Früher oder später stellen sich Selbstständige und Gewerbetreibende die Frage: Brauche ich eigentlich „Allgemeine Geschäftsbedingungen“? Die Antwort lautet wie so oft: Es kommt darauf an.
Vorweg: Gesetzlich vorgeschrieben sind AGB jedenfalls nicht! Niemand verlangt von Unternehmern, sich „für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierte Vertragsbedingungen“ zuzulegen. So lautet nämlich die Definition von „Allgemeinen Geschäftsbedingungen“ (AGB), die in den Paragrafen 305 bis 310 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) geregelt sind.
Typische Inhalte von AGB sind beispielsweise Angaben zu ...
- Zahlungsweise,
- Lieferfristen,
- Haftungsfragen,
- Porto- und Verpackungskosten oder auch
- Gerichtsstand (für den Fall, dass es einmal zu gravierenden Streitigkeiten kommt).
Werden diese und andere Durchführungsdetails eines Geschäfts im Einzelfall ausdrücklich zwischen den Vertragspartnern ausgehandelt, sind vorformulierte Vertragsbedingungen überflüssig. Nicht immer ist dafür jedoch Zeit und Raum. In diesen Fällen haben AGB den Zweck, den Prozess des Vertragsabschlusses durch fertige Standardklauseln zu vereinfachen und beschleunigen.
Gesetzliche Regelungen über „formularmäßige“ Geschäftsbedingungen wurden erst vor rund 40 Jahren im damals neuen AGB-Gesetz festgeschrieben. Immer mehr „findige“ Unternehmer hatten damals versucht, sich mithilfe hinterhältiger Standardklauseln Vorteile zu verschaffen.
Geschichte des „Kleingedruckten“
Hintergrund: Wird eine bestimmte Vertragsklausel nicht ausdrücklich ausgehandelt, dann gelten normalerweise die Standardbestimmungen des BGB. Gelingt es nun einem der Beteiligten, seine eigenen Geschäftsbedingungen zum versteckten Vertragsgegenstand zu machen, ohne dass die Gegenseite darüber stolpert, ist er fein raus.
Genau deshalb wurden und werden AGB mit Vorliebe auf den Rückseiten von Bestell- und Lieferscheinen oder Rechnungen aufgedruckt. Weil es ja so viel zu regeln gibt und der Platz nun einmal begrenzt ist, mussten die Vertragsbedingungen oft in sehr geringer Schriftgröße gesetzt werden. Ergebnis war das berüchtigte „Kleingedruckte“.
Hinterhältige Geschäftspraktiken riefen die Gerichte auf den Plan. Auf Betreiber von Verbraucherschützern entwickelten Richter im Laufe der Zeit Prüfkriterien ...
- ob bestimmte AGB-Bestimmungen zulässig sind – und vor allem:
- unter welchen Voraussetzungen einzelne oder alle AGB unabhängig von ihrem Inhalt überhaupt zum Vertragsbestandteil werden.
Das Richterrecht floss schließlich mit in die Gesetzgebung ein.
Voraussetzungen für die wirksame Einbeziehung
Seit die AGB-Vorschriften im Zuge der Schuldrechtsreform ins BGB übernommen worden sind, gelten für Geschäfte zwischen Kaufleuten und Verbrauchern die folgenden Voraussetzungen:
- Ein AGB-„Verwender“ muss Geschäftspartner auf seine Geschäftsbedingungen ausdrücklich hinweisen. Auf Form und den Umfang der AGB kommt es dabei nicht an: Ganz gleich, wie groß oder klein sie gedruckt werden, ob sie Bestandteil des eigentlichen Vertragstextes sind, auf die Rückseite gedruckt oder separat ausgehändigt werden: Sofern Vertragsklauseln standardmäßig vorformuliert und nicht im Einzelfall gesondert ausgehandelt werden, handelt es sich per Definition um AGB. Ob sie so bezeichnet werden oder nicht, ist ebenfalls unerheblich.
- Ist ein ausdrücklicher Hinweis im Einzelfall unverhältnismäßig aufwendig oder unpassend (etwa beim Verkauf einer Autowäsche an der Kasse einer Tankstelle), muss ein deutlich sichtbarer Aushang am Ort des Vertragsschlusses darauf hinweisen. Der muss auch für Menschen mit Behinderung lesbar sein.
- Vertragspartner müssen mit den (verständlich formulierten!) AGB einverstanden sein.
Wird im Einzelfall etwas anderes vereinbart als in den AGB steht, gilt laut § 305b BGB im Zweifel die „individuelle Vertragsabrede“.
Bitte beachten Sie: Selbst, wenn Allgemeine Geschäftsbedingungen nicht in den eigentlichen Vertrag einbezogen wurden oder sich einzelne Klauseln als unwirksam erweisen – das zugrundeliegende Geschäft bleibt grundsätzlich gültig und wirksam! An die Stelle des Kleingedruckten treten dann die Bestimmungen des Bürgerlichen Gesetzbuches. |
AGB zwischen Unternehmern
Bei Geschäften zwischen „Unternehmern“ (also Gewerbetreibenden, Freiberuflern und anderen Selbstständigen) greifen AGB schneller: Hier ist im Einzelfall ein ausdrücklicher Hinweis entbehrlich.
Bitte beachten Sie: Als „Unternehmer“ gilt laut § 14 BGB jede natürliche oder juristische Person, „die bei Abschluss eines Rechtsgeschäfts in Ausübung ihrer gewerblichen oder selbständigen beruflichen Tätigkeit handelt.“ |
Bei Geschäften zwischen Unternehmern genügt in aller Regel ein einfacher schriftlicher Verweis auf die AGB – zum Beispiel durch Aufdruck auf die Geschäftspapiere. Falls der Platz auf der ersten Seite nicht reicht, dürfen vorformulierte Geschäftsbedingungen selbstverständlich auch auf Rückseiten von Geschäftspapieren gedruckt werden.
In dem Fall empfiehlt sich auf der ersten Seite der Zusatz: „Es gelten unsere umseitig abgedruckten Allgemeinen Geschäftsbedingungen.“ Doch selbst wenn der fehlt, wird von Selbstständigen erwartet, dass sie mit der Existenz von AGB rechnen und das Vertragswerk daraufhin überprüfen.
In dem nicht seltenen Fall, dass beide Unternehmer beim Vertragsschluss auf ihre AGB verwiesen haben, sich die jedoch widersprechen (z. B. abweichende Zahlungsmodalitäten oder Gerichtsstände), bleibt der Vertrag an sich ebenfalls bestehen. Und zwar so, als ob die entsprechenden Klauseln oder die gesamten AGB gar nicht geschrieben worden wären.
AGB-Inhalte
Vorschriften darüber, was im Einzelnen durch AGB geregelt werden darf oder was bei Verwendung von Standardklauseln unbedingt festgelegt werden muss, gibt es nicht. Ganz gleich, ob es sich um Geschäfte mit Unternehmern (B2B) oder mit Verbrauchern (B2C) handelt, gilt jedoch: Sind vorformulierte Vertragsbedingungen uneindeutig oder missverständlich, geht das zu Lasten des Verwenders.
„Böse Überraschungen“ dürfen in den AGB ebenfalls nicht versteckt sein: Ein Webdesigner etwa, der seinen Kunden eine fertige Homepage verkauft, im Kleingedruckten aber darauf hinweist, dass das Nutzungsrecht nach drei Monaten erlischt und nur durch Zahlung eines Zusatzhonorars verlängert werden kann, kommt damit im Streitfall vor Gericht nicht durch.
Unwirksame AGB-Klauseln
Andere wichtige Beispiele für unwirksame AGB-Klauseln sind ...
- die Verkürzung gesetzlicher Garantiefristen,
- der Ausschluss von Haftung für Mängel oder auch
- Vertragsstrafen.
Viele weitere Klauselverbote finden sich in den § 308 und § 309 BGB. Darüber hinaus sind grundsätzlich alle Bestimmungen unwirksam, die den Vertragspartner des Verwenders „entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen.“
Wenn Sie also selbst mit dem Gedanken spielen, ein für alle Mal Ihre Vertrags-Spielregeln festzulegen, sollten Sie erst gar nicht versuchen, Ihre Geschäftspartner damit über den Tisch zu ziehen. So sinnvoll die Vorgabe vorteilhafter und unmissverständlicher Konditionen ist: Für Hinterhalte ist in AGB kein Platz!
Vorwiegend für Laufkundschaft
Besonders sinnvoll sind AGB immer dann, wenn Sie ...
- regelmäßig Verträge unter mehr oder weniger gleich bleibenden Bedingungen abschließen,
- bei denen keine Zeit für große Diskussionen ist.
Das ist zum Beispiel bei einem Online-Händler der Fall, der seine Produkte in einem Webshop oder auf einer Auktions-Plattform anbietet. Durch einen Verweis auf mitgeschickte AGB wissen Besteller, woran sie sind. Ein Berater kann demgegenüber die einzelnen Konditionen größerer Projekte problemlos Punkt für Punkt mit seinen Kunden durchgehen.
Von der individuellen Checkliste zu allgemeinen AGB
Wichtig: Wer bei Vertragsverhandlungen eine Checkliste verwendet, kann dessen Kernbestimmungen selbstverständlich zusätzlich in Form von AGB zusammenfassen. So kann sich ein Interessent bereits in der Angebotsphase problemlos ein Bild davon verschaffen, unter welchen Bedingungen Sie Ihre Geschäfte abwickeln.
Sinnvoll sind dabei – neben den eingangs genannten klassischen AGB-Klauseln – beispielsweise Informationen über ...
- Bindungsfristen von Angeboten,
- Abrechnungsmodalitäten (Einzel-, Zeit- oder Pauschalhonorare),
- Zahlungsmodalitäten (Abschlagszahlungen nach Leistungsfortschritt oder nach festem Zahlungsplan),
- Erstattung von Auslagen,
- Mitwirkungspflichten des Kunden,
- Kündigungsmodalitäten,
- Hinweispflicht auf Urheberrechte,
- Einräumung von Nutzungs- und / oder Bearbeitungsrechten,
- Gewährleistungs- und Haftungsansprüche,
- Eigentumsvorbehalte,
- Zahlungsziele oder auch
- Verzugszinsen.
Der Einbau einer expliziten „salvatorischen Klausel“ („Sollte eine Bestimmung dieses Vertrages unwirksam sein, bleiben die übrigen Bestimmungen davon unberührt.“) in AGB ist nicht erforderlich: Der Bestandsschutz für die übrigen Vertragsinhalte ist durch § 306 BGB ohnehin gewährleistet.
AGB als Hemmschuh
Je nachdem, mit welchem Kundentyp Sie es zu tun haben, können sich allzu ausgefeilte AGB auch zu einem Bumerang entwickeln. Besonders ausgeklügelte Konditionen mögen auf Kunden in Großunternehmen einen professionellen Eindruck machen. Mit ihrer Marktmacht und Erfahrung finden sie umgekehrt aber in aller Regel Mittel und Wege, auf ihre eigenen Geschäftsbedingungen zu verweisen und Ihre Klauseln damit zumindest zu neutralisieren.
Richten Sie sich hingegen an Privatleute und kleine Selbstständige, wirken besonders kleinliche AGB vielfach nicht gerade als „vertrauensbildende Maßnahme“. Wägen Sie also gut ab zwischen Vollständigkeit und Vollkasko-Bedürfnis bei der Vertragsanbahnung und Kundenfreundlichkeit.
Sorgen Sie im Zweifel dafür, dass Ihre Essentials klipp und klar auf Ihr vorherrschendes Geschäftsmodell hin zugeschnitten sind und vertrauen Sie im Übrigen auf das BGB. Dessen Kernvorschriften dürfen Sie durch Ihre Standardklauseln ja ohnehin nicht außer Kraft setzen.
Vorsicht beim „Abkupfern“
Die unkritische Übernahme fremder AGB ist in der Praxis weit verbreitet. Zu empfehlen ist das auf keinen Fall: Sie laufen Gefahr, versehentlich unpassende oder gar für Sie selbst ungünstige Konditionen festzuschreiben. Ganz abgesehen davon verletzten Sie durch die unautorisierte Übernahme von AGB-Formulierungen die Nutzungs- und Verwertungsrechte des Urhebers.
Daher gilt: Wenn Sie ins Geschäftsleben einsteigen oder Ihre Vertragsangelegenheiten künftig auf eine solide Grundlage stellen wollen, holen Sie am besten fachlichen Rat ein. Das muss nicht unbedingt der persönliche Rechtsanwalt oder die teure Anwalts-Hotline sein: Viele Berufsverbände und Interessenvertretungen, aber auch Kammern bieten ihren Mitgliedern kostenlose individuelle Beratungen oder zumindest branchentypische AGB-Muster an.
Linktipps
- Die gesetzlichen Grundlagen des AGB-Rechts finden Sie in den Paragrafen 305 bis 310 BGB.
- Ausführliche Informationen und Links zum Thema AGB stellt die IHK München zur Verfügung – darunter auch unterschiedliche AGB-Muster für B2B- und B2C-Geschäfte sowie Webshops