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GmbH mit „kreativen“ Dienstleistungen? Dann droht KSK-Abgabe auf das Geschäftsführergehalt

9. Aug. 2023
7 MIN

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Bei vielen GmbHs im kreativen Bereich wie Werbeagenturen oder Design-Büros kann die Künstlersozialkasse Abgaben beanspruchen. Die KSK-Abgabe wird auf die Gehaltszahlungen an Gesellschafter-Geschäftsführer fällig, wenn diese sozialrechtlich selbstständig und überwiegend kreativ tätig sind. Schon die künstlerische oder publizistische „Oberleitung“ genügt.

GmbH: keine Künstlersozialabgabe für Kunden

Bei Werbeagenturen und anderen Kreativbetrieben hat die Rechtsform einer GmbH oder UG den Vorteil, dass die Leistung für Kunden unter dem Strich billiger wird.

  • Bei der Vergabe „kreativer“ Aufträge an einzelne Freelancer, an eine GbR aus natürlichen Personen oder an eine Partnerschaftsgesellschaft wird Künstlersozialabgabe fällig.
  • Wer Design, Texte, Fotos, Vertonungen oder andere kreative Leistungen bei einer Kapitalgesellschaft bestellt, kommt günstiger weg. Auf Honorare an eine GmbH, eine haftungsbeschränkte UG oder eine AG kann die Künstlersozialkasse keine Abgabe verlangen.

Das mag nicht der wichtigste Aspekt bei der Rechtsformwahl sein. Trotzdem ist es ein Gesichtspunkt. Immerhin beträgt die Abgabe derzeit fünf Prozent der Netto-Auftragssumme und kann gerade bei regelmäßigen Auftraggebern die Auftragsvergabe beeinflussen.

 

Hintergrundinfos gefragt? Mehr zur Künstlersozialabgabe lesen Sie in den Beiträgen „Die Künstlersozialabgabe steigt – nicht alle müssen sie zahlen“ sowie „Künstlersozialversicherung und Künstlersozialabgabe“. Informationen zur Rechtsformwahl liefert „Rechts- und Gesellschaftsformen: den passenden Business-Rahmen finden“.

 

 

Bei der GmbH kann das Geschäftsführergehalt abgabepflichtig sein

Trotzdem haben die GmbH wie auch die haftungsbeschränkte Unternehmergesellschaft (UG) ihr eigenes potenzielles KSK-Problem. Je nach Konstellation muss die GmbH Abgaben an die Künstlersozialkasse entrichten, selbst wenn sie keine (Unter-)Aufträge an Freelancer vergibt.

Bei einer im kreativen oder publizistischen Bereich tätigen GmbH oder UG kann Künstlersozialabgabe auf das Gehalt von Gesellschafter-Geschäftsführern anfallen. Entscheidend sind der Sozialversicherungsstatus und die inhaltliche Tätigkeit.

Zwei Voraussetzungen für die Abgabepflicht: keine Selbstständigkeit, kreative Verantwortung

  • Die Abgabepflicht kommt dann in Frage, wenn der GmbH-Geschäftsführer nicht abhängig beschäftigt, sondern im sozialrechtlichen Sinn selbstständig ist. Entscheidend ist die Sozialversicherungspflicht, nicht die steuerrechtliche Einordnung.

Bei Gesellschafter-Geschäftsführern einer Ein-Personen-GmbH lässt sich der Selbstständigen-Status selten verhindern. Bei mehreren Gesellschaftern zählen Gesellschafter-Geschäftsführer dann als selbstständig, wenn sie in einer beherrschenden Stellung sind, über eine Anteilsmehrheit verfügen oder eine Sperrminorität besitzen, die Beschlüsse gegen ihr Votum unmöglich macht. Die Rechtslage ist komplex. Schon Details der GmbH-Satzung können entscheidend sein. Regelmäßig spielt die Frage eine Rolle, ob der Geschäftsführer Geschäfte mit sich selbst abschließen darf und bezüglich Zeit, Dauer und Ort seiner Tätigkeit weisungsgebunden ist.

Die mögliche Sozialversicherungspflicht sollte bei Gesellschafter-Geschäftsführern ohnehin geklärt sein. Sonst droht die Nachzahlung von Sozialversicherungsbeiträgen. Im Zweifel schafft ein Statusfeststellungsverfahren Klarheit.

  • Zweitens besteht Abgabepflicht nur dann, wenn der Geschäftsführer an den künstlerischen oder publizistischen Arbeiten mitwirkt. Der künstlerische Tätigkeitsanteil an seiner Tätigkeit muss überwiegen. Allerdings zählt die KSK dazu auch vorbereitende und Nebentätigkeiten im kreativen Produktionsprozess wie Akquise, Beratung und Projektplanung. Außerdem genügt es, wenn der Geschäftsführer die kreative Ausführung nur verantwortet und die „geistige Oberleitung“ beziehungsweise „künstlerische Oberaufsicht“ führt. So formulierte es das Bundessozialgericht (07.2003 - B 3 KR 37/02 und 15.01.2009, B 3 KS 5/08 B). Der Geschäftsführer muss also nicht selbst Fotos aufnehmen, Designs entwerfen oder Werbetexte schreiben, damit sein Gehalt abgabepflichtig wird.

Dagegen kann die KSK keine Abgabe beanspruchen, wenn der Geschäftsführer sich ausschließlich um „nicht-kreative“ Aufgabenbereiche kümmert, etwa um Finanzen oder Personal. Im Zweifel sollte das Unternehmen eine entsprechende Geschäftsverteilung nachweisen können. Wichtig sind die Formulierungen im Gesellschafts- und Anstellungsvertrag zu Ressorts und Verantwortlichkeiten.

 

Beispiel: Keine Abgabepflicht auf das Geschäftsführergehalt bei Werbeagentur

Der Fall einer Werbeagentur aus dem Stuttgarter Raum zeigt, dass selbst eine GmbH mit einem einzigen Gesellschafter, der die Geschäfte führt, eine Abgabepflicht vermeiden kann (SG Stuttgart, 24.03.2021 - S 4 KR 2996/17).

Das Unternehmen war vorwiegend für eine Kette von Optik- und Hörakustikgeschäften tätig. Zwei angestellte Art-Direktoren entwarfen Werbematerial wie Flyer und Anzeigen, außerdem setzte die Agentur die Werbekampagnen logistisch um. Nach einer Betriebsprüfung forderte die KSK Abgaben auf das Geschäftsführergehalt. Die GmbH legte Widerspruch ein, es kam zum Prozess. Der Geschäftsführer hatte für sich Tätigkeiten ohne kreativen Bezug angegeben. Die KSK schloss jedoch aus seiner Stellung als Geschäftsführer pauschal auf die Verantwortlichkeit für die Entwürfe der Mitarbeiter.

Das bestritt die GmbH vor Gericht. Der Geschäftsführer kontrolliere die Kreativmitarbeiter nur in Bezug auf fristgerechte Leistungserbringung, nicht inhaltlich. Die Tätigkeit unterscheide sich von anderen, kreativ tätigen Werbeagenturen. Das Sozialgericht Stuttgart ließ sich davon überzeugen. Der Geschäftsführer sei zwar als Selbständiger einzuordnen, nicht aber als Künstler oder Publizist. Die Verantwortung für die kreative Tätigkeit habe bei der GmbH gelegen, nicht beim Geschäftsführer-Gesellschafter. Ein pauschaler Rückschluss von der Leistung der GmbH auf die Tätigkeit des Mannes sei „nicht sachgemäß oder denklogisch geboten“. Damit war das Geschäftsführergehalt abgabefrei.

Die Folgen einer Abgabepflicht

  • Die KSK-Abgabepflicht für das Geschäftsführergehalt besteht entweder ganz oder gar nicht. Anteilige Abgabenpflicht im Verhältnis zum kreativen Tätigkeitsanteil gibt es nicht.
  • Wenn Zahlungen an Gesellschafter beziehungsweise Gesellschafter-Geschäftsführer abgabepflichtig sind, besteht Meldepflicht an die KSK. Die Gesellschaft muss als Verwerter die entsprechende Meldung für das Vorjahr jeweils bis zum 31. März des Folgejahrs abgeben.
  • Die Abgabepflicht führt nicht automatisch dazu, dass die entsprechenden Gesellschafter-Geschäftsführer auch über die Künstlersozialkasse versichert sind. Abgabepflicht und KSK-Versicherungspflicht sind nicht zwangsläufig miteinander verknüpft. Es kann jedoch sein, dass die Betreffenden Anspruch auf eine (bzw. die Pflicht zur) KSK-Mitgliedschaft haben.
  • Gewinnausschüttungen der GmbH sind nicht abgabepflichtig. Das ergibt sich aus einer Entscheidung des Bundessozialgerichts zur Kommanditgesellschaft, die sich auf Kapitalgesellschaften übertragen lässt (BSG, 02.04.2014 - B 3 KS 3/12 R). Die KSK verlangt allerdings Beitragszahlungen auf die Ausschüttung, wenn der Gesellschafter-Geschäftsführer KSK-Mitglied ist.

OHG und KG: mögliche Abgabepflicht auf Zahlungen an Gesellschafter

Auf Honorare einer GmbH selbst wird keine Künstlersozialabgabe erhoben. Grund: Sie ist im Gegensatz zum Geschäftsführer eine juristische Person. Aber auch auf Honorare für kreative Leistungen einer Offenen Handelsgesellschaft oder einer Kommanditgesellschaft fallen keine Abgaben an.

Dafür kann wie bei der GmbH eine Abgabepflicht für die OHG- oder KG-Gesellschafter entstehen. Das ist dann der Fall, wenn diese entweder selbst an kreativen Tätigkeiten der Gesellschaft beteiligt sind oder diese Leistungen gegenüber dem Auftraggeber persönlich verantworten und dafür bezahlt werden.

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