Bei einem Verkehrsunfall haftet der Unfallgegner für die Schäden, soweit er Schuld hat: seine Versicherung muss dafür bezahlen. Das gilt auch für Folgekosten wie den Nutzungsausfall oder entgangenen Gewinn. Allerdings muss dafür klar sein, in welcher Höhe diese Entschädigung anfällt. Bei einem Geschäftswagen sind die Kosten, auf denen das Unternehmen oder der Selbstständige sitzen bleibt, grundsätzlich Betriebsausgaben.
Grundsätzlich sieht das Verkehrsrecht eine einfache Regel für die Schadensregulierung nach einem Verkehrsunfall vor. Sie gilt für Geschäftsfahrzeuge wie für Privatwagen gleichermaßen. Wer am Verkehrsunfall schuld ist, muss die Kosten der Unfallschäden übernehmen, die dem Unfallgegner dadurch entstehen. Eine Kfz-Versicherung zur Deckung dieser Haftpflicht ist bekanntlich Pflicht.
Allerdings ist bei Verkehrsunfällen die Verantwortung selten eindeutig, zumindest aus juristischer Sicht. In vielen Fällen wird beiden Seiten eine Teilschuld zugesprochen. Am Beispiel eines Auffahrunfalls: längst nicht immer ist nur der auffahrende Beteiligte allein schuld. Je nachdem, ob das vorausfahrende Fahrzeug plötzlich und grundlos bremst oder der auffahrende Wagen zu wenig Sicherheitsabstand einhält, kann die Schuld beide Seiten treffen, beispielsweise im Verhältnis von einem zu zwei Dritteln. Selbst Details des Unfallhergangs können sich auf diese Quotenbildung auswirken.
Die Haftung für die Unfallschäden folgt grundsätzlich der festgestellten Quote: wer zu zwei Dritteln Schuld hat, muss den entsprechenden Anteil an den Schäden des Unfallgegners übernehmen. Die Schadensregulierung klären die Versicherungen der Beteiligten häufig untereinander. Können sie sich nicht einigen, entscheidet ein Gericht.
Nach Verkehrsunfällen gibt es regelmäßig großen Streit darum, welche Schäden in welcher Höhe ersetzt werden müssen. Typische mögliche Folgeschäden eines Unfalls:
Im Zweifel ist auch die eigene Versicherungssituation entscheidend. Eine Vollkasko-Versicherung wird die Schäden am eigenen Fahrzeug ersetzen, sich die Kosten aber gegebenenfalls vom Unfallgegner wiederholen.
Gut zu wissen: Schwieriger wird die Situation, wenn der Unfallgegner den Zusammenstoß absichtlich herbeigeführt hat: in diesem Fall zahlt seine Versicherung nichts. Für solche Fälle gibt es den „Garantiefonds“ oder Entschädigungsfonds der Kfz-Haftpflichtversicherer. Er springt bei Unfällen in Suizid-Absicht ein, wenn ein Fahrzeug pflichtwidrig nicht versichert wurde oder wenn der Unfallgegner nicht ermittelt werden kann. |
Wenn Selbstständige selbst Unfallverursacher sind und nach einem Unfall des Geschäftswagens auf den eigenen Schäden sitzen bleiben, können sie Kosten, etwa die Reparatur des Fahrzeugs, als Betriebsausgaben buchen. Sie vermindern den Gewinn und damit die Steuern. Das gilt selbst dann, wenn sich der Unfall während einer Privatfahrt ereignet hat.
Zahlungen durch Versicherungen in Folge des Unfalls sind entsprechend Betriebseinnahmen. Das gilt sowohl für Leistungen einer eigenen Vollkasko-Versicherung wie für Schadenersatz durch die Haftpflichtversicherung eines Unfallgegners. Auch eine Entschädigung für den Nutzungsausfall des Geschäftsfahrzeugs muss als Betriebseinnahme gebucht und damit steuerlich berücksichtigt werden. Das hat der Bundesfinanzhof entschieden (BFH, 27.12.2016 - X R 2/14).
In dem Fall hatte ein Versicherungsagent nach einem Verkehrsunfall 1.210 Euro als Nutzungsausfallentschädigung von der Kfz-Versicherung des Unfallverursachers erhalten. Bei einer Betriebsprüfung stellte das Finanzamt fest, dass dieser Betrag nicht als Einnahme gebucht worden war, und erließ einen entsprechenden Bescheid – zurecht, wie der BFH bestätigte. Dass sich der Unfall während einer Privatfahrt ereignet hatte, änderte daran nichts. Eine Entschädigung für ein Fahrzeug im Betriebsvermögen ist stets eine Betriebseinnahme. Sie kann auch nicht in einen betrieblichen und einen privaten Teil aufgeteilt werden.
Für viele Selbstständige ist das Geschäftsfahrzeug wichtige Voraussetzung ihrer täglichen Arbeit. Deshalb bedeutet der Nutzungsausfall nach einem Unfall für sie eine handfeste Einbuße. Welche Schäden für den Ausfall des Fahrzeugs „nach dem Grunde und nach der Höhe“ ersetzt werden, hängt unter anderem davon ab, ob der Wagen rein beruflich oder auch privat genutzt wurde.
Ein neueres Urteil des Amtsgerichts Altenkirchen legt für einen sowohl privat wie beruflich genutzten Wagen eine abstrakte Nutzungsausfallentschädigung fest, genau wie für reine Privatwagen.
In dem Fall wurde ein Unternehmensberater in einen Verkehrsunfall verwickelt, an dem er keine Schuld hatte. Begutachtung und Reparatur seines Wagens dauerten 63 Tage. Er nutzte das Fahrzeug geschäftlich wie privat. Die Versicherung des Unfallgegners wollte statt der beanspruchten Nutzungsausfallentschädigung in Höhe von 119 Euro pro Tag jedoch nur 91 Euro bezahlen, und das nur für 38 Tage. Sie legte eine andere Tabelle für Nutzungsausfallentschädigungen zugrunde. Zudem forderte sie einen konkreten Nachweis des entgangenen Gewinns.
Dem widersprach das Gericht: das Werkstattrisiko einer verzögerten Reparatur trage der Schädiger. Und bei einem gemischt genutzten Fahrzeug sah es eine Nutzungsausfallentschädigung für gerechtfertigt an. (AG Altenkirchen, 03.03.2022 - 71 C 340/21).
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