Sind Sie an einer GbR beteiligt und droht der Gesellschaft ein Minus? Oder gehört zu Ihren Geschäftspartnern eine GbR, gegen die Sie offene Forderungen haben? Ab dem neuen Jahr ändern sich die gesetzlichen Regelungen zur Gesellschaft bürgerlichen Rechts. Das wirkt sich auch auf die Haftung für Verbindlichkeiten und die Möglichkeiten zur Zwangsvollstreckung aus.
Zum Jahreswechsel 2023/2024 treten umfassende gesetzliche Änderungen rund um die Rechtsform GbR in Kraft. Sie ergeben sich aus dem Gesetz zur Modernisierung des Personengesellschaftsrechts, (MoPeG).
Die erwähnten, neugefassten Regeln im BGB ergeben sich alle aus Art. 1 MoPeG. Einen Überblick über die GbR-Reform liefert unser Beitrag eGbR und Gesellschaftsregister: Ist Ihre GbR fit für 2024?
Schon die alte Rechtlage, die noch bis zum 31. Dezember 2023 gilt, bringt GbR-Gesellschafter nach außen in eine ungünstige Haftungssituation. Danach sind Schulden der GbR vereinfacht gesagt ihre persönlichen Schulden: Hat der Gläubiger einen Titel erwirkt, kann er die gesamte Forderung bei jedem einzelnen Gesellschafter in voller Höhe eintreiben. Gläubiger können sich also an den Gesellschafter halten, bei dem die Pfändung am meisten Erfolg verspricht. Der Gepfändete kann anschließend selbst sehen, wie er seine Mitgesellschafter zum Ausgleich ihres Anteils an den Schulden bewegt.
Die gesamtschuldnerische Haftung schreibt der neue § 721 BGB n. F. direkt im Bürgerlichen Gesetzbuch fest. Gläubiger haben weiterhin die Möglichkeit, jeden der Gesellschafter in Haftung zu nehmen Das gilt selbst dann, wenn ein anderer Gesellschafter die Schulden verursacht hat, beispielsweise durch große Warenbestellungen trotz leergefegter Konten. Es bleibt dabei: An einer GbR sollte man sich nur beteiligen, wenn man volles Vertrauen in die Mitstreiterinnen und Mitstreiter hat.
Welcher Gesellschafter im Innenverhältnis wie beteiligt ist, kann nun ganz auf den individuellen Fall angepasst werden. Dabei kann der Arbeitseinsatz des einen Gesellschafters nun ebenso berücksichtigt werden wie der Geldbetrag oder das Lieferfahrzeug, die ein anderer Gesellschafter einbringt.
Diese Beteiligungsverhältnisse sollten von vornherein vertraglich klar geregelt werden. Die entsprechende Vereinbarung entscheidet nicht nur darüber, wer im Fall von Gewinnen welchen Anteil vom Kuchen erhält. Sie gilt auch für die Verlustanteile, und damit für den Anteil an der Forderung, die ein Gesellschafter von den anderen verlangen kann, wenn ein Gläubiger seine gesamte Forderung bei ihm persönlich beigetrieben hat.
Die weitgehende Nachhaftung für ehemalige Gesellschafter während einer Zeit von fünf Jahren gilt weiterhin: So lange können sie selbst nach ihrem Ausscheiden aus der GbR für Forderungen herangezogen werden, die während ihrer Gesellschafter-Zeit begründet wurden. Die Nachhaftung gilt für sämtliche Verbindlichkeiten, die während ihrer Zeit als Gesellschafter „begründet“ wurden. Es genügt beispielsweise, dass eine später nicht bezahlte Lieferung noch zu ihrer Zeit als Gesellschafter vertraglich vereinbart wurde.
Bisher lief die Fünfjahresfrist der Nachhaftung erst ab dem Zeitpunkt, an dem der Gläubiger von dem Ausscheiden erfuhr. So konnte sich in der Praxis eine Nachhaftung selbst noch nach vielen Jahren ergeben. In der neuen Regelung beginnt die Frist mit der Veröffentlichung des Ausscheidens im Gesellschaftsregister. Fünf Jahre nach diesem Zeitpunkt ist die Nachhaftung beendet. Dieser Aspekt ist ein Grund mehr, für die Eintragung der GbR ab 2024 zu sorgen.
Diese Rechtslage ergibt sich bisher, weil die die Regelung für die OHG oder KG auch auf die GbR angewandt werden (§ 736 BGB i. V. m. § 160 HGB). Nach der Reform wird sie direkt ins BGB eingefügt (§ 728b BGB n. F.). Das Gleiche gilt für die Vorgabe, dass ausscheidende Gesellschafter ihren Anteil am Verlust gemäß Beteiligung ausgleichen müssen, wenn die GbR bei ihrem Ausscheiden rote Zahlen schreibt (§ 728a BGB n. F.).
Bisher war klar: Wer mit einer GbR Geschäfte macht, hat es mit einer Gesellschaft mit Sitz in Deutschland zu tun. Das gilt für die eGbR nicht mehr: Ihr Verwaltungssitz, also der Ort, an dem die Geschäftsführung erfolgt, kann ab dem neuen Jahr jederzeit verlagert werden, während der sogenannte Vertragssitz in Deutschland bleibt. Das schließt die Verlagerung ins Ausland bei gleichbleibender deutscher Rechtsform ein – mit Folgen für einen möglichen Rechtsstreit. Der weiterhin in Deutschland befindliche Vertragssitz der Gesellschaft bedeutet zwar, dass bei einer Zwangsvollstreckung ein deutsches Prozessgericht und bei Insolvenz ein deutsches Insolvenzgericht zuständig sind. In anderen Rechtsfragen kann jedoch das Rechtssystem des Landes einschlägig sein, in dem sich der Verwaltungssitz befindet.
Für Gläubiger, die eine unbezahlte Forderung gegen eine GbR haben, eröffnet die GbR-Reform zukünftig etwas mehr Spielraum. Nach dem gerichtlichen Mahnverfahren und der Titulierung können sie sich aussuchen, ob sie die Vollstreckung bei einem der Gesellschafter betreiben oder das Gesellschaftsvermögen selbst pfänden, beispielsweise das Unternehmenskonto oder Zahlungsansprüche der GbR gegen Dritte.
Für die Zwangsvollstreckung in das Gesellschaftsvermögen ist ein eigener Titel nötig (§ 722 BGB n. F.). Der Vollstreckungstitel gegen Gesellschafter erlaubt keine Pfändung des Gesellschaftsvermögens. Das gilt jedoch nur für neu ab dem 01. Januar 2024 titulierte Forderungen. Gläubiger, die schon vor dem Jahreswechsel einen Schuldtitel gegen sämtliche Gesellschafter einer GbR besitzen, können damit auch in das Gesellschaftsvermögen vollstrecken, wenn die GbR zur rechtsfähigen Gesellschaft wird. Das besagt die ebenfalls am 01. Januar 2024 in Kraft tretende Version von § 1 EGZPO n. F. ausdrücklich.
Wer einen Zwangsvollstreckungstitel gegen eine GbR erwirkt, kann diesen auch nutzen, wenn diese zur eGbR wird. Ein Umschreiben des Forderungstitels aufgrund der Registereintragung ist nicht notwendig, wenn Name und Sitz beziehungsweise Anschrift der Gesellschaft gleichbleiben oder die im Titel genannten GbR-Gesellschafter auch die der neuen eGbR sind (§ 34 ZPO n. F.).
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