Die Trennung von Mitarbeitern läuft nicht immer konfliktfrei ab. Manchmal reagieren gekündigte Arbeitnehmer auf unfaire Art und Weise: Sie verbreiten Schauergeschichten, werden ausfallend, stehlen Firmen-Know-how oder sabotieren die Arbeit.
Trennung im Unfrieden? Auch dann gelten für Mitarbeiter Regeln
Es ist völlig normal, dass Mitarbeiter das Unternehmen irgendwann verlassen – dass dies nicht immer harmonisch verläuft, ebenfalls. Selbst dann gibt es keine Rechtfertigung dafür, dass der Ex-Arbeitnehmer gegen seinen Arbeitsvertrag oder die Gesetze verstößt, nachtritt oder unfair agiert.
Arbeitgeber haben wenig Möglichkeiten, einem ausscheidenden Mitarbeiter Steine in den Weg zu legen. Das hat sein Gutes: Es hält den bisherigen Chef oder die Chefin davon ab, sinnlos Energie an das Begleichen alter Rechnungen zu verschwenden. Selbst ein negatives Arbeitszeugnis kann sich rächen: Wenn der Gekündigte vor dem Arbeitsgericht eine „wohlwollend formulierte“ Beurteilung durchsetzt, darf der frühere Arbeitgeber die Prozesskosten tragen.
Darauf folgt jedoch nicht, dass Arbeitgeber jegliches Fehlverhalten tolerieren müssen, das Mitarbeiter nach einer Kündigung oder nach dem Ausscheiden an den Tag legen. Die Reaktions- und Präventionsmöglichkeiten hängen von den Umständen ab.
Der frühere Mitarbeiter vergreift sich Ihnen gegenüber im Ton oder verbreitet Lügen über Sie?
Meinungs- und Redefreiheit sind im Grundgesetz garantiert. Trotzdem darf man nicht uneingeschränkt sagen, was einem in den Kopf kommt, auch nicht im Unternehmen (mehr dazu: „Am Arbeitsplatz hat die Meinungsfreiheit ihre Grenzen“). Bei allem Ärger: Ex-Mitarbeiter und Gekündigte müssen sich an die Gesetze halten, wenn sie öffentlich mit anderen sprechen oder auf Instagram, Facebook und bei WhatsApp kommunizieren.
- Wenn der ehemalige Mitarbeiter Sie oder jemand aus dem Betrieb persönlich beleidigt, begeht er eine Straftat (§ 185 StGB). Beleidigungen sind Äußerungen und andere Handlungen, die die Ehre verletzen. Die Skala reicht von Fäkal- und Schimpfworten über öffentliche Aussagen wie „dieser Betrüger“ oder „Dort arbeiten nur Kriminelle und Irre“ bis hin zu Gesten wie dem Mittelfinger und Handlungen wie Anspucken. Selbstverständlich sind Beleidigungen im Internet ebenfalls strafbar. Das gilt nicht nur für Worte, entsprechende Emoticons oder Memes zählen ebenfalls dazu.
- Üble Nachrede liegt vor, wenn Behauptungen als Tatsache verbreitet werden, ohne dass man sie belegen oder beweisen kann, wie etwa „Der Chef hat die Verkäuferin laufend belästigt.“ (§ 186 StGB).
- Weiß der Urheber, dass eine Behauptung nicht stimmt, und ist diese Aussage geeignet, die Person des Arbeitgebers oder einen Ex-Kollegen „verächtlich zu machen oder in der öffentlichen Meinung herabzuwürdigen oder dessen Kredit zu gefährden“, dann handelt es sich um Verleumdung. Auch das ist eine Straftat (§ 187 StGB). Ein Beispiel wäre „Das Management hat ständig Ärger mit der Gewerbeaufsicht“ oder „Dem rennen die Gläubiger die Bude ein“, falls es frei erfunden ist.
Beleidigungen, üble Nachrede und Verleumdung sind Straftaten. Weil es sich um Antragsdelikte handelt, wird die Staatsanwaltschaft jedoch nur aktiv, wenn man sie anzeigt. Alternativ ist auch eine zivilrechtliche Reaktion möglich: Eine Abmahnung mit Unterlassungserklärung, die der Urheber der Äußerungen unterschreiben muss. In manchen Fällen genügt es, dem Urheber der Äußerungen ein sehr klar formuliertes Schreiben zukommen zu lassen, um eine Entschuldigung und die Rücknahme der Äußerung zu erreichen.
Bitte beachten Sie:
|
Der Mitarbeiter verstößt in den verbleibenden Tagen gegen seine Pflichten?
Dass Mitarbeiter, die bereits die Kündigung erhalten haben, während der letzten Tage im Unternehmen nicht vor Motivation platzen, liegt auf der Hand. Aber auch dann gibt es keinen Freibrief für Fehlverhalten.
- Gelegentlich sabotieren Mitarbeiter aus Ärger über die Kündigung den Betriebsablauf. Möglichkeiten gibt es viele: Man kann wichtige Unterlagen verschwinden lassen, Bestellungen absichtlich falsch ausführen, Maschinen oder Geräte beschädigen, Kunden unfreundlich behandeln oder Aufgaben bewusst unerledigt lassen.
Solches Verhalten verletzt die arbeitsvertraglichen Pflichten, das gilt bis zum letzten Tag im Betrieb. Arbeitgeber können den entstehenden Schaden grundsätzlich vom Arbeitnehmer einfordern oder mit dessen Anspruch auf Lohn und Urlaubsabgeltung verrechnen. Der Haken: Dafür muss das absichtliche (!) Fehlverhalten nachweisbar sein. Bei entsprechenden Kandidaten empfehlen sich Vorfeldmaßnahmen: Ein Gespräch, in dem klar auf die Schadenersatzpflicht und die Möglichkeit einer Anzeige z. B. wegen Sachbeschädigung hingewiesen wird. - Nicht selten lassen sich Arbeitnehmer für die verbleibenden Wochen im Unternehmen krankschreiben. Ein Arzt, der die Arbeitsunfähigkeit bestätigt, findet sich fast immer. Allerdings haben die Arbeitsgerichte den Arbeitgebern in diesem Punkt bereits mehrfach den Rücken gestärkt. Decken Krankmeldungen auf verdächtige Art die Zeit bis zum Austritt ab, kann der Arbeitgeber die Lohnfortzahlung verweigern, falls der Arbeitnehmer seine Arbeitsunfähigkeit nicht gesondert nachweist. Mehr steht im Beitrag „Kündigung und Krankschreibung gleichzeitig? Damit riskieren Mitarbeiter die Lohnfortzahlung“.
- Manche Mitarbeiter nutzen die letzten Tage und Wochen beim alten Arbeitgeber, um sich mit „nützlichen“ Dingen und Informationen einzudecken. Manche lassen Waren, Werkzeuge oder Teile der Betriebseinrichtung mitgehen. Das ist Diebstahl und damit strafbar. Andere kopieren heimlich Kundenadressen, Bestellgeschichten, Firmen-Know-how, Software oder Datenbanken: Informationen, die beim nächsten Arbeitgeber oder in einem eigenen Unternehmen nutzbringend eingesetzt werden sollen. Auch die Aneignung solcher Informationen ist ein klarer Rechtsbruch, sie verstößt gegen die arbeitsvertragliche Treuepflicht zum bisherigen Arbeitgeber, gegen Wettbewerbsrecht und möglicherweise gegen das Geschäftsgeheimnisgesetz. Deshalb können Sie als Arbeitgeber mit einer Unterlassungsforderung und Schadenersatzklagen reagieren. Allerdings können Sie niemand daran hindern, das im Kopf befindliche Firmenwissen mitzunehmen und zu verwerten, außer wenn er in eine Verschwiegenheitserklärung oder ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot eingewilligt hat (mehr dazu im letzten Abschnitt).
Der frühere Mitarbeiter macht das Unternehmen schlecht?
Beleidigung, üble Nachrede oder Verleumdung ist nur gegenüber Menschen möglich. Den Straftatbestand „Unternehmensbeleidigung“ kennt das Strafgesetzbuch nicht. Unangemessene und unwahre Äußerungen über ein Unternehmen lassen sich jedoch mit den Mitteln des Zivilrechts verfolgen.
- Der Bundesgerichtshof hat den Begriff des „Unternehmenspersönlichkeitsrechts“ geprägt, das sich auf Kapitalgesellschaften wie eine GmbH als juristische Person. Es schützt den „sozialen Geltungsanspruch von Kapitalgesellschaften als Wirtschaftsunternehmen“ (BGH, 26.01.2017 - I ZR 217/15). Unzumutbare, geschäftsschädigende Äußerungen können deshalb nicht in jedem Fall mit dem Recht auf freie Meinungsäußerung gerechtfertigt werden. Ein Beispiel wäre Schmähkritik wie „Was die XY GmbH anbietet, ist alles überteuerter Ramsch, zum Glück arbeite ich dort nicht mehr“. Das gilt noch mehr, wenn eine Aussagen nachweislich nicht zutrifft. Ein Recht auf freie Unwahrheitsäußerung existiert nicht.
- Außerdem verletzen Äußerungen, die das Geschäft und den Betriebsfrieden stören, das „Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb“. Dieser subsidiäre Anspruch greift, wenn keine anderen Vorschriften einschlägig sind. Er wurde von der Rechtsprechung entwickelt und bezieht sich vereinfacht gesagt darauf, dass Sie verlangen können, beim Betrieb Ihres Unternehmens nicht mutwillig und ohne angemessenen Grund gestört zu werden.
- Wechselt ihr früherer Mitarbeiter zu einem Konkurrenten, oder gründet er selbst einen Betrieb in Ihrer Branche, dann verstößt er mit unbewiesenen Negativaussagen über Ihr Unternehmen in der Öffentlichkeit gegen das Wettbewerbsrecht. Das gilt ganz besonders, wenn er auf diese Weise versucht, Ihnen Ihre Bestandskunden abspenstig zu machen. Sie können ihm nicht untersagen, die Kunden, die er aus seiner Zeit bei Ihnen persönlich kennt, zu kontaktieren. Unwahrheiten und geschäftsschädigende Behauptungen müssen Sie dagegen nicht hinnehmen.
In allen drei Fällen können Sie von den ehemaligen Mitarbeiter abmahnen und Unterlassung fordern. Außerdem haben Sie Anspruch auf Schadenersatz, wenn Ihnen deshalb Umsatz entgeht.
Arbeitsrechtliche Möglichkeiten
Ein Allheilmittel zur Vermeidung oder Sanktionierung von Fehlverhalten nach Kündigung gibt es nicht. Je nach Umständen können jedoch bestimmte Optionen helfen.
- Freistellung statt Risiko
Je nach Einzelfall ziehen Arbeitgeber es häufig vor, Arbeitnehmer direkt mit der Kündigung freizustellen. Der Mitarbeiter erhält bis zum Ende der Unternehmenszugehörigkeit sein Geld, muss aber nicht mehr am Arbeitsplatz erscheinen. Bei Bedarf kann die Freistellung nach dem Räumen von Schreibtisch oder Spind noch durch ein Hausverbot ergänzt werden. - Fristlose Kündigung als Reaktion
Ihr Mitarbeiter hat die Kündigung erhalten, und reagiert mit eindeutig unzulässigem Verhalten? Möglicherweise können Sie ihm fristlos kündigen. Ob das sinnvoll und durchsetzbar ist, hängt von den Umständen ab. Eine außerordentliche Kündigung ohne anwaltlichen Rat ist nicht empfehlenswert. Zu leicht stolpert man über Formfehler und andere Anforderungen, so dass die Kündigung unwirksam wird. - Die Trennung per Abwicklungsvertrag regeln, möglicherweise mit Abfindungszahlung
Im Fall von Konfliktpotenzial kann ein Abwicklungsvertrag zwischen Arbeitgeber und baldigem Ex-Arbeitnehmer eine Eskalation vermeiden. Darin können alle offenen Punkte von der Rückgabe des Firmenwagens bis zur Formulierung des Arbeitszeugnisses geklärt werden. In der Regel akzeptiert der Arbeitnehmer mit der Unterschrift die Kündigung, während der Arbeitgeber im Gegenzug eine Abfindung zusagt. - Nachvertragliche Wettbewerbsklauseln im Arbeitsvertrag als Präventivmaßnahme
Solche Klauseln sollen verhindern, dass Mitarbeiter in entsprechender Position nach ihrem Ausscheiden dem bisherigen Arbeitgeber Konkurrenz machen, sei es als Angestellte bei einem Wettbewerber oder unter eigener Flagge. Für diesen Fall wird eine Vertragsstrafe vereinbart. Allerdings hat diese Lösung drei Haken. Zum einen ist es nicht einfach, eine wirksam formulierte Wettbewerbsklausel zu gestalten: Zu weitreichende oder allgemeine Einschränkungen scheitern vor Gericht. Zweitens darf das Wettbewerbsverbot nur auf maximal zwei Jahre befristet sein. Drittens muss der Arbeitgeber im Gegenzug eine Karenzentschädigung zahlen, die mindestens die Hälfte des Gehalts beträgt. Näheres steht im Beitrag „Gründung trotz nachvertraglichem Wettbewerbsverbot“. - Verschwiegenheitsverpflichtung als Präventivmaßnahme
Mitarbeiter können grundsätzlich dazu verpflichtet werden, das im Unternehmen erworbene Know-how selbst nach dem Ausscheiden nicht anderweitig zu verwerten. Die korrekte Gestaltung solcher Arbeitsvertragsklauseln und Vereinbarungen ist jedoch kompliziert. Das gilt ganz besonders, wenn die Informationen nicht unter das Geschäftsgeheimnisgesetz fallen und ihre Nutzung kein Wettbewerbsverstoß ist. Weitere Informationen liefert „NDA: Worauf Sie bei Geheimhaltungsvereinbarungen achten sollten“.
Ein Grund zum Nachdenken?
Konflikte wie die oben beschriebenen sind für Arbeitgeber ein guter Anlass zur Selbstanalyse. Enthielten die Vorwürfe des Ex-Mitarbeiters möglicherweise ein Körnchen Wahrheit? Gab es Fehler bei der Mitarbeiterauswahl? Haben mangelhafte Arbeitsbedingungen, ein ungünstiges Betriebsklima oder schlechte Kommunikation zur Entfremdung beigetragen?
LektüretippsWeiterführende Informationen zu Rechts- und Finanzierungsthemen finden Sie im orgaMAX-Blog und im Newsletter-Archiv:
|