Für bestimmte Selbstständige gilt die gesetzliche Rentenversicherungspflicht, nicht anders als für Arbeitnehmer. Rentenversicherungsbeiträge abführen müssen zum Beispiel selbstständige Handwerker, Dozenten und Hebammen, zudem alle KSK-Versicherten sowie Selbstständige mit nur einem Auftraggeber.
Gesetzliche Rentenversicherungspflicht: sie gilt auch für bestimmte Selbstständige
Bestimmte Selbstständige sind dazu verpflichtet, in die gesetzliche Rentenversicherung einzuzahlen, nicht anders als Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Diese besondere Sozialversicherungspflicht gilt erstens für bestimmte selbstständige Berufe und zweitens für bestimmte Formen von Selbstständigkeit.
Die rentenversicherungspflichtigen selbstständigen Berufe:
- selbstständige Handwerker in einem zulassungspflichtigen Gewerbe
Wer als selbstständiger Handwerksmeister selbstständig tätig ist und damit in die Handwerksrolle eingetragen ist, muss Rentenversicherungsbeiträge abführen. - selbstständige Lehrer, Erzieher und freie Dozenten
Ihre Rentenversicherungspflicht entfällt allerdings, wenn sie Angestellte haben. - selbstständige Kranken- und Kinderpflegerinnen und -pfleger
Dazu zählt die Deutsche Rentenversicherung neben selbstständigen Krankenschwestern zum Beispiel auch Physiotherapeuten. Bei dieser Gruppe entfällt ebenfalls die Versicherungspflicht, wenn regelmäßig Angestellte beschäftigt werden.
- KSK-versicherte selbstständige Künstler und Publizisten
Zu dieser Gruppe gehören unter anderem selbstständige Texter, Grafikerinnen, Fotografen oder Musikerinnen. Für sie führt die Künstlersozialkasse Sozialversicherungsbeiträge ab, unter anderem zur Rentenversicherung. Weitere Informationen liefert der orgaMAX-Artikel zur Künstlersozialversicherung. - selbstständige Hebammen
Die Rentenversicherungspflicht gilt selbstverständlich auch für den (männlichen) Entbindungspfleger. - selbstständige Seelotsen, Küstenschiffer und Küstenfischer
Für Küstenschiffer und -fischer gilt die Rentenversicherungspflicht dann, wenn sie selbst zur Besatzung gehören und nicht mehr als vier Seeleute bzw. Arbeitnehmer beschäftigen.
Dazu kommen:
- Selbstständige mit nur einem Auftraggeber
Das Gesetz präzisiert die Anforderung darauf, dass „auf Dauer und im Wesentlichen“ nur für einen Auftraggeber gearbeitet wird. Worin die selbstständige Tätigkeit besteht, ist in diesem Fall gleichgültig. Auch hier entfällt die Rentenversicherungspflicht, wenn Angestellte beschäftigt werden. Außerdem können diese Selbstständige sich für die ersten drei Jahre von der Rentenversicherungspflicht befreien lassen. - Hausgewerbetreibende
Das sind zum Beispiel Selbstständige, die auf Rechnung eines Kunden bei sich zu Hause oder in einer eigenen kleinen Werkstatt hochwertiges Spielzeug bemalen oder Kunstgewerbe-Produkte fertigstellen. In diese Kategorie fällt nur, wer maximal zwei Beschäftigte hat, die meisten Hausgewerbetreibenden haben gar keine.
Die Liste ist gesetzlich vorgegeben (§ 2 S. 1 Nr. 9 SGB VI).
Ausnahme: geringfügige selbstständige Tätigkeit |
Keine Rentenversicherungspflicht, weil Arbeitgeber
Freie Dozenten und Erzieher, Krankenpflegepersonen und Selbstständige mit nur einem Auftraggeber können die Rentenversicherungspflicht vermeiden, wenn sie Mitarbeiter beschäftigen. Dazu zählen auch Auszubildende. Diese Ausnahme gilt nur für die drei genannten Gruppen, und mit zwei Einschränkungen:
- Die Beschäftigung muss „regelmäßig“ erfolgen. Gelegentliche Aushilfen ändern also nichts an der Rentenversicherungspflicht.
- Ein geringfügig Beschäftigter wird nicht als Beschäftigter berücksichtigt.
Werden dagegen mehrere Minijobber beschäftigt und verdienen sie zusammen mehr als 520 Euro im Monat, steht das einem sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis gleich (BSG, 23.11.2005 - B 12 RA 15/04 R).
Rentenversicherungspflicht bei selbstständigen Lehrern, Dozenten und Erziehern
Die Deutsche Rentenversicherung legt den Begriff „Lehrer und Erzieher“ sehr breit aus. Deshalb fordert sie nicht nur von selbstständigen Sprachlehrern oder Nachhilfe-Kräften Beiträge, sondern zum Beispiel auch von Tagesmüttern, Golflehrern, Fahrlehrerinnen und freien Trainern.
Zeichen- oder Tanzlehrer werden ebenso wie Dozenten für kreatives Schreiben grundsätzlich über die Künstlersozialkasse versichert und sind dann ebenfalls rentenversicherungspflichtig.
Selbstständige Segel- und Tauchlehrer, Binnenlotsen
In selbstständigen Segel- und Tauchlehrern sieht die Deutsche Rentenversicherung „Küstenschiffer“, wenn die Kurse auf Küsten- und nicht auf Binnengewässern stattfinden. Deshalb gelten sie als beitragspflichtig, solange sie nicht regelmäßig mindestens fünf Beschäftigte haben.
Selbstständige Binnenlotsen müssen im Gegensatz zu Seelotsen nicht in die gesetzliche Rentenversicherung einzahlen.
Selbstständige in den Pflegeberufen
In diese Gruppe ordnet die Deutsche Rentenversicherung neben selbstständigen Krankenschwestern und Kinderpflegerinnen zum Beispiel auch selbstständige Ergotherapeuten, Physiotherapeutinnen, Podologen und Logopädinnen ein. Entscheidend ist dabei vor allem, dass sie auf ärztliche Anordnung handeln, statt eigene Diagnosen zu stellen. Da dies bei selbstständigen Heilpraktikern und Psychotherapeutinnen anders ist, gilt für sie keine Rentenversicherungspflicht.
Ebenfalls nicht versicherungspflichtig sind selbstständige Altenpfleger.
„Arbeitnehmerähnliche Selbstständige“ mit nur einem Auftraggeber
Selbstständige sind nicht schon deshalb scheinselbstständig, weil sie nur für einen Kunden oder Auftraggeber arbeiten. Dann gelten sie jedoch als „arbeitnehmerähnliche Selbstständige“ und müssen Beiträge in die gesetzliche Rentenversicherung einzahlen, sofern sie keine Beschäftigte haben.
Das Gesetz nennt als Voraussetzung, dass der oder die Selbstständige „auf Dauer und im Wesentlichen“ nur für einen Auftraggeber tätig ist.
- „Auf Dauer“ gilt erfüllt, wenn das Auftragsverhältnis unbegrenzt bzw. dauerhaft vereinbart wurde, oder wenn ein Auftrag regelmäßig und immer wieder erteilt wird.
- „Im Wesentlichen“ sind Selbstständige nur für einen Auftraggeber tätig, wenn sie mit diesem mehr als fünf Sechstel der Einkünfte aus dieser Tätigkeit erzielt.
Wer aufgrund dieser Regelung Rentenversicherungsbeiträge bezahlen muss, kann sich für die ersten drei Jahre seiner Selbstständigkeit befreien lassen (§ 6 Abs. 1a SGB VI). Das gilt auch für eine erneute Selbstständigkeit nach einer Unterbrechung.
Eine Befreiungsmöglichkeit besteht außerdem für Selbstständige ab 59, die nur noch einen verbleibenden Auftraggeber haben und deshalb eigentlich Beiträge abführen müssten.
Rentenversicherungspflicht bei Handwerksmeistern: auch für Gesellschafter und „nachträgliche“ Meister
Die Rentenversicherungspflicht hängt bei selbstständigen Handwerkern davon ab, ob ihr Beruf in der Anlage A zur Handwerksordnung aufgeführt ist: dann gilt Zulassungs- bzw. Meisterpflicht. Der Inhaber des Betriebs muss deshalb in die Handwerksrolle eingetragen sein, in der Regel benötigt er einen Meisterbrief, einen gleichwertigen Abschluss etwa als Ingenieur. In bestimmten Fällen genügt eine Ausübungsberechtigung als Altgeselle oder eine Ausnahmebewilligung.
Grundsätzlich gilt: wer in die Handwerksrolle eingetragen ist, muss Rentenversicherungsbeiträge zahlen. Inhaber eines eintragungspflichtigen Handwerksbetriebs, die selbst keinen Meisterbrief besitzen und deshalb einen Meister beschäftigen, sind dagegen nicht rentenversicherungspflichtig. Das werden sie jedoch, sobald sie selbst den Meistertitel oder einen anderen Befähigungsnachweis (erwerben.
Bei Betrieben in Form einer Personengesellschaft – GbR, KG oder OHG, sind Gesellschafter mit Meisterbrief versicherungspflichtig. Bei Handwerksbetrieben in Form einer Kapitalgesellschaft (GmbH, UG) sind die Gesellschafter grundsätzlich nicht rentenversicherungspflichtig.
Nach 18 Jahren: Ende der Beitragspflicht auf Antrag
Selbstständige Handwerksmeister können sich von der Rentenversicherungspflicht befreien lassen, nachdem sie mindestens 18 Jahre lang Pflichtbeiträge bezahlt haben. Das schließt Beschäftigungszeiten und andere anrechenbare Zeiten wie Wehrdienst oder Erziehungszeiten mit ein.
Voraussetzung ist ein Antrag an die Deutsche Rentenversicherung. Diese hat Informationen dazu in einem Merkblatt zusammengefasst.
Bestandsschutz bei Änderung der Meisterpflicht
Am 14. Februar 2020 wurde eine Reihe von Handwerksberufen in die Anlage A zur Handwerksordnung aufgenommen und damit (erneut) meisterpflichtig. Grundsätzlich gilt damit für die Inhaber der Betriebe Rentenversicherungspflicht. Wer jedoch schon vor der Änderung in diesen Handwerksberufen selbstständig war, muss aus Bestandsschutzgründen keine Rentenversicherungsbeiträge abführen. Es handelt sich um folgende Handwerke:
- Fliesen-, Platten- und Mosaikleger
- Betonstein- und Terrazzohersteller
- Estrichleger
- Behälter- und Apparatebauer
- Parkettleger
- Rollladen- und Sonnenschutztechniker
- Drechsler (Elfenbeinschnitzer) und Holzspielzeugmacher
- Böttcher
- Glasveredler
- Schilder- und Lichtreklamehersteller
- Raumausstatter
- Orgel- und Harmoniumbauer
Der Bestandsschutz gilt auch umkehrt. Zum 01. Januar 2004 wurde eine große Zahl von Handwerksberufen, die zuvor zulassungspflichtig waren, zulassungsfrei. Wer vor dieser Änderung als selbstständiger Handwerksmeister in diesen Berufen rentenversicherungspflichtig war, ist das auch weiterhin.
Rentenversicherungspflicht für Selbstständige: die Höhe der Beiträge
Die Höhe der Rentenversicherungs-Pflichtbeiträge von Selbstständigen kann auf drei Arten ermittelt werden:
- Möglichkeit 1: Die Selbstständige zahlen Regelbeiträge, deren Höhe pauschal bestimmt wird. Entscheidend ist der geltende Beitragssatz zur Rentenversicherung (2023: 18,6 Prozent) sowie die „monatliche Bezugsgröße“. Dieser Rechenwert drückt das durchschnittliche Arbeitsentgelt der Rentenversicherten aus und wird für jedes Jahr neu kalkuliert. Wenn Selbstständige Regelbeiträge bezahlen, wird dieser statistische Wert wie ihr Einkommen behandelt.
- Möglichkeit 2: Selbstständige zahlen halbe Regelbeiträge. Diese Erleichterung besteht nur während der ersten drei Jahre der Selbstständigkeit und ist nicht verpflichtend, sondern ein Angebot. Wer es nutzen möchte, muss einen Antrag stellen.
- Möglichkeit 3: Selbstständige können alternativ einkommensgerechte Beiträge Entscheidend ist dann ihr selbstständiges Einkommen gemäß Einkommensteuerbescheid. Dies lohnt sich also, wenn Selbstständige weniger als die Bezugsgröße verdienen. In jedem Fall gilt ein Mindestbeitrag und ein Höchstbeitrag, die von der Geringfügigkeitsgrenze und der aktuellen Beitragsbemessungsgrenze abhängen.
Für das Jahr 2023 gelten folgende Werte:
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Alte Bundesländer |
3.395 Euro |
631,47 Euro |
315,74 Euro |
96,72 Euro |
1357,80 Euro |
Neue Bundesländer |
3.290 Euro |
611,94 Euro |
305,97 Euro |
96,72 Euro |
1320,60 Euro |
Besondere Regelungen gelten für folgende selbstständige Berufsgruppen:
- Anders als Arbeitnehmer müssen Selbstständige Pflichtbeiträge zur Rentenversicherung komplett selbst bezahlen. Eine Ausnahme besteht nur für selbstständige Künstler und Publizisten (KSK-Versicherte): bei ihnen wird die Hälfte der Sozialversicherungsbeiträge aus Steuermitteln und über die Künstlersozialabgabe finanziert.
- Außerdem zahlen KSK-Versicherte in jedem Fall individuelle, einkommensabhängige Beiträge, deren Höhe auf einer selbst abgegebenen Einkommensprognose basiert. Mehr dazu steht im Beitrag zur Künstlersozialkasse.
- Küstenschiffer, Küstenfischer und Hausgewerbetreibende zahlen ebenfalls stets einkommensgerechte Beiträge.
Informationen zur gesetzlichen Rentenversicherung
Die Deutsche Rentenversicherung liefert auf ihrer Website und in einer Broschüre Informationen zur Rentenversicherungspflicht bei Selbstständigen. Fragen kann man unter der kostenlosen Service-Nummer 0800 1000 4800 stellen.
Neben Anwälten für Sozialrecht kann man sich zur Vertretung und Rechtsberatung in Sozialversicherungsfragen auch an spezielle Rentenberater wenden.
LektüretippsWeiterführende Informationen zu Rechts- und Steuerthemen finden Sie im orgaMAX-Blog und im Newsletter-Archiv:
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