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Was ist ein Arbeitszimmer und was dürfen Selbstständige absetzen?

Geschrieben von orgaMAX Redaktionsteam | 06.10.21 13:15

Nicht erst seit Beginn der Corona-Krise arbeiten viele Selbstständige und Gewerbetreibende in der Privatwohnung oder im Eigenheim. Manche dauerhaft – andere vorwiegend abends oder am Wochenende.

Grund genug, das Finanzamt an den anteiligen Ausgaben für Miete oder Immobilienfinanzierung sowie den Einrichtungs- und Betriebskosten zu beteiligen.

Angesichts der Nähe zur Privatsphäre verwundert es nicht, dass die Anerkennung eines häuslichen Arbeitszimmers seit jeher ein Streitobjekt zwischen Finanzämtern und Steuerpflichtigen darstellt.

 

Grundsätzliches Abzugsverbot mit wichtigen Ausnahmen

Was viele Selbstständige nicht wissen: Aufwendungen für ein Homeoffice werden grundsätzlich nicht als Betriebsausgabe anerkannt. Denn laut § 4 Abs. 5 EStG gehören Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer zu den Betriebsausgaben, die „den Gewinn nicht mindern“ dürfen:

 

Lektüretipps:
  • Die Voraussetzungen für die Anerkennung eines Heimbüros hat das Bundesfinanzministerium zuletzt im Jahr 2017 im BMF-Schreiben zur „Einkommensteuerlichen Behandlung der Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer“ zusammengefasst. Auf den Internetseiten des Finanzministeriums ist das Dokument inzwischen nicht mehr zu finden. Dafür steht das amtliche Schreiben zum Beispiel auf der Website der IHK München zum Download bereit.
  • Bei erstmaliger Berücksichtigung eines häuslichen Arbeitszimmers verlangen manche Finanzämter das Ausfüllen eines 5-seitigen Fragebogens. Ein Muster des Formulars können Sie beim Finanzamt Brandenburg herunterladen.

 

Hier die wichtigsten Abzugsvoraussetzungen im Überblick:

 

1. Betriebliche Voraussetzungen für die steuerliche Anerkennung

Unter Nr. 6b lässt der Gewinnermittlungs-Paragraf § 4 Abs. 5 EStG drei Ausnahmen vom generellen Abzugsverbot zu:

  • Das Arbeitszimmer bildet „den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung“. Das gilt vor allem für Selbstständige, die ausschließlich oder zumindest überwiegend von zuhause aus arbeiten. In dem Fall erkennt der Fiskus die Aufwendungen für ein Arbeitszimmer in voller Höhe an.
  • Für die Tätigkeit steht „kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung“: Das betrifft Selbstständige und Gewerbetreibende, die zwar eine Werkstatt, eine Praxis, andere Geschäftsräume oder auch einen Arbeitsplatz bei Kunden haben – dort aber nicht alle erforderlichen Aufgaben erledigen können (z. B. Abrechnungs- und Buchführungs-Tätigkeiten). In solchen Fällen dürfen pro Jahr Arbeitszimmer-Aufwendungen bis zu 1.250 Euro als Betriebsausgabe geltend gemacht werden.
Wichtig:
  • Bei den Varianten 1 und 2 sind Sie verpflichtet, die Höhe Ihrer Arbeitszimmerkosten im Einzelnen nachzuweisen. Beim Höchstbetrag von 1.250 Euro handelt es sich also nicht etwa um eine Arbeitszimmer-Pauschale!
  • Die gute Nachricht: Sie dürfen den Höchstbetrag auch dann geltend machen, wenn Sie nur während eines Teils des Jahres im Homeoffice arbeiten.

 

  • Sollte keine der beiden Abzugsvoraussetzungen vorliegen (oder wenn Sie von sich aus auf die Anwendung der Varianten 1 und 2 verzichten), gilt für die Corona-Jahre 2020 und 2021 immerhin eine magere 5 Euro-Tagespauschale.

Für jeden Kalendertag, an dem Sie Ihre Tätigkeit ausschließlich im Homeoffice ausüben, können Sie 5 Euro als Betriebsausgabe absetzen. Die Pauschale dürfen Sie an maximal 120 Kalendertagen geltend machen. Die Gesamtausgabe beträgt damit höchstens 600 Euro pro Jahr.

 

Wichtig: Personenbezogener Höchstbetrag

Der Höchstbetrag von 1.250 Euro ist personenbezogen – und nicht etwa raumbezogen! Wird ein einzelnes häusliches Arbeitszimmer gemeinsam von Ehepartnern oder auch zusammen mit mehreren WG-Mitbewohnern genutzt, darf jede/r (!) Steuerpflichtige den Höchstbetrag ausschöpfen!

Praxistipp: Berechnungsgrundlage des persönlichen Kostenanteils ist dabei die prozentuale zeitliche Nutzung. Angenommen, ein Ehepaar nutzt ein gemeinsames häusliches Arbeitszimmer. Dessen Gesamtkosten betragen 3.600 Euro. Beiden Steuerpflichtigen steht kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung:

  • Der zeitliche Nutzungsanteil von Ehepartner A. liegt bei 75 %: Er oder sie darf 1.250 Euro geltend machen (Basis: 3.600 Euro x 75% = 2.700 Euro – allerdings begrenzt auf 1.250 Euro),
  • Der Nutzungsanteil von Ehepartner B. liegt bei 25 %: Er oder sie darf nur 900 Euro ansetzen (Basis: 3.600 Euro x 25 % = 900 Euro).

 


2. Räumliche Voraussetzungen: Definition des häuslichen Arbeitszimmers

Über die Jahre haben Gesetzgeber, Finanzbehörden und Gerichte die Definition des häuslichen Arbeitszimmers immer weiter ausdifferenziert. Kriterien sind dabei vor allem die Lage, die Funktion und Art der Nutzung sowie deren Umfang im Verhältnis zu einer möglichen privaten Mitnutzung.

 

Lage, Funktion und Nutzungsumfang

Ein häusliches Arbeitszimmer ist demnach kurz gesagt ein Raum, der zur Privatwohnung gehört und nahezu ausschließlich betrieblich oder beruflich genutzt wird.

 

Einbindung in die häusliche Sphäre

Als „in die häusliche Sphäre des Steuerpflichtigen eingebunden“ gilt ein Raum, der ...

  • ... Teil einer Privatwohnung oder eines selbst genutzten Eigenheims des Steuerpflichtigen ist. Dazu zählen grundsätzlich auch Zubehörräume wie Keller und Dachböden, soweit sie zu einer „gemeinsamen Wohneinheit“ gehören.
  • ... „vom übrigen Wohnbereich“ abgetrennt ist.
    Wichtig: Ein häusliches Arbeitszimmer kann durchaus aus mehreren Räumen bestehen, sofern sie vom übrigen Wohnbereich abgetrennt sind.
  • Wird in einem ansonsten privat genutzten Raum dagegen lediglich eine „Arbeitsecke“ abgeteilt, handelt es sich nicht um ein häusliches Arbeitszimmer. Das gilt auch für Küchen- und Wohnzimmertische oder Schlafzimmer-Nischen.
Bitte beachten Sie: Zusätzlich angemietete Räume in unmittelbarer Nähe einer Privatwohnung oder eines Eigenheims gelten nicht als häusliches Arbeitszimmer. Das muss jedoch kein Nachteil sein. Im Gegenteil: Denn die Ausgaben für ein solches „außerhäusliches Arbeitszimmer“ dürfen Sie grundsätzlich in voller Höhe als Betriebsausgabe berücksichtigen!

 

Funktion und Art der Nutzung

Ein häusliches Arbeitszimmer dient vorwiegend dazu, ...

  • gedankliche,
  • schriftliche,
  • verwaltungstechnische oder
  • organisatorische
... Arbeiten zu erledigen. Nicht jedes Arbeitszimmer muss jedoch unbedingt ein Büro sein: Es darf auch für künstlerische, schriftstellerische und andere geistige Tätigkeiten (aus betrieblichem und / oder beruflichem Anlass) genutzt werden.


Umfang der Nutzung

Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer erkennt das Finanzamt obendrein nur dann an, wenn der betreffende Raum „ausschließlich oder nahezu ausschließlich zu betrieblichen und/oder beruflichen Zwecken genutzt wird“.

Eine „nahezu ausschließliche“ geschäftliche Nutzung liegt demnach vor, sofern ...
  • die private Mitbenutzung weniger als 10 Prozent beträgt,
  • die Art der Einrichtung und Ausstattung typisch für eine büromäßige Nutzung ist und
  • keinen Hinweis auf eine gemischte Nutzung erkennen lässt.

Eine anteilige Aufschlüsselung der Raumkosten in einen beruflichen und privaten Anteil ist generell nicht zulässig!

Beispiele: Arbeitszimmer oder Betriebsstätte?

Viele Steuerpflichtige bemühen sich intensiv um die steuerliche Anerkennung eines häuslichen Arbeitszimmers. Dabei ist die Einstufung als häusliche Betriebsstätte oftmals viel attraktiver, weil bei Betriebsstätten nicht die engen Arbeitszimmer-Vorschriften gelten:

Um ein häusliches Arbeitszimmer handelt es sich zum Beispiel in den folgenden Fällen:

  • heimische Büros selbstständiger Journalisten, Übersetzer oder Handelsvertreter,
  • häusliche Musikzimmer freiberuflicher Musiker, die zu Übungs- und Unterrichtszwecken verwendet werden
  • als „Telearbeitsplatz“ genutzte Büroräume anderer Selbstständiger oder auch
  • betrieblich als Büro und zugleich als Warenlager genutzte Räume.

 

Auch eine zusätzlich angemietete Zweitwohnung in einem Mehrfamilienhaus, die an die Privatwohnung unmittelbar angrenzt oder ihr gegenüberliegt, wird als häusliches Arbeitszimmer behandelt.

Nicht um häusliche Arbeitszimmer, sondern um „häusliche Betriebsstätten“ handelt es sich dagegen üblicherweise bei ...

  • Praxisräumen von Freiberuflern (z. B. von Ärzten, Steuerberatern oder Rechtsanwälten), die sich im selben Gebäude wie deren Privatwohnung befinden – sofern die Räume für den Publikumsverkehr eingerichtet und geöffnet sind,
  • Werkstätten, Büros, Verkaufs- und Aufenthaltsräumen von Handwerkern, die sich neben der Privatwohnung des Inhabers befinden,
  • Kellerräume, die nicht als Arbeitsraum, sondern zum Beispiel als Lager für Waren und Werbematerialien genutzt werden.
Bitte beachten Sie: Nutzen Sie einen Kellerraum hingegen als Dokumentenarchiv, betrachten die Finanzbehörden den Raum als Anhängsel eines häuslichen Arbeitszimmers. Aufwendungen für ein solches separates Archiv werden nur dann als Betriebsausgabe berücksichtigt, wenn das dazugehörige häusliche Arbeitszimmer steuerlich anerkannt ist.

 

3. Welche Raum- und Ausstattungskosten werden anerkannt?

Sofern die Voraussetzungen für eines häusliches Arbeitszimmers vorliegen, dürfen Sie die folgenden Raumkosten anteilig als Betriebsausgaben geltend machen:
  • Miete von Mietwohnungen,
  • Gebäude-Abschreibungen und Sonderabschreibungen von selbst genutztem Wohneigentum,
  • Kredit-Finanzierungszinsen für Anschaffung, Herstellung oder Reparatur von Wohneigentum,
  • Grundsteuer und Gebäudeversicherungen,
  • Energie-, Wasser- sowie sonstige Versorgungskosten,
  • Müll- und Schornsteinfegergebühren sowie andere Betriebskosten (z. B. Winterdienst),
  • anteilige Reinigungs- und Renovierungskosten der gesamten Wohneinheit sowie
  • Reinigungs- und Renovierungskosten des Arbeitszimmers in voller Höhe.
Nicht vergessen: Zu den Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer gehören auch die Ausgaben für die Ausstattung des Zimmers (z. B. Tapeten, Teppiche, Fenstervorhänge, Gardinen und Lampen)

Bitte beachten Sie: Anteilige Aufwendungen für Privaträume (wie Küche, Flure und/oder Bäder) berücksichtigt das Finanzamt auch dann nicht als Betriebsausgaben, wenn ein häusliches Arbeitszimmer vorhanden ist!

 

4. Berechnungsverfahren

Die Aufteilung der Gesamtaufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer erfolgt auf Grundlage des Arbeitszimmer-Flächenanteils an der Gesamt-Wohnfläche. Zur gesamten Wohnfläche gehören neben dem eigentlichen Arbeitszimmer ...

  • sämtliche Wohn- und Schlafräume,
  • Küchen und Esszimmer,
  • Flure und Dielen,
  • Badezimmer und Toilettenräume,
  • Abstellkammern und andere Nebenräume sowie
  • alle anderen rundum geschlossenen Räume (z. B. Fitnessräume und Wintergärten)

 

Nicht zur Wohnfläche zählen hingegen „Zubehörräume“ wie ...

  • Dachböden,
  • Waschküchen,
  • Fahrradkeller und sonstige Kellerräume.

 

Rechenbeispiel: Angenommen, die gesamte Wohnfläche beträgt 75qm und das Arbeitszimmer ist 15qm groß. Die Raum- und Ausstattungskosten der Wohnung belaufen sich insgesamt auf 11.500 Euro pro Jahr.

Dann kann der oder die Steuerpflichtige 15/75 x 11.500 = 2.300 Euro als Arbeitszimmer-Betriebsausgabe geltend machen. Bildet das Arbeitszimmer nicht den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen oder beruflichen Tätigkeit, ist die Betriebsausgabe auf 1.250 Euro begrenzt.

 

5. Rettungsanker: Arbeitsmittel nicht vergessen!

Wichtig: Schränke, Regale, Tische, Stühle und andere Möbel gehören nicht zu den Raum- und Ausstattungskosten. Mobiliar, sowie technisches und sonstiges Inventar wie ...
  • Desktop-Rechner,
  • Laptops und Notebooks,
  • Smartphones und Tablets,
  • Drucker und Scanner,
  • Festnetztelefone etc.

... gelten als „Arbeitsmittel“. Ausgaben für betrieblich notwendige Arbeitsmittel dürfen Sie selbst dann steuerlich geltend machen, wenn das Finanzamt Ihnen kein häusliches Arbeitszimmer zugesteht!

Bitte beachten Sie: Die Details der steuerlichen Anerkennung eines heimischen Arbeitszimmers oder einer häuslichen Betriebsstätte besprechen Sie am besten mit Ihrem Steuerberater. Sie können aber auch direkt beim Finanzamt nachfragen oder sich an Ihren Berufs- oder Branchenverband wenden.

 

 

Lektüretipps

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