„Wir wollen Personal einsparen“ ist noch kein Kündigungsgrund. Arbeitgeber dürfen sich eine betriebsbedingte Kündigung nicht zu einfach machen. Die unternehmerische Entscheidung, Personal einzusparen, reicht als Kündigungsgrund nicht aus. Vor dem Arbeitsgericht sollte die Arbeitgeberseite die Trennung detailliert begründen können. Dazu gehören präzise Planungen und Zahlen.
In Betrieben, in denen in der Regel mehr als zehn Mitarbeiter beschäftigt werden, gilt das Kündigungsschutzgesetz. Eine „ordentliche Kündigung“ ist dort nur personenbedingt, verhaltensbedingt oder betriebsbedingt möglich.
Bei vielen Arbeitgebern herrscht die Überzeugung, dass von diesen drei Möglichkeiten eine Kündigung aus betrieblichen Gründen die einfachste sei. Die verhaltens- oder personenbedingte Trennung scheitert leicht an fehlenden Abmahnungen oder an nicht erfüllten Fürsorgemaßnahmen. Dagegen, so denken viele, reicht zur betriebsbedingten Kündigung der Nachweis, dass die Stellenkürzung die wirtschaftliche Lage des Unternehmens verbessert. Doch so einfach ist es nicht.
Zum Weiterlesen: Die arbeitsrechtlichen Grundlagen zur Kündigung stellt „Basiswissen Kündigung: Arbeitsrechts-Basics für Arbeitgeber“ kompakt dar.
Auch bei betriebsbedingten Kündigungen schauen die Arbeitsgerichts sehr genau hin. Hat der Arbeitgeber seine Hausaufgaben nicht erledigt, wird die Kündigung für unwirksam erklärt. Mit den bekannten Folgen:
Ein klassisches Beispiel dafür, wie eine Kündigung aus betrieblichen Gründen scheitern kann, liefert eine Entscheidung des Arbeitsgerichts Erfurt (23.04.2024 - 6 Ca 40/24). Der Hausmeister eines Hotels, dem betriebsbedingt gekündigt worden war, hatte Kündigungsschutzklage erhoben: für die Kündigung gebe es kein „dringendes betriebliches Erfordernis“, seine Arbeit könne nicht auf die anderen Mitarbeiter an dem Standort verteilt werden.
Die Hotelgruppe, bei der er angestellt gewesen war, verteidigte sich. Sie verwies darauf, dass als unternehmerische Entscheidung der Shuttle-Service für Gäste eingestellt und die Pflege des Pools an einen externen Dienstleister vergeben worden war. Gartenarbeiten sowie Reparatur- und Wartungstätigkeiten im Hotel würden nun von den Betriebshandwerkern übernommen, die die Hotels der Gruppe an verschiedenen Standorten zentral betreuten. Restliche Tätigkeiten wie die Entsorgung von Müll aus Küche und Etagen, die der Hausmeister erledigt hatte, seien dem Küchen- und Zimmerpersonal übertragen worden. Dieses habe dafür Ressourcen, da das Haus nie voll belegt sei.
Die Darstellung des Arbeitgebers mag überzeugend klingen: das Hotel sah eine Möglichkeit, die Stelle des Hausmeister zu streichen und dadurch Kosten zu sparen, weil seine Aufgaben anders abgedeckt werden konnten. Doch das Arbeitsgericht bewertete die Sachlage anders: es hob die Kündigung auf. Damit war der Hausmeister wieder in einem Arbeitsverhältnis mit der Hotelgruppe. Diese musste ihm seinen Lohn für die Zeit seit der Kündigung nachzahlen.
Grund für das aus Arbeitgebersicht negative Urteil: die Richter bemängelten fehlende Substanz in den Ausführungen des Unternehmens zur Umstrukturierung. Die Einwände:
Als Eigentor erwies sich außerdem, dass der Arbeitgeber dem Hausmeister in der Klageerwiderung die Versetzung ins Handwerkerteam angeboten hatte. Daraus schloss das Arbeitsgericht, dass ein solches Angebot schon vorher möglich gewesen wäre, Da es nicht erfolgt war, war die Kündigung unverhältnismäßig: sie war nicht das mildeste Mittel, um die Situation zu bereinigen.
Das Urteil illustriert die Risiken, die Arbeitgeber mit einer schlecht vorbereiteten betriebsbedingten Kündigung in Kauf nehmen. Sicher, viele Arbeitnehmer verzichten auf eine Klage: Sie scheuen den Aufwand und kennen die Rechtslage nicht, außerdem bietet ihnen der Arbeitsmarkt derzeit oft neue Stellen. Doch darauf kann man sich nicht verlassen.
Kommt es zur Klage, wird vom Arbeitgeber eine belastbare Analyse der betrieblichen Situation samt den Auswirkungen der geplanten Personalkürzungen erwartet. Er muss „seine Entscheidung hinsichtlich ihrer organisatorischen Durchführbarkeit und zeitlichen Nachhaltigkeit verdeutlichen“. So hat es das Bundesarbeitsgericht in einer Grundsatzentscheidung formuliert, auf die sich auch die Erfurter Arbeitsrichter beriefen (BAG, 23.02.2012 - 2 AZR 548/10).
Was bleibt: die verschiedenen Möglichkeiten zur Trennung ausloten und davon die beste wählen.
Vor einer Kündigung sollten Arbeitgeber sich fragen, wie wahrscheinlich eine Kündigungsschutzklage ist und wie dann die eigenen Chancen stehen. Dabei dürfen sie nicht vergessen, dass Arbeitsrichter die Situation anders sehen als sie. Im Zweifel lohnt anwaltliche Beratung, selbst wenn das zusätzliche Kosten verursacht. Die sind in der Regel niedriger als der Preis einer verlorenen Kündigungsschutzklage.
Alternativ kann man dem oder der Betreffenden einen Aufhebungsvertrag anzubieten. Die Beschäftigten werden im Gegenzug eine Abfindung fordern. Ihre Höhe hängt von der Verhandlungsposition und dem Verhandlungsgeschick der betreffenden Arbeitskraft ab. Großer Vorteil dieser Variante: mit der Unterschrift unter der Auflösungsvereinbarung geben Arbeitnehmer ihren Anspruch auf Kündigungsschutz auf. Ob die Trennung arbeitsrechtlich gerechtfertigt ist, spielt dann keine Rolle mehr.
In Betrieben mit regelmäßig weniger als elf Beschäftigten gilt zwar das Kündigungsschutzgesetz nicht. Dort kann ohne Angaben von Gründen gekündigt werden. Ein Freibrief ist das allerdings nicht. Auch in kleinen Unternehmen kann die Trennung von Mitarbeitern vom Arbeitsgericht für unwirksam erklärt werden. Warum, erläutert der Artikel „Kündigungsfallen im Kleinbetrieb: Diskriminierungs- und Maßregelungsverbot“.
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