Fortschritte bei der Digitalisierung verlaufen in Deutschland oft zäh. Die Online-Gründung einer GmbH oder UG (haftungsbeschr.) wurde erst durch die europäische Digitalisierungsrichtline (EU) 2019/1151 möglich. Doch seit dem August 2022 ist es nun so weit.
Wer eine GmbH gründen will, benötigt einen Notar oder eine Notarin. Ohne notarielle Beurkundung wird die Gesellschaft nicht ins Handelsregister aufgenommen. Dasselbe gilt für die Unternehmergesellschaft (UG), gewissermaßen die kleine Schwester der GmbH.
Bisher mussten die angehenden Gesellschafter für die Gründung zum Notar, oder dieser musste bei den Gründern vorbeikommen. Damit ist nun in vielen Fällen Schluss. Zwei Gesetze erleichtern seit dem 01. August 2022 das Gründungsverfahren: das „Gesetz zur Umsetzung der Digitalisierungsrichtlinie“ (DiRUG) gemeinsam mit dem „Gesetz zur Ergänzung der Regelungen zur Umsetzung der Digitalisierungsrichtlinie und zur Änderung weiterer Vorschriften“ (DiREG). Ein Teil der Bestimmungen des DiREG tritt allerdings erst zum 01. August 2023 in Kraft.
Ab sofort kann der Notar-Termin zur GmbH- bzw. UG-Gründung in sehr vielen Fällen als Videotermin stattfinden. Gründerinnen und Gründern bleibt die Fahrt zum Notariat also erspart. Der Notar oder die Notarin beglaubigen den Gesellschaftsvertrag, die Gesellschafterliste sowie weitere im Rahmen der Gründung der Gesellschaft gefassten Beschlüsse im Rahmen einer Video-Konferenz.
Dabei kommt nicht etwa Software wie Zoom oder Microsoft Teams zum Einsatz. Die Bundesnotarkammer hat eine eigene Plattform für Videokonferenzen in Betrieb genommen, die auch den sicheren Austausch von Dokumenten zulässt. Für das Verfahren ist ein Personalausweis oder ein anderes EU-Identitätsdokument notwendig, dessen Chip die eID-Ausweisfunktion erfüllt. Reisepässe sowie ältere Personalausweise reichen nicht aus. Zusätzlich benötigen der Gründer oder die Gründerin ein Smartphone und eine kostenlose App der Bundesnotarkammer.
Tipp: Eine Übersichtstabelle darüber, was wann per Videokonferenz mit dem Notar erledigt werden kann, liefert die Bundesnotarkammer. |
Um die GmbH-Gründung in einfach gelagerten Fällen zu beschleunigen, gibt es schon seit 2008 ein gesetzliches Musterprotokoll. Dieses ist nur für Präsenzgründungen zugelassen. Nun kam ein zweites Online-Musterprotokoll speziell für die Video-Gründung hinzu.
Das Musterprotokoll umfasst je eine Version für Einpersonen- und für Mehrpersonen-Gesellschaften. Die Gesellschafterliste und die Klauseln zur Bestellung des oder der Geschäftsführer und Geschäftsführerinnen sind in dem Mustertext enthalten.
Wenn die Protokolle bei der Gründung einer GmbH verwendet werden, darf der vorgegebene Text nicht gekürzt oder verändert werden. Deshalb ist es sicher ein Vorteil, dass das Online-Musterprotokoll anders als die Präsenzversion nicht auf maximal drei Gesellschafter begrenzt ist. Trotzdem: In vielen Fällen ist es wohl sinnvoller, dem Gründungsprojekt auch in Bezug auf den Gesellschaftsvertrag eine individuelle Form zu geben.
Eintragungen ins Handelsregister und deren Änderungen müssen notariell beglaubigt werden. Noch lassen sich längst nicht alle solche Vorgänge per Video-Konferenz abwickeln.
Immerhin können neben der Gründung und Eintragung einer neuen GmbH oder UG auch die Handelsregister-Eintragung von Einzelkaufleuten (eK), von Aktiengesellschaften (AG) sowie von Kommanditgesellschaften auf Aktien (KGaA) online erfolgen. Auch die beglaubigte Eintragung von Zweigniederlassungen dieser Rechtsformen ist per Videokommunikation mit dem Notar möglich.
Mit der Register-Veröffentlichung gilt die Bekanntmachungspflicht als erfüllt. Die Eintragungen ins Handelsregister müssen in Zukunft nicht mehr gesondert bekanntgemacht werden. Der dafür bislang aktive Dienst unter der Adresse handelsregisterbekanntmachungen.de wird abgeschaltet.
Wenn alle Gesellschafterinnen und Gesellschafter der GmbH oder UG einverstanden sind, können Gesellschafterversammlungen telefonisch oder per Video-Meeting stattfinden. Das ist nun gesetzlich verankert (§ 48 Abs. 1 GmbHG). Um diese Form des Treffens auch im Fall einzelner Gegenstimmen durchsetzen zu können, muss jedoch nach wie vor eine entsprechende Regelung in die Satzung aufgenommen werden.
In Zukunft ist der Abruf von Daten und Dokumenten aus den Handelsregistern ohne Abrufgebühr möglich. Allerdings kann stattdessen eine Bereitstellungsgebühr erhoben werden. Das Gleiche gilt für das Vereinsregister, das Partnerschaftsregister und das Genossenschaftsregister. Diese Register finden sich mit den Einträgen für alle Bundesländer im „Gemeinsamen Registerportal“ unter der Adresse www.registerportal.de.
Es ist schon bezeichnend: Erst musste die Europäische Gemeinschaft mit ihrer Digitalisierungsrichtlinie (EU) 2019/1151 Fakten schaffen. Und selbst dann ließ man sich in Deutschland bis zum letzten Tag der verlängerten Umsetzungsfrist Zeit, um die Online-Gründung einer GmbH zu ermöglichen.
Immerhin: nun ist es geschafft. Die neuen Regelungen machen Gründerinnen und Gründern das Leben ein klein wenig leichter. Trotzdem bleibt in Sachen Unternehmensgründung und -führung bei der Digitalisierung noch einiges zu tun.
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