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Offene Kasse ohne Einzelbuchung: Wann ist das erlaubt?

7. Sep. 2022
7 MIN

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Registrierkasse oder offene Ladenkasse?

Grundsätzlich sind Geschäftsleute verpflichtet, jeden Geschäftsvorgang einzeln zu buchen. Das Finanzamt möchte schließlich den Geschäftsverlauf nachvollziehen können. Bei offenen Ladenkassen gibt es jedoch Ausnahmen.

Wenn viele verschiedene Kunden jeweils kleinere Summen bezahlen, etwa in einem Einzelhandelsgeschäft, benötigt man in der Praxis eine Registrierkasse, um Einzelbuchungen festzuhalten. Allerdings ist die Nutzung einer Registrierkasse oder vielmehr eines elektronischen Kassensystems im Einzelhandel keine Pflicht. Beim Verkauf von Waren kann auch eine offene Ladenkasse betrieben werden.

Apropos: Ab 2023 ist bei elektronischen Kassen TSE in jedem Fall Pflicht

Wer eine Registrierkasse nutzt, benötigt dafür bis spätestens zum 31.12.2022 ein manipulationssicheres, elektronisches Kassensystem mit „Technischer Sicherheitseinrichtung“ (TSE-Kassensystem), denn zum Jahreswechsel laufen die letzten Ausnahmen zur Umsetzung der TSE-Pflicht aus, die die Kassensicherungsverordnung vorsieht.

 

Die offene Ladenkasse ist nach wie vor zulässig, und zwar ohne Beschränkung der Unternehmensgröße oder des Umsatzes. Man wird zwar kaum ein großes Kaufhaus finden, in dem das Wechselgeld in einer Blechdose liegt, illegal wäre das jedoch nicht.

Bei einer offenen Kasse kann die Pflicht zur Einzelbuchung entfallen

Grundsätzlich müssen Unternehmen, die eine offene Kasse führen, jede einzelne Bar-Einnahme und Bar-Ausgabe im Kassenbuch notieren. Das kann beispielsweise an einem Marktstand mit langen Kundenschlangen unverhältnismäßig viel Aufwand bedeuten. Deshalb räumt § 146 AO die Möglichkeit ein, von der Einzelaufzeichnungspflicht befreit zu werden: „Die Pflicht zur Einzelaufzeichnung nach Satz 1 besteht aus Zumutbarkeitsgründen bei Verkauf von Waren an eine Vielzahl von nicht bekannten Personen gegen Barzahlung nicht.

Die Befreiung ist jedoch nur möglich, wenn kein elektronisches Aufzeichnungssystem zum Einsatz kommt, sie ist also auf offene Kassen beschränkt. Eine Ausnahme sieht der AO-Anwendungserlass nur dann vor, wenn in einem „räumlich oder organisatorisch eindeutig abgrenzbaren Bereich aus technischen Gründen oder aus Zumutbarkeitserwägungen“ das Kassensystem nicht eingesetzt werden kann.

Anmerkung: Keine TSE-Waage bei offener Kasse

Zusammen mit einer offenen Ladenkasse kann auch eine Waage verwendet werden, die Gewicht und/oder Preis nur anzeigt, nicht aber speichert bzw. an ein Kassensystem übergibt. Eine elektronische Ladenwaage mit TSE-Funktion, die die Voraussetzungen eines elektronischen Kassensystems erfüllt, darf jedoch nicht zusammen mit einer offenen Kasse zum Einsatz kommen.

 

Wann ist die Aufzeichnungspflicht unzumutbar?

Wenn der Konditor einmal im Jahr auf dem Stadtfest Krapfen verkauft, ist dabei eine offene Kasse ohne Einzelbuchung wohl zulässig, selbst wenn er im eigenen Laden eine elektronische Kasse einsetzt.

Allerdings bleibt die Frage der Zumutbarkeit stets eine Einzelfallentscheidung. In Zeiten mobiler Kassensysteme mit handlichen Endgeräten kann es zumindest bei regelmäßigem Verkauf und größeren Umsätzen schwierig werden, stichhaltige Argumente für die Unzumutbarkeit der Einzelaufzeichnung zu finden. Trotzdem prüft die Finanzverwaltung die Unzumutbarkeit nicht mehr.

Die Zumutbarkeit wird nicht mehr geprüft

Das Gesetz spricht vom Verzicht auf Einzelbuchungen aus „Zumutbarkeitsgründen“. Der Bundesfinanzhof hielt die Einzelaufzeichnungspflicht für Einzelhandelsgeschäfte dann für nicht zumutbar, wenn dort „Waren von geringerem Wert an eine unbestimmte Vielzahl nicht bekannter und auch nicht feststellbarer Personen verkauft werden“, so dass es technisch, betriebswirtschaftlich und praktisch unmöglich sei, für jeden Kunden Namen, Anschrift und Gegenstand des Kaufvertrags festzuhalten. Die Beweislast für die Unzumutbarkeit lag beim Unternehmer.

Seit 2022 wird die Unzumutbarkeit nicht mehr vom Finanzamt geprüft. Dazu wurde der Anwendungserlass der Finanzverwaltung zu § 146 AO in Punkt 2.2.2 geändert. Wer eine offene Kasse führt, muss dem Finanzamt gegenüber nicht mehr begründen, warum er mit Einzelbuchungen überfordert wäre. Es genügt, dass man Verkäufe gegen bar an viele verschiedene Kunden glaubhaft machen kann.

Offene Ladenkasse bei Dienstleistungen

Eine offene Kasse ohne Einzelaufzeichnung ist unter bestimmten Umständen auch bei Dienstleistungen möglich, obwohl das Gesetz vom „Verkauf von Waren“ spricht. Voraussetzung ist, dass das Unternehmen generell keine elektronische Registrierkasse verwendet und die Dienstleistung an eine „Vielzahl von nicht bekannten Personen gegen Barzahlung“ erfolgt: „Der Geschäftsbetrieb sollte auf eine Vielzahl von Kundenkontakten ausgerichtet und der Kundenkontakt des Dienstleisters und seiner Angestellten im Wesentlichen auf die Bestellung und den kurzen Bezahlvorgang beschränkt sein.

Dagegen müssen Einzelaufzeichnungen geführt werden, wenn „der Kundenkontakt in etwa der Dauer der Dienstleistung entspricht und der Kunde auf die Ausübung der Dienstleistung üblicherweise individuell Einfluss nehmen kann“ (Punkt 2.2.6 des AO-Anwendungserlasses zu § 146 AO). Die Befreiung entfällt auch dann, wenn ein Unternehmen die Reservierung von Terminen, Plätzen oder Tischen ermöglicht oder Vorbestellungen annimmt und deshalb Kundendaten festhält. Darauf weist die Oberfinanzdirektion Karlsruhe in einer Mitteilung zur ordnungsgemäßen Kassenbuchführung hin. In der Praxis wird die Finanzverwaltung bei einem Friseurgeschäft oder einem Restaurant wohl kaum eine offene Ladenkasse akzeptieren.

Aufzeichnungspflichten bei einer offenen Kasse

Auch bei einer offenen Kasse ohne Einzelaufzeichnung gelten Dokumentations- und Buchführungspflichten.

  • Kunden muss auf Wunsch eine Quittung ausgestellt werden.
  • Jeden Tag muss zum Geschäftsschluss der Kassenbestand gezählt und in einem Kassenbericht vermerkt werden.
  • Der tägliche Kassenbericht umfasst außerdem die betrieblichen Ausgaben, die aus der Kasse bezahlt wurden.
  • Festgehalten und mit einem Eigenbeleg versehen werden müssen zudem Privatentnahmen aus und Privateinlagen in die offene Kasse.
  • Aus dem Kassenbestand muss die Höhe der Tageseinnahmen errechnet werden. Dabei müssen der Anfangsbestand bzw. der Kassenbestand vom Vortag sowie eventuelle Ausgaben, Privatentnahmen und Privateinlagen korrekt berücksichtigt werden.
  • Bei mehreren offenen Kassen muss jeweils ein eigener Kassenbericht angefertigt werden.

Ein Zählprotokoll, in dem säuberlich festgehalten wird, wie viel an Münzen und Scheinen in verschiedener Stückelung die Kasse enthält, ist nicht vorgeschrieben. Es kann aber als Beleg dafür dienen, dass die Kasse wirklich gezählt wurde.

Sinnvoll sind fortlaufend nummerierte Kassenberichte. Der Kassenbericht sollte unterschrieben werden, mit Datum und Namen. Wird der tägliche Kassenbestand nur in eine Excel-Tabelle eingetragen, die jederzeit und von jedem geändert werden kann, entspricht das nicht den Grundsätzen einer ordnungsgemäßen Buchführung.

Umsatzsteuer

Die Aufzeichnungspflichten zur Umsatzsteuer werden von der oben dargestellten möglichen Befreiung in der Abgabenordnung nicht berührt. Anders ausgedrückt: man kann sich nicht auf die Unzumutbarkeit der Einzelaufzeichnung gemäß § 146 AO berufen, wenn das Finanzamt die Umsatzsteuererklärung aufgrund fehlender Aufzeichnungen nicht anerkennt.

Der Verzicht auf die Einzelaufzeichnung wird spätestens dann zum Problem, wenn Waren mit verschiedenem Umsatzsteuersatz verkauft werden.

Kassenprüfung durch das Finanzamt

Die Prüfer des Finanzamts haben das Recht, jederzeit eine unangekündigte Kassenprüfung durchzuführen. Das gilt auch bei einer offenen Ladenkasse. Dann muss ein Kassensturz durchgeführt sowie Kassenberichte und weitere Aufzeichnungen vorgelegt werden.

Auch deshalb sollte man die täglichen Kassenberichte nicht auf die leichte Schulter nehmen. Schlamperei kann sich rächen. Schöpft die Finanzverwaltung erst einmal Verdacht, die offene Kasse werde nicht ordentlich geführt, muss man mit einer eingehenden Steuerprüfung rechnen.

Offene Kasse ohne Einzelbuchung: Aufwand und Nutzen

Eine offene Kasse ohne Einzelaufzeichnung mag zunächst nach einer einfachen Lösung klingen. Dabei unterschätzt man allerdings leicht den Aufwand, den eine offene Kasse durch das tägliche Zählen und Rechnen bereitet. Auch die rechtliche Unsicherheit bleibt ein Faktor. Das Finanzamt prüft zwar die Unzumutbarkeit nicht generell. Bei Konflikten mit dem Fiskus ist man ohne Einzelaufzeichnungen jedoch grundsätzlich im Nachteil.

Auch deshalb lohnt sich die offene Kasse in der Regel nur bei gelegentlichen Verkäufen und überschaubaren Umsätzen, beispielsweise für die gelegentliche Teilnahme an Märkten, Messen oder Festen. Elektronische Registrierkassensysteme sind einfach im Handling und vergleichsweise günstig in der Anschaffung. Sie erfüllen die Aufzeichnungs- und Belegpflicht, übergeben die Daten direkt an die Buchhaltung und sorgen nebenbei auch intern für Transparenz.

Das gilt ganz besonders, wenn Sie …

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Hier finden Sie weitere Informationen zu Kassenlösungen von orgaMAX.

 

 

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