Für bestimmte Buchhaltungsdaten gibt das Finanzamt digitale Schnittstellen vor: zum Beispiel für Lohnsteuerdaten, Kassendaten und Taxameter-Daten. Eine allgemeine Buchführungsschnittstelle für Steuerprüfungen ist in Vorbereitung. Diese Digitalisierungsvorgaben sind wichtig: Liefert das Buchführungsprogramm die Daten nicht in der vorgeschriebenen Form, kann das Finanzamt bereits deshalb die Steuerlast schätzen. So bleibt kein Raum mehr für eine Buchführung ohne professionelle Buchführungssoftware.
Für die Ermittlung der Steuern ist die Buchführung entscheidend – es sei denn …
Wie viel an Steuern für ein Unternehmen oder eine Selbstständigkeit anfällt, ergibt sich zunächst einmal aus den Buchungen und Aufzeichnungen des Unternehmens selbst. Grundsätzlich liefert die eigene Buchführung die steuerliche Bemessungsgrundlage. Ergibt sich aus den Büchern ein bestimmter Umsatz und ein bestimmter Gewinn, kann das Finanzamt nicht einfach mehr als die entsprechende Umsatzsteuer oder Einkommensteuer fordern.
Diese sogenannten „Beweiskraft der Buchführung“ besteht jedoch nicht in allen Fällen.
- Seit jeher können Finanzbeamte die Buchführung des oder der Selbstständigen ganz oder in Teilen ignorieren, falls „Anlass besteht, die sachliche Richtigkeit zu beanstanden“. Das ist beispielsweise der Fall, wenn laufend Ausgaben ohne Beleg gebucht werden. Dann kann das Finanzamt den tatsächlichen Gewinn schätzen und die Steuern anhand der Schätzung festlegen.
- Seit 2023 kam eine weitere Ausnahme hinzu. Wenn die elektronischen Daten der Buchführungssysteme nicht den von der Finanzverwaltung vorgegebenen digitalen Schnittstellen entsprechen, verliert die Buchführung ebenfalls ihre Beweiskraft. Im Kern besagt die zusätzliche Regelung: Das Finanzamt darf bestimmte Umsätze, Einnahmen oder Gewinne schätzen, wenn bestimmte technische Vorgaben nicht korrekt erfüllt werden und Daten deshalb nicht in der vorgeschriebenen Formatierung bereitgestellt werden.
Die gesetzliche Grundlage
Die grundsätzliche Beweiskraft der Buchführung ist in einem eigenen Paragrafen der Abgabenordnung geregelt, dem § 158 AO. Dort findet sich auch die Einschränkung im Fall sachlicher Beanstandungen.
Zum 01. Januar 2023 sieht dieser Paragraf eine Einschränkung der Beweiskraft auch bei nicht erfüllten digitalen Schnittstellenvorgaben. Die Neufassung nennt konkret die „einheitlichen digitalen Schnittstellen gemäß § 41 Abs. 1 Satz 7 EstG in Verbindung mit § 4 Abs 2a LStDV, gemäß § 146a EstG und § 147b EstG“.
Vor kurzem wurde die Neufassung in den Anwendungserlass zur AO aufgenommen. Somit ist die Regelung jetzt auch konkrete Verwaltungsanweisung (BMF-Schreiben vom 11. März 2024).
Amtliche Schnittstellen für Lohndaten, Kassendaten, Taxameter-Daten
Die Steuerverwaltung hat bereits einige Schnittstellen und damit die erlaubten Datenformate für Buchführungsdaten vorgegeben. Derzeit gibt es …
- die digitale Lohnschnittstelle (DLS), die Lohnabrechnungsprogramme implementieren müssen
- eine digitale Schnittstelle für Kassensysteme (DSFinV-K), die zum Beispiel für Daten aus Registrierkassen in Einzelhandelsgeschäften und Restaurants gilt
- eine digitale Schnittstelle für EU-Taxameter und Wegstreckenzähler (DSFinV-TW) in Taxen und in Mietwagen mit Chauffeur
Lohn- und Gehaltsabrechnung: Digitale Lohnschnittstelle DLS
Die Pflicht zur einheitlichen digitalen Lohnschnittstelle wurde bereits 2018 eingeführt. Sie gibt durch einen einheitlichen Datensatz den verschiedenen Lohnabrechnungsprogramme einen gemeinsamen Standard für den Datenexport vor. Die DLS ist nicht die einzige Spezifizierung, die Software zur Lohn- und Gehaltsabrechnung erfüllen muss: Solche Programme werden auch von den Sozialversicherungsträgern zertifiziert, genauer von der informationstechnischen Servicestelle der gesetzlichen Krankenkassen (ITSG). Nur dann dürfen mit einem Programm Meldungen zur Sozialversicherung abgegeben werden.
Grundsätzlich ist es möglich, auf ein Lohnabrechnungsprogramm zu verzichten. Arbeitgeber, die keine zertifizierte Software und keinen Dienstleister wie den Steuerberater nutzen und deshalb die Daten zu Lohnabrechnungszeiträumen nicht gemäß DLS-Spezifikation exportieren können, werden auf Antrag „zur Vermeidung unbilliger Härten“ von dieser Pflicht befreit. Wer kein Lohnabrechnungsprogramm mit ITSG-Zertifikat nutzt, kann für die SV-Meldungen das SV-Meldeportal der Krankenkassen nutzen.
Trotzdem: Wer unangenehme Überraschungen wie die Hinzuschätzung als Ergebnis einer Lohnsteueraußenprüfung ausschließen möchte, sollte die Lohnabrechnung nicht mit einer Software ohne Zertifikat betreiben, und schon gar nicht mit selbstgebastelten Excel-Tabellenblättern oder ähnlichem. Das gilt umso mehr, als Versäumnisse bei der Lohnbuchhaltung schnell zu Bußgeldern und unter Umständen sogar zu einem Strafverfahren führen können. Das Vorenthaltens von Arbeitsentgelt ist eine Straftat (§ 266a StGB). |
Digitale Kassen und Taxameter
Für digitale Kassensysteme einschließlich elektronischer Registrierkassen sowie für Taxameter und Wegstreckenzähler ist seit einiger Zeit eine „technische Sicherheitseinrichtung“, kurz TSE, verpflichtend. Diese Module sollten sicherstellen, dass alle Vorgänge lückenlos und ohne Manipulationsmöglichkeit aufgezeichnet werden. Sie müssen von einer akkreditierten Prüfstelle zertifiziert sein.
Die Vorschriften finden sich sowohl für Kassensysteme wie für Taxameter in der Kassensicherungsverordnung (KassSichV). Bei Kassen ist eine TSE nach einigen Verzögerungen spätestens seit Jahresbeginn 2023 verpflichtend. Bei Taxametern gilt derzeit noch eine Nichtbeanstandungsregel, die den Betrieb ohne TSE noch bis Ende 2025 von Sanktionen freistellt.
Die amtlichen Schnittstellenvorgaben haben das Ziel, den Datenaustausch zwischen TSE und Kassensystem bzw. Taxameter ebenso wie den Datenexport aus den Systemen zu vereinheitlichen. Da die TSE ohnehin zertifiziert sein muss, ist auch die Einhaltung der Schnittstellenvorgaben normalerweise gewährleistet. Dagegen kann die neue Vorschrift das Problem verschärfen, wenn weiterhin ein System ohne TSE genutzt wird: dann droht sehr schnell die Hinzuschätzung, selbst wenn ansonsten keine Hinweise auf Fehlverhalten oder Fehlbuchungen vorliegen. Außerdem können für eine Kasse ohne TSE Bußgelder von bis zu 25.000 Euro verhängt werden (§ 379 AO).
Geplant: eine Schnittstellenvorschrift für alle Buchführungsdaten
Auch für Selbstständige, die weder Arbeitnehmer beschäftigen noch ein Kassensystem oder eine Taxameteruhr betreiben, könnte die neue Regelung zu verpflichtenden Schnittstellen in den kommenden Jahren virulent werden.
Das liegt daran, dass zurzeit eine weitere digitale Schnittstelle vorbereitet wird. Das Bundesfinanzministerium hat einen „Diskussionsentwurf“ zu einer „Buchführungsdatenschnittstellenverordnung“ (DSFinVBV-E) vorgelegt. Der neue einheitliche Standard soll festlegen, welche Daten in welcher Struktur Unternehmen und Selbstständige bei einer Steuerprüfung bereitzustellen haben.
Die digitale Form der Betriebsprüfung ist schon jetzt Standard, die Bereitstellung der steuerrelevanten Daten aus der Buchhaltung Pflicht. Es gibt bisher jedoch keine technische Spezifikation dafür. Das soll sich durch die einheitliche Schnittstelle für Buchführungsdaten ändern. Bereitgestellt werden müssen dem Entwurf zufolge die Informationen zur laufenden Buchführung samt umsatzsteuerlichen Aufzeichnungen, die Werte der Eröffnungsbilanz, Abschlussbuchungen, Überleitungsrechnungen von der Handels- zur Steuerbilanz beziehungsweise die Überleitung zur E-Bilanz-Taxanomie.
So sind als Datenstandard für allgemein im Journal erfasste Geschäftsvorfälle 64 verschiedene Felder vorgesehen, von der eigenen verwendeten Kontonummer bis zur USt-IdNr des Kreditors. Weitere Datensätze geben Standardfelder für digitale Belege vor, für die Überleitung der Daten in eine E-Bilanz und für ein Anlageverzeichnis. Als Format sind eine CSV- und eine XML-Datei gefordert. Auch die Stammdaten sollen in einer vorgegeben Struktur erfasst werden.
Fazit: ein professionelles Buchführungsprogramm wird unverzichtbar
Die Einschränkung der Beweiskraft der Buchführung läuft darauf hinaus, dass die Einhaltung der technischen Vorgaben unverzichtbar ist. Das wiederum bedeutet in der Praxis, dass alle zur Buchführung Verpflichteten – sämtliche Selbstständigen und alle Unternehmen, einschließlich von Teilzeitselbstständigen und Kleinunternehmern – eine professionelle Buchführungssoftware benötigen. Ohne taugliche Software-Lösung kann eine Steuerprüfung schon wegen nicht erfüllter technischer Anforderung eine Hinzuschätzung bringen und damit teuer werden.
Ohnehin ist ein professionelles Buchführungsprogramm auch aus anderen Gründen bald unverzichtbar. Ab 2025 beginnt die verpflichtende Einführung der E-Rechnung. Nach dem Ablaufen der Übergangsfristen sind zwischen Unternehmern nur noch XML-basierte digitale Rechnungsformate wie XRechnung und ZUGFeRD zulässig. Auch diese Anforderung lässt sich ohne taugliches Buchführungsprogramm kaum bewerkstelligen.