Zwei Selbstständigkeiten parallel – das kann durchaus sinnvoll sein. Wer Geld sowohl mit einem freien Beruf als auch einem Gewerbe verdient, sollte beides möglichst getrennt halten. Auch sonst sind separat angemeldete Unternehmen grundsätzlich möglich. Lesen Sie, worauf es ankommt.
Selbstständig mit zwei getrennten Unternehmen oder Betrieben: Wann ist das sinnvoll?
Autoreparatur und Limousinenservice, Design und Fotografie, medizinische Fußpflege und Verkauf von Pflegeprodukten: mehrere Geschäftstätigkeiten in einem Unternehmen sind keineswegs ungewöhnlich oder grundsätzlich untersagt.
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Die Gewerbeordnung lässt es ausdrücklich zu, gleichzeitig mehrere Gewerbe auszuüben ( 3 GewO). Verschiedene selbstständige gewerbliche Tätigkeiten können in einem Betrieb zusammengefasst werden. Nur wenn es um unterschiedliche Betriebe geht, wird jeweils eine eigene Anmeldung erforderlich (§ 14 GewO).
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Auch Freiberufler können einen selbstständigen Zweitberuf haben. Für bestimmte Tätigkeiten gelten zwar standesrechtliche Einschränkungen. So darf ein Rechtsanwalt beispielsweise nicht gleichzeitig als Finanz- oder Versicherungsmakler tätig sein. Aber das sind Ausnahmen.
In vielen Fällen haben Selbstständige mit zwei Tätigkeitsfeldern damit keinen Grund zu zwei getrennten Anmeldungen beim Finanzamt beziehungsweise dem Gewerbeamt, und zur strikten Trennung beider Aktivitäten. Oft können sie ihre Geschäftstätigkeiten in einem Unternehmen oder Betrieb zusammenfassen.
Trotzdem kann die saubere Trennung von zwei parallel ausgeübten selbstständigen Tätigkeiten in unterschiedliche Betriebe oder Unternehmen sinnvoll oder notwendig sein.
Zum Nachlesen: Freier Beruf und Gewerbe und die verschiedenen Anmeldeformalitäten
Ein Gewerbebetrieb wird beim örtlichen Gewerbeamt angemeldet. Eine freiberufliche Tätigkeit muss nur dem Finanzamt gemeldet werden. Weitere Informationen zur Anmeldung und zur Abgrenzung freiberuflicher und gewerblicher Selbstständigkeit liefern diese Beiträge:
- „Kleingewerbe: von der Anmeldung bis zur Steuererklärung“
- „Freiberufler: Definition, Voraussetzungen & steuerliche Pflichten“
- „Fragebogen zur steuerlichen Erfassung: Das kommt auf Sie zu“
Ein Gewerbebetrieb und ein freier Beruf parallel
Wenn Einzelselbstständige sowohl gewerbliche als auch freiberufliche Einkünfte und damit gemischte Tätigkeiten haben, liegt eine klare Trennung in ihrem eigenen Interesse. Typische Beispiele sind eine Fotografin, die nebenbei professionelles Foto-Equipment verkauft, eine Ernährungsberaterin, die gleichzeitig einen Onlineshop für Nahrungsergänzungsmittel betreibt, ein freiberuflicher IT-Ingenieur, der Software entwickelt und außerdem als Unternehmensberater tätig ist oder ein freier Sprachlehrer, der seine Schüler gegen Provision an Arbeitgeber vermittelt.
Bei solchen gemischten Tätigkeiten droht das „Abfärben“ der gewerblichen Tätigkeit beziehungsweise die „Infizierung“ der freiberuflichen Einkünfte. In diesem Fall behandelt das Finanzamt den gesamten Gewinn als Einkünfte aus Gewerbebetrieb. Die Folge: Die vermeintlich freiberuflichen Einnahmen werden gewerbesteuerpflichtig. Außerdem geht das Privileg verloren, unabhängig von Gewinn- und Umsatzgrenzen eine Einnahmen-Überschuss-Rechnung statt doppelter Buchführung zu betreiben.
Dieses Risiko lässt sich vermeiden, wenn gewerbliche und freiberufliche Aktivitäten durch getrennte Anmeldungen von vornherein separiert und auch im Geschäftsalltag getrennt werden
Freiberufler und Gewerbetreibender gleichzeitig? Das geht nur bei Einzelunternehmern
In dieser Beziehung sind Einzelunternehmer gegenüber Personengesellschaften wie einer GbR, einer OHG oder KG im Vorteil. Anders als bei Einzelselbstständigen zählen bei Personengesellschaften verschiedene gewerbliche Tätigkeiten stets als einheitlicher Gewerbebetrieb.
Aus diesem Grund ist innerhalb einer Personengesellschaft die Gefahr des Abfärbens besonders hoch. Umgekehrt bilden zwei unterschiedliche Personengesellschaften selbst dann keinen einheitlichen Betrieb, wenn sie dieselben Gesellschafter umfassen und miteinander organisatorisch verflochten sind.
Kapitalgesellschaften wie eine GmbH sind als sogenannte Formkaufleute unabhängig von ihrem Geschäftsgegenstand in jedem Fall gewerblich.
Weitere Trennungsgründe: Separate Finanzen, eigene Entwicklungsperspektiven
Selbst wenn beide selbstständigen Tätigkeiten entweder freiberuflich oder gewerblich sind, kann eine getrennte Anmeldung sinnvoll sein.
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Die Finanzierung beider selbstständigen Tätigkeiten lässt sich dann separat gestalten. Dies erleichtert nicht nur die Aufnahme eines Darlehens. Auch andere Finanzierungsoptionen wie die Beteiligung eines stillen Gesellschafters lassen sich dann auf einen Geschäftszweig beschränken. Zudem kann die Beantragung von Fördermitteln einfacher werden.
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Die Trennung in zwei Unternehmen oder Betriebe ermöglicht eine separate Planung der unternehmerischen Perspektive. Optionen wie ein späterer Rechtsformwechsel oder Verkauf erfordern keine vorherige Betriebsaufspaltung und werden leichter umsetzbar.
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Weiter kann die Trennung Teil des Risikomanagements Das betrifft nicht nur Versicherungen, die getrennt und damit gezielt nach Bedarf abschließbar sind. Eine Insolvenz oder eine mögliche Haftung für eines der Unternehmen lässt das andere unberührt.
Wirklich zwei getrennte Unternehmen?
Ob zwei Betriebe tatsächlich getrennt sind, hängt von ihrer organisatorischen und wirtschaftlichen Verflechtung ab:
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Werden Geschäftsausstattung, Geschäftsräume, Geschäftskonten oder Geschäftsfahrzeuge für beide Unternehmen genutzt?
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Sind Kunden und Geschäftspartner dieselben?
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Erfüllen Angestellte Aufgaben in beiden Unternehmen?
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Treten beide Unternehmen mit derselben oder unter sehr ähnlichen Geschäftsbezeichnungen an? Ergibt sich für Außenstehende ein gemeinsames Erscheinungsbild?
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Werden gemeinsame Kassen, Aufzeichnungen oder Konten geführt?
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Werden Kosten einheitlich übernommen und Verluste zwischen den Bereichen ausgeglichen?
Die Wahrscheinlichkeit, dass zwei Tätigkeitsbereiche einen einheitlichen Betrieb bilden, steigt mit dem Grad der Verflechtung, und zwar umso mehr, je ähnlicher die beiden Tätigkeiten sind. Diesen Grundsatz hat der Bundesfinanzhof bestätigt (BFH, 17.06.2020, X R 15/18).
Umgekehrt lässt nicht jede Verflechtung einen gemeinsamen Betrieb entstehen. Eine Selbstständige kann sehr wohl zwei getrennte Unternehmen mit getrennten Geschäftsfeldern von einem gemeinsamen Büro aus betreiben. Je weniger sich allerdings eigene Konturen beider Unternehmen feststellen lassen, umso wahrscheinlicher wird es, dass das Finanzamt einen einheitlichen Betrieb unterstellt.
Das Risiko besteht vor allem dann, wenn beide Unternehmen in der Buchhaltung nicht klar getrennt werden. Ein einfaches Beispiel: Für die Fahrten mit ihrem Wagen sollte die Selbstständige ein Fahrtenbuch nutzen, um jede einzelne Fahrt jeweils der einen oder der anderen Geschäftstätigkeit oder dem Privatbereich zuordnen zu können.
Ein weiterer Aspekt ist die getrennte Gründung beziehungsweise Anmeldung. Das bedeutet, dass die selbstständigen Tätigkeiten im Fall freier Berufe getrennt beim Finanzamt angemeldet werden und dort unter verschiedenen Steuernummern laufen. Soweit es sich um Gewerbe handelt, kann beim Gewerbeamt ein jeweils eigener Gewerbebetrieb gemeldet werden, statt eine bestehende Gewerbeanmeldung zu erweitern.
Die Gewerbesteuerrichtlinie zur „Mehrheit von Betrieben“
Das amtliche Gewerbesteuer-Handbuch grenzt einheitliche Betriebe von mehreren Betrieben im Besitz einer Person danach ab, ob es sich „nach der Verkehrsauffassung und nach den Betriebsverhältnissen“ um verschiedene Betriebszweige handelt (GewStH H 2.4). Dafür gelten nach Auffassung der Finanzverwaltung dieselben Grundsätze wie für die Bewertung gemäß Bewertungsgesetz (§ 2 BewG).
Außerdem spielt eine Rolle, ob der Betriebssitz in der gleichen Stadt oder Gemeinde liegt oder nicht. Konkreter wird das Handbuch der Finanzverwaltung nicht. Als Beispiele für Teile eines einheitlichen Gewerbebetriebs nennt es „Gastwirtschaft und Bäckerei“.
Als weiteres Kriterium wird „enge finanzielle, wirtschaftliche und organisatorische Verflechtung“ genannt. Das amtliche Beispiel ist ein Tabakhändler mit Lotto-Annahmestelle.
Schließlich können mehrere Betriebe gleicher Art, die an unterschiedlichen Orten ansässig sind, eine wirtschaftliche Einheit bilden. Das gilt vor allem dann, wenn sie in einer Gemeinde liegen und/oder „wirtschaftlich, finanziell oder organisatorisch“ zusammenhängen.
Lektüretipps
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