Der Traum vom papierlosen Büro ist längst noch nicht ausgeträumt. Bis dahin stellt sich immer wieder die Frage: Welche Unterlagen darf ich wegwerfen, welche muss ich aufbewahren – und vor allem: wie lange?
Ein passender Zeitpunkt für das Durchforsten von Geschäftsunterlagen ist der Jahresanfang. Denn die Berechnung von Aufbewahrungsfristen orientiert sich an Kalenderjahren.
Grundsätzlich gilt: Die gesetzlich vorgeschriebene Aufbewahrungsdauer startet nach dem Ende des Kalenderjahres, in dem die letzte Eintragung im jeweiligen Dokument gemacht wurde. Bei Geschäftsbriefen läuft die Frist ab dem Ende des Jahres, in dem sie versandt oder empfangen wurden.
Bitte beachten Sie: Für zwei Dokumente, die ein und dasselbe Wirtschaftsjahr betreffen, kann die Aufbewahrungsfrist an unterschiedlichen Zeitpunkten beginnen (und letztlich enden). Zwei Beispiele:
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Mit anderen Worten: Bevor Sie Unterlagen entsorgen, klären Sie zunächst den Zeitpunkt der Entstehung bzw. letzten Eintragung. Dann addieren Sie die gesetzliche Aufbewahrungsfrist – beginnend am 1. Januar des folgenden Kalenderjahres.
Bevor wir die drei wichtigsten gesetzlichen Aufbewahrungsfristen vorstellen, zunächst noch ein Blick auf die Hintergründe:
Ganz gleich, ob freiwillig oder gezwungenermaßen: Das Aufbewahren wichtiger Dokumente ist kein Selbstzweck. Es geht um die Beweisbarkeit von Sachverhalten und die Glaubwürdigkeit von Behauptungen. Denken Sie nur an den Nachweis ...
Beweiskräftige Schriftstücke (= „Urkunden“) sind dabei im Zweifelsfall die solidesten Mittel, um einen behaupteten Sachverhalt zu untermauern. Vor Gericht bieten sich aber auch Zeugenaussagen und Indizien an, um Plausibilitäts- und Glaubwürdigkeitsprüfungen zu bestehen.
Bitte beachten Sie: Zumindest für steuerliche Zwecke ist das gelegentliche Fehlen einzelner Belege kein Beinbruch: Notfalls können Sie hilfsweise einen Eigenbeleg anfertigen. Solange das die Ausnahme bleibt, ist die Anerkennung von Betriebsausgaben-Abzügen normalerweise nicht gefährdet. |
Fehlen jedoch (zu) viele Abrechnungen und Zahlungsnachweise droht im ungünstigsten Fall gemäß § 162 Abgabenordnung die Schätzung der Besteuerungsgrundlagen. Und die fällt so gut wie nie zugunsten der Steuerpflichtigen aus.
Zurück zu den Aufbewahrungsfristen:
Im Geschäftsleben – insbesondere im Handels- und Steuerrecht – sind beweiskräftige Dokumente unverzichtbar. Das ungeschriebene Grundgesetz im Rechnungswesen lautet denn auch „Keine Buchung ohne Beleg!“
Die Anforderungen an geschäftliche Schriftstücke sowie die dazugehörigen Aufbewahrungsfristen regelt der Gesetzgeber an vielen verschiedenen Stellen. Am wichtigsten und bekanntesten sind die folgenden:
Für die Dauer der Archivierung spielt dabei die Form der Unterlagen grundsätzlich keine Rolle.
Für die betriebliche Praxis sind vor allem folgende Fristen von Bedeutung:
Die Zehnjahresfrist gilt gemäß § 147 Abs. 1 AO für folgende Unterlagen und Aufzeichnungen:
Hinzu kommen Gründungs-, Organisations- und Arbeitsunterlagen aller Art, die zum Verständnis der genannten Buchungsbelege erforderlich sind.
Bitte beachten Sie: Anfang 2022 ist rechnerisch die Zehnjahresfrist der meisten aufbewahrungspflichtigen Dokumente des Geschäftsjahres 2011 abgelaufen. |
Die kürzere Sechsjahresfrist gilt für sämtliche Geschäftskorrespondenz sowie alle steuerlich bedeutsamen Dokumente, soweit sie nicht bereits unter die Zehnjahresfrist fallen. Im Einzelnen nennt § 147 Abs. 1 AO folgende Unterlagen:
Als Handels- und Geschäftsbriefe gelten dabei sämtliche Schriftstücke, die der ...
... eines Geschäfts dienen.
Bitte beachten Sie: Anfang 2022 ist rechnerisch die Sechsjahresfrist der Geschäftskorrespondenz aus dem Geschäftsjahr 2015 abgelaufen. |
Ob es sich dabei um klassische Papierpost oder elektronische Dokumente und Versandformen handelt, spielt keine Rolle. Auch Fax-Sendungen, E-Mails, SMS, WhatsApp- und Facebook-Nachrichten können grundsätzlich die Funktion eines Geschäftsbriefes haben.
Dagegen gelten Werbeschreiben nicht als Handels- oder Geschäftsbrief: Mailings, Flyer und Prospekte oder auch erfolglose Angebote müssen Sie nicht archivieren.
Privatleute („Verbraucher“) können mit ihren persönlichen Dokumenten grundsätzlich machen, was sie wollen. Verbindliche gesetzliche Aufbewahrungsfristen gelten normalerweise nur für Unternehmer. Bei grundstücksbezogenen Lieferungen und Leistungen müssen jedoch auch Nicht-Unternehmer „die Rechnung, einen Zahlungsbeleg oder eine andere beweiskräftige Unterlage zwei Jahre“ lang aufbewahren. Das ist in § 14b Abs. 1 Satz 5 UStG geregelt.
Diese Pflicht wiederum hat Auswirkungen auf Unternehmen: Wenn Sie Rechnungen über Bau- und ähnliche Leistungen an Privatleute erbringen, müssen Sie Ihre Kunden auf die spezielle Rechnungs-Aufbewahrungspflicht hinweisen. Dieser spezielle Hinweis gehört sogar zu den Rechnungs-Pflichtbestandteilen des § 14 Abs. 4 UStG.
Linktipp: Eine Übersicht mit den aktuellen geschäftlichen Aufbewahrungsfristen für einzelne Dokumenten-Kategorien von „A“ wie Abrechnungsbelege bis „Z“ wie Zustellungsquittungen gibt es beim Datenschutz-Dienstleister Reisswolf International AG (PDF, 650 KB, Stand: 2022) |
Ganz gleich, wie lang die Aufbewahrungsfrist ist: Die Archivierungsvorschriften gelten nicht nur für gedruckte oder handschriftlich geschriebene Unterlagen, sondern auch für ...
Wichtig: Ursprünglich elektronische Dokumente müssen Sie zwecks Aufbewahrung nicht ausdrucken und in Papierform ablegen. Es genügt, sie in elektronischer Form zu archivieren. Allerdings müssen Sie sicherstellen, dass der Inhalt bei Bedarf wieder lesbar gemacht werden kann.
Anlässlich einer Steuerprüfung sind Sie beispielsweise verpflichtet, dem Prüfer Einsicht in die steuerlich relevanten elektronischen Dokumente zu ermöglichen. Laut § 147 Abs. 6 AO kann der Prüfer...
Bitte beachten Sie: Um die Nutzung durch einen Vertreter des Finanzamts zu ermöglichen, musste nach einem Wechsel der Software auch die ehemalige (!) Arbeitsumgebung zehn Jahre lang aufrechterhalten werden! Immerhin: Für Dokumente, deren Aufbewahrungsfrist nach dem 31. Dezember 2019 beginnt, wurde diese 10-Jahresfrist halbiert. |
Wichtig: Die Liste der zwei, sechs- und zehnjährigen Aufbewahrungsfristen enthält keine abschließende Aufzählung.
Um eigene Ansprüche aus Kauf-, Miet- und Werkverträgen untermauern zu können, sollten Sie außerdem die in § 195 BGB festgelegte regelmäßige Verjährungsfrist von drei Jahren beachten. Daneben finden sich im Bürgerlichen Gesetzbuch weitere Verjährungsfristen. So verjähren Ansprüche ...
Mit anderen Worten: Auch wenn es gar keine gesetzlichen Aufbewahrungspflichten gibt oder die Fristen längst abgelaufen sind, kann es ausgesprochen sinnvoll sein, Unterlagen im eigenen Interesse deutlich länger zu verwahren. Die Einzelheiten besprechen Sie am besten mit Ihrem Steuerberater oder Sie fragen bei Ihrem Berufs- oder Branchenverband nach.
Schließlich, aber nicht zuletzt gibt es Dokumente, die ganz und gar ungeeignet für den Schredder sind. Dauerhaft aufbewahren sollten Sie auf jeden Fall ...
Die folgenden Aufbewahrungs-, Archivierungs- und Dokumentations-Funktionen sollte Ihre Bürosoftware beherrschen: