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Mindestlohn-Basics für Arbeitgeber

4. Sep. 2024
9 MIN

orgaMAX Blog_Headerbild875x350_MindestlohnMindestlohn klingt einfach: Fast alle Arbeitnehmer müssen einen bestimmten Brutto-Stundenlohn erhalten. In der Praxis führt diese scheinbar simple Vorgabe allerdings zu einigen Mindestlohn-Klippen, die man möglichst vermeiden sollte. Andernfalls drohen empfindliche Bußgelder.

 

Die Mindestlohnhöhe

Seit 2014 gilt in Deutschland ein allgemeiner gesetzlicher Mindestlohn. Bei seiner Einführung betrug er 8,50 Euro. Seither ist der Mindestlohnanspruch deutlich gestiegen. Seit Jahresbeginn 2024 liegt der minimale Brutto-Stundenlohn für Arbeitnehmer bei 12,41 Euro pro Stunde.

Die nächste Erhöhung steht bereits fest: ab dem 1. Januar 2025 müssen Arbeitnehmer mindestens 12,82 Euro pro Stunde bekommen.

Die Mindestlohn-Fallen im schnellen Überblick:

  • Der Mindestlohn muss nicht nur in der korrekten Höhe, sondern auch in der gesetzlich vorgegebenen Frist ausbezahlt werden.

  • Neben Arbeitgebern haften auch Auftraggeber dafür, dass Mindestlohn bezahlt wird: Sie müssen sicherstellen, dass alle Subunternehmer die Mindestlohnvorgaben einhalten.

  • Bestimmte Lohn- und Gehaltsbestandteile dürfen nicht auf den Mindestlohn angerechnet werden.

  • Bei der Berechnung muss die komplette Arbeitszeit einbezogen werden. Dazu kann beispielsweise die Anfahrt gehören.

  • In einer Reihe von Branchen gelten Branchenmindestlöhne, die über dem gesetzlichen Mindestlohn liegen.

  • Bei Minijobbern kann der Mindestlohnanspruch in die Sozialversicherungspflicht führen, wenn nicht auf die monatlichen Arbeitsstunden geachtet wird.

  • Einige wenige Gruppen haben keinen Anspruch auf Mindestlohn. Die Abgrenzung ist nicht immer trivial, zum Beispiel bei Praktikanten.

  • Bereits der Verstoß gegen Dokumentations- und Mitwirkungspflichten kann zu einem Bußgeld führen.

 

Mindestlohn ist gesetzliche Pflicht

Der Mindestlohn ist in einem eigenen Gesetz geregelt, dem Mindestlohngesetz oder kurz MiLoG. Dort ist unter anderem Folgendes festgelegt:

  • Der Mindestlohn gilt brutto und pro Zeitstunde (§ 1 MiLoG).
    Monatsgehälter und Akkord- oder Stücklöhne müssen in einen Stundenlohn umgerechnet werden, um die Einhaltung des Mindestlohns zu überprüfen.
    Bei einem Prämien- oder Pensum-Lohnmodell genügt es nicht, wenn der Mindestlohn voraussichtlich erreicht wird: Er sollte gewährleistet sein.

  • Der Mindestlohn ist den Arbeitnehmern spätestens am letzten Bankarbeitstag des Folgemonats auszuzahlen (§ 2 MiLoG).
    Das gilt selbst dann, wenn der Arbeitsvertrag eine andere Fälligkeit des Lohn vorsieht. Eine Ausnahme besteht nur in Bezug auf Arbeitszeit, die in Form von Wertguthaben angespart oder in ein Arbeitszeitkonto eingebracht wird. Beides setzt eine schriftliche Vereinbarung voraus.

  • Steht im Arbeitsvertrag eine Regelung, die eine Entlohnung unter Mindestlohn vorsieht, ist diese Vereinbarung nichtig (§ 3 MiLoG).
    Die einzige Art, wie Mitarbeiter wirksam auf den Mindestlohnanspruch verzichten können, ist durch einen Vergleich vor Gericht.

  • Arbeitgeber haften dafür, dass sie den Mindestlohn in vorgeschriebener Höhe und in der vorgeschriebenen Frist auszahlen.
    Zudem haften Auftraggeber für Subunternehmer und deren Subunternehmer, die ihre Beschäftigten unter Mindestlohn bezahlen (§ 13 MiLoG in Verbindung mit 14 AEntG).

 

Ausnahmen: Wer hat keinen Anspruch auf Mindestlohn?

Die Mindestlohnvorschriften betreffen alle Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Das schließt Minijobber, Aushilfen und kurzfristig Beschäftigte ein. Das Gesetz lässt nur für bei wenigen Gruppen eine Ausnahme zu, weil sie nicht als Arbeitnehmer eingeordnet werden (§ 22 MiLoG).

  • Auszubildende werden nicht vom MiLoG erfasst. Für sie bestimmt das Berufsbildungsgesetz stattdessen eine vorgeschriebene Mindestausbildungsvergütung ( 17 BBiG). Die Beträge hängen vom Ausbildungsjahr und -beginn ab, einen Überblick liefert die DIHK.
  • Bei Praktikanten entscheiden Art und Dauer des Praktikums über den Mindestlohnanspruch. Für Pflichtpraktika, Orientierungspraktika bis drei Monate sowie studien- oder ausbildungsbegleitende Praktika bis drei Monate muss der Betrieb den Praktikanten keinen Mindestlohn bezahlen (§ 22 Abs. 1 MiLoG). Details stehen im Beitrag „Mindestlohn bei Praktika? Darauf sollten Betriebe achten“.
  • Minderjährige ohne abgeschlossene Berufsausbildung haben keinen Anspruch auf Mindestlohn und können für niedrigeres Entgelt beschäftigt werden, zum Beispiel im Rahmen von Ferienjobs.
  • Für Langzeitarbeitslose, die mindestens ein Jahr ohne Job waren, gilt nach dem Wiedereinstieg in eine Beschäftigung eine Ausnahme von sechs Monaten. Anschließend muss ihnen Mindestlohn bezahlt werden.

Ebenfalls keinen Mindestlohn verlangen können ehrenamtliche Kräfte und freiwillige Helfer. Das Gleiche gilt für selbstständige Auftragnehmer. Voraussetzung: Es darf keine Scheinselbstständigkeit vorliegen. Mehr dazu unter „Scheinselbstständigkeit: Neue Regeln für das Statusfeststellungsverfahren“.

 

Welche Lohnbestandteile werden auf den Mindestlohn angerechnet?

Nicht alle Entgeltbestandteile sind mindestlohnwirksam. Die Arbeitsgerichte haben im Lauf der Jahre bestimmte Geldleistungen herausgearbeitet, die Arbeitgeber nicht auf den Mindestlohn ihrer Beschäftigten anrechnen dürfen:

  • Dazu gehören die gesetzlich vorgeschriebenen Zuschläge zur Nachtarbeit und andere Leistungen, die „auf einer besonderen gesetzlichen Zweckbestimmung beruhen“.
  • Auch vermögenswirksame Leistungen dürfen nicht angerechnet werden.
  • Nicht anrechenbar sind außerdem Leistungen wie Treueprämien, die der Arbeitgeber „ohne Rücksicht auf eine tatsächliche Arbeitsleistung“ bezahlt.
  • Aufwandsentschädigungen und Auslagenersatz bleiben bei der Berechnung des Mindestlohns außer Betracht. Das gilt grundsätzlich auch bei einer pauschalierten Kostenerstattung.
  • Sonderzahlungen wie Weihnachtsgeld oder Urlaubsgeld können auf den Mindestlohn anrechenbar sein. Dabei entscheiden die Details. Wird das Weihnachtsgeld beispielsweise komplett im November ausgezahlt, ist es auch nur in diesem Monat für den Mindestlohn relevant. Anders ist es bei einer Jahressonderzahlung, die gemäß Arbeitsvertrag auf Monatsbeträge verteilt wird.
  • Außerdem müssen solche Einmal- oder Sonderzahlungen die erbrachte Arbeitsleistung vergüten, um anrechenbar zu sein. Ist ein Urlaubsgeld schlicht an den Urlaubsanspruch geknüpft, zählt es nicht für den Mindestlohn. Entscheidend ist im Zweifel die genaue Formulierung der Vereinbarung.
  • Sachlohnleistungen dürfen nicht auf den Mindestlohn angerechnet werden.
  • Trinkgelder sind auf keinen Fall Teil des Mindestlohns.

Die Abgrenzung von anrechenbaren und nicht anrechenbaren Leistungen kann arbeitsrechtlich komplex sein. Im Zweifel helfen eine Rechtsanwältin oder ein Rechtsanwalt für Arbeitsrecht bei der Klärung.

Bei der Prüfung, ob die vorgeschriebenen Mindestlohnhöhe erreicht wird, dürfen die Anteile des Arbeitgebers zur Sozialversicherung nicht mit einbezogen werden.

 

Wurden bei der Mindestlohnberechnung alle Arbeitszeiten berücksichtigt?

Wichtig ist, dass sämtliche Arbeitszeiten vollständig erfasst werden. Bleibt ein Teil der vergütungspflichtigen Arbeitszeiten bei der Prüfung außen vor, kann es sein, dass der Mindestlohn in Wirklichkeit unterschritten wird.

Die Abgrenzung ist nicht immer trivial. So zählen Fahrzeiten von der Wohnung zu Einsätzen im Außendienst laut vielen Tarifverträgen als Arbeitszeit. Und vor kurzem hat das Bundesarbeitsgericht einem als Containermechaniker tätigen Arbeitnehmer zugestanden, dass in seinem Fall das Duschen und Umziehen nach der Schicht als Arbeitszeit bezahlt werden muss (BAG, 23.04.2024, 5 AZR 212/23). Ein weiterer kritischer Punkt sind Bereitschaftszeiten. Ein Bereitschaftsdienst muss mit Mindestlohn vergütet werden. Bei einer reinen Rufbereitschaft gilt das nicht.

 

Mindestlohn und Minijob

Seit 2022 sind Minijob-Grenze und Mindestlohn aneinandergekoppelt. Steigt der Mindestlohn, wächst auch die Minijob-Grenze entsprechend: Parallel zur Mindestlohnerhöhung auf 12,82 Euro am 1. Januar 2025 wird die Geringfügigkeitsgrenze von derzeit 538 Euro auf 556 Euro pro Monat angehoben. Die Werte orientieren sich daran, dass ein Minijobber zehn Wochenstunden arbeiten kann, ohne das Sozialversicherungspflicht eintritt.

Hintergrund: Grundsätzlich müssen Arbeitgeber bei Minijobbern darauf achten, dass ihre monatlichen Arbeitsstunden, multipliziert mit dem geltenden Mindestlohn, nicht zu einem Lohnanspruch oberhalb der Minijob-Grenze führen: Dann wird die Beschäftigung sozialversicherungspflichtig. Für 2024 ergibt die Geringfügigkeitsgrenze von 538 Euro und der Mindeststundenlohn von 12,41 Euro eine maximale Zahl von 43,35 Stunden pro Monat im Minijob.

Früher mussten nach einer Mindestlohnerhöhung in vielen Fällen die Monatsarbeitsstunden von Minijobbern reduziert werden.

 

Dokumentationspflicht: Die Arbeitszeiten müssen festgehalten werden

In bestimmten Fällen müssen Arbeitgeber aufgrund der Mindestlohnvorschriften die Arbeitszeiten festhalten (§ 17 Abs. 1 MiLoG). Das gilt für bestimmte Branchen sowie branchenübergreifend beim Einsatz von Minijobbern. Dokumentiert werden sollten der Beginn, das Ende und die Dauer der Arbeitszeit (ohne Pausen). Die Form ist nicht vorgeschrieben.

Die betroffenen Branchen sind das Baugewerbe, die Gebäudereinigung, Messebetriebe, die Fleischwirtschaft, Wach- und Sicherheitsdienste, Gastronomie und Hotellerie, Personenbeförderung, das Speditions- und Transportgewerbe samt Logistik, Schausteller, Forstwirtschaft und das Prostitutionsgewerbe.

Eigentlich ist diese Vorschrift obsolet: Da mittlerweile das Bundesarbeitsgericht die Pflicht zur Erfassung der Arbeitszeiten für sämtliche Arbeitgeber bekräftigt hat, und zudem ein entsprechendes Gesetz in Vorbereitung ist, sollte man die Arbeitszeiten ohnehin in allen Betrieben und für alle Beschäftigten aufzeichnen, unabhängig vom Mindestlohn. Mehr dazu verrät der Artikel „Die geplanten Vorschriften zur Arbeitszeiterfassung: Was kommt auf Arbeitgeber zu?“.

 

Branchenmindestlöhne

In vielen Branchen gibt es tarifvertraglich festgelegte Branchenmindestlöhne, die über dem gesetzlichen Mindestlohn liegen. Diese betreffen in einigen Fällen auch Unternehmen, die keinem Arbeitgeberverband angehören: dann, wenn ein Gesetz dies vorsieht beziehungsweise der Bundesarbeitsminister die Tarifverträge für allgemeingültig erklärt hat. Eine Übersicht der verbindlichen Branchenmindestlöhne stellt die Zollverwaltung bereit.

 

Mindestlohn-Verstöße können teuer werden

Die Einhaltung der Mindestlohnvorschriften wird von mehreren Seiten kontrolliert. Zum einen gehört dies zu den Aufgaben des Zolls. Zum anderen achten auch Betriebsprüfer der Deutschen Rentenversicherung darauf. Sie fordern bei Verstößen die Sozialversicherungsbeiträge auf nicht ausbezahlten Mindestlohn ein. Schließlich kann es passieren, dass ein Arbeitnehmer beim Ausscheiden aus dem Unternehmen nicht bezahlen Mindestlohn nachfordert und deshalb vors Arbeitsgericht geht.

  • Das Unterschreiten des Mindestlohns ist eine Ordnungswidrigkeit. Das MiLoG sieht dafür eine Bußgeld-Obergrenze von 500.000 Euro vor.
  • Verstöße gegen die Mitwirkungspflichten können mit Bußgeldern von bis zu 30.000 Euro geahndet werden. Darunter fällt auch die fehlende Dokumentation der Arbeitszeit.
  • Wird vorsätzlich weniger als der Mindestlohn bezahlt, steht eine Straftat im Raum: dann kann es sein, dass die Staatsanwaltschaft wegen „Vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsentgelt“ ( 266a StGB) ermittelt, weil die Sozialversicherungsbeiträge nicht in angemessener Höhe abgeführt wurden.

 

Wer legt den Mindestlohn fest?

Es gibt eine Mindestlohnkommission aus Arbeitnehmer- und Arbeitgebervertretern, die Vorschläge zur Anpassung macht. In der Regel wird die neue Mindestlohnhöhe dann von der Bundesregierung als Verordnung erlassen.

Daneben existiert ein alternativer Weg zur Erhöhung der Mindestlöhne: 2022 wurde der neue Mindestlohn vom Bundestag per Gesetz festgelegt.

 

Nützliche Links zum Mindestlohn

 

Lektüretipps

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