtigt, die Praxis als gewerbesteuerpflichtig einzuordnen.

 

Fazit: Als Freiberufler in einer Personengesellschaft

Das Urteil des BFH betraf eine Partnerschaftsgesellschaft von Zahnärzten. Die Grundsätze sind jedoch auf ähnliche Konstellationen übertragbar, in denen sich freiberufliche Selbstständige in einer Personengesellschaft zusammenschließen. Beispiele dafür sind eine GbR aus Designern, eine OHG aus Architektinnen oder eine KG, die ein Ingenieurbüro betreibt. (Seit 2024 stehen die Rechtsformen OHG und KG auch Freiberuflern offen.)

In solchen Fällen droht nicht allein schon deshalb Gewerbesteuerpflicht, weil einer der Gesellschafter in erster Linie Leitungstätigkeiten übernimmt. Auch diese Aufgabe kann freiberuflich sein.

Gleichzeitig hat der BFH bekräftigt, dass weiterhin der freiberufliche Charakter der Arbeit bei allen Gesellschaftern wichtig ist, damit der Zusammenschluss Gewerblichkeit vermeidet. Es genügt nicht, dass sämtliche Gesellschafter die für den freien Beruf erforderliche Qualifikation besitzen. Üben sie in der Gesellschaft gewerbliche Tätigkeiten aus, droht Gewerbesteuerpflicht. Nun ist allerdings klargestellt, dass die Übernahme der kaufmännischen Leitung nicht per se eine solche gewerbliche Tätigkeit darstellt. Grundsätzlich ändert sie nichts an der Freiberuflichkeit.

 

Lektüretipps

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