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Selbstständiges Ehepaar – als Kleinunternehmer getrennt

Geschrieben von orgaMAX Redaktionsteam | 18.09.25 06:00

Dürfen beide Ehepartner Kleinunternehmer sein, wenn sie ähnliche Dienstleistungen für dieselben Kunden ausführen? Das Finanzgericht Münster meinte: ja. In bestimmten Fällen dürfen Selbstständige die Umsatzsteuerfreiheit als Kleinunternehmer doppelt nutzen, selbst wenn sie eng kooperieren.

 

Dürfen Ehepartner die Kleinunternehmer-Regelung doppelt nutzen?

Kleinunternehmer sind von der Umsatzsteuer befreit. Sie berechnen ihren Kunden keine Umsatzsteuer. Das verschafft ihnen einen Preisvorteil gegenüber Privatleuten, die die „Mehrwertsteuer“ im Rechnungsbetrag nicht vom Finanzamt ersetzt bekommen.

Für den Kleinunternehmer-Status gelten klare Umsatzgrenzen. Seit 2025 ist diese Form der Umsatzsteuerfreiheit nur möglich, wenn der Umsatz im Vorjahr maximal 25.000 Euro betrug und im laufenden Jahr 100.000 Euro nicht überschreitet. Davor galten niedrigere Werte.

Doch wie werden die Umsatzgrenzen angewandt, wenn zwei Selbstständige eng miteinander verbunden am Markt auftreten? Diese Frage musste das Finanzgericht Münster vor einiger Zeit in Bezug auf ein Ehepaar entscheiden. Beide Ehepartner beanspruchten jeweils die Kleinunternehmerregelung für sich. Das Finanzamt sah in ihnen ein gemeinsames Unternehmen, dessen Gesamtumsatz die Grenze überschritt.

 

Grabpflege und Grabgestaltung

Eine Ehefrau und dann auch ihr Ehemann hatten nacheinander „Grabpflege und Grabgestaltung“ als Gewerbe angemeldet, und zwar jeweils für sich. Durch die Arbeit auf dem Friedhof verdienten sie sich etwas zu ihren Minijobs und einer Angestelltentätigkeit dazu. Für die Jahre 2017 bis 2018 nutzten beide die Kleinunternehmerregelung. Getrennt betrachtet erzielten sie jeweils Umsätze unter 17.500 Euro. Das entsprach der damaligen Vorjahresumsatzgrenze für Kleinunternehmer.

Das Finanzamt hielt die Eheleute dagegen für umsatzsteuerpflichtig. Es führte eine Betriebsprüfung durch und forderte anschließend die Umsatzsteuer nach. Grund: Es unterstellte dem Ehepaar die „künstliche Aufteilung einer vollkommen identischen Tätigkeit auf zwei verschiedene Unternehmen“.

  • Die Betriebsprüfer hatten festgestellt, dass die beiden Eheleute ihre selbstständige Tätigkeit vom selben Arbeitszimmer ihrer Privatwohnung aus betrieben und dabei denselben privaten Telefonanschluss nutzten. Sie verwendeten zwar jeweils eigene Briefköpfe sowie Steuer- und Rechnungsnummern. Das Firmenlogo auf ihrer Geschäftskorrespondenz war jedoch gleich.

  • Das Finanzamt monierte zudem, dass die Buchführung der beiden Eheleute nicht sauber getrennt worden sei. Der Mann habe an die Frau ausgestellte Rechnungen bezahlt und in seinen Unterlagen aufbewahrt. Ein Anhänger sei als Betriebsvermögen der Frau geführt, aber auch vom Mann genutzt worden.

  • Weder das Firmenschild am Gartentor noch die Website habe zwei getrennte Unternehmen erkennen lassen. Außerdem hätten beide denselben Kundenkreis gehabt, dem sie abwechselnd Leistungen rund um die Grabgestaltung und -pflege in Rechnung gestellt hätten.

 

Ein einheitliches Unternehmen oder zwei Kleinunternehmer?

Das Finanzamt rechnete die Umsätze beider Eheleute zusammen. Ergebnis: Für die Jahre 2018 und 2019 wurde die Vorjahres-Umsatzgrenze überschritten. Damit fielen die Voraussetzungen für die Kleinunternehmerregelung in diesen Jahren weg. Der Fiskus forderte die Umsatzsteuer nach.

Dagegen klagte die Ehefrau. Sie führte an, dass sie Grabpflege übernahm, während ihr Mann Grabgestaltungen übernommen habe. Dabei habe er auch Grabsteine bewegt und Erdarbeiten ausgeführt, wozu sie körperlich nicht in der Lage sei. Das und ihre wegen der Kinderbetreuung eingeschränkte Arbeitszeit sei der Grund für die Aufspaltung in zwei Unternehmen trotz identischer Kunden. Es sei nicht nur um steuerliche Motive gegangen.

Das Finanzgericht Münster konnte sie damit überzeugen. Es entschied, dass die Steuernachforderung keine Berechtigung hatte (FG Münster, 08.04.2025 - 15 K 2500/22 U). Dabei hob das Gericht zwei Aspekte hervor:

  • Das Ehepaar hatte die getrennten Unternehmen nicht gegründet, um Umsätze zu verschieben.

  • Es hatte die Umsätze auch nicht planmäßig nacheinander gebucht, um erst das Kleinunternehmer-Kontingent beim einen und dann beim anderen Ehepartner aufzufüllen.

 

Gleiches Recht auch für Ehepaare

Ehepaare sind nicht verpflichtet, ein gemeinsames Unternehmen zu führen, wenn beide selbstständig sind. Das gilt selbst dann, wenn der Kundenkreis identisch ist und die Tätigkeiten eng zusammenhängen. Das hat das Finanzgericht klar betont.

Eine „zweckwidrige Inanspruchnahme der Kleinunternehmerregelung“ besteht dem Urteil zufolge nur, „wenn Umsätze planmäßig aufgespalten und künstlich zwischen Unternehmen verlagert“ werden, um die Kleinunternehmergrenze einzuhalten.

 

Wann kann man die Kleinunternehmergrenze mehrfach nutzen?

Selbst wenn Selbstständige eng zusammenarbeiten oder gleichzeitig privat verbunden sind, dürfen sie die Kleinunternehmergrenze jeweils getrennt in Anspruch nehmen. Allerdings zeigt die Entscheidung, dass in diesem Fall bestimmte Gesichtspunkte den Kleinunternehmerstatus absichern:

  • Für die Trennung in verschiedene Unternehmen sollte es sachliche Gründe geben. Das Ausnutzen der Umsatzsteuerfreiheit ist kein Argument gegen die Aufspaltung. Das betont das Finanzgericht in seiner Urteilsbegründung. Aber außersteuerliche Argumente können untermauern, dass es dabei nicht nur um eine Steuergestaltung geht.

  • Buchführung und Abrechnung sollten klar getrennt werden, als Zeichen für zwei getrennte Unternehmen.

  • Der Außenauftritt sollte ebenfalls verdeutlichen, dass zwei verschiedene, wenn auch verbundene Unternehmen vorliegen. In diesem Punkt hatte das Ehepaar mangelhaft vorgesorgt. Zum Glück fiel in der Gesamtbetrachtung das gemeinsame Werbeschild am Gartentor nicht entscheidend ins Gewicht.

 

Ein Selbstständiger, mehrere Kleinunternehmen?

Einzelne Selbstständige können die Kleinunternehmerregelung nicht doppelt nutzen. Das gilt selbst dann, wenn sie mehrere getrennte Unternehmen haben (mehr: „Selbstständig mit zwei getrennten Unternehmen“). Die Kleinunternehmerregelung kann eine Einzelperson selbst bei mehreren getrennten Unternehmen nur insgesamt in Anspruch nehmen. Dafür muss der Gesamtumsatz dieser Unternehmen zusammengenommen unter der Umsatzgrenze liegen.

Dies beruht auf dem Wortlaut des § 19 UStG, der die Kleinunternehmerregelung enthält. Dort wird der Gesamtumsatz des Unternehmers als Voraussetzung genannt, nicht der Umsatz des einzelnen Unternehmens.

 

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