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Nicht nur für Kreative: Künstlersozialversicherung und Künstlersozialabgabe

31. Mär. 2021
7 MIN

Kuenstlersozialversicherung-sozialabgabe

Wer beim Stichwort „Künstlersozialkasse“ an eine Art Nothilfe für brotloses Kunstschaffen denkt, liegt falsch:

  • Tatsächlich ist die Künstlersozialkasse, kurz KSK, eine besonders günstige Sozialversicherung für freiberufliche Selbstständige mit kreativem Tätigkeitsfeld. Über die KSK sind neben Bildhauern und Komponistinnen auch zum Beispiel Journalisten, Werbetexterinnen, Designer oder Fotografinnen kranken-, pflege- und rentenversichert.
  • Daneben ist die KSK für alle Selbstständigen und Unternehmen relevant, die ihrerseits Aufträge an kreative Freelancer wie Designer, Texterinnen oder Fotografen vergeben. Denn auf die Auftragssumme wird Künstlersozialabgabe fällig. Diese Pflicht wird oft übersehen – zumindest bis zur nächsten Betriebsprüfung.

Die Künstlersozialversicherung: Sozialversicherung für Selbstständige mit kreativen Berufen

Für freiberufliche Selbstständige mit künstlerischer oder publizistischer Tätigkeit gibt es in Deutschland eine Pflicht-Sozialversicherung. Sie werden über die in Wilhelmshaven ansässige Künstlersozialkasse versichert. Und zwar sowohl in der gesetzlichen Rentenversicherung wie in der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung.

Dabei haben KSK-Versicherte gegenüber anderen Selbstständigen zwei große Vorteile:

  • Sie tragen nur die Hälfte der Beiträge selbst. Die andere Hälfte wird aus der Künstlersozialabgabe und aus Steuermitteln bezahlt. KSK-Versicherte haben damit eine ähnlich günstige Sozialversicherung wie Arbeitnehmer.
  • Die Beiträge werden ausgesprochen unbürokratisch berechnet. Die Versicherten melden gegen Ende jedes Jahres das voraussichtliche Jahresarbeitseinkommen des Folgejahres an die KSK. Diese Schätzung bildet die Grundlage der Beitragsberechnung.

Krankenversicherung, Pflegeversicherung, Rentenversicherung

Wichtig: Die KSK ist kein eigener Versicherungsträger. Sie zieht nur die monatlichen Beiträge ein und leitet sie weiter. KSK-Versicherte bleiben Mitglied ihrer gesetzlichen Kranken- und Pflegekasse, etwa der TK, Barmer oder AOK.

Auch eine private Kranken- und Pflegeversicherung ist für KSK-Versicherte möglich. Allerdings müssen sie in jedem Fall in die gesetzliche Rentenversicherung einzahlen.

 

Zielgruppe „Künstler und Publizisten“

Die Versicherung über die Künstlersozialkasse ist eine Pflichtversicherung. Wer die Voraussetzungen erfüllt, muss sich bei der KSK anmelden! Allerdings sorgt angesichts der günstigen Bedingungen eher das Gegenteil für Probleme: Nicht alle Selbstständigen, die sich um eine KSK-Mitgliedschaft bemühen, sind erfolgreich.

Als eine Art Aufnahmeantrag in die KSK dient ein umfangreicher Fragebogen. Außerdem müssen Belege für die hauptberufliche kreative Tätigkeit erbracht werden – zum Beispiel Tätigkeitsnachweise oder Rechnungen an Auftraggeber. Die Kasse selbst listet zahlreiche selbstständige Tätigkeiten auf, die die Voraussetzungen erfüllen – von „A“ (wie Akrobat) bis „Z“ (wie Zauberer).

Trotzdem gibt es viele Grenzfälle. So hat sich die KSK in der Vergangenheit gegen die Aufnahme von Übersetzern, Lektorinnen und Web-Designern gesperrt. Ihr Argument war, dass diese Tätigkeiten zu wenig kreativen Freiraum ermöglichten. In allen drei Fällen mussten erst Sozialgerichte die Aufnahme erzwingen.

 

Nicht in der KSK versichert

Vom vornherein keine Chance auf Aufnahme in die Künstlersozialversicherung haben ...

  • hauptberufliche Arbeitnehmer (wenn sie gleichzeitig nebenbei kreativ selbstständig sind, kann eine Rentenversicherung über die KSK möglich sein, das hängt vom Einkommen ab),
  • Selbstständige, deren Jahreseinkommen unterhalb der Grenze von derzeit 3.900 Euro liegt: Gründer haben drei Jahre Zeit, um über die Schwelle zu kommen. Wichtig: Wer derzeit wegen Corona darunter liegt, darf vorläufig trotzdem in der KSK bleiben.
  • kreative Selbstständige mit nicht-kreativen selbstständigen Nebeneinkünften von mehr als 450 Euro pro Monat,
  • Selbstständige, die mehr als einen Mitarbeiter beschäftigen (Azubis und Minijobber nicht mitgerechnet),
  • Gesellschafter und Geschäftsführer von Kapitalgesellschaften wie einer GmbH oder haftungsbeschränkten Unternehmergesellschaft. Eine GbR ist dagegen kein Hindernis.

Jahresmeldung des Einkommens

Die Künstlersozialkasse legt die Höhe der Beiträge jeweils einmal pro Jahr per Bescheid fest. Dafür verlangt sie von den Versicherten gegen Jahresende eine Schätzung des Jahresarbeitseinkommens für das Folgejahr.

Es ist Sache der Versicherten, die Einkommenshöhe zu ermitteln. Die Schätzung muss nicht durch Steuerbescheide oder betriebswirtschaftliche Auswertungen untermauert werden. Erweist sie sich als zu hoch oder zu niedrig, kann und soll man sie nachträglich korrigieren. Die Beiträge werden dann angepasst, allerdings nicht rückwirkend.

Einen automatischen Abgleich mit dem tatsächlichen Einkommen, so wie bei anderen gesetzlich krankenversicherten Selbstständigen, erfolgt nicht. Die KSK hat jedoch einen eigenen Prüfdienst, der jährlich 5 % der Versicherten kontrolliert. Bei Verstößen sind neben Nachzahlungen auch Bußgelder möglich.

 

Aufträge an kreative Selbstständige? Künstlersozialabgabe!

Jeder Selbstständige und jedes Unternehmen, das „nicht nur gelegentlich“ Aufträge an kreative Selbstständige vergibt, muss die Auftragssumme einmal im Jahr gesammelt an die KSK melden. Die erhebt auf dieser Grundlage die Künstlersozialabgabe. Derzeit beträgt die Abgabe 4,2 % der gesamten (Netto-)Auftragssumme.

Bitte beachten Sie: „Nicht nur gelegentlich“ ist die Auftragserteilung, wenn pro Kalenderjahr mehr als 450 Euro an selbstständige Künstler und Publizisten bezahlt werden. Wird die Schwelle überschritten, ist jede kreative Leistung abgabepflichtig, die externe Selbstständige in Rechnung stellen: die Neugestaltung der Visitenkarten oder der Firmen-Website ebenso wie Produktfotos, das Schreiben von Pressemitteilungen oder die musikalische Untermalung beim letzten Betriebsfest.


Für „typische Verwerter“ wie Verlage, Agenturen, Veranstalter oder Medienproduktionen gilt die Geringfügigkeitsgrenze nicht: Eine PR-Beraterin, die einen einzelnen Unterauftrag für ein Porträt an einen freien Fotografen vergibt, muss diesen auch dann melden, wenn nur 400 Euro in Rechnung gestellt werden. Ihr Auftraggeber bezahlt auf die Leistung dann erneut Künstlersozialabgabe, wenn sie das zugekaufte Porträtfoto ihrem Kunden in Rechnung stellt.

Bitte beachten Sie:

  • Die Künstlersozialabgabe wird auch dann fällig, wenn der oder die Kreative selbst kein KSK-Mitglied ist, nur nebenberuflich kreativ arbeitet oder im Ausland lebt. Nicht abgabepflichtig sind dagegen Aufträge an eine GmbH, UG (haftungsbeschränkt), OHG, KG oder einen e. V.
  • Während Tantiemen, Gagen, Lizenzen und selbst Ausfallhonorare abgabepflichtig sind, wird auf den Umsatzsteueranteil der Rechnungen sowie auf reine Spesen/Kostenerstattungen keine Abgabe fällig.

 

Meldung zur Künstlersozialabgabe bis Ende März

Die Meldepflicht gilt unabhängig von einer Aufforderung durch die Künstlersozialkasse. Die Meldefrist für das Vorjahr endet jeweils am 31. März. Wenn Sie trotz kreativer Aufträge die Abgabe noch nie bezahlt oder die diesjährige Meldefrist verpasst haben, sollten Sie von sich aus aktiv werden und die Künstlersozialkasse kontaktieren.

Gegebenenfalls drohen zwar Nachzahlungen. Wenn die Künstlersozialabgabe-Pflicht jedoch erst bei der nächsten Betriebsprüfung durch die Deutsche Rentenversicherung aufgedeckt wird, steigt die Wahrscheinlichkeit, dass zusätzlich Säumniszuschläge anfallen.

 

orgaMAX-Praxistipp: Beitragspflichtige KSK-Buchungen vormerken

Mit seinen kontenübergreifenden Auswertungen hält orgaMAX eine praktische Funktion bereit, damit Sie alle abgabepflichtigen Buchungen ohne langes Suchen direkt zusammenstellen können.

  • Dafür können Sie die Kostenrechnungs-Funktionen nutzen („Kosten- / Erlösarten“ oder „Verwendungen“).
  • Noch einfacher ist es, die Belegnummer der KSK-relevanten Zahlungsvorgänge um ein Kürzel wie „KSK“ zu erweitern.

Eine Anleitung liefert der orgaMAX-Praxistipp „Kontenübergreifende Auswertungen per Mausklick“.

 

Weitere Informationen:

  • Künstlersozialversicherung und Künstlersozialabgabe regelt ein eigenes Gesetz, das KSVG.
  • Die KSK bietet neben vielen weiteren Infos auch FAQ für Kreative und für Unternehmer/Verwerter. Direkte Fragen werden unter 04421 973 405 1500 beantwortet.
  • Kreative Selbstständigkeit im Hauptberuf, aber mit Nebenberuf? Das kann je nach Konstellation unterschiedliche Folgen für die KSK haben. Genaueres erläutert das Merkblatt „Versicherung bei der KSK trotz (Neben-) Job“ (PDF, 269 KB).
  • Welche selbstständige Tätigkeiten für die Freelancer zur KSK-Versicherungspflicht und bei den Auftraggebern zur Abgabepflicht führen, listet die „Informationsschrift Nr. 6“ auf (PDF, 253 KB).

Lektüretipps

Weiterführende Informationen zu Rechts- und Steuerthemen finden Sie im orgaMAX-Blog und im Newsletter-Archiv:

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