Egal, ob sie mit dem Auto, der Bahn oder dem Bus zur Arbeit fahren, das Fahrrad nehmen oder zu Fuß gehen: Für jeden Arbeitstag, an dem Selbstständige ihre „Betriebsstätte“ aufsuchen, dürfen sie in ihrer Einkommensteuererklärung die Entfernungspauschale geltend machen. In dieser Beziehung besteht kein Unterschied zu Arbeitnehmern. Die Entfernungspauschale beträgt derzeit:
Die erhöhte Pauschale ab dem 20. Entfernungskilometer gilt noch bis 2026. Von 2021 bis 2023 betrug diese Fernpendler-Pauschale 0,35 Cent.
Die Entfernungspauschale wird umgangssprachlich auch als Pendlerpauschale bezeichnet. Geregelt ist sie in § 9 Abs. 1 Nr. 4 EStG. Diese Vorgaben gelten aufgrund von § 4 Abs. 5 Nr. 6 EStG für Selbstständige ebenfalls. Die Anwendungsregeln der Finanzverwaltung fasst das BMF-Schreiben vom 18.11.2021 zusammen.
Wenn Selbstständige statt an ihre Betriebsstätte morgens zum Kunden oder zu einem anderen Geschäftstermin fahren, ist das eine Auswärtstätigkeit. Das gilt auch für die Fahrt an einen weiter entfernten, zweiten Standort.
Bei Geschäftsfahrten im Rahmen von Auswärtstätigkeiten kann jeder gefahrene Kilometer steuerlich mit 0,30 Cent angesetzt werden (Kilometerpauschale), nicht nur die einfache Distanz. Ob die Kilometerpauschale oder nur die Entfernungspauschale greift, hängt davon ab, ob Selbstständige eine Betriebsstätte haben und wo diese liegt. Mehr zu dieser Frage steht im Beitrag „Betriebsstätte oder nicht?“.
Falls Sie jeden Tag 35 Kilometer in Ihr Büro fahren, kommen Sie pro Arbeitstag, den Sie dort verbringen, im Jahr 2024 auf pauschale Fahrtkosten von 11,70 Euro (20 x 0,30 Euro + 15 x 0,38 Euro). Bei 200 Büro-Arbeitstagen im Jahr sind das 2.340 Euro, die Sie von Ihren zu versteuernden Einkünften abziehen dürfen.
Angenommen, Sie können stattdessen eine andere, verkehrsgünstigere Strecke von 42 Kilometern nutzen. In dem Fall beträgt die Kilometerpauschale 14,36 Euro pro Arbeitstag, bei 200 Arbeitstagen ergeben sich 2.872 Euro und damit 532 Euro zusätzlich.
Wer von einer längeren Straßenverbindung profitieren möchte, darf es sich nicht zu einfach machen. Das musste ein Steuerpflichtiger aus Niedersachsen erfahren. Er pendelte offenbar aus dem Raum Hannover zu seiner ersten Tätigkeitsstätte im Süden von Braunschweig. Die kürzeste Straßenverbindung hätte über die A2 und die A 391 geführt. Sie betrug knapp 75 Kilometer. Er fuhr jedoch über die A7 und die A 39 zur Arbeit, eine Strecke von 102 Kilometern. In der Steuererklärung machte er die Entfernungspauschale für den Umweg geltend. Das erkannte das Finanzamt nicht an. Es kam zum Prozess vor dem Finanzgericht Niedersachsen.
Das Gericht gab dem Finanzamt Recht. Der Mann hatte angegeben, die längere Anfahrt sei für ihn verkehrsgünstiger. Die streckenmäßig kürzere Route führe durch das Braunschweiger Stadtgebiet mit 17 Ampeln, es gebe Zeitverluste durch Staus, die Strecke sei unfall- und baustellenträchtiger. Eine posttraumatische Belastungsstörung nach einem Verkehrsunfall mache die längere Strecke weniger belastend für ihn, da er den Anblick von Unfällen vermeiden könne. Außerdem sei er wegen einer Rücken-OP auf zahlreiche Pausen angewiesen, die er auf der längeren Route besser planen könne.
Das alles überzeugte das Gericht nicht. Es verglich die Verbindungen mit dem Routenplaner von Google Maps zu verschiedenen Uhrzeiten. Demnach war in zwei von drei Fällen die kürzere Distanz auch zeitlich günstiger. Dass die längere Anfahrt bei Stau gelegentlich verkehrsgünstiger sei, reiche nicht aus, so die Richter. Und durch eine nur behauptete, aber nicht belegte höhere Unfallgefahr werde die kürzere Strecke nicht unzumutbar (FG Niedersachsen, 03.04.2024 - 9 K 117/21).
Das zeigt: Wer eine längere Strecke als verkehrsgünstig anerkannt haben möchte, braucht eindeutige Belege. Das können zum Beispiel Protokolle oder Screenshots von Routenplanern sein, die über eine längere Zeit hinweg zeigen, dass die längere Strecke regelmäßig weniger Fahrzeit erfordert.
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