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OHG und KG: neue Rechtsformen für Freiberufler ab 2024

Geschrieben von orgaMAX Redaktionsteam | 06.12.23 08:34

Ab dem Jahr 2024 werden die Rechtsformen der bisherigen Personenhandelsgesellschaften für freiberufliche Selbstständige geöffnet. Dank dieser Gesetzesänderung können nun auch Freiberufler eine OHG oder eine KG gründen oder ihr beitreten. Eine GmbH & Co. KG wird ebenfalls möglich – wenn das Berufsrecht dies gestattet.

OHG und KG: ab 2024 auch für die freien Berufe

Ab dem 01. Januar 2024 treten wichtige Teile des MoPeG oder „Personengesellschaftsrechtsmodernisierungsgesetzes“ in Kraft. Eine dieser Regelungen: Freiberufler, die eine Personengesellschaft als Rechtsform wollen, haben ab dem Jahreswechsel neue Möglichkeiten. Die altbekannten Personenhandelsgesellschaften der Offenen Handelsgesellschaft“ (OHG) und der Kommanditgesellschaft (KG) werden für Angehörige der freien Berufe geöffnet. Voraussetzung ist, dass das jeweilige Berufsrecht es erlaubt.

Bisher waren die OHG und die KG auf Handelsgewerbe von Kaufleuten beschränkt: wer eine solche Gesellschaft gründete, war automatisch gewerbesteuerpflichtig. Das ändert sich nun: auch „eine Gesellschaft, deren Zweck die gemeinsame Ausübung Freier Berufe durch ihre Gesellschafter ist“ (§ 107 HGB n. F.), kann als OHG oder als KG ins Handelsregister eingetragen werden.

Anmerkung: das MoPeG und die GbR

Ein Großteil der Regelungen im MoPeG bezieht sich auf die einfachste Form von Personengesellschaft: die Gesellschaft bürgerlichen Rechts oder GbR. Sie kann beispielsweise in ein neues Gesellschaftsregister eingetragen werden. Mehr dazu steht im Beitrag „eGbR und Gesellschaftsregister: Ist Ihre GbR fit für 2024?“ Die Änderungen bei der Haftung für Verbindlichkeiten einer GbR erläutert der Beitrag „GbR mit Schulden? Ab dem Jahreswechsel 2023/2024 ändert sich einiges“.

 

 

Bisher: nur Partnerschaftsgesellschaft oder GbR als Personengesellschaft für Freiberufler

Freiberufler, die fest kooperieren und sich deshalb zu einer gemeinsamen Gesellschaft zusammenschließen wollten, mussten dafür bisher

  • entweder eine Kapitalgesellschaft wie die GmbH oder UG (haftungsbeschränkt) wählen,
  • eine GbR gründen oder
  • die Partnerschaftsgesellschaft (PartG) oder die Partnerschaftsgesellschaft mit beschränkter Berufshaftung (PartG mbB) als Rechtsform nutzen.

Kapitalgesellschaften sind eigene Rechtspersönlichkeiten, die schon aus steuerlichen Gründen, wegen des Gründungsaufwands und aufgrund der Berichts- und Bilanzpflicht nicht in jedem Fall sinnvoll sind. Zudem sind sie als „Formkaufmann“ in jedem Fall gewerblich, unterliegt der Gewerbesteuer und können keine Einkünfte aus freiberuflicher Tätigkeit haben.

Im Rahmen einer GbR sind freiberufliche Einkünfte dagegen möglich. Dafür war die GbR bisher nicht eintragungsfähig. Außerdem ist die Haftung nach außen problematisch, da grundsätzlich jeder Gesellschafter für sämtliche Verbindlichkeiten der Gesellschaft in vollem Umfang haftet: Gläubiger können die Schulden, die ein Gesellschafter aufhäuft, bei einem anderen eintreiben.

Die auf Freiberufler beschränkten Rechtsformen PartG und PartG mbB sind aus Sicht der Haftung interessanter. Der eine Gesellschafter muss im Rahmen einer Partnerschaftsgesellschaft nicht für berufliche Fehler des anderen haften. Bei der PartG mbB ist die Haftung für berufliche Fehler zudem auf das Gesellschaftsvermögen beschränkt: Selbst der Gesellschafter, der für die Folgen einer Fehlberatung haftet, muss dafür nicht mit seinem Privatvermögen einstehen. Diese Haftungsbegrenzungen gelten in beiden Fällen jedoch nur für „Berufsversehen“, nicht für andere Verbindlichkeiten wie unbezahlte Rechnungen, nicht abgeführte Steuern oder versäumte geschäftliche Sorgfalt.

Ab 2024: Neue Möglichkeiten für die Zusammenarbeit unter Freiberuflern

Nun stehen Freiberuflern zusätzlich die OHG, die KG und damit auch Konstruktionen wie die GmbH & Co KG offen. Auch ein Rechtsformwechsel beispielsweise von der GbR zu diesen Gesellschaftstypen wird möglich.

  • Die OHG ist eine Personengesellschaft aus mindestens zwei Gesellschaftern. Ein bestimmtes Startkapital ist nicht erforderlich. Die offene Handelsgesellschaft muss ins Handelsregister eingetragen werden und ist zur doppelten Buchführung verpflichtet. Jeder Gesellschafter haftet voll, einschließlich des Privatvermögens. Insgesamt hat die OHG damit Ähnlichkeit mit einer Partnerschaftsgesellschaft. Sie macht auch nach der Öffnung für Freiberufler in der Regel wohl nur dann Sinn, wenn Freiberufler und Gewerbetreibende gemeinsam eine Gesellschaft gründen wollen – was für die freiberuflichen Gesellschafter mit dem Verlust der Steuer- und Buchführungsprivilegien verbunden ist.
  • Eine KG ist eine besondere Form der OHG, bei der die Gesellschafter nicht in gleichem Maß haften. Die Kommanditgesellschaft umfasst zwei unterschiedliche Arten von Gesellschaftern: eine oder mehrere Kommanditisten, deren Haftung auf ihre Einlage beschränkt ist, und einen Komplementär, der voll haftet. Das unbeschränkte Risiko, das mit dem Anteil an einer OHG verbunden ist, besteht bei der KG nur für den Komplementär. Das kann diese Gesellschaftsform auch für Freiberufler interessant machen, denn anders als bei der PartG mbB gilt diese Haftungsbeschränkung nicht nur im Fall der Berufshaftung.
  • Die KG erlaubt schließlich eine Sonderkonstruktion in Form der GmbH & Co. KG. Das ist eine Kommanditgesellschaft, als deren Komplementär eine GmbH Sie kann als juristische Person ebenfalls Gesellschafter sein. Da die Haftung der GmbH auf das Stammkapital beschränkt ist, ergibt sich eine Personengesellschaft mit besonderer Haftungsbegrenzung. Die GmbH & Co. KG könnte damit auch für Freiberufler interessant sein. Eine entsprechende Gestaltung etwa in Form einer „GmbH & Co. PartG“ ist nicht möglich, da die GmbH als Kapitalgesellschaft nicht PartG-Gesellschafter werden kann. Außerdem betrifft die Haftungsbegrenzung bei der GmbH & Co. KG nicht nur „Berufsversehen“, also die berufliche Haftung, sondern auch andere Schäden und Verbindlichkeiten.

Das Berufsrecht muss die OHG- oder KG-Gründung erlauben

Auch nach der neuen Rechtslage gilt eine Einschränkung. Freiberufler können nur dann eine OHG oder KG gründen und im Handelsregister eintragen, wenn „das anwendbare Berufsrecht“ eine Berufsausübungsgemeinschaft in dieser Rechtsform zulässt. Dabei ist vieles noch unklar. In manchen Fällen, vor allem bei Heilberufen, ist eine Freiberufler-OHG oder Freiberufler-KG nach derzeitigem Stand nicht möglich.

  • Für freiberufliche Selbstständige wie Journalisten, Grafikdesignerinnen, Werbetexter, Musikerinnen oder Übersetzer gibt es kein Berufsrecht, dass die Kooperationsmöglichkeiten klar beschränkt und dafür bestimmte Rechtsformen ausschließt.
    Allerdings existieren für manche freie Berufe Richtlinien und Kodizes mit ethischen Vorgaben, etwa der Pressekodex für Journalisten. Eine Journalistin, die als haftungsbeschränkte Kommanditistin mit Unternehmensberatern und PR-Agenten in einer Freiberufler-KG arbeitet, könnte gegen die Vorgaben des Kodex zur „Trennung von Tätigkeiten“ verstoßen. Abgesehen davon: wenn ein Web-Designer, eine Programmiererin und ein Texter sich zu einer GmbH & Co. KG zusammenschließen, um gemeinsam eine App zu entwickeln und zu vermarkten, ist vielen in Bezug auf die tatsächlichen Folgen für Haftung und Steuern noch ungeklärt.
  • Für andere Freiberufler, darunter Anwälte, Architektinnen, Ärzte und Ingenieurinnen, gilt ein gesetzliches Standesrecht. Diese Berufe sind zulassungspflichtig und erfordern eine entsprechende Ausbildung. Die Berufsausübenden sind per Gesetz in Berufskammern wie der Ärzte- oder Anwaltskammer zusammengeschlossen. Sie müssen eine ganze Reihe von Vorschriften zur Berufsausübung beachten. Dazu gehört beispielsweise die Pflicht, eine Berufshaftpflichtversicherung abzuschließen. Auch die Möglichkeit, sich mit Angehörigen anderer Berufe zusammenzuschließen, ist bei ihnen eingeschränkt. Eine Berufsausübungsgemeinschaft zwischen einem Arzt und einer Ingenieurin für Medizintechnik beispielsweise ist nicht möglich. Auch die Rechtsformen für Berufsausübungsgemeinschaften sind reglementiert, in vielen Fällen auf Landesebene.
  • Architekten, Ärztinnen, Rechtsanwälte oder Ingenieurinnen müssen deshalb vor der Gründung einer OHG oder KG prüfen, ob ihr Standesrecht eine Berufsausübungsgemeinschaft in dieser Rechtsform überhaupt zulässt. Für Rechtsanwälte (§ 59b Abs. 2 BRAO), Patentanwältinnen (§ 52b Abs. 2 PAO) und Steuerberater (§ 49 Abs. 2 StBerG) wurden die Voraussetzungen bereits 2022 geschaffen. Dagegen schließen die berufsrechtlichen Ordnungen für Ärzte und andere Heilberufe in einigen Bundesländern haftungsbeschränkte Rechtsformen als Berufsausübungsgemeinschaft klar aus.

Steuerfalle: Gesellschaft mit gewerblichen Einkünften

Die neuen Rechtsform-Optionen ändern nichts am steuerlichen Risiko einer Gesellschaft, in der neben freiberuflichen auch gewerbliche Tätigkeiten ausgeführt werden. Das führt unabhängig von der Rechtsform grundsätzlich dazu, dass die gesamten Einkünfte der Gesellschaft als gewerblich gelten, der Gewerbesteuer unterliegen und selbst außerhalb der Gesellschaft erzielte freiberufliche Einkünfte eines Gesellschafters „infizieren“ können. Als Folgen drohen die Gewerbesteuerpflicht, es drohen die Pflicht zur doppelten Buchführung und der Wechsel von der Ist- zur Soll-Besteuerung bei der Umsatzsteuer.

Fazit: Neue Möglichkeiten – doch am Beratungsbedarf ändert sich nichts

Freiberufler, die in einem festen Rahmen mit anderen Freiberuflern zusammenarbeiten wollen und dafür eine geeignete Rechtsform suchen, erhalten ab 2024 grundsätzlich die Möglichkeit einer Freiberufler-OHG, einer freiberuflichen KG und sogar einer freiberuflichen GmbH& Co. KG. Gleichzeitig entsteht die Option einer eingetragenen, voll rechtsfähigen eGbR. Damit gibt es eine ganze Reihe an interessanten Alternativen, um der Kooperation unter Freiberuflern eine feste Form zu geben.

Allerdings ist vieles dabei noch ungeklärt, und je nach Beruf kann das Standesrecht die Rechtsformwahl dann doch wieder stark einschränken.

In jedem Fall will die Rechtsform gut überlegt sein. Ohne ausführliche Beratung durch den Steuerberater oder eine Anwältin sollte diese Entscheidung nicht erfolgen. Schließlich müssen alle Aspekte stimmen, darunter Haftung, Steuern, Buchführungspflichten, Mitspracherechte und die Möglichkeiten zur Gewinnentnahme. Entscheidend ist zudem ein Gesellschaftsvertrag, der genau zu den individuellen Gegebenheiten passt.

 

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