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Umsatzsteuer auf Gutscheine: Vorsicht, Falle

Geschrieben von orgaMAX Redaktionsteam | 10.12.25 09:30

Mit Gutscheinen kann man den Vertrieb und das Marketing ankurbeln und neue Kunden erreichen. Allerdings sorgt die Umsatzsteuer schnell für Unklarheiten. Die Finanzverwaltung besteht darauf, dass „Einzweck-Gutscheine“ und „Mehrzweck-Gutscheine“ unterschiedlich behandelt werden.


Umsatzsteuer auf Gutscheine – beim Ausstellen oder beim Einlösen?

Der Verkauf von Gutscheinen ist grundsätzlich umsatzsteuerpflichtig, soviel steht fest. Aber wird die Umsatzsteuer gleich beim Ausstellen fällig? Oder erst später, wenn der Gutschein eingelöst wird? Leider lautet die Antwort: Es kommt darauf an, denn das Steuerrecht unterscheidet zwei Gutscheinarten:

  • Ein Einzweck-Gutschein wird schon bei der Ausgabe umsatzsteuerpflichtig. Gemeint sind damit Gutscheine, bei denen die Höhe der Umsatzsteuer von vornherein klar ist. DafĂĽr muss die Ware oder Dienstleistung, die man fĂĽr den Gutschein erhält, so weit feststehen, dass damit auch der Umsatzsteuersatz klar ist. Wo der Ort der Leistung liegen wird, muss ebenfalls festgelegt sein.
    Ein einfaches Beispiel sind Gutscheine, die nur an Privatleute ausgestellt werden und für die man nur eine bestimmte Ware in einem bestimmten Geschäft erhält.
  • Mehrzweck-Gutscheine fĂĽhren erst dann zur Umsatzsteuerpflicht, wenn sie eingelöst werden. Das sind Gutscheine, bei denen zum Ausstellungszeitpunkt nicht klar ist, wie viel Umsatzsteuer auf die entsprechende Gegenleistung anfällt, weil sie fĂĽr unterschiedliche Dinge oder in unterschiedlichen Zusammenhängen genutzt werden können.
    Ein Mehrzweck-Gutschein liegt zum Beispiel vor, wenn man einen Restaurant-Gutschein im Jahr 2026 sowohl für Cocktails als auch für das Mittagsmenü einlösen kann. Dann sinkt der Umsatzsteuersatz auf Speisen auf 7 Prozent, Getränke aber bei 19 Prozent Umsatzsteuer bleiben.


Gutschein oder kein Gutschein?

Diese Umsatzsteuerregeln gelten nur, wenn der Gutschein …

  1. als Gegenleistung bzw. Bezahlung für eine bestimmte Sache oder Leistung akzeptiert werden muss und wenn …
  2. festgelegt wurde, wofür und wo er eingelöst werden kann.

Damit sollen Gutscheine von ähnlichen Werkzeugen abgegrenzt werden. Leider muss man dabei genau auf die Einzelheiten achten.

  • Reine Promotion- oder Rabattcodes, bei denen es nur um einen Preisnachlass geht, sind keine Gutscheine im Sinne der Umsatzsteuer.
  • Auch Guthabenkarten und digitale Guthaben-Codes sind keine Gutscheine. Das gilt ganz besonders, wenn sie wie ein allgemeines Zahlungsmittel fĂĽr ein unbestimmtes Sortiment an Waren oder Leistungen nutzbar sind oder wenn nicht verbrauchtes Guthaben zurĂĽckerstattet wird.
  • Kann man den Gutschein lediglich in Warenmuster oder Proben eintauschen, entsteht keine Umsatzsteuerpflicht.
  • Berechtigungen wie Eintrittskarten, Fahrscheine und ähnliches sind ebenfalls keine Gutscheine.


Die Abgrenzung kann kompliziert sein

Liegt aus Sicht der Umsatzsteuer ein Gutschein vor oder nicht? Leider ist diese Frage oft gar nicht so einfach.

So handelt es sich fürs Finanzamt um einen Einzweck-Gutschein, wenn man dafür eine bestimmte Ware erhält, aber dann noch die Hälfte des Preises bezahlen muss. Ein klassisches Beispiel wäre ein 2-für-1-Gutschein: Wer ein Menü bestellt, erhält ein zweites dazu, ohne Aufpreis. Dagegen liegt kein Gutschein vor, wenn man einen Rabattcode besitzt, mit dem alle Bestellungen um 50 Prozent billiger werden.

Aus Kundensicht hat beides im konkreten Fall denselben Effekt: zwei Menüs für den Preis von einem. Für die Umsatzsteuer und damit für das Unternehmen ergibt sich jedoch ein Unterschied. Mit dem Gutschein erwirbt man den Anspruch auf eine bestimmte Sache – die beiden Menüs. Der Rabattcode vermittelt nur den Anspruch auf einen Preisnachlass.


Einzweck-Gutscheine

Damit ein Einzweck-Gutschein vorliegt, müssen bereits bei der Ausgabe der Umsatzsteuersatz und der Ort der Leistung in Bezug auf das feststehen, was man für den Gutschein erhält. Entscheidend sind damit die Gutscheinbedingungen. Folgende Punkte müssen sich eindeutig daraus ergeben:

  • Bei welchem Unternehmen kann der Gutschein eingelöst werden?
    Wenn ein Gutschein bei einem von mehreren Unternehmen genutzt werden kann, liegt ein Mehrzweck-Gutschein vor. Schließlich können manche davon umsatzsteuerbefreit sein, zum Beispiel als Kleinunternehmer, andere dagegen umsatzsteuerpflichtig. Gutscheine, die in unterschiedlichen Unternehmen, in einem gesamten Franchise-Netzwerk oder in allen eigenständigen Filialen einer Kette eingelöst werden können, sind grundsätzlich Mehrzweck-Gutscheine.
  • WofĂĽr kann der Gutschein eingelöst werden?
    Die Finanzverwaltung verlangt, dass bei einem Einzweck-Gutschein zumindest „die Gattung des Leistungsgegenstands“ und damit der Umsatzsteuersatz (19 Prozent, sieben Prozent oder 0 Prozent) klar sind. Wenn Gutscheine für das gesamte Sortiment von Lebensmittel-Shops oder Restaurants genutzt werden können, handelt es sich um Mehrzweck-Gutscheine, denn dort gelten unterschiedliche Steuersätze.
  • Kann der Gutschein zu unterschiedlichen Leistungsorten fĂĽhren?
    Wenn der Gutschein-Code eines Online-Shops auch von Frankreich oder Österreich aus eingelöst werden darf, ist er kein Einzweck-Gutschein. Dann kann sich der Leistungsort verlagern, so dass keine deutsche Umsatzsteuer anfällt. Dieser Punkt ist besonders virulent, wenn der Gutschein auch von Unternehmen eingelöst werden kann, denn dann wird der Leistungsort für die Umsatzsteuer in vielen Fällen anders bestimmt als bei Verbraucherinnen und Verbrauchern.

Grundsätzlich gilt: Wenn die Bedingungen für einen Einzweck-Gutschein nicht vorliegen, handelt es sich um einen Mehrzweck-Gutschein. Allerdings hat der Bundesfinanzhof Gutscheine als Einzweck-Gutscheine eingeordnet, obwohl sie – unter Verstoß gegen die Nutzungsbedingungen – auch aus dem EU-Ausland einlösbar waren (BFH, 25.06.2025 - XI R 14/24).


Vorschriften fĂĽr den Gutschein selbst

Die Form des Gutscheins ist gleichgĂĽltig. Ob er digital, als Ziffernfolge, als QR-Code, auf Papier, als Plastikkarte oder in anderer Form vorliegt, spielt keine Rolle.

Entscheidend ist, dass die Gutscheinbedingungen klar geregelt sind und sich entweder aus dem Gutschein selbst ergeben oder darĂĽber auffindbar, klar fixiert und einsehbar sind, zum Beispiel durch Verlinkung oder andere Angaben.

Nach dem Willen der Finanzverwaltung soll auf dem Gutschein selbst oder in den Bedingungen vermerkt werden, ob ein Mehrzweck- oder ein Einzweck-Gutschein vorliegt. Die Angabe schafft ein StĂĽck Rechtssicherheit fĂĽr andere Unternehmen, die den Gutschein verkaufen. Sie dĂĽrfen sich darauf verlassen, solange die Angabe nicht offensichtlich falsch ist.


Wonach bemisst sich die Höhe der Umsatzsteuer auf Gutscheine?

Im Regelfall ist der Verkaufswert des Gutscheins ausschlaggebend für die darauf anfallende Umsatzsteuer. Entscheidend ist also, wie viel für den Gutschein bezahlt wird, nicht wie viel man dafür erhält. Berechtigt der Gutschein zu Waren im Wert von 100 Euro, wird aber für 70 Euro verkauft, dann sind die 70 Euro ausschlaggebend. Die Umsatzsteuer beträgt damit 11,18 Euro (bei regulärem Umsatzsteuersatz von 19 Prozent).

Allerdings gibt es Ausnahmen und Sonderfälle:

  • Wenn ein Gutschein vom ausgebenden Unternehmen kostenlos ausgegeben wird, zum Beispiel als unternehmerisch veranlasstes Geschenk fĂĽr treue Kundinnen und Kunden, gilt das als umsatzsteuerpflichtige „unentgeltliche Wertabgabe“. Deshalb muss Umsatzsteuer auf den Einkaufswert oder die Selbstkosten bezahlt werden.
  • Wird ein Mehrzweck-Gutschein beim ausstellenden Unternehmen eingelöst, der vorher von einem anderen Unternehmen zu einem unbekannten Preis verkauft wurde, ist der Gutscheinwert fĂĽr die Umsatzsteuer ausschlaggebend. Das kann der Fall sein, wenn der Mehrzweck-Gutschein beispielsweise ĂĽber einen Gutschein-Shop vertrieben wurde, dessen Endpreis dem einlösenden Unternehmen nicht mitgeteilt wird.


Verkauf von Einzweck-Gutscheinen durch ein anderes Unternehmen

Wenn ein Unternehmen Einzweck-Gutscheine eines anderen Unternehmens verkauft, wird zweimal Umsatzsteuer fällig. Angenommen, ein Shop für Geschenkegutscheine verkauft Gutscheine für eine bestimmte Kosmetikbehandlung in einem bestimmten Salon. Dann gilt folgendes:

  • Der Kosmetiksalon muss Umsatzsteuer abfĂĽhren, wenn er die Gutscheine an den Shop ĂĽberträgt. Ausschlaggebend ist der Preis, denn der Shop dafĂĽr bezahlt.
  • Der Geschenkegutschein-Shop muss seinerseits Umsatzsteuer auf die Gutscheine abfĂĽhren, sobald es diese an die Endkunden verkauft. Hier ist der Endverkaufspreis entscheidend.
  • Auch wenn der Gutschein-Shop selbst die Gutscheine ausstellt, muss er dem Kosmetiksalon jeden Verkauf mitteilen. Das Kosmetikstudio muss dann den Gutschein zum Verkaufszeitpunkt im Shop in seiner Umsatzsteuervoranmeldung berĂĽcksichtigen. Parallel dazu berechnet der Gutschein-Shop dem Käufer oder der Käuferin Umsatzsteuer auf den Verkauf des Gutscheins.
  • Wenn der Gutschein im Kosmetiksalon eingelöst wird, fällt keine Umsatzsteuer mehr an.

Anders ist die Situation, wenn der Shop die Gutscheine des Kosmetiksalons nicht in eigenem Namen verkauft, sondern nur gegen Provision und im Namen des Studios. Dann schuldet nur der Kosmetiksalon dem Finanzamt Umsatzsteuer auf den Gutschein. Es kommt also auf die genaue Vertragsgestaltung an.


Verkauf von Mehrzweck-Gutscheinen durch ein anderes Unternehmen

Sagen wir, der Gutschein-Shop aus unserem Beispiel verkauft Gutscheine, die in einem bestimmten Restaurant entweder für Getränke (19 Prozent Umsatzsteuer) oder für Speisen (7 Prozent Umsatzsteuer ab 2026) eingelöst werden können. Es handelt sich also um Mehrzweck-Gutscheine. Das Restaurant berechnet dem Gutschein-Shop dafür 100 Euro, der Shop verkauft sie für 120 Euro weiter.

Umsatzsteuer fällt deshalb erst an, wenn die Gutscheine im Restaurant genutzt werden und die Umsatzsteuer feststeht. Umsatzsteuerpflichtig in Bezug auf den Gutschein ist nur das Restaurant, und zwar in Höhe des Preises, den der Gutschein-Shop bezahlt hat.

Beim Gutschein-Shop wird der Verkauf des Mehrzweck-Gutscheins wie eine Vermittlungsleistung behandelt. Der Preisaufschlag von zwanzig Euro wird wie eine Vermittlungsprovision behandelt, auf die 19 Prozent Umsatzsteuer anfallen. Der Shop muss also aus den 20 Euro die fällige Umsatzsteuer in Höhe von 3,19 Euro herausrechnen.


Die rechtlichen Grundlagen

  • Geregelt ist der umsatzsteuerliche Umgang mit Gutscheinen im Umsatzsteuergesetz: § 3 Abs. 13 - 15 UStG.
  • Dort findet sich auch die Ausnahmeregelung fĂĽr die Besteuerung von Mehrzweck-Gutscheinen beim Verkauf ĂĽber ein anderes Unternehmen: § 10 Abs. 1 Satz 6 UStG
  • Sehr ausfĂĽhrlich, wenn auch nicht unbedingt eingängig formuliert sind die AusfĂĽhrungen der Finanzverwaltung im Umsatzsteuerhandbuch: UStAE 3.17
  • Grundlage der deutschen Rechtslage ist die EU-Gutscheinrichtlinie: (EU) 2016/1065


Gutscheine: ein schöner Vertriebsweg mit umsatzsteuerlichen Stolperfallen

Der Vertrieb der eigenen Waren- oder Dienstleistungen in Form von Gutscheinen bietet viele Chancen. Gerade im Weihnachtsgeschäft kann sich das als echter Umsatzturbo erweisen.

Selbstständig und Unternehmen sollten die Umsatzsteuer dabei aber gut im Blick haben. Die Klärung kann kompliziert sein. Im Zweifel kann man den Steuerberater oder die Steuerberaterin um Rat fragen. Das hilft, Nachforderungen aufgrund einer Umsatzsteuer-Nachschau oder einer anderen Art von Betriebsprüfung durchs Finanzamt zu vermeiden.

 

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