Viele Selbstständige und Unternehmer haben die Corona-Auftragsflaute genutzt, um in ihrem Betrieb klar Schiff zu machen. So wurden während des Lockdowns auch eine Menge Steuererklärungen des Jahres 2019 ungewohnt frühzeitig abgegeben: Die offizielle Deadline ist bekanntlich erst der 31. Juli 2020. Mit Unterstützung eines Steuerberaters können Sie sich mit dem 2019er Jahresabschluss theoretisch sogar bis Ende Februar 2021 Zeit lassen.
Wer seine Steuererklärungen in den letzten Wochen und Monaten bereits abgegeben hat, kann schon bald mit dem Finanzamts-Bescheid rechnen. Fällt der ungünstiger aus als erwartet, sollten Sie unbedingt einen Blick aufs Kleingedruckte werfen. Und auf die Statistik über die Einspruchsbearbeitung der Finanzämter im Jahr 2018:
Demnach gingen im Vorjahr insgesamt rund 3,4 Millionen Einsprüche bei den Steuerbehörden ein. Davon wurden ca. 2,1 Millionen Vorgänge auf dem Wege der „Abhilfe“ erledigt:
Genau gesagt 64,4 % der strittigen Steuerbescheide und sonstigen Verwaltungsakte haben die Finanzverwaltungen nach Angaben des Bundesfinanzministeriums im Sinne der Steuerpflichtigen geändert!
Mit anderen Worten: Fast zwei Drittel aller Einsprüche waren erfolgreich. Eine gründliche Prüfung von Steuerbescheiden lohnt sich also offenbar auch und gerade in Zeiten elektronischer Steuererklärungen und automatisierter Bescheide. Zwar ist die Wahrscheinlichkeit manueller Erfassungsfehler gesunken. Dafür gibt es mehr Abweichungen durch unvollständige oder fehlerhafte Datenübermittlungen.
So oder so: Widersprüche gegen ungünstige Steuerbescheide und ähnliche Finanzamts-Entscheidungen sind offensichtlich aussichtsreich. Hinzu kommt, dass ein solcher Einspruch risikofrei ist und nichts kostet!
Bitte beachten Sie:
Ihr Steuerbescheid weicht von Ihren Erwartungen ab? Sie möchten zusätzliche Aufwendungen geltend machen oder andere Teile Ihrer Steuererklärung nachträglich ändern? Dann müssen Sie innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe des Steuerbescheids Einspruch einlegen. Ob ein Monat 28, 29, 30 oder 31 Tage hat, spielt dabei keine Rolle.
Hat das Finanzamt den Bescheid am 15. Juli 2020 in die Post gegeben, haben Sie bis 18. August 2020 Zeit, Einspruch einzulegen. Sollte das Fristende auf einen Sonntag fallen, endet die Einspruchsfrist erst am nächsten Werktag. Wichtig für die Fristberechnung:
Im Zweifel muss das Finanzamt den Zugang und den Zeitpunkt des Zugangs nachweisen.
Einsprüche gegen Steuerbescheide können Sie ...
... einreichen. Weitergehende Form- oder Inhaltsvorschriften macht der Gesetzgeber nicht. Gebühren oder andere Kosten fallen ebenfalls nicht an. Sollte die Zeit knapp sein, genügt ein Einspruch ohne Angabe von Gründen. Die Begründung reichen Sie dann später nach.
Praxistipp: Seit einigen Jahren können Sie auch direkt über die Finanzamts-Plattform ElsterOnline Einsprüche einlegen:
Sie finden das Einspruchs-Formular im Bereich „Formulare & Leistungen“ unter „Alle Formulare“.
Ganz gleich, aus welchen Gründen und auf welchem Weg Sie gegen Ihren Steuerbescheid vorgehen wollen: Alle Einzelheiten besprechen Sie am besten mit Ihrem Steuerberater. Der wird sich bei Bedarf auch um den Einspruch und die passenden Begründungen kümmern. Übrigens: Soweit es sich um betriebliche Belange handelt, werden Steuerberaterkosten auch als Betriebsausgaben steuerlich anerkannt!