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Video-Überwachung von Verkaufs- und Unternehmensräumen

Geschrieben von orgaMAX Redaktionsteam | 21.09.22 09:40

Sie überlegen, in Ihrem Unternehmen eine Videoüberwachung zu installieren? Für die Überwachung gibt es klare rechtliche Grenzen. Längst nicht alles, was möglich wäre, ist auch erlaubt.

Videoüberwachung: Viele Vorteile – und viele rechtliche Risiken

Videokameras können die Sicherheit erhöhen: Verkaufsräume und Unternehmensgrundstücke sind stets und von überall her im Blick. Vor der Installation sollten Sie jedoch die Rechtslage prüfen. Kollidiert die Videoüberwachung mit dem Datenschutz und den Persönlichkeitsrechten, drohen empfindliche Bußgelder oder sogar strafrechtliche Ermittlungen.

Vorschriften zur Videoüberwachung öffentlich zugänglicher Flächen

Die Videoüberwachung öffentlich zugänglicher Orte wie Verkaufsräume und Kundenparkplätze wird vom Bundesdatenschutzgesetz beschränkt. Sie ist nur zur Wahrnehmung konkreter, berechtigter Interessen (§ 4 Abs. 1 BDSG) gestattet, dabei dürfen die Kameras die „schutzwürdigen Interessen“ der Betroffenen nicht unangemessen verletzen.

Dabei ist es gleichgültig, ob die Kameras nur zur Beobachtung dienen oder die Bilder auch speichern. Es genügt, dass einzelne Personen identifiziert werden können, und sei es nur an der Kleidung, der Körperhaltung oder dem Bewegungsmuster.

Ist die Videoüberwachung angemessen?

Für jede Videoüberwachung Ihrer Verkaufsräume oder anderer Geschäftsräume mit Publikumsverkehr ist eine Interessensabwägung erforderlich. Vor der Installation der Kameras sollten Sie prüfen, ob Ihre Interessen als Eigentümer, als Inhaberin oder als Unternehmer im konkreten Fall schwerer wiegen als die Rechte Ihrer Besucher, Kundinnen und Mitarbeiter. Genau geht es um …

  • Datenschutz: Auch Bilddaten dürfen grundsätzlich nicht ohne Einwilligung der Betroffenen gespeichert und verarbeitet werden.
  • Das Recht am eigenen Bild: Zunächst einmal darf jeder selbst entscheiden, ob er aufgenommen werden möchte und was mit den Aufnahmen geschieht.

Was ist der Zweck der Überwachung?

Außerdem muss der Zweck der Überwachung eines öffentlich zugänglichen Raums vorher feststehen. Die Maßnahme muss auf ein konkretes Risiko reagieren, das über das „allgemeine Lebensrisiko“ hinausgeht. Allgemeine Vorsicht rechtfertigt keine Überwachung.

  • Der Zweck kann zum Beispiel im Eigentumsschutz bestehen: Die Kameras sollen Diebstähle, Sabotage, Vandalismus oder Betrügereien verhindern oder zur Aufklärung solcher Delikte beitragen.
  • Auch der Personenschutz ist ein legitimer Zweck: Videoüberwachung als Vorkehrung gegen gewalttätige Übergriffe.
  • Die Gewährleistung des Hausrechts ist ein weiteres berechtigtes Interesse: Durch eine Kamera soll sichergestellt werden, dass nur Berechtigte das Grundstück oder die Räume betreten.

Die Überwachungsmaßnahme muss wirklich erforderlich sein. Die Kameras dürfen nicht zum Einsatz kommen, wenn eine zumutbare, überwachungsfreie Alternative existiert.

Entscheidend ist die konkrete Situation Ihres Unternehmens

Eine Freizeitsportanlage kann nicht einfach das allgemeine Diebstahlrisiko als Begründung für umfassende Video-Überwachung anführen. Das gilt umso mehr, wenn sich das Problem auf zumutbare Weise durch abschließbare Schränke lösen lässt. Genauso wenig kann die Gefahr von Graffiti-Schmierereien Kameras rechtfertigen, wenn auch Zäune und entsprechende Oberflächenbeschichtungen das Problem lösen.

Wird das Unternehmen jedoch seit längerer Zeit systematisch von Dieben, Vandalen oder Betrügern heimgesucht, kann sein dringendes Interesse an der Verhütung und Aufklärung der Vorfälle die Kameras rechtfertigen. Bei offensichtlicher Gefährdung, reicht bereits das abstrakte Risiko, etwa in einem Geschäft für hochwertige Antiquitäten. Es kommt auf den Einzelfall an.

Auch die Frage, wie lange die Aufzeichnungen gespeichert bleiben, hängt vom Schutzzweck und den konkreten Gegebenheiten ab. Soll die Aufzeichnung die Aufklärung möglicher Diebstähle ermöglichen, müssen sie gelöscht oder überschrieben werden, sobald klar ist, dass zum Zeitpunkt der Aufnahme nichts gestohlen wurde. Ein Richtwert dafür sind 48 bis 72 Stunden.

Auch der Charakter des Orts ist wichtig

  • Den öffentlichen Raum dürfen Privatunternehmen grundsätzlich nicht überwachen. Wenn die Videokamera nicht nur Kunden im Geschäft aufnimmt, sondern auch die Passanten auf dem Gehweg davor, verstößt sie gegen deren Persönlichkeitsrechte und den Datenschutz.
  • Die Videoüberwachung von Umkleiden, Duschen, Toiletten, Saunas, Untersuchungszimmern und anderen Räumlichkeiten, in denen die Intimsphäre schutzlos preisgegeben wäre, ist grundsätzlich nicht zulässig. Sie ist als „Verletzung des höchstpersönlichen Lebensbereichs durch Bildaufnahmen“ strafbar (§ 201a StGB).
  • Überhaupt: Je privater ein Ort ist, und je eher die Menschen erwarten, dort ungestört und unbeobachtet entspannen zu können, umso triftiger müssen die Gründe für die Videoüberwachung ausfallen. In einer Bar oder einem Wellness-Bereich sind Aufnahmen schwierig zu rechtfertigen. An einem eher geschäftsmäßigen Ort wie einer Supermarktkasse lässt sich die Angemessenheit leichter begründen.
  • Die Videoüberwachung eines nicht-öffentlichen Raums wie einer Büroetage, zu der nur bestimmte Personen Zugang haben, erfordert bessere Argumente als in einem Kaufhaus mit viel Publikumsverkehr. Dessen Kunden wissen, dass sie sich in der Öffentlichkeit bewegen.
  • Andererseits trifft die Überwachung im Kaufhaus viel mehr Menschen und damit auch viel mehr Unbeteiligte – auch das ist ein wichtiger Gesichtspunkt.
  • Ausschlaggebend bei der Interessenabwägung ist zudem, ob Kunden, Mitarbeiter und Besucher auf nicht überwachte Alternativen ausweichen können, etwa vom überwachten Kundenparkplatz auf einen ohne Videokameras. Die Überwachung von nicht umgehbaren Flächen wie Eingänge, Treppenhäuser oder Zufahrten ist meist problematisch.

Das zeigt auch ein Urteil des Verwaltungsgerichts Ansbach. Ein Fitness-Studio hatte Kameras installiert und das mit Diebstahlprävention und dem Schutz vor sexuellen Übergriffen begründet. Eine Kundin beschwerte sich bei der Datenschutzbehörde. Diese untersagte die Überwachung im gesamten Trainingsbereich, es kam zum Prozess. Für die Verwaltungsrichter wog das Recht der Kundinnen und Kunden auf informationelle Selbstbestimmung schwerer als das Interesse des Studios an der Überwachungsmaßnahme. Ein wichtiger Gesichtspunkt: Es gab keine nicht-überwachten Trainingsmöglichkeiten, weder zeitlich noch räumlich (VG Ansbach, 23.02.2022 - AN 14 K 20.00083).

Bitte beachten Sie: Ein Hinweis auf die Videoüberwachung muss sein! Unternehmen müssen gut wahrnehmbar auf die Videoüberwachung in ihren Räumen hinweisen. Außerdem muss klar werden, auf welche Bereiche sie sich bezieht. Kunden oder Besucher müssen die Möglichkeit haben, sich gegen die Überwachung und damit das Betreten des überwachten Raums zu entscheiden. Schließlich ist ihre Einwilligung erforderlich.

Üblich sind Hinweisschilder oder Beschriftungen. Auch Piktogramme können ausreichen. Versteckt oder unauffällig dürfen sie jedoch nicht sein. Auch Kontaktangaben gehören dazu, zum Beispiel der Name des Unternehmens und die Telefonnummer seines Datenschutzbeauftragten.

 

 

Einwilligung per AGB?

Die Einwilligung per Vertragsabschluss kann schwierig sein. Das gilt zumindest dann, wenn AGB das Einverständnis mit der Videoüberwachung umfassen. Die Verbraucherzentrale klagte erfolgreich gegen eine Kette von Fitness-Studios, deren AGB einen Punkt zur Teilüberwachung der Räume per Video enthielt. Weil daraus weder die tatsächlich überwachten Studiobereiche noch die Dauer der Speicherung daraus hervorging, war die Klausel nicht ausreichend klar und verständlich und verstieß gegen AGB-Recht (LG Koblenz, 19.12.2013 - 3 O 205/13)

Videoüberwachung und Arbeitsrecht

Die Überwachung von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern durch Kameras ist ein eigenes Thema. Der Arbeitnehmerdatenschutz stellt daran besonders hohe Hürden, denn die Mitarbeiter können sich der Kontrolle nicht entziehen. Deshalb sind auch in Büros, Werkstätten oder Produktionshallen Kameras keineswegs unproblematisch, obwohl dort die Vorschriften zur Videoüberwachung öffentlich zugänglicher Räume nicht gelten.

Kameras können im Unternehmen zur Risikoabwendung zulässig sein. Die Überwachung darf aber nicht lückenlos stattfinden. Auch hier sind die konkreten Umstände entscheidend. Videoaufzeichnungen des Kassenbereichs einer 24-Stunden-Tankstelle sind gerade nachts in vielen Fällen vertretbar. Dafür spricht schon die Pflicht des Arbeitgebers, sein Personal zu schützen. Lagerräume, die nur die Mitarbeiter betreten, darf er dann allerdings nicht filmen. Der Pausenraum ist ohnehin tabu.

Wenn es einen Betriebsrat gibt, darf er über die Video-Überwachung mitbestimmen (§ 87 Abs. 1 Nr. 1 und 6 BetrVG).

Sind die Mitarbeiter selbst Ziel der Überwachung, muss schon vor der Installation der Kameras ein konkreter Verdacht vorliegen, etwa regelmäßige Fehlbestände in der Kasse. Videoüberwachung ins Blaue hinein ist auch bei Mitarbeitern nicht erlaubt. Die Mitarbeiter müssen über die Maßnahme informiert werden. Heimliche Aufnahmen sind nur in sehr seltenen Fällen gestattet, und nie zu Präventionszwecken.

Aufnahmen einer nicht zulässigen Videoüberwachung lassen sich arbeitsrechtlich meist nicht verwerten. Der Arbeitgeber kann im Kündigungsschutzprozess daran scheitern, dass die Aufnahmen Mitarbeiterdiebstähle zwar beweisen, aber unberechtigt entstanden sind. Rechtmäßige Aufnahmen können dagegen selbst nach geraumer Zeit noch eine Kündigung untermauern. Das zeigt der Fall eines Kiosk-Betreibers, der einer Mitarbeiterin gekündigt hatte. Die Auswertung von Bildern der bereits vorher installierten Kamera zeigte, wie sie mehrfach verkaufte Tabakwaren nicht abrechnete und das Geld für sich behielt. Die Vorinstanzen waren von einem Beweisverwertungsverbot ausgegangen, weil der Inhaber die ein halbes Jahr alten Aufnahmen nicht gelöscht hatte. Das Bundesarbeitsgericht sah es anders (BAG, 23.08.2018 - 2 AZR 133/18).

Bitte beachten Sie: Wenn umfangreiche Videoüberwachung systematisch personenbezogene Bilddaten liefert, muss das Unternehmen sie ins Verzeichnis der Verarbeitungstätigkeiten (Art. 30 DSGVO) aufnehmen und eine Datenschutzfolgenabschätzung (Art. 35 DSGVO) erstellen. Außerdem benötigt es dann einen Datenschutzbeauftragten.

 

Besonders heikel: Das Veröffentlichen der Bilder und Hacks

Rechtlich besonders heikel ist das Veröffentlichen der Aufnahmen. Wer den Webcam-Feed der eigenen Ladenräume aus Marketinggründen online verbreitet, benötigt eine Einwilligung von jeder Person, die den Laden betritt. Andernfalls können die Abgebildeten eine Verletzung ihrer Persönlichkeitsrechte beziehungsweise ihres Rechts am eigenen Bild geltend machen.

Ärger droht auch bei Sicherheitslücken: Werden die Aufzeichnungen nicht ausreichend geschützt, können Betroffene nach einem Hack Schadenersatz verlangen. Auch deshalb sind billige webfähige Kameras, deren Firmware bei Sicherheitslücken nicht aktualisiert wird, kaum empfehlenswert.

Achtung: Audio-Aufzeichnungen privater Unterhaltungen sind verboten. Wenn die Geräte nicht nur Bilder aufnehmen, sondern auch private Unterhaltungen aufzeichnen, macht sich der Betreiber strafbar. Das Strafgesetzbuch untersagt es, „das nichtöffentlich gesprochene Wort eines anderen“ abzuhören oder aufzuzeichnen (§ 201 StGB).

 

Was ist mit Kamera-Attrappen?

Oft werden Kamera-Attrappen zur Vorbeugung gegen Vandalismus und ähnliches sichtbar montiert. Datenschutzrechtlich ist das unbedenklich, schließlich liefert die Pseudo-Kamera keine Bilddaten. Allerdings kann selbst die Scheinüberwachung Persönlichkeitsrechte Betroffener verletzen, weil sie „Überwachungsdruck“ erzeugt. Mit dieser Begründung gab das Landgericht Berlin einem Mieter Recht, der gegen eine solche Attrappe im Eingangsbereich seines Wohnhauses geklagt hatte (LG Berlin, 14.08.2018 - 67 S 73/18).

Zwei nützliche Infoquellen

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