Das Wachstumschancengesetz, das endlich in abgespeckter Form beschlossen wurde, bringt zwei Neuerungen für die Abschreibungen von Unternehmen und Selbstständigen: eine befristete Rückkehr der degressiven Abschreibung und eine Erhöhung der Sonderabschreibung. Beide können helfen, beim Investieren Steuern zu sparen.
Eigentlich sollte das Wachstumschancengesetz ein großer Rundumschlag im Steuerrecht werden. Das galt auch für das Abschreibungsrecht. Dann blieb das Gesetz im Bundesrat hängen. Nach monatelangem Hin und her wurde schließlich eine geschrumpfte Version beschlossen.
Dieser Beitrag fasst zusammen, wie man die beiden neuen Abschreibungsregelungen nutzt und welche Chancen sie Selbstständigen und kleineren Unternehmen eröffnen.
Wenn Selbstständige oder Unternehmen selbstständig nutzbare, bewegliche und abnutzbare „Investitionsgüter des Anlagevermögens“ anschaffen – gemeint sind Maschinen, Büromöbel, Geschäftsausstattung, Firmenfahrzeuge, IT-Geräte und ähnliches mehr – dann stellen die Kosten dafür Betriebsausgaben dar. Der Aufwand dafür kann vom Gewinn abgezogen werden und verringert so die Steuerlast.
Allerdings darf nur bei den sogenannten „geringwertigen Wirtschaftsgüter“ oder „GWG“ der volle Preis sofort im Jahr der Anschaffung steuermindernd geltend gemacht werden. Die GWG-Grenze liegt – nun auch weiterhin – bei 800 Euro. Teurere Anschaffungen müssen über mehrere Jahre abgeschrieben werden. Als Abschreibungsfrist gilt im Regelfall die von der Finanzverwaltung festgelegte „betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer“. Sie steht in offiziellen AfA-Listen (AfA steht für „Absetzung für Abnutzung“) und ist zum Teil branchenabhängig.
Für ein Kassensystem sind dort beispielsweise sechs Jahre vorgesehen. Wenn Sie ein Kassensystem für mehr als 800 Euro anschaffen, müssen Sie den Kaufpreis im Regelfall „über sechs Jahre abschreiben“: sechs Jahre nacheinander können Sie immer nur einen Teil der 800 Euro als Betriebsausgabe geltend machen. Erst nach sechs Jahren haben Sie den gesamten Betrag steuermindernd von Ihrem Gewinn abgezogen.
Abschreibung gibt es in zwei Formen. Standard ist die lineare Abschreibung mit gleichbleibenden Jahresbeträge: die 800 Euro werden in sechs gleich großen Beträgen abgeschrieben.
Zu bestimmten Zeiten – so auch für die Zeit von April bis Dezember 2024 – wurde als Alternative die degressive Abschreibung gestattet. Dabei bleibt nicht der Abschreibungsbetrag konstant, sondern der Prozentsatz, der vom jeweiligen Restwert abgeschrieben wird. Der Abschreibungsbetrag verkleinert sich also mit jedem Jahr.
Zusätzlich besteht die Möglichkeit, zuerst degressiv und dann linear abzuschreiben: ein einmaliger Wechsel der Methode ist zulässig. Die per AfA-Frist festgelegte Abschreibungsdauer ist bei allen drei Formen gleich lang.
Für eine begrenzte Zeit hat das Wachstumschancengesetz die degressive Abschreibung als Alternative wiedereingeführt: Bei Wirtschaftsgütern, die zwischen dem 01. April und dem 31. Dezember 2024 angeschafft werden, können Selbstständige zwischen der linearen Abschreibung und degressiver Abschreibung wählen.
Anders ausgedrückt: Wer möchte, kann die von April bis Dezember beschaffte neue Maschine oder die neuen Büromöbel statt mit gleichbleibenden auch mit fallenden Jahresbeträgen abschreiben. Dann werden zunächst größere Anteile steuerlich geltend gemacht, dafür schrumpfen die Abzugsbeträge kontinuierlich.
Die entsprechende Regelung im Einkommensteuergesetz, die das degressive Abschreiben bereits von 2020 bis 2022 gestattete, wurde entsprechend erweitert (§ 7 Abs. 2 EstG). Bei der degressiven Abschreibung darf nun der zweifache Abschreibungssatz der linearen Abschreibung angesetzt werden, maximal jedoch 20 Prozent der Anschaffungskosten. Das ist weniger, als bei der degressiven Abschreibung für Anschaffungen in den Jahren 2020 bis 2022 möglich war, dort war sie auf das 2,5 fache des linearen Abschreibungssatzes und maximal 25 Prozent der Anschaffungskosten gedeckelt.
Die degressive Abschreibung ist in der Regel von Vorteil, weil man so in den ersten Jahren nach der Anschaffung bereits einen größeren Teil der Ausgaben vom Gewinn abziehen kann. Entscheidend ist allerdings der individuelle Fall.
Angenommen, Ihr neuer Gabelstapler, beschafft zum 01. Juli 2024, kostet Sie 8.000 Euro netto. Die AfA-Frist für das Gerät beträgt acht Jahre. Sie haben drei Varianten zur Auswahl. In allen drei Fällen ist der Stapler am 30. Juni 2032 komplett abgeschrieben.
Bei der linearen Abschreibung ergeben sich acht Jahresbeträge von jeweils 1.000 Euro, wenn Sie das Gerät zum 01. Januar anschaffen. Das entspricht einem Abschreibungsbetrag von 12,5 Prozent des Anschaffungswerts.
Bei unterjähriger Anschaffung gilt der auf die Monate entfallende Anteil. Wenn Sie den Stapler zum 01. Juli 2024 kaufen und in Betrieb nehmen, können Sie im ersten Jahr 500 Euro abschreiben. In diesem Fall ergibt sich folgender Abschreibungsplan:
Jahr |
Abschreibungsbetrag |
Restwert zum Jahresende |
2024 |
500 Euro |
7.500 Euro |
2025 |
1.000 Euro |
6.500 Euro |
2026 |
1.000 Euro |
5.500 Euro |
2027 |
1.000 Euro |
4.500 Euro |
2028 |
1.000 Euro |
3.500 Euro |
2029 |
1.000 Euro |
2.500 Euro |
2030 |
1.000 Euro |
1.500 Euro |
2031 |
1.000 Euro |
500 Euro |
2032 |
1.000 Euro |
0 Euro |
Die neu festgelegte degressive Abschreibungsrate beträgt das Zweifache der linearen Abschreibungsrate. Diese liegt in unserem Beispiel bei 1.000 Euro, das Zweifache wären 2.000 Euro. Allerdings ist die degressive Abschreibungsrate auf 20 Prozent der Anschaffungskosten gedeckelt. So ergibt sich bei Anschaffungskosten von 8.000 Euro zunächst ein degressiver Abschreibungsbetrag von 1.600 Euro. Da der Stapler zum 01. Juli beschafft wurde, ergibt sich für das erste Jahr die Hälfte.
Der degressive Abschreibungsplan sieht bei Anschaffung zum 01. Juli 2024 wie folgt aus:
Jahr |
Abschreibungsbetrag |
Restwert zum Jahresende |
2024 |
800 Euro |
7.200 Euro |
2025 |
1.440 Euro |
5.760 Euro |
2026 |
1.152 Euro |
4.608 Euro |
2027 |
921,60 Euro |
3.686,40 Euro |
2028 |
737,28 Euro |
2.949,12 Euro |
2029 |
589,82 Euro |
2.359,30 Euro |
2030 |
471,86 Euro |
1.887,44 Euro |
2031 |
377,49 Euro |
1.509,95 Euro |
2032 |
1.509,95 Euro |
0 Euro |
Im letzten Jahr der Abschreibungsfrist kann der verbleibende Restwert komplett abgeschrieben werden. Davor beträgt der Abschreibungsbetrag stets 20 Prozent des Restwerts.
Als Besonderheit erlaubt das Steuerrecht, innerhalb der AfA-Frist einmalig von der degressiven zur linearen Abschreibung zu wechseln. Der umgekehrte Wechsel von linear zu degressiv ist nicht erlaubt (§ 7 Abs. 3 EstG). Ab dem Zeitpunkt des Wechsels werden vom verbleibenden Restwert gleiche jährliche Abschreibungsraten abgezogen. Sie werden aus dem Restwert zum Wechselzeitpunkt und den verbleibenden AfA-Jahren gebildet.
In welchem Abschreibungsjahr der Wechsel vorgenommen wird, kann man sich aussuchen. Sinnvollerweise nimmt man dafür den Zeitpunkt, an dem der degressive Abschreibungsbetrag geringer wird als der lineare AfA-Satz.
Im folgenden Beispiel wird in den ersten vier Jahren degressiv abgeschrieben. 2028 wird zur linearen Abschreibung gewechselt. Der lineare Abschreibungsbetrag von 819,20 Euro ergibt sich aus dem Restwert von 3.686,40 Euro zum Wechselzeit, der durch die noch verbleibenden 4,5 Jahren an AfA-Frist geteilt wird.
Jahr |
Abschreibungsbetrag |
Restwert |
2024 |
800 Euro |
7.200 Euro |
2025 |
1.440 Euro |
5.760 Euro |
2026 |
1.152 Euro |
4.608 Euro |
2027 |
921,60 Euro |
3.686,40 Euro |
2028 |
819,20 Euro |
2.867,20 Euro |
2029 |
819,20 Euro |
2.048 Euro |
2030 |
819,20 Euro |
1.228,80 Euro |
2031 |
819,20 Euro |
409,60 Euro |
2032 |
409,60 Euro |
0 Euro |
Auch hier wird im letzten Jahr der AfA-Frist der komplette verbleibende Restwert abgeschrieben.
Steuerlich ist es in der Regel von Vorteil, wenn man von den Herstellungs-, Kauf- oder Beschaffungskosten von Maschinen, Büroausstattung oder Fahrzeugen möglichst viel möglichst früh abschreiben kann. Das macht die gerade erläuterte progressive Abschreibung interessant.
Das Wachstumschancengesetz bringt dafür noch eine weitere, verbesserte Möglichkeit: eine höhere Sonderabschreibung gemäß § 7g Abs. 5 EstG. Über diese Regelung können zusätzlich zur normalen Abschreibung nun 40 Prozent statt wie bisher 20 Prozent des Wertes gesondert abgeschrieben werden.
Die Erhöhung gilt für Investitionen in das Anlagevermögen, die seit dem 01. Januar 2024 erfolgt sind. Per Sonderabschreibung kann fast die Hälfte des Wertes der neuen Maschine oder des neuen Fahrzeugs gleich im ersten Jahr steuermindernd geltend gemacht werden. Für die Abschreibung der verbleibenden 60 Prozent gelten die regulären Vorschriften. Sonderabschreibung und degressive Abschreibung können also kombiniert werden.
Der Investitionsabzugsbetrag ist eine weitere Möglichkeit, bei der Anschaffung von Betriebsvermögen Steuern zu sparen. Mit einem „IAB“ ziehen Sie die Abschreibung zum Teil vor. Wie das funktioniert, steht in „Abschreibungen: der Investitionsabzugsbetrag“
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