In Betrieben mit wenigen Mitarbeitenden sind Kündigungen vergleichsweise einfach. Dort muss der Arbeitgeber die Trennung von einem Arbeitnehmer nicht weiter begründen. In größeren Betrieben ist das anders. Dort sind Kündigungen auf bestimmte, gesetzlich festgelegte Kündigungsgründe beschränkt und ansonsten unzulässig. Gegen Kündigungen ohne oder mit mangelhafter Begründung können sich die Betroffenen mit einer Kündigungsschutzklage vor dem Arbeitsgericht wehren
Diese Einschränkungen entfallen, wenn nur „zehn oder weniger Arbeitnehmer“ beschäftigt werden. Hat der Betrieb „in der Regel“ mehr Mitarbeitende, können diese sich auf die gesetzlichen Kündigungsschutzbestimmungen berufen. Das folgt aus § 23 Abs. 1 KSchG.
Eine im Gesetz enthaltene Sonderregelung senkt die Schwelle sogar auf fünf Mitarbeitende. Sie ist jedoch nur noch selten relevant. Dazu muss der betreffende Mitarbeiter bereits vor Ablauf des Jahres 2003 im Unternehmen beschäftigt gewesen sein.
Im Arbeitsrecht ist oft der Betrieb und nicht das gesamte Unternehmen entscheidend. Das ist auch beim Kündigungsschutz so. Selbst wenn ein selbstständiger Betrieb mit nur vier Mitarbeitenden zu einem großen Unternehmen gehört, gilt das Kündigungsschutzgesetz für ihn nicht.
Grundsätzlich ist der Betrieb eine arbeitsorganisatorische Einheit. Ein kleines Unternehmen ohne Unterteilung in verschiedene Abteilungen und mit nur einem Standort ist insgesamt ein Betrieb. Die örtliche Filiale einer Handelskette oder eine einzelne Niederlassung eines Industrieunternehmens sind typische Beispiele für einen eigenständigen Betrieb innerhalb eines größeren Unternehmens.
Die Abgrenzung eines Betriebs kann kompliziert sein. Kriterien dafür, dass ein eigener Betrieb vorliegt, sind eine eigenständige Personalzuständigkeit mit Entscheidungsbefugnis über Einstellung und Entlassung sowie eine einheitliche Leitung, zum Beispiel durch einen Vorarbeiter, eine Filialleiterin oder eine Geschäftsstellenleiterin. Weitere Indizien sind fest zugeordnete Arbeitskräfte sowie eigene Lagerhaltung, Bestellprozesse, Kostenstellen und Abrechnung. Keines dieser Kriterien ist für sich absolut ausschlaggebend. Ein kleiner Standort, an dem keine wesentlichen Entscheidungen über Arbeitsabläufe und Personal getroffen werden, stellt keinen Betrieb dar. Entscheidend sind stets das Gesamtbild und der Einzelfall.
Für die Ermittlung der Beschäftigtenzahl gelten folgende Regeln:
Alle Beschäftigten mit einer vollen Stelle zählen einmal.
Teilzeitkräfte mit maximal 20 Wochenstunden zählen anteilig mit 0,5.
Teilzeitkräfte mit mehr als 20, aber maximal 30 Wochenstunden zählen mit dem Faktor 0,75.
Somit geht beispielsweise ein Minijobber, dessen Wochenarbeitszeit 10 Stunden beträgt, mit dem Faktor 0,5 in die Berechnung des Schwellenwerts ein.
Für die Ermittlung des Schwellenwerts gelten weitere Besonderheiten:
Auszubildende sowie Praktikanten und Volontäre zählen nicht
Berücksichtigt werden dagegen Werkstudenten, da sie nicht „zur Ausbildung beschäftigt“ werden, anders als Praktikanten.
Ein Geschäftsführer (mit Anstellungsvertrag statt Arbeitsvertrag) wird nicht berücksichtigt (BAG, 27.04.2021 - 2 AZR 540/20).
Dagegen sind leitende Angestellte nicht automatisch ausgeschlossen, selbst wenn sie sich selbst nicht auf den gesetzlichen Kündigungsschutz berufen können.
Beschäftigte in Elternzeit oder in Pflegezeit zählen zum Schwellenwert dazu, da sie trotz aktueller Freistellung von der Arbeitspflicht „in der Regel“ im Betrieb arbeiten.
Dasselbe gilt für krankgeschriebene Arbeitnehmer, auch für langfristig Erkrankte.
Allerdings zählt eine eigens als Urlaubs-, Krankheits- oder Elternzeitvertretung angestellte Arbeitskraft dann nicht ein zweites Mal.
Eine vergleichbare Regelung gilt für Beschäftigte, die einen Freiwilligendienst
Leiharbeitnehmer zählen grundsätzlich nicht mit zum Schwellenwert. Das kann allerdings doch der Fall sein, wenn sie laufend eingesetzt werden.
Angenommen, in einem Unternehmen arbeiten sechs Beschäftigte mit 40 Wochenstunden und zwei Teilzeitkräfte mit 25 Stunden. Dazu kommen drei Aushilfen auf Minijob-Basis und eine Auszubildende. Schließlich gibt es eine Arbeitnehmerin mit Vollzeitvertrag in Elternzeit.
Die sechs aktuell arbeitenden Beschäftigten und die Frau in Elternzeit zählen zusammen als sieben Arbeitnehmer.
Die zwei Teilzeitkräfte zählen zusammen als 1,5 Arbeitskräfte.
Die drei Minijobber zählen zusammen ebenfalls als 1,5 Arbeitskräfte.
Die Auszubildende wird nicht mitgezählt.
Insgesamt ergibt das zehn Arbeitnehmer. Die Schutzbestimmungen des Kündigungsschutzgesetzes gelten nicht. Der Arbeitgeber kann ohne Angabe von Gründen kündigen.
Entscheidend für die Ermittlung des Schwellenwerts ist grundsätzlich der Tag, an dem einem Arbeitnehmer die Kündigung zugeht.
Bei stark schwankenden Beschäftigungszahlen genügt es allerdings nicht, nur auf den Personalstand bei Aussprache der Kündigung zu verweisen. Wenn in einem Betrieb 3 von 13 Beschäftigten von sich aus ausscheiden, sind zwar nur noch zehn Arbeitnehmer im Betrieb. Trotzdem muss der Arbeitgeber mit einer Kündigungsschutzklage rechnen, wenn er einem der Verbliebenen ohne Angabe von Gründen kündigt und gleichzeitig die drei offenen Stellen ausgeschrieben hat. Schließlich wurde der Schwellenwert dann nur zufällig und vorübergehend unterschritten. „In der Regel“ arbeiten ja 13 Arbeitnehmer in dem Betrieb.
Anders wäre die Situation, wenn der Betrieb sich dauerhaft verkleinert. Das müsste der Arbeitgeber dann vor dem Arbeitsgericht glaubhaft darstellen.
Wenn der Schwellenwert erreicht ist und das Kündigungsschutzgesetz gilt, ist der Handlungsspielraum von Arbeitgebern bei der Trennung von Mitarbeitenden deutlich eingeschränkt.
Kündigungen dürfen dann nur noch „sozial gerechtfertigt“ erfolgen. Dazu gehört, dass der Arbeitgeber eine Sozialauswahl treffen muss. Beim Stellenabbau muss er zum Beispiel das Alter sowie unterhaltsberechtigte Kinder berücksichtigen.
Das Gesetz erlaubt eine ordentliche Kündigung nur aus betrieblichen, persönlichen oder verhaltensbedingten Gründen. Das gilt, sobald ein Arbeitnehmer sechs Monate im Unternehmen ist.
Wann diese Gründe in der Praxis vorliegen, ergibt sich aus der jahrzehntelangen und kaum zu überblickenden Rechtsprechung der Arbeitsgerichte. So kann zum Beispiel eine betriebsbedingte Kündigung nicht einfach deshalb ausgesprochen werden, weil das Unternehmen sparen muss. Sie ist jedoch zulässig, wenn eine Abteilung geschlossen wird und für den dort tätigen Mitarbeiter keine andere, freie Stelle vorhanden ist.
Das Kündigungsschutzgesetz nennt klare Fristen für eine Kündigungsschutzklage. Ab dem Zugang einer ordentlichen Kündigung haben Mitarbeitende drei Wochen Zeit, um Kündigungsschutzklage einzureichen. Danach ist ihnen dieser Weg verschlossen.
Klagt ein Mitarbeiter erfolgreich gegen seine Kündigung, stellt das Arbeitsgericht deren Wirkungslosigkeit fest. Damit schuldet der Arbeitgeber dem oder der Betroffenen die Nachzahlung des Lohns seit dem vermeintlichen letzten Arbeitstag. In der Praxis ist eine Trennung dann oft nur noch gegen eine entsprechend hohe Abfindung möglich.
Die Geltung des Kündigungsschutzgesetzes ändert nichts an der Option, ein Arbeitsverhältnis statt per Kündigung durch einen Aufhebungsvertrag zu beenden.
Wichtige Tipps zur Trennung von Beschäftigten fasst der Beitrag „Basiswissen Kündigung: Arbeitsrechts-Basics für Arbeitgeber“ zusammen.
Die Möglichkeit zum Kündigen ohne Angabe von Gründen verschafft Arbeitgebern im Kleinbetrieb deutlich mehr Spielraum. Aber auch dort ist nicht jede Kündigung zulässig.
So dürfen Beschäftigte unabhängig von der Betriebsgröße nicht durch eine Kündigung diskriminiert, für die Ausübung ihrer Rechte bestraft oder auf andere Art unzulässig gemaßregelt werden. Und selbst in kleinen Betrieben sind unter anderem Schwangere und Auszubildende weitgehend vor Kündigungen geschützt. Mehr steht im Beitrag „Kündigungsfallen im Kleinbetrieb: Diskriminierungs- und Maßregelungsverbot“.
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