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Hausrecht und Hausverbot für Selbstständige

Geschrieben von orgaMAX Redaktionsteam | 20.12.23 07:20

Leute, die den Betrieb stören, Streit suchen oder stehlen, will man nicht im Geschäft haben. Dann wird die Frage nach dem Hausrecht akut: Wer darf wen unter welchen Voraussetzungen aus den Geschäftsräumen werfen oder vom Firmengelände verweisen?

Hausrecht: bestimmen, wer rein darf

  • Wer das Hausrecht hat, darf bestimmen, welche Personen das betreffende Grundstück oder die Räumlichkeiten betreten und sich dort aufhalten dürfen und welche nicht. Einfacher ausgedrückt: Wer das Hausrecht ausübt, kann Hausverbot erteilen und Anwesende „rauswerfen“.
  • Für Hausverbote gibt es keine Formvorschrift. Sie müssen weder schriftlich abgefasst noch persönlich zugestellt werden. Für die rechtliche Wirkung ist jedoch die Nachweisbarkeit wichtig. Das kann zum Beispiel durch Zeugen geschehen, die mitbekommen haben, wie das Hausverbot ausgesprochen wurde.
  • Ein Hausverbot läuft nicht automatisch nach einer bestimmten Frist ab. Wenn es nicht zurückgenommen wird, gilt es grundsätzlich auf Lebenszeit.
  • Das Hausrecht wird aus der im Grundgesetz garantierten „Unverletzlichkeit der Wohnung“ (Art 13 Abs. 1 GG) und der Privatautonomie (Art. 2 Abs. 1 GG) abgeleitet. Dazu kommen die im Bürgerlichen Gesetzbuch verbrieften Rechte aus Grundstückseigentum oder -besitz (§§ 858 ff. BGB, § 903 BGB, § 1004 BGB).

Wo gibt es ein Hausrecht?

  • Das Hausrecht gilt nicht nur für Wohnungen und Wohnhäuser, sondern ganz generell für Gebäude und andere Immobilien, einschließlich von Firmengrundstücken, Büro- und Geschäftsräumen, Fabrik- und Lagerhallen, Gaststätten, Campingplätzen, Kundenparkplätzen und ähnlichem mehr.
  • Grundstücke müssen dafür allerdings „befriedet“ sein, es muss also eine erkennbare Abgrenzung geben oder sie müssen wie etwa Terrassen als „Zubehörflächen“ erkennbar zu einem Gebäude gehören. Auch mobile Trennzäune oder Absperrungen aus Flatterband genügen, wenn sie erkennen lassen, dass das Grundstück vom öffentlichen Grund abgetrennt werden soll.
  • Auf Schiffen, in Bussen oder anderen Fahrzeugen gilt ebenfalls Hausrecht.
  • Der Betreiber eines Marktstands oder der Inhaber eines Imbisswagens kann niemandem ein Hausverbot für den gesamten Marktplatz erteilen, auf dem der Stand oder das Gefährt steht. Es ist jedoch möglich, dass der Veranstalter des Weihnachtsmarktes das Hausrecht auf dem Gelände ausübt, selbst wenn es sich um öffentlichen Grund und Boden handelt, weil er ihn für die Dauer des Marktes gepachtet hat. Und wer auf dem Weihnachtsmarkt eine Glühweinbude betreibt, kann unliebsame Gäste auffordern, diese zu verlassen.

Wer darf das Hausrecht ausüben?

  • Das Hausrecht ausüben können zunächst einmal Eigentümer von Immobilien. Das Gleiche gilt für Mieter einschließlich von Gewerbemietern sowie für Pächter: Das Hausrecht folgt aus dem Nutzungsrecht an der Immobilie, das der Pacht- oder Mietvertrag ihnen einräumt.
  • Eigentümer, Mieter und Pächter können das Hausrecht auf Dritte übertragen, zum Beispiel auf ihre Mitarbeiter oder auf Sicherheitsleute.

Welche Einschränkungen für ein mögliches Hausverbot gibt es?

  • Erteilt ein Unternehmen einem Kunden oder Gast Hausverbot „aus Gründen der Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft, wegen des Geschlechts, der Religion, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität“, dann verstößt es gegen das „zivilrechtliche Benachteiligungsverbot“ im Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (§ 19 AGG). Die Betroffenen können auf Unterlassung klagen und je nach Sachlage Schadenersatz fordern (§ 21 AGG). Sie haben allerdings kein Recht, sich über das Hausverbot einfach hinwegzusetzen und das Geschäft trotz Hausverbots zu betreten.
  • Im Regelfall müssen Hausverbote nicht begründet werden. Aber Vorsicht – das gilt nicht immer. In bestimmten Fällen sollte man für den Rauswurf oder das Zugangsverbot einen stichhaltigen Grund angeben können, wie unangemessenes oder sehr störendes Auftreten oder früheres Fehlverhalten.
  • Das gilt vor allem dann, wenn eine Örtlichkeit für die Öffentlichkeit geöffnet ist und normalerweise jeder als Kunde oder Gast akzeptiert wird, wie im Fall von Läden, Supermärkten, Gastronomie-Betrieben, Kinos, Restaurants oder Hotels. Sie können durch ein völlig willkürliches Hausverbot die Persönlichkeitsrechte des Betroffenen verletzen.
  • Dagegen müssen Selbstständige, die ohnehin nur für passende Kunden tätig werden wie etwa eine Gesangslehrerin, ein Business-Coach oder ein Heilpraktiker, ein Hausverbot nicht begründen.
  • Eine Einschränkung des Hausrechts kann sich außerdem durch vertragliche Bindungen ergeben. So benötigt der Betreiber des Hotels ausreichende Sachgründe, wenn er einen Hotelgast vor die Tür setzt, da zwischen beiden Seiten ein Beherbergungsvertrag gilt. Das hat der Bundesgerichtshof entschieden (BGH, 9.3.2012 - V ZR 115/11). Der BGH hielt es zwar im Prinzip für zulässig, dass eine Hotelbetreiberin einem früheren NPD-Vorsitzenden ein Hausverbot erteilte, weil dessen Anwesenheit „nicht mit dem Ziel des Hotels zu vereinbaren sei, jedem Gast nach Möglichkeit ein exzellentes Wohlfühlerlebnis zu bieten“. Da sie jedoch zuvor seine Buchung bestätigt hatte, war eine vertragliche Bindung entstanden. Und deshalb war das Hausverbot in diesem Fall dann doch unzulässig. Ein konkretes Fehlverhalten während seines Aufenthalts konnte sie ihm nicht vorwerfen.
  • Einschränkungen des Hausverbots können sich zudem ergeben, wenn ein Betrieb ein Monopol oder eine „strukturelle Überlegenheit“ innehat oder zur „Teilhabe am kulturellen Leben“ besonders wichtig ist. Auch dann muss das Hausverbot begründet werden. Das hat der BGH im Zusammenhang mit einem anderen Fall ausgeführt (BGH, 29.5.2020 - V ZR 275/18). Dabei hatte die Betreiberin einer Sauna einem Kunden ohne Begründung Hausverbot erteilt. Sie musste ihm zwar bereits gekaufte Eintrittskarten erstatten. Zur Rücknahme des Hausverbots war sie jedoch nicht verpflichtet, gerade weil sie kein Monopol innehatte und der Sauna-Besuch zur Teilhabe am gesellschaftlichen Leben nicht objektiv notwendig war.
  • Aus ähnlichen Gründen blitzte die Kundin eines Friseursalons ab, die wegen einer allergieauslösenden Färbung erfolgreich Schadenersatz von der Friseurmeisterin eingeklagt hatte. Gleichzeitig verlangte sie die Rücknahme des Hausverbots, das bei dem Streit gegen sie ausgesprochen wurde. Damit hatte sie jedoch keinen Erfolg. Grund: an ihrem Wohnort gab es eine Vielzahl anderer Friseurläden (AG Brandenburg, 19.12.2022 - 34 C 20/20).
  • Auf der sicheren Seite sind Eigentümer, Inhaber oder Gewerbemieter, wenn sie das Hausverbot mit eindeutigen Beeinträchtigungen eines geordneten Geschäftsablaufs begründen können. Beispiele sind Rauchen trotz Rauchverbots, versuchter Diebstahl, Beleidigung oder Bedrohung von Anwesenden, Fotografieren trotz Fotografierverbots und ähnliches mehr. Noch eindeutiger liegt der Fall, wenn es eine Haus- oder Betriebsordnung gibt, gegen die der Betreffende klar oder mehrfach verstoßen hat.
  • In manchen Fällen kann es jedoch nötig sein, dem Kunden zunächst eine Abmahnung auszusprechen und erst im Wiederholungsfall ein Hausverbot zu verhängen. Das ist beispielsweise denkbar, wenn ein Hotelgast trotz Rauchverbots raucht, die Zigarette auf einen Hinweis des Personals hin jedoch sofort ausmacht. Ein direktes Hausverbot dürfte unter diesen Umständen angesichts des bestehenden Vertragsverhältnisses unverhältnismäßig sein.

Hausverbot für Mitarbeiter

  • In den meisten Fällen hat der Arbeitgeber das Hausrecht am Arbeitsplatz. Dann kann er Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern auch ein Hausverbot erteilten. In der Regel geschieht das nur, wenn dem oder der Beschäftigten schweres Fehlverhalten vorgeworfen wird oder wenn der Arbeitgeber befürchtet, dass es – etwa nach einer Kündigung – dazu kommen wird. Dann ist das Hausverbot Teil der Freistellung.
  • Es geht in solchen Konstellationen so gut wie immer um einen akuten arbeitsrechtlichen Konflikt. Dieser liefert auch den Sachgrund für das Hausverbot. Dafür genügt bereits ein begründeter Verdacht des Arbeitgebers.
  • Der Arbeitnehmer muss das Hausverbot zunächst hinnehmen, selbst wenn er anschließend erfolgreich gegen die Kündigung und die Freistellung klagt. Umgekehrt kann der Arbeitgeber dem Mitarbeiter nicht einfach den Zugang zu Privateigentum verweigern, das dieser beispielsweise in seinem Spind oder im Schreibtisch aufbewahrt.
  • Das Hausverbot befreit den Arbeitgeber nicht von der Pflicht, dem Mitarbeiter seinen Lohn oder das Gehalt zu zahlen. Dieser kann seine Arbeitsleistung aufgrund der Entscheidung des Arbeitgebers nicht erfüllen. Damit liegt ein sogenannter Annahmeverzug vor: der Lohn- oder Gehaltsanspruch besteht weiter, bis die Kündigung wirksam wird.
  • Anders liegt der Fall, wenn der Arbeitsplatz beim Kunden des Arbeitgebers liegt und dieser dem Mitarbeiter Hausverbot erteilt. So war es beim Arbeitnehmer eines Gebäudereinigungsbetriebs, der gemäß Arbeitsvertrag nur in einem bestimmten Großhandelsmarkt eingesetzt werden konnte. Der Marktleiter hatte dem Mann nach einem lautstarken Streit mit Beleidigungen offenbar Hausverbot erteilt. Weil der Arbeitgeber den Beschäftigten unter diesen Umständen nicht einsetzen konnte, musste er ihm auch den Lohn nicht bezahlen, entschied das Bundesarbeitsgericht (BAG, 28.09.2016 - 5 AZR 224/16).

Was droht, wenn ein Hausverbot nicht beachtet wird?

  • Wer ein Betretungs- oder Hausverbot missachtet, begeht Hausfriedensbruch und damit eine Straftat (§ 123 StGB). Dagegen kann man die Polizei zu Hilfe rufen, die das Hausrecht dann durchsetzt. Hausfriedensbruch wird nur verfolgt, wenn der Betroffene Strafanzeige stellt. Möglich sind Geldstrafen und Freiheitsstrafen von bis zu einem Jahr.
  • Das Hausrecht selbst mit Gewalt durchsetzen oder von einem privaten Sicherheitsdienst gewaltsam durchsetzen lassen darf man nur, wenn dies als Notwehr vom Strafrecht gedeckt ist (§ 32 StGB). Grundsätzlich ist das Hausrecht „notwehrfähig“, man darf sich also mit Zwang sein Recht verschaffen, wenn jemand Hausfriedensbruch begeht. Dabei muss aber stets die Verhältnismäßigkeit gewahrt bleiben: Die Zwangsmittel müssen zum Grad der Störung oder Bedrohung passen.
  • Solange kein Zugangsverbot ausgesprochen wurde, liegt auch kein Hausfriedensbruch vor, wenn man einen öffentlich zugänglichen Ort wie ein Ladengeschäft oder eine Kneipe trotz Streits mit dem Inhaber betritt. Bleibt der Betreffende allerdings vor Ort, obwohl er zum sofortigen Verlassen aufgefordert wurde, macht er sich strafbar.
  • Rotten sich Gruppen zusammen, um gemeinsam Hausfriedensbruch zu begehen, liegt schwerer Hausfriedensbuch vor (§ 124 StGB). Dafür sind neben Geldstrafen Freiheitsstrafen von bis zu zwei Jahren möglich. Ein Beispiel wäre eine Gruppierung von Aktivisten, die eine Pelzhandlung besetzt, obwohl der Inhaber ihnen Hausverbot erteilt hat.

Fazit: die wichtigsten Regelungen zum Hausverbot

  • Ein Hausverbot dürfen Eigentümer und Mieter von Gewerbeimmobilien aussprechen.
  • Sie können das Hausrecht auch an Dritte übertragen, beispielsweise an Mitarbeiter vor Ort.
  • Zuwiderhandlungen sind als Hausfriedensbruch strafbar.
  • Geschäfte, Betriebe und Angebote, die der Öffentlichkeit zur Verfügung stehen und die normalerweise jedermann bedienen, sollten ein Hausverbot begründen können, zum Beispiel mit störendem oder widerrechtlichem Verhalten.
  • Das gleiche gilt bei einem Hausverbot gegenüber Kunden, mit denen bereits ein Vertragsverhältnis besteht.
  • Die Begründung muss besonders stichhaltig sein, das Hausverbot sich gegen jemand richtet, den das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz besonders schützt.

 

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