Es ist für die Mitarbeiter bequem, wenn sie ihr Firmen-Smartphone und die berufliche E-Mail-Adresse auch privat nutzen dürfen. Der Arbeitgeber kann sich dadurch allerdings Probleme einhandeln. Das zeigt der Fall eines Mitarbeiters, der mit Einverständnis des Chefs eine private SIM-Karte im Firmenhandy verwendete. Die Folge war ein Beweisverwertungsverbot: Seine Kündigung wegen Weitergabe von Interna scheiterte.
Für Arbeitnehmer ist es praktisch, wenn sie mit dem von der Firma gestellten Smartphone oder Laptop auch mit Freunden chatten oder über die berufliche E-Mail-Adresse private Nachrichten verschicken. Wurde die Privatnutzung nicht ausdrücklich verboten, ist solche Mischnutzung die Regel. Manche Arbeitgeber gestatten sie sogar ausdrücklich.
Doch damit handelt sich das Unternehmen gleich mehrere Risiken ein. Durch private Nachrichten und Website-Besuche wächst die Angriffsfläche für Trojaner oder Viren. Das Risiko, dass berufliche und private Kanäle vermischt werden, steigt.
Und vor allem wird selbst die berufliche Kommunikation auf dem Gerät dem Zugriff des Arbeitgebers entzogen. Bei erlaubter oder geduldeter Privatnutzung dürfen der Chef und die Kollegen Nachrichten und Dokumente ohne Einwilligung des Betroffenen nicht mehr einsehen. Grund sind der Datenschutz und das Persönlichkeitsrecht.
Entscheidend dafür, ob der Arbeitgeber oder Kollegen die E-Mails und Chat-Nachrichten eines Mitarbeiters lesen dürfen, sind zunächst einmal die Regeln, die im Betrieb gelten:
Eine vom Arbeitgeber verlorene Kündigungsschutzklage vor dem Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg zeigt recht klar, welche Folgen die fehlende Trennung der privaten und beruflichen Sphäre bei Telefon und IT-Geräten haben kann. Der Vertriebsleiter eines mittelständischen Software-Unternehmens aus dem Raum Heidelberg nutzte mit Einverständnis des Arbeitgebers das Firmen-Smartphone mit seiner privaten SIM-Karte, und zwar sowohl für berufliche als auch private Telefongespräche und WhatsApp-Nachrichten. Seine geschäftliche E-Mail-Adresse verwendete er ebenfalls für Privatnachrichten. Der Arbeitgeber übernahm die Telefonkosten.
Nach einigen Jahren kam es zu Konflikten. Der Mitarbeiter war mit seiner Gehaltsentwicklung unzufrieden und äußerte Trennungsabsichten. Der Arbeitgeber hatte ihn im Verdacht, Firmen-Interna nach außen zu geben und mit Wettbewerbern in Kontakt zu stehen. Er kündigte dem Vertriebsleiter außerordentlich und fristlos. Gleichzeitig verlangte er die Herausgabe des Firmenhandys. Die dort verbliebenen WhatsApp-Nachrichten wurden ebenso kontrolliert wie seine E-Mails. Für den Arbeitgeber war nach der Kontrolle die Weitergabe von internen Präsentationen und Informationen nachgewiesen.
Der Arbeitnehmer wehrte sich jedoch mit einer Kündigungsschutzklage gegen die Trennung. Er hatte Erfolg: Das Arbeitsgericht Mannheim in erster und das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg in zweiter Instanz verwarfen die Kündigung. Der Arbeitgeber musste nicht nur das Gehalt nachzahlen. Zusätzlich wurde dem Arbeitnehmer 3.000 Euro an Schadenersatz zugesprochen (LAG Baden-Württemberg, 27.01.2023 - 12 Sa 56/21).
Die Arbeitsrichter entschieden, dass für die auf dem Smartphone des Mitarbeiters gefundenen WhatsApp-Nachrichten und seine E-Mails ein Beweisverwertungsverbot galt. Der Arbeitgeber hatte versucht, mit diesen Informationen seine Kündigung zu untermauern. Dazu reichte er dem Gericht selbst Nachrichten des Gekündigten an seinen Bruder und an private Freunde ein. Dabei hätte das Unternehmen die Chats und E-Mails überhaupt nicht sichten dürfen. Es konnte sie folglich nicht als Beweis einsetzen.
Diese Situation hatte der Arbeitgeber sich selbst einbrockt, indem er dem Mitarbeiter die private Nutzung des Firmenhandys ausdrücklich erlaubt hatte. Somit war die verdachtsunabhängige Kontrolle des Geräts und der dort gespeicherten Nachrichten unzulässig. Die Kontrolle war gemäß Bundesdatenschutzgesetz unverhältnismäßig und deshalb nicht erlaubt.
Das Landesarbeitsgericht bestritt nicht, dass der Vertriebschef zu weit ging, als er interne Dokumente an Dritte weitergab – er selbst sprach von „Networking“. Aufgrund des Beweisverwertungsverbots war dieses Fehlverhalten vor dem Arbeitsgericht jedoch nicht „prozessual verwertbar“.
Das Landesarbeitsgericht stellte in seiner Urteilsbegründung weitere Punkte fest, die Arbeitgebern zu denken geben sollten:
Arbeitgeber können sich entscheiden. Entweder, sie gestatten den Mitarbeitern, Firmenhandys, Laptop und E-Mail-Adresse auch für persönliche Zwecke zu verwenden. Dann muss ihnen klar sein, dass die gesamten Nachrichten und Dateien unter den Datenschutz fallen. Der Zugriff des Chefs gegen den Willen des Mitarbeiters ist nur noch in sehr seltenen Fällen möglich.
Oder das Unternehmen verbietet die private Kommunikation über betriebliche Kanäle klar und eindeutig. Damit das Verbot datenschutzrechtlich wirksam wird, muss es durchgesetzt werden. Eine Anordnung pro forma, die seit Jahren keiner beachtet, wird die Auswertung der WhatsApp-Nachrichten auf dem Firmen-Smartphone nicht rechtfertigen. Gilt das Verbot, hat der Arbeitgeber weitgehenden Zugriff auf E-Mails, SMS und Chat-Nachrichten. Er kann außerdem die Geräte jederzeit zur Überprüfung einfordern. Ob diese Linie das Betriebsklima fördert, steht auf einem anderen Blatt.
LektüretippsWeiterführende Informationen zu Steuer- und Buchführungsthemen finden Sie im orgaMAX-Blog und im Newsletter-Archiv:
|