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Ab April: Qualifizierungsgeld für die Weiterbildung von Mitarbeitern

17. Jan. 2024
6 MIN

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Ab April wird es eine neue Arbeitsmarktförderung geben: Durch Qualifizierungsgeld wird der Lohnausfall von Mitarbeitern aufgefangen, deren Job vom Strukturwandel bedroht ist und die deshalb zur Weiterbildung freigestellt sind, um eine zukunftsfähige Qualifizierung zu erhalten. Höhe, Berechnung und Auszahlung des Qualifizierungsgeldes orientieren sich am Modell Kurzarbeitergeld. Für kleinere Betriebe wurden die bürokratischen Voraussetzungen etwas erleichtert.

Qualifizierungsgeld: Neue Lohnersatzleistung für Mitarbeiter, die zur Weiterbildung freigestellt werden

Ab dem 01. April 2024 wird ein neues Arbeitsmarktinstrument eingeführt: das Qualifizierungsgeld. Die Leistung wird von der Agentur für Arbeit bezahlt. Sie dient dazu, den Verdienstausfall von Mitarbeitern aufzufangen, die der Arbeitgeber ganz oder teilweise für eine Weiterbildung freistellt, um so ihre vom Strukturwandel bedrohten Jobs zu retten.

Ausgestaltet ist das Qualifizierungsgeld in Anlehnung an Kurzarbeitergeld. Es beträgt 60 Prozent des Lohnausfalls, für Mitarbeiter mit Kind sind es 67 Prozent. Der Arbeitgeber berechnet die individuelle Höhe des Anspruchs und zahlt das Qualifizierungsgeld aus. Anschließend kann er sich die Auszahlung von der Agentur für Arbeit erstatten lassen.

Ein mögliches Szenario: Mitarbeiter wird auf Shop-Administration umgeschult

Wie sich das neue Förderinstrument in der Praxis bewährt, wird man abwarten müssen. Kritiker haben bereits bürokratische Hürden bemängelt, etwa die für Betriebe ab zehn Beschäftigten geltende Pflicht, zur Nutzung eine Betriebsvereinbarung abzuschließen oder sich auf einen Tarifvertrag zu stützen.

Gerade für kleinere Betriebe könnte die Förderung allerdings interessant sein, denn dort entfällt diese Anforderung. Außerdem genügt es für sie, wenn ein Zehntel der Jobs vom Strukturwandel bedroht ist.

Ein mögliches Szenario: Ein Event-Betrieb mit acht Angestellten steht aufgrund des Rückgangs im stationären Ticketverkauf vor der absehbaren Trennung von zwei seiner Mitarbeiter. Die Inhaberin will endlich den Online-Ticketshop und das Online-Marketing in Schwung bringen und bezahlt den Mitarbeitern eine entsprechende viermonatige Weiterbildung. Für diese Zeit werden beide freigestellt. In der Zeit erhalten sie kein Gehalt. Dafür übernimmt die Bundesagentur für Arbeit 60 Prozent des Lohnausfalls als Lohnersatzleistung.

Voraussetzungen für die Gewährung von Qualifizierungsgeld

Es gibt keine Einschränkungen in Bezug auf Anzahl, Alter oder Ausgangsqualifikation der geförderten Arbeitnehmer. Die Leistung ist jedoch an eine ganze Reihe anderer Voraussetzungen geknüpft.

  • Der Bedarf an den so geförderten Weiterbildungsmaßnahmen muss durch Herausforderungen des Strukturwandels verursacht worden sein. Das Qualifizierungsgeld soll „zukunftssichere Beschäftigung im gleichen Unternehmen ermöglichen“, wie es in der Gesetzesbegründung heißt.
  • Diese „strukturwandelbedingten Qualifizierungsbedarfe“ müssen bei mindestens 10 Prozent der Belegschaft vorliegen. In Unternehmen ab 250 Arbeitnehmern liegt die Schwelle bei 20 Prozent.
  • Während der Qualifizierungsmaßnahmen müssen die Beschäftigungsverhältnisse erhalten bleiben, die Mitarbeiter anschließend in den Job zurückkehren. Wurde den Arbeitnehmern bereits gekündigt, wird kein Qualifizierungsgeld für sie bezahlt.
  • Die Qualifizierungsmaßnahmen sollten mehr als 120 Stunden umfassen. Maximal sind Vollzeitmaßnahmen förderfähig, die bis zu zwei Jahre dauern können, in Ausnahmefällen auch länger.
  • Die Qualifizierung muss vollständig vom Arbeitgeber bezahlt werden. Auch die Kostenübernahme aus Fördermitteln Dritter ist erlaubt, nicht aber die finanzielle Beteiligung der Mitarbeiter an den Maßnahmen.
  • Geförderte Maßnahmen sind nur bei einem von der Arbeitsagentur zugelassenen Träger möglich. Immerhin muss nicht jede einzelne Maßnahme zertifiziert werden.
  • Rein arbeitsplatzbezogene, kurzfristige Maßnahmen werden nicht gefördert. Gedacht ist bei dieser Einschränkung offenbar an Fälle wie einwöchige Software-Schulungen, die nur beim aktuellen Arbeitgeber von momentanem Nutzen sind, ohne die langfristige Beschäftigungsperspektive zu verbessern.
  • In Betrieben mit zehn oder mehr Mitarbeitern muss eine Betriebsvereinbarung oder ein Tarifvertrag den Qualifizierungsgeld-Bezug regeln. Das schließt Unternehmen ohne Betriebsrat beziehungsweise Tarifbindung aus.
    Immerhin genügt in kleineren Betrieben eine Erklärung des Arbeitgebers zum Qualifizierungsbedarf durch Strukturwandel und zum Erhalt der Arbeitsplätze durch Inanspruchnahme von Qualifizierungsgeld.
  • Die Kombination von Qualifizierungsgeld und anderen Weiterbildungsförderungen der Arbeitsagentur wie dem Bildungsgutschein ist nicht möglich.

Qualifizierungsgeld: Berechnung und Auszahlung

Genau wie beim Kurzarbeitergeld wird für das Qualifizierungsgeld zunächst die „Nettoentgeltdifferenz“ berechnet: Der Unterschied zwischen dem Soll-Gehalt, das der Mitarbeiter oder die Mitarbeiterin regulär verdienen würde, und dem Ist-Gehalt, das angesichts der Weiterbildung und der dafür reduzierten Arbeitszeit verbleibt.

  • Arbeitnehmer mit mindestens einem halben Kinderfreibetrag erhalten 67 Prozent der Nettoentgeltdifferenz als Qualifizierungsgeld. Ein Kind des Ehepartners oder der Ehepartnerin zählt ebenfalls.
  • Alle anderen Mitarbeiter bekommen 60 Prozent des Unterschieds zwischen Soll- und Ist-Entgelt.

Die Nettoentgeltdifferenz wird anhand der Zahlen für einen Monat errechnet, für den bereits eine Lohnabrechnung erstellt wurde. Dieser Abrechnungszeitraum muss mindestens drei Monate vor Beginn der Weiterbildung liegen. Der Berechnung werden pauschalierte Nettoentgelte zugrunde gelegt. Überstunden und Einmalzahlungen werden nicht berücksichtigt. Anders als beim Kurzarbeitergeld wird die Nettoentgeltdifferenz nur einmalig und nicht fortlaufend berechnet, da hier die reduzierten Arbeitszeiten nicht schwanken.

Den Antrag auf Qualifizierungsgeld stellt der Arbeitgeber. Das muss rechtzeitig vor Beginn der Weiterbildung geschehen. Der Arbeitgeber ist auch dafür zuständig, den individuellen Anspruch für jeden Mitarbeiter auszurechnen und auszubezahlen. Erst danach kann er bei der Arbeitsagentur die Erstattung beantragen.

Ein mögliches positives Arbeitszeitkonto muss für den Bezug von Qualifizierungsgeld nicht aufgelöst werden. Nimmt ein Arbeitnehmer für die Zeit des Qualifizierungsgeldbezugs einen Zusatzjob an, wird dieser Zusatzverdienst angerechnet. Arbeitgeber sollten sicherstellen, dass die Mitarbeiter sie über solche neu aufgenommenen Nebenjobs informieren: Andernfalls droht ihnen die Rückzahlung der Förderung aufgrund fehlerhafter Berechnung. Leistet der Arbeitgeber einen Zuschuss zum Qualifizierungsgeld, wird dieser nur angerechnet, wenn die Summe aus Zuschuss und Qualifizierungsgeld das Soll-Entgelt übersteigt.

Weitere Informationen zum Qualifizierungsgeld

Lektüretipps

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