Von Cloud-Speicher über Marketing-Services bis zur Aktenentsorgung: bekommen Dienstleister Personal- oder Kundendaten ihrer Auftraggeber in die Hände oder auf den Server, schreibt das Datenschutzrecht einen Auftragsverarbeitungsvertrag vor. Das ist mehr als eine Formalität. Es drohen Bußgelder, und es geht um die Haftung, zum Beispiel nach einem Datendiebstahl durch Hacker. Erfahren Sie, warum ein fehlender Auftragsverarbeitungsvertrag teuer werden kann.
Wenn Selbstständige und Unternehmen Dienstleister beauftragen, schreibt das Datenschutzrecht in bestimmten Fällen einen ganz bestimmten Vertragstyp vor: den Auftragsverarbeitungsvertrag oder kurz AVV. Davon betroffen sind viele IT-Dienstleistungen, aber auch zahlreiche Services darüber hinaus.
Fehlt ein solcher Vertrag, obwohl er erforderlich wäre, ist das ein Verstoß gegen die Datenschutzgrundverordnung (DSGVO). Die Folge: Man riskiert Bußgelder und haftet im Fall von Datenschutzverletzungen, etwa nach einem Hackerangriff.
Selbstständige und Unternehmen sollten wissen, wann sie für das Outsourcing bestimmter Aufgaben oder den Zukauf bestimmter Dienste einen Auftragsverarbeitungsvertrag benötigen. Dienstleister brauchen Klarheit, ob ihr Angebot einen solchen Vertrag mit den Kunden erforderlich macht.
Wenn Selbstständige oder Unternehmen im Auftrag und auf Weisung von Kunden personenbezogene Daten speichern, übertragen oder verarbeiten, ist das aus datenschutzrechtlicher Sicht eine „Auftragsverarbeitung“. Einige Beispiele:
„Auftragsverarbeiter“ steht für „eine natürliche oder juristische Person, Behörde, Einrichtung oder andere Stelle, die personenbezogene Daten im Auftrag des Verantwortlichen verarbeitet“. Diese Definition legt die Datenschutz-Grundverordnung der EU fest (Art. 4 Nr. 8 DSGVO).
Bis zur Einführung der DSGVO lautete der entsprechende Begriff „Auftragsdatenverarbeitung“ beziehungsweise „Auftragsdatenverarbeitungsvertrag“.
Für bestimmte Berufe und in bestimmten Konstellationen zählt es nicht als Auftragsverarbeitung, wenn im Rahmen eines Geschäftsverhältnisses personenbezogene Daten zur Verfügung gestellt und dann gespeichert, ausgewertet oder auf andere Art genutzt werden. Dazu gehören Berufsgeheimnisträger wie Steuerberater, Rechtsanwälte, Wirtschaftsprüfer und Laborärzte, aber auch Banken oder in bestimmten Fällen Inkassounternehmen.
Entscheidend sind die genauen Umstände: bei Auftragsverarbeitung muss es definitionsgemäß um eine weisungsgebundene Verarbeitung der Daten gehen. In den erwähnten Ausnahmefällen liegt dagegen regelmäßig keine Weisungsabhängigkeit vor und damit auch keine Auftragsverarbeitung. Deshalb muss sich die Erlaubnis zum Umgang mit den fremden Daten aus einer anderen Rechtsgrundlage ergeben. Das kann zum Beispiel das Standesrecht sein.
Die vielen Vorgaben und Regelungen rund um die Auftragsverarbeitung wirken abschreckend. Doch das Konstrukt hat einen großen Vorteil. Werden diese Voraussetzungen eingehalten, benötigen Selbstständige keine zusätzliche Datenschutzeinwilligung, um die von ihnen verwalteten personenbezogenen Daten einem Auftragsverarbeiter anzuvertrauen.
Die Einwilligung in die Datenverarbeitung, die der Auftraggeber für sich selbst erhoben hat, deckt auch die Auftragsverarbeitung ab. Entsprechendes gilt, wenn die Verarbeitung durch gesetzliche Vorschriften gedeckt ist, wie das etwa bei der Lohnabrechnung der Fall ist.
Praktisch bedeutet das: ein Shop-Betreiber, der Kundendaten auf einem externen Cloud-Speicher ablegt, seine Bestellvorgänge von Marketing-Experten analysieren lässt oder alte Datenträger mit Mitarbeiterinformationen vernichten lässt, muss dafür nicht die nachweisbare Einwilligung aller betroffenen Kunden oder Mitarbeiter einholen. Er sollte dafür allerdings jeweils einen korrekt ausgestalteten AVV abschließen. Und er sollte die Einwilligung der Kunden in die Speicherung und Verarbeitung der Daten durch ihn selbst nachweisen können.
Ein weiterer Vorteil korrekter Auftragsverarbeitungsverträge liegt in der Enthaftung des Auftraggebers. Kommt es beim Dienstleister zu einem Datenschutzverstoß, und hat dieser die Vertragsbedingungen oder die Vorschriften der DSGVO nicht eingehalten, dann wird er anstelle des Auftraggebers als „Verantwortlicher“ behandelt. (Art. 28 Abs. 10 DSGVO).
Beispiel: Survey-Dienstleister „Satisfaction Plus“ soll eine Umfrage zur Zufriedenheit der Kunden eines Online-Shops durchführen. Durch Schlampereien bei der IT-Sicherheit können Hacker die Daten dieser Kunden vom Server von Satisfaction Plus abgreifen. Eigentlich wäre der Shop-Betreiber als Auftraggeber datenschutzrechtlich verantwortlich: er hat die Daten bereitgestellt. Damit müsste er jeden der Betroffenen informieren, was allein schon hohe Kosten und viel Aufwand verursacht. Da der Dienstleister allerdings das im Auftragsverarbeitungsvertrag zugesicherte angemessene Sicherheitsniveau nicht eingehalten hat, muss er nun als Verantwortlicher diese Pflicht übernehmen. Mit Bußgeldern der Datenschutzbehörden sollte er ebenfalls rechnen. Voraussetzung für die Enthaftung seines Auftraggebers ist natürlich, dass die Weitergabe der Kundendaten durch entsprechende Einwilligungen und einen formgerechten Auftragsverarbeitungsvertrag gedeckt war.
Für die Geschäftsbeziehung zwischen Auftraggeber und Auftragsverarbeiter schreibt die DSGVO eine Reihe von Dingen vor (Art 28 DSGVO):
Damit ein Vertrag als Auftragsverarbeitungsvertrag im Sinne der DSGVO durchgeht, müssen eine Reihe inhaltlicher Voraussetzungen erfüllt sein (Art. 28 Abs. 3 DSGVO):
Wichtig: Der Auftragsverarbeitungsvertrag muss abgeschlossen sein, wenn die Zusammenarbeit beziehungsweise die Arbeit beginnt und die Daten übermittelt oder freigegeben werden.
Laut DSGVO ist der Auftragsverarbeitungsvertrag „schriftlich abzufassen, was auch in einem elektronischen Format erfolgen kann“ (Art 28 Abs. 9 DSGVO). Was dies genau bedeutet, ist bislang nicht höchstrichterlich geklärt.
In der Praxis begnügen sich viele Anbieter damit, den Vertrag auf ihrer Website bereitzustellen, die Einwilligung des Auftraggebers elektronisch per Klick einzuholen und ihm die Vereinbarung anschließend zum Beispiel in PDF-Form zu übermitteln. Wer dagegen ganz sichergehen möchte, kann den AVV in Schriftform abschließen.
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