Die EU-weit geltende Datenschutzgrundverordnung legt eindeutig fest: Wer die Vorschriften der DSGVO verletzt, haftet. Er muss anderen, die dadurch Schaden erleiden, Schadenersatz leisten (Art. 82 DSGVO). Die wichtigsten Punkte:
Ungeklärt war lange Zeit, ob der Diebstahl personenbezogener Daten durch Hacker für sich genommen schon für einen Schadenersatzanspruch ausreicht. Diese Frage wurde schließlich in einem Verfahren vor dem Münchener Amtsgericht wichtig. Bei einer in München ansässigen Online-Plattform für Vermögensverwaltung und Wertpapieranlagen hatten Cyber-Kriminelle 2020 Zehntausende von Datensätzen von Nutzern der App entwendet, neben den Depot-Daten auch eine digitale Kopie des Personalausweises, E-Mail- und Postadresse sowie das Geburtsdatum. Allerdings gab es keinen nachweislichen Missbrauch dieser Informationen, etwa um die Identitäten für betrügerische Transaktionen einzusetzen.
Trotzdem verklagten zwei betroffene Kunden den Anbieter der App auf Schadensersatz. Ihrer Ansicht nach bestand ein immaterieller Schaden darin, dass sie mit dem Risiko eines späteren Identitätsdiebstahls leben müssen, weil der App-Anbieter ihre Daten nicht ausreichend geschützt hatte. Das Amtsgericht München legte den Fall und seine Rechtsfragen dem Europäischen Gerichtshof vor.
Der EuGH bekräftigte zunächst, dass Schadenersatz auch bei Datenschutzverstößen nicht als Form der Bestrafung dienen darf. Er hat sich allein am Ausmaß des Schadens zu bemessen, nicht an der Schwere des Verschuldens. Ist der Schaden entsprechend gering, kann außerdem bereits ein symbolischer Betrag ausreichen. Allerdings muss der erlittene Schaden in vollem Umfang ausgeglichen werden, und ein immaterieller Schaden durch eine DSGVO-Verstoß ist für den EuGH per se nicht weniger schwerwiegend als etwa eine Körperverletzung (EuGH, 20.06.2024 - C-182/22, C-189/22).
Da die Luxemburger Richter schließlich befanden, dass die bloße Möglichkeit zum Datenmissbrauch noch nicht zum Schadenersatz verpflichtet, bleibt für die Münchener Kläger wenig Hoffnung auf eine großzügige Schadenersatzsumme. Der Diebstahl personenbezogener Daten ist für sich genommen noch kein Identitätsdiebstahl oder ‑betrug.
Immerhin müssen Unternehmen, denen Daten von Kunden, Mitarbeitern oder anderen Personen gestohlen wurden, nicht schon allein deshalb mit Schadenersatzforderungen rechnen. Das ist sicher eine Erleichterung, wenn ein Trojaner das Firmennetzwerk infiziert hat oder ein illoyaler Angestellter beim Ausscheiden heimlich die Daten aller Kunden mitgehen ließ.
Trotzdem ist eine solche Situation finanziell riskant. In aller Regel werden von Hackern erbeutete personenbezogene Daten direkt für Cyber-Straftaten missbraucht oder an andere Kriminelle verkauft. Die Gefahr, dass die Betroffenen Opfer von Missbrauch ihrer Daten werden, ist also hoch. Und dann haben die Inhaber der Daten ganz klar Anspruch auf Schadenersatz.
Dazu kommen weitere Kostenfaktoren nach einem Datendiebstahl oder einem anderen Verstoß gegen das Datenschutzrecht:
Die DSGVO schreibt ganz klar vor, dass alle, die mit personenbezogenen Daten umgehen, diese „durch geeignete technische und organisatorische Maßnahmen“ vor unbefugtem Zugriff schützen müssen (Art. 25 DSGVO). Stellt sich nach einem Hackerangriff heraus, dass die IT-Sicherheit nicht auf professionellem Stand war, liegt ein DSGVO-Verstoß vor – mit den oben beschriebenen, teuren Folgen.
Andere Datenschutzverstöße entstehen aus mangelndem Bewusstsein für die Rechtslage, etwa dafür, dass man die Liste von Kunden und Interessenten nicht einfach an Dritte verkaufen kann, wenn die Betroffenen nicht nachweislich zugestimmt haben. Solche Sorglosigkeit kann Selbstständige und Unternehmen im schlimmsten Fall ruinieren. Es zahlt sich aus, die Rechtslage in Datenschutzfragen ernst zu nehmen.
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