Der Unternehmerlohn ist die Vergütung für die aktive Tätigkeit des Unternehmers im eigenen Unternehmen. Spätestens seit Auszahlung der ersten Corona-Hilfszahlungen ist der Öffentlichkeit bewusst geworden, dass der Unternehmerlohn (anders als die Gehälter von Mitarbeitern) nicht zu den Betriebsausgaben gehört.
Denn Einzelunternehmer, Freiberufler und andere Selbstständige dürfen sich kein Gehalt auszahlen. Anders als etwa die angestellten Geschäftsführer von Kapitalgesellschaften bestreiten sie ihren privaten Lebensunterhalt stattdessen aus ihren Ersparnissen oder aus Privatentnahmen.
Private Entnahmen vom Geschäftskonto (oder aus der Kasse) wirken sich nicht auf den steuerpflichtigen Gewinn aus. Vielmehr handelt es sich um eine Art Vorschuss auf den zu erwartenden Gewinn des laufenden Jahres.
Vorsicht: Finanzamt verdient mit!
Nur: Wie hoch sollte Ihr Unternehmerlohn sein, damit Sie nicht versehentlich über Ihre Verhältnisse leben? Oder womöglich Geld ausgeben, das nicht Ihnen, sondern dem Finanzamt gehört?
Schließlich sammelt sich nach Abzug der Betriebsausgaben auf Ihren Betriebskonten ja nicht nur der verbleibende Gewinn an. Im Überschuss enthalten sind auch die noch nicht abgeführten Steuern, soweit sie die geleisteten Vorauszahlungen übersteigen. Denken Sie nur an die ...
- Umsatzsteuer,
- Gewerbesteuer und vor allem
- Ihre persönliche Einkommensteuer.
Grund genug, die Höhe des erforderlichen und / oder gewünschten Unternehmerlohns zu kennen, in die eigenen Preise einzukalkulieren und nach Möglichkeit dann auch zu erwirtschaften.
Bitte beachten Sie: Wie hoch Sie Ihren Unternehmerlohn ansetzen, bleibt Ihnen überlassen. Einen branchenübergreifenden Kalkulationsansatz gibt es nicht. Im 20. Jahrhundert wurde vielfach die sogenannte Seifenformel verwendet. Lebensnähere Ansätze aus Sicht von Solo-Selbstständigen und Einzelunternehmern sind ...
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Ausgangspunkt I: Persönlicher Bedarf
Hand aufs Herz: Wissen Sie, wofür Sie im Privatleben Ihr Geld ausgeben – und wie viel das in etwa ist? Genauer: Wie hoch Ihre durchschnittlichen privaten Ausgaben im vergangenen Jahr waren?
Wenn nicht, lohnt sich ein Blick auf die Kontoauszüge des letzten Jahres. Ins Gewicht fallen insbesondere die folgenden Ausgaben-Kategorien:
- Miete und Nebenkosten oder Zinsen, Tilgung und Instandhaltung von Wohneigentum,
- Strom, Gas, Wasser,
- Sozialversicherungs-Beiträge und andere Versicherungen,
- Sparrate für Rücklagen (z. B. für Reparaturen, Neuanschaffungen, Vermögensbildung, private Altersvorsorge),
- Lebensmittel und Haushaltsbedarf,
- Aufwendungen für Kinder,
- private Mobilitätskosten (Auto, ÖPNV etc.),
- Kleidung, Mobiliar, Unterhaltungselektronik und andere Hardware,
- Ausgaben für Kommunikation,
- Urlaubs- und Freizeit-Aufwendungen,
- Vereins- und andere Mitgliedsbeiträge etc.
Bitte beachten Sie: Falls das Corona-Jahr 2020 in Ihrem Fall nicht repräsentativ war, können Sie auch die Aufwendungen des Jahres 2019 zugrunde legen. |
Alternative: Haushaltsbuch
Aufwendiger und langfristiger, dafür aber genauer und aufschlussreicher ist das Führen eines „Haushaltsbuches“ – am besten über ein ganzes Jahr. Denn viele Ausgabenarten fallen nur einmal im Jahr an. Darunter manch große Brocken wie Versicherungsprämien oder Rechnungen von Versorgungsunternehmen.
Wichtig: Ein modernes Haushaltsbuch muss nicht auf Papier von Hand geführt werden. Auch Excel, Calc & Co. sind out. In Zeiten allgegenwärtiger Smartphones helfen Apps wie ...
- „Money Manager“,
- „Monefy“,
- „Finanzblick“ oder auch
- „Finanzguru“
... für Durchblick bei den privaten Ausgaben. Einige dieser Apps ermöglichen das Anbinden von Giro-, Kreditkarten- oder auch Paypal-Konten. Auf diese Weise lassen sich bargeldlose Zahlungen ganz bequem ohne manuellen Erfassungsaufwand einlesen.
Lektüretipp: Aktuelle Informationen rund um das Führen eines Haushaltsbuchs finden Sie auf der Website der Stiftung Warentest: „So klappt die private Buchhaltung“. |
Angenommen, Sie ermitteln auf diesem Weg einen durchschnittlichen jährlichen Fixkosten-Block von insgesamt 42.000 Euro. Um den zu decken, müssten Sie pro Monat im Schnitt 3.500 Euro entnehmen.
Weil es sich dabei jedoch um noch unversteuerte Nettobeträge handelt, ist obendrein Ihre private Einkommensteuer-Belastung zu berücksichtigen:
Steuern nicht vergessen!
Wenn Sie Ihren Mindest-(!)Unternehmerlohn auf Basis Ihres privaten Einkommensbedarfs berücksichtigen, dürfen Sie die private Einkommensteuer auf Ihren Gewinn nicht aus den Augen verlieren.
Wie hoch die steuerliche Belastung ist, lässt sich nicht pauschal beantworten. Sie hängt unter anderem ab von ...
- der Höhe des zu versteuernden Einkommens,
- Familienstand,
- Anzahl der Kinder sowie
- weiteren persönlichen Verhältnissen.
Anhaltspunkt: Um ein Wunsch-Nettoeinkommen von zum Beispiel 42.000 Euro (s. o.) zu erzielen, muss ein ...
- Verheirateter rund 50.000 Euro
- Single rund 60.000 Euro
... Gewinn erzielen.
Praxistipp: Der Einkommensteuer-Rechner des Bundesfinanzministeriums bietet die Möglichkeit, zumindest die Größenordnung der eigenen Steuerbelastung zu überschlagen. Dort können Sie sich, ausgehend vom geschätzten steuerpflichtigen Gewinn (plus anderen Einkunftsarten), Schritt für Schritt an Ihr Netto-Zieleinkommen annähern. |
Wie hoch Ihr persönlicher Steuersatz ist, können Sie aber auch aus Ihrem letzten Steuerbescheid ablesen (zum Beispiel den für 2019). Jedenfalls dann, wenn Ihre privaten Einkünfte und Aufwendungen im Großen und Ganzen unverändert geblieben sind. Ihren Durschnittsteuersatz ermitteln Sie, indem Sie ...
- die in 2019 bezahlte Einkommensteuer und den Solidaritätszuschlag addieren,
- die so ermittelte Steuerbelastung durch das gesamte „zu versteuernde Einkommen“ teilen und
- das Ergebnis mit 100 multiplizieren.
Angenommen, das steuerpflichtige Gesamteinkommen lag bei 65.000 Euro und Sie haben 18.000 Euro Steuern bezahlt. Dann lag Ihr Durchschnittsteuersatz unter Berücksichtigung aller Abzugsmöglichkeiten bei rund 28 %.
Ausgangspunkt II: Angemessenes Angestellten-Gehalt
Ein realistischer Unternehmerlohn lässt sich auch ausgehend von dem Gehalt ermitteln, das Sie als Angestellter für eine vergleichbare Tätigkeit erhalten würden. Diese Kalkulations-Abkürzung bietet sich vor allem dann an, wenn Sie sich in Ihrem zuvor als Angestellter ausgeübten Beruf selbstständig gemacht haben.
Doch vorsichtig:
Mit der 1:1-Übernahme Ihres bisherigen Bruttogehaltes ist es nicht getan. Es sind einige Korrekturen (= Zuschläge) erforderlich. Das ist aus gleich mehreren Gründen wichtig:
- Als Selbstständige(r) müssen Sie sämtliche Sozialversicherungsbeiträge vollständig aus der eigenen Tasche zahlen (dazu zählen insbesondere die Ausgaben für Kranken-, Pflege-, Renten-, Arbeitslosen- und Unfallversicherung).
Diese Aufwendungen sollten Sie auch dann berücksichtigen, wenn Sie bestimmte Versicherungen anfangs gar nicht abschließen (z. B. die Renten-, Arbeitslosen- oder Unfallversicherung). Oder wenn Sie durch niedrigere Prämien privater Versicherungen auf den ersten Blick günstiger gestellt sind (z. B. in der privaten Krankenversicherung). - In Ihrem eigenen Unternehmen erledigen Sie nicht nur die fachlichen Aufgaben eines angestellten Mitarbeiters. Sie kümmern sich um die Planung, Organisation, Marketing und das Rechnungswesen – oft nach Feierabend und am Wochenende. So wird aus der 35- bis 40-Stundenwoche eines Arbeitnehmers bei vielen Unternehmern eine 50- bis 60-Stundenwoche. Das mag ungesund und nicht erstrebenswert sein. Ist aber oft Realität. So lange Sie es nicht schaffen, die Arbeitsbelastung besser zu verteilen, sollten Sie Ihre „Überstunden“ wenigstens in Ihren Unternehmerlohn einkalkulieren.
- Das Gleiche gilt für den Verzicht auf Krankheits- und Urlaubstage, Weiterbildung während der Arbeitszeit und andere (völlig legitime!) Ansprüche von Angestellten. Ganz gleich, ob freiwillig oder unfreiwillig: Wenn Sie mehr und länger arbeiten, sollte sich das im kalkulatorischen Unternehmerlohn – und damit letztlich auch in Ihren Preisen niederschlagen!
- Nur der Vollständigkeit halber: Keineswegs außen vor lassen sollten Sie auch das im eigenen Unternehmen gebundene Eigenkapital (zum Beispiel in Form von Gebäuden, Maschinen, Anlagen und Fahrzeugen). Dessen Verzinsung gehört zwar im engeren Sinn nicht zum Unternehmerlohn. Hinzu kommt, dass die Zinsen kurzfristiger Kapitalanlagen in der aktuellen Niedrigzinsphase kaum der Rede wert sind.
Trotzdem: Würden Sie Ihre Ersparnisse statt in Ihr eigenes Unternehmen zum Beispiel langfristig in ETFs oder andere Anlageformen investieren, wären (über einen längeren Zeitraum gesehen) auch heute noch durchschnittliche Jahres-Renditen von fünf bis acht Prozent realistisch. Zumindest eine symbolische Verzinsung Ihres Eigenkapitals (von z. B. 1 bis 2 % p.a.) sollten Sie daher berücksichtigen.
Nicht in den Unternehmerlohn einrechnen müssen Sie hingegen die Kosten Ihres Arbeitsplatzes und andere Annehmlichkeiten, die ein Arbeitgeber seinen Arbeitnehmern zur Verfügung stellt. Diese Aufwendungen finden ja in Form steuermindernder Betriebsausgaben Eingang in Ihre Kalkulation.
Und hier der (grobe) Rechenweg:
Jahres-Bruttogehalt eines vergleichbaren Angestellten: |
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50.000 Euro |
+ Zusatz-Aufwand |
+ 20 % |
10.000 Euro |
+ Verzicht auf Urlaubstage |
+ 4,5 % |
2.250 Euro |
Zwischensumme |
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62.500 Euro |
+ fiktiver Arbeitgeberanteil an allen Sozial-versicherungsbeiträgen |
+ 25 % |
15.625 Euro |
Zwischensumme: |
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78.125 Euro |
+ Verzinsung des eingesetzten Eigenkapitals (z. B. 2 % auf 30.000 Euro) |
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600 Euro |
Gesamter Brutto-Unternehmerlohn (= vor Steuern) |
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78.725 Euro |
Bitte beachten Sie: Die Einkommensteuer müssen Sie in diesem Fall (unter ansonsten gleichen Verhältnissen) nicht zusätzlich berücksichtigen. Denn Ausgangspunkt war hier ja bereits das Jahres-Bruttogehalt eines vergleichbaren Angestellten. |
Ausblick: Unternehmerlohn, Preiskalkulation & Steuerschätzung
Im orgaMAX-Blog erfahren Sie bei nächster Gelegenheit, wie Sie ...
- den kalkulierten Unternehmerlohn auf Ihre Preise umlegen (und zum Beispiel realistische Honorar-Stundensätze ermitteln) oder auch wie Sie
- durch eine angemessene Steuerrücklage den nächsten Steuerbescheiden ganz entspannt entgegensehen:
Bleiben Sie dran – es lohnt sich!
Lektüretipps:Weiterführende Informationen zum Thema Finanzen, Zahlungsfähigkeit und Forderungsmanagement finden Sie im orgaMAX-Blog und im Newsletter-Archiv:
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