Gehören Pausen, Vorbereitungs- und Rüstzeiten, das Umkleiden nach der Schicht, Fahrzeiten sowie Bereitschaftsdienste zur bezahlten Arbeitszeit? Dieser Überblick liefert Arbeitgebern eine Orientierung.
Was gehört zur Arbeitszeit?
Was gehört zur Arbeitszeit und was nicht? Welche Zeiten müssen bezahlt werden? Das ist nicht immer unmittelbar klar.
Eine Definition der Arbeitszeit liefert das Arbeitszeitgesetz: „die Zeit vom Beginn bis zum Ende der Arbeit ohne die Ruhepausen“ (§ 2 Abs. 1 ArbZG). Das klingt einfach. In der Praxis bleiben trotzdem Fragen. Dieser Überblick nennt die typischen Zweifelsfälle und gibt Kriterien an, die für oder gegen die Einordnung als Arbeitszeit sprechen.
Pausen
Pausen sind im Arbeitszeitgesetz vorgeschrieben. Zur Arbeitszeit gehören Erholungspausen jedoch nicht. In der Regel werden sie auch nicht bezahlt.
Allerdings gibt es Ausnahmen. So können Tarifverträge vorsehen, dass Pausenzeiten bezahlt werden. Das gilt vor allem für Kurzpausen, zum Beispiel bei Schicht- oder Akkordarbeit. Bei besonderer Belastung am Arbeitsplatz, zum Beispiel durch Lärm oder große Hitze, können regelmäßige Kurzpausen zudem aus Arbeitsschutzgründen notwendig sein. Auch dann zählen sie nicht als Ruhepausen, sondern zur bezahlten Arbeitszeit.
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Vorgeschrieben sind Ruhepausen von insgesamt mindestens 30 Minuten ab sechs Arbeitsstunden und von mindestens 45 Minuten bei mehr als neunstündiger Arbeit. Die einzelnen Ruhepausen sollen in der Regel mindestens 15 Minuten umfassen ( 4 ArbZG).
Betriebe, die die Pausenzeiten ihrer Mitarbeitenden noch kürzer stückeln, müssen damit rechnen, dass diese im Konfliktfall von einem Arbeitsgericht der Arbeitszeit zugeschlagen werden.
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Eine Ausnahme gilt bei Schichtarbeit und Verkehrsbetrieben. Dort können die Pausenzeiten in Teilen von weniger als 15 Minuten erfolgen. Aber auch dort muss jede Pause „von angemessener Dauer“ sein (§ 7 Abs. 1 Nr. 2 ArbZG). Für das Bundesarbeitsgericht galten „Lenkzeitunterbrechungen“ eines Berliner Straßenbahnfahrers an der Endhaltestelle dann als Ruhepausen, wenn diese mindestens acht Minuten dauerten und der Fahrer dabei keine anderen Aufgaben wie technische Kontrollen hatte (BAG, 13.10.2009 - 9 AZR 139/08).
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Arbeitnehmende sollen sich auf Pausen von absehbarer Länge einstellen können. Das bedeutet: Der Arbeitgeber darf die Pause nicht zur Bereitschaftszeit machen, die jederzeit auf Abruf unterbrochen werden muss. Andernfalls droht die Einordnung der Pausen als Arbeitszeit, die bezahlt werden muss.
Allerdings genügt es dafür nicht, wenn im Pausenraum ein Überwachungsmonitor steht, der Maschinenstörungen lautlos anzeigt. Der Arbeitnehmer, der in diesem Fall vergeblich auf bezahlte Pausenzeiten geklagt hatte, war nicht verpflichtet, auf Störungen zu achten und dann seine Pause zu unterbrechen. Deshalb hatte er keinen Anspruch auf Bezahlung seiner Pausen (BAG, 21.08.2024 - 5 AZR 266/23).
Bereitschaft
Bereitschaftszeiten im eigentlichen Sinn gehören zur Arbeitszeit und müssen bezahlt werden. Das gilt für Zeitabschnitte, in denen die Beschäftigten sich an einem bestimmten Ort und arbeitsfähig zur Verfügung halten müssen und damit nicht selbst frei bestimmen können, was sie während dieser Zeit tun wollen.
Arbeitsbereitschaft direkt am Arbeitsplatz, bei der die Beschäftigten jederzeit abrufbereit sein müssen, ist in jedem Fall Arbeitszeit. Das gilt selbst dann, wenn für solche Bereitschaftszeiten ein Ruheraum bereitsteht und die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in einsatzfreien Phasen beispielsweise Musik hören, lesen, dösen oder Filme anschauen können. Typische Beispiele sind ärztliche Bereitschaftsdienste im Krankenhaus oder die Arbeit eines Nachtportiers in einem Hotel.
Allerdings darf der Arbeitgeber solche Bereitschaftsdienste geringer entlohnen als die reguläre Vollarbeit. Voraussetzung ist, dass die unterschiedliche Bezahlung im Arbeitsvertrag oder in einem Tarifvertrag geregelt wurde.
Rufbereitschaft
Anders ist die Rechtslage bei einer Rufbereitschaft. Während solcher Zeiten müssen Arbeitnehmer abrufbereit sein. In der Regel ist für das Erscheinen am Arbeitsplatz oder Einsatzort eine feste Zeitspanne vorgegeben. Je nach Kontext können das zwanzig Minuten, zwei Stunden oder mehr sein. Dafür müssen die Beschäftigten einsatzfähig und -bereit sein.
Die Rufbereitschaft kann also zu Hause im Liegestuhl oder mit Einkaufen verbracht werden. Ein geselliger Kneipenabend mit mehreren Runden Bier ist jedoch ebenso tabu wie ein spontaner Ausflug in die weitere Umgebung. Zudem muss der oder die Betreffende durchgehend erreichbar sein.
Ergibt sich ein Arbeitseinsatz, ist das in jedem Fall Arbeitszeit. Ob die Rufbereitschaft ohne Abruf Arbeitszeit oder Ruhezeit darstellt, hängt von den Einschränkungen ab. Engen sie den Spielraum für die selbstbestimmte Nutzung der Zeit deutlich ein, zählt Rufbereitschaft als Arbeitszeit und muss bezahlt werden.
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So gehörte die Rufbereitschaft eines Feuerwehrmanns aus Offenbach für den Europäischen Gerichtshof zur Arbeitszeit. Der Mann war verpflichtet, im Fall der Alarmierung innerhalb von 20 Minuten in Einsatzkleidung an der Stadtgrenze zu sein (EuGH, 09.03.2021 - C-580/19).
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Auch die Rufbereitschaft eines slowenischen Rundfunktechnikers wertete der EuGH als Arbeitszeit. Bei Störungen musste der Techniker innerhalb einer Stunde an einer schwer zu erreichenden Sendeanlage sein. Das ließ ihm kaum eine andere Möglichkeit, als während der Bereitschaft vor Ort zu bleiben (EuGH, 09.03.2021 - C-344/19).
Umkleiden vor dem Dienst, Duschen nach der Schicht, Rüstzeiten
Für viele Tätigkeiten kleiden sich die Beschäftigten vorher um, so zum Beispiel Wachleute, medizinisches Personal oder Verkaufspersonal in Firmenkleidung. Andere Tätigkeiten machen vor der Arbeit ausgiebiges Händewaschen oder anschließendes Duschen erforderlich.
In der Regel sind Umkleidezeiten vor und nach der Schicht kein Teil der Arbeitszeit. Das ist allerdings anders, wenn die Berufskleidung besonders auffällig ist und direkt den Beruf erkennen lässt. In diesem Fall haben Beschäftigte Anspruch auf bezahlte Zeit fürs Umziehen. Das Gleiche gilt für das Anlegen und Ablegen von Schutzanzügen und ähnlicher Ausrüstung sowie für Arbeitskleidung, die außerhalb der Arbeitsstätte nicht getragen werden darf.
Auch in Bezug auf Händewaschen, Duschen oder andere Formen der Reinigung ist der Beruf entscheidend. Normale Hygienemaßnahmen fallen nicht in die bezahlte Arbeitszeit. Wenn ein Beruf jedoch zu einer solchen Verschmutzung führt, dass eine Heimfahrt ohne Duschen unzumutbar ist, muss der Arbeitgeber die dafür erforderliche Zeit vergüten. Über ein entsprechendes Urteil haben wir im Beitrag „Bundesarbeitsgericht: Duschen kann bezahlte Arbeitszeit sein“ berichtet.
Die Fahrt zum Arbeitsplatz und zurück zur Wohnung
Der Anfahrtsweg zum regulären Arbeitsplatz ist keine Arbeitszeit. Die Wegezeit von der Wohnung zum Unternehmen muss genauso wenig bezahlt werden wie der Rückweg nach Feierabend. Dasselbe gilt für Familienheimfahrten bei beruflich veranlasster doppelter Haushaltsführung.
Außendienst
Komplexer fällt die Antwort bei Auswärtstätigkeiten, Geschäftsreisen und Außendienst-Tätigkeiten aus. Leider ist das Arbeitsrecht in diesem Punkt mittlerweile sehr unübersichtlich.
Wenn Außendienst-Mitarbeitende, Vertriebskräfte, Service-Techniker und ähnliche Arbeitnehmende die Arbeit direkt beim Kunden beginnen und auch beenden, zählt die Anfahrt zum ersten Kunden und die Rückfahrt vom letzten Termin nach Hause grundsätzlich zur Arbeitszeit und muss vom Arbeitgeber vergütet werden. Das ist ein klarer Unterschied gegenüber der Anfahrt zur regulären Arbeitsstelle. Arbeitsgerichte werten die Anfahrt zum Arbeitsplatz als „eigennützig“, da sie die Möglichkeit schafft, sich den Lohn zu verdienen. Die Anfahrt zu einem Kunden oder sonstigen Einsatzort erfolgt dagegen „fremdnützig“: Die Beschäftigten handeln im Interesse des Unternehmens.
Es ist zulässig, wenn die Fahrtzeit zum ersten Termin und die Heimfahrt vom letzten Kunden geringer bezahlt werden als die Arbeitszeit vor Ort (BAG, 25.4.2018, 5 AZR 424/17). Voraussetzung ist auch hier eine entsprechende Regelung im Arbeitsvertrag oder in einem Tarifvertrag. Steht eine bestimmte Vergütungsregel für die Anfahrt in einem Tarifvertrag, kann sie nicht per Betriebsvereinbarung umgangen werden (BAG, 18.03.2020 - 5 AZR 36/19).
Dienstreisen
Früher zählten die Fahrt- beziehungsweise Reisezeiten bei Geschäftsreisen nicht automatisch zur Arbeitszeit. Je nach „Belastung“ handelte es sich dabei für das Bundesarbeitsgericht nicht um Arbeitszeiten. Nach dieser Sichtweise war die Reisezeit keine Arbeitszeit, wenn die Beschäftigten zum Beispiel in der Bahn oder als Mitfahrende im Auto dösen oder lesen konnten, da von ihnen keine Arbeitsbereitschaft verlangt wurde.
Um Arbeitszeit handelte es sich gemäß dieser Auffassung nur, wenn die Beschäftigten während der Reise vom Arbeitgeber vorgegebene Tätigkeiten ausübten, etwa die Präsentation im Zug noch einmal überarbeiteten. Reisezeit galt ansonsten nur bei höherer Belastung als vergütungspflichtig – dann, wenn dafür „eine Vergütung zu erwarten“ sei (§ 612 Abs. 1 BGB).
In neueren Entscheidungen ist die Rechtsprechung von dieser Sichtweise abgerückt. Sie betont nun, dass Reisezeiten bei Geschäftsreisen Arbeitszeiten darstellen. Ausschlaggebend ist die „Fremdnützigkeit“. Im Fall eines Mitarbeiters, der geschäftlich regelmäßig nach China flog, entschied das Bundesarbeitsgericht, dass die Zeit im Flugzeug deshalb zu vergüten war (BAG, 17.10.2018 - 5 AZR 553/17).
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Damit sollte eigentlich auch die gesetzliche Arbeitszeitbeschränkung von grundsätzlich acht und maximal zehn Stunden greifen. Ein entsprechendes höchstinstanzliches Urteil fehlt aber bisher.
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In welcher Höhe Reisezeiten vergütet werden müssen, hängt vom Arbeitsvertrag und möglichen Tarifvereinbarungen ab.
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Wenn Mitarbeitende eine Geschäftsreise mit privaten Urlaub verbinden, gelten Besonderheiten. Bleibt die Marketing-Chefin nach dem Messebesuch in Hamburg noch einige Tage privat an der Alster, stellt die Rückreise keine Arbeitszeit dar.
Weiterbildungen und Fortbildungen
Im Regelfall gehören Weiterbildungsmaßnahmen zur Arbeitszeit. Der Arbeitgeber muss die in Seminaren, Workshops oder Trainings verbrachte Zeit deshalb bezahlen.
Allerdings können beide Seiten für umfangreichere Fortbildungen auch Sonderurlaub beziehungsweise eine Freistellung beantragen. In diesem Fall gehört die Maßnahme nicht zur Arbeitszeit. Ob der Sonderurlaub bezahlt wird, hängt von der Vereinbarung ab.
Daneben gibt es die Variante Bildungsurlaub. Dabei zahlt der Arbeitgeber in der Regel den Lohn fort, während der Arbeitnehmer die Kosten für die Bildungsmaßnahme übernimmt. Die Regelung des Bildungsurlaubs ist Ländersache, deshalb unterscheiden sich die Bestimmungen je nach Bundesland. In vielen Bundesländern besteht Anspruch auf fünf Tage Bildungsurlaub im Jahr, zusätzlich zum Jahresurlaub.
Teilnahme an Betriebsfeiern
Ob eine Betriebsfeier als Arbeitszeit zählt, hängt vor allem davon ab, wann sie stattfindet. Wurde die Weihnachtsfeier zur normalen Bürozeit angesetzt? Dann handelt es sich um Arbeitszeit, die vergütet werden muss. Findet die Feier dagegen außerhalb der regulären Arbeitszeit statt, etwa am Samstagabend, stellt sie keine Arbeitszeit dar. Voraussetzung ist, dass das Erscheinen den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern freigestellt ist.
Ob den Mitarbeitenden die Teilnahme freigestellt ist, ändert nichts an der Abgrenzung. Eine Teilnahmepflicht lässt sich arbeitsrechtlich ohnehin nicht durchsetzen. Ein solcher Feierbefehl kollidiert mit dem Persönlichkeitsrecht. Bei einer Feier während der regulären Arbeitszeit müssen Party-Verweigerer allerdings normal arbeiten.
Arbeitszeit bedeutet: Vergütung, Unfallversicherung, Weisungsgebundenheit
Aus rechtlicher Sicht ergeben sich drei wichtige Folgen, sobald eine bestimmte Zeitspanne als Arbeitszeit eingeordnet worden ist.
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Der Arbeitgeber muss die Zeiten bei der Lohn- oder Gehaltszahlung berücksichtigen. Ob sie regulär entlohnt werden, ob es dafür weniger Geld gibt wie manchmal bei Rufbereitschaften, oder sogar mehr Entgelt wie möglicherweise für Nacht- oder Feiertagsarbeit, hängt vom Einzelfall ab.
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Während der Arbeitszeit sind Beschäftigte über die gesetzliche Unfallversicherung abgesichert. Wenn es in dieser Zeit zu einem Unfall kommt, haben sie Anspruch auf Leistungen der Berufsgenossenschaft wie Reha-Maßnahmen. Neben den Arbeitszeiten umfasst dieser Versicherungsschutz auch die Wege zum Arbeitsplatz und zurück sowie die Teilnahme an Betriebsveranstaltungen und Fortbildungen.
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Arbeitszeit bedeutet: Die Arbeitnehmerin oder der Arbeitnehmer müssen ihren Teil des Arbeitsvertrags erfüllen. Sie haben beispielsweise auch während einer Bereitschaft ihre Arbeitsfähigkeit sicherzustellen – das schließt Alkoholgenuss aus. Auch sonst müssen sie sich während der Arbeitszeit an die Vorgaben des Arbeitgebers halten, soweit diese vom Weisungsrecht gedeckt sind.
Anmerkung: ein Urteil zur Empfangsbereitschaft nach Feierabend
Feierabend ist Feierabend. Allerdings gilt in bestimmten Fällen, dass Arbeitnehmer auch außerhalb der Arbeitszeit zumindest für Mitteilungen des Arbeitgebers empfangsbereit sein sollten. Mehr dazu: „SMS vom Chef: Wann müssen Arbeitnehmer auch nach Feierabend erreichbar sein?“.
Alle Arbeitszeiten müssen erfasst werden
Deutsche Arbeitgeber sind verpflichtet, alle Arbeitszeiten sämtlicher Beschäftigter zu erfassen. Das ergibt sich aus europäischen Rechtsvorschriften und wurde sowohl vom Europäischen Gerichtshof als auch vom Bundesarbeitsgericht eindeutig bekräftigt.
Lektüretipps
Weiterführende Informationen zu Rechts- und Steuerthemen finden Sie im orgaMAX-Blog und im Newsletter-Archiv:
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