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Privates oder betriebliches Wirtschaftsgut? Selbstständige sollten die Zuordnungsentscheidung zeitnah dokumentieren

21. Jun. 2024
8 MIN

Privat_Betriebsvermögen

Wenn Selbstständige ein bestimmtes Wirtschaftsgut sowohl betrieblich als auch privat nutzen, haben sie unter bestimmen Voraussetzung ein Wahlrecht: sie können entscheiden, zu welchem Bereich es gehören soll. Dabei gelten für die Einkommensteuer und für die Umsatzsteuer jeweils eigene Regeln. Die Zuordnungsentscheidung muss rechtzeitig dokumentiert werden. Eine nachträgliche Zuordnung ist ausgeschlossen.

Privatvermögen oder Betriebsvermögen? In bestimmten Fällen haben Selbstständige die Wahl

Ob es um einen Transporter geht, eine Solaranlage oder einen neuen Parkplatz vor dem Gebäude, in dem Wohnung und Büro liegen: Anschaffungen, die sowohl für das Unternehmen wie auch für private Zwecke genutzt werden, können unter bestimmten Umständen wahlweise der einen oder der anderen Sphäre zugeordnet werden.

Die Zuordnungsentscheidung hat steuerliche Folgen. Dabei gelten bei der Umsatzsteuer und bei der Einkommensteuer jeweils eigene Regeln und Voraussetzungen. Die Wahl der Zuordnung muss für beide Steuerarten rechtzeitig getroffen und klar dokumentiert werden. Eine rückwirkende Zuordnung ist nicht zulässig.

 

Einkommensteuer: Gewillkürtes Betriebsvermögen

Selbstständige können ein gemischt genutztes Wirtschaftsgut für die Einkommensteuer dem Betriebsvermögen zuordnen, wenn die betriebliche Nutzung mindestens 10 Prozent und maximal 50 Prozent ausmacht. In diesem Fall spricht man von „gewillkürtem Betriebsvermögen“.

Das Wahlrecht gilt nur in dem genannten Bereich. Liegt der betriebliche Nutzungsanteil höher als 50 Prozent, handelt es sich um „notwendiges Betriebsvermögen“. Sind es unter 10 Prozent, fällt die Sache in jedem Fall ins Privatvermögen.

 

Zuordnung zum Betriebsvermögen dokumentieren

Angenommen, Sie sind selbstständig und wollen einen Generator, einen Transporter, eine Solar-Anlage, einen 3D-Drucker oder etwas anderes anschaffen, das mindestens zur Hälfte, aber zu nicht mehr als 90 Prozent privat genutzt werden wird. Die Anschaffung soll im Namen des Betriebs erfolgen, damit die Anschaffungskosten Betriebsausgaben darstellen. Dann ist es wichtig, dass Sie die Zuordnung zum Betriebsvermögen zeitnah zur Anschaffung dokumentieren.

Die einfachste Form der Dokumentation ist es, den Kauf bald zu buchen. Schon damit lässt sich die Zuordnung belegen. Deutlich wird sie mit der Aufnahme der Sache ins Anlageverzeichnis, das als Teil der nächsten Steuererklärung zusammen mit der Einnahme-Überschuss-Rechnung abgegeben wird.

Wenn Sie vorab schon auf Nummer sicher gehen möchten, können Sie direkt nach dem Kauf oder der Bezahlung der ersten Rate ein formloses Schreiben an das für Sie zuständige Finanzamt senden, in dem sie die Anschaffung der Sache und die Zuordnung zum gewillkürten Betriebsvermögen mitteilen. Dieses Dokument können Sie dem Finanzamt entgegenhalten, falls es Ihnen später den Vorwurf machen sollte, die Zuordnung rückwirkend vorgenommen zu haben.

 

Vor- und Nachteile bei gewillkürtem Betriebsvermögen

Bei Zuordnung zum Betriebsvermögen dürfen Sie die Anschaffungskosten der Sache als Betriebsausgabe vom Gewinn abziehen. Sie sparen also Steuern. Allerdings muss im Gegenzug der private Nutzungsanteil als Betriebseinnahme gebucht und versteuert werden. Das kann zum Beispiel nach Zeitanteilen geschehen, bei Fahrzeugen sind die zurückgelegten Kilometer ausschlaggebend. Außerdem führen die Vermietung oder ein späterer Verkauf der Sache zu einer Betriebseinnahme und erhöhen so die Steuerlast.

Ein weiterer Nachteil besteht darin, dass der Aufwand für Buchungen und Dokumentation steigt. Die Zuordnung zum Privatvermögen macht diese Formalitäten überflüssig. In diesem Fall kann der Kostenanteil für die betriebliche Nutzung – aber nicht für die Anschaffung – als Betriebsausgabe gebucht werden, beispielsweise das Druckmaterial des 3D-Druckers.

 

Anmerkung: der Geschäftswagen als gewillkürtes Betriebsvermögen

Besonders häufig stellt sich die Frage zur Ausübung des Wahlrechts bei einem privat und geschäftlich genutzten Fahrzeug. Informationen liefert der Beitrag „Geschäftswagen von Selbstständigen: Betriebs- oder Privatvermögen?“.

 

Umsatzsteuer: Wahlrecht

Grundsätzlich können Anschaffungen, die sowohl privat als auch fürs Unternehmen eingesetzt werden, für die Umsatzsteuer auf drei Arten behandelt werden:

  • Sie können umsatzsteuerlich komplett dem Unternehmen zugeordnet werden. Dann ist die selbst bezahlte Umsatzsteuer als Vorsteuer abziehbar.

  • Alternativ ist die Zuordnung komplett zum privaten Bereich möglich. In diesem Fall ist der Vorsteuerabzug ausgeschlossen.

  • Als dritte Möglichkeit kann gemäß der Nutzung eine anteilige Zuordnung zu beiden Bereichen erfolgen. Dann ist auch nur eine partielle Erstattung oder Verrechnung der selbst bezahlten Vorsteuer möglich.

Bei Dienstleistungen sowie bei Sachen, die nach „Zahl, Maß oder Gewicht“ verkauft werden und somit aufteilbar sind, besteht kein Wahlrecht. Sind sie zur „teilunternehmerischen“ Verwendung gedacht, also sowohl für unternehmerische wie privaten Zwecke, dürfen sie nur anteilig dem Unternehmen zugeordnet werden. Entsprechend kann auch nur ein Anteil an der Vorsteuer geltend gemacht werden. Das gilt beispielsweise für die Rechnung der Gebäudereinigung, die sowohl die Büro- wie die Wohnräume putzt, oder für das Putzmittel, das Selbstständige en gros für beide Gebäudeteile einkaufen: nur der Teil der Umsatzsteuer, der dem Anteil für die Büroräume entspricht, kann in der Umsatzsteuervoranmeldung geltend gemacht werden.

Bei einem „einheitlichen Gegenstand“ wie einer Maschine, einem Fahrzeug oder einer Software, der einmal unternehmerisch und dann wieder privat verwendet werden, besteht grundsätzlich ein Zuordnungswahlrecht:

  • Die Sache kann insgesamt dem Unternehmen zugeordnet werden. Das ermöglicht den Vorsteuerabzug für die Umsatzsteuer, die man bei Anschaffung, Unterhalt oder für Material etc. selbst ausgibt. Im Gegenzug ist der private Nutzungsanteil umsatzsteuerpflichtig: der geldwerte Vorteil muss nicht nur bei der Einkommensteuer berücksichtigt werden, darauf fällt außerdem „Mehrwertsteuer“ an. Diese muss in der Umsatzsteuervoranmeldung als vereinnahmte Umsatzsteuer angegeben werden.
  • Die Sache kann in vollem Umfang im nichtunternehmerischen Bereich bleiben. Damit ist der Vorsteuerabzug ausgeschlossen.

  • Als dritte Option ist eine Aufteilung möglich: dann wird die Sache anteilig zur tatsächlichen Nutzung der unternehmerischen Tätigkeit zugeordnet. In diesem Fall kann nur ein entsprechender Anteil an der Vorsteuer geltend gemacht werden.

Anmerkungen:

  • Für die Aufteilung, d. h. die anteilige Zuordnung, muss bei einem einheitlichen Gegenstand wie einer Maschine oder einem Fahrzeug die betriebliche Nutzung mindestens 10 Prozent betragen. Erst ab dieser Schwelle ist die Zuordnung zum unternehmerischen Bereich und damit der Vorsteuerabzug möglich.
  • Die Zuordnung ändert nichts an der Umsatzsteuerpflicht oder Umsatzsteuerfreiheit. Ein Arzt, der die für Praxis und Wohnhaus gekaufte Bodenreinigungsmaschine anteilig dem unternehmerischen Bereich zuordnet, kann die Vorsteuer nicht geltend machen, da sein Heilberuf von der Umsatzsteuer befreit ist. Umgekehrt muss er auf die private Nutzung keine Umsatzsteuer entrichten.
  • Eine Sonderregel gilt, wenn etwas zum Teil unternehmerisch und zum Teil „nichtwirtschaftlich“ verwendet wird. Das ist etwa der Fall, wenn ein Teil eines Gebäudes der Selbstständigkeit dient, während der Rest einfach leer steht. Dann muss die Umsatzsteuer aufgeteilt zugeordnet werden, alternativ ist die komplette Zuordnung zum nichtunternehmerischen Bereich erlaubt, so dass gar keine Vorsteuer abgezogen wird.
  • Kein Zuordnungswahlrecht besteht, wenn etwas neu hergestellt wird. Ein rein privat genutzter Anbau auf einem Betriebsgelände muss, wenn er von den unternehmerisch genutzten Bauten abgrenzbar ist, dem privaten Bereich zugeordnet werden, für die Baukosten ist der Vorsteuerabzug also ausgeschlossen.
  • Die Zuordnung für die Einkommensteuer und für die Umsatzsteuer können grundsätzlich unterschiedlich ausfallen. Ein- und dieselbe gemischt genutzte Maschine kann im Prinzip bei der Einkommensteuer als Teil der Privatvermögens zählen, umsatzsteuerlich aber dem Unternehmen zugewiesen werden oder umgekehrt.

Umsatzsteuer: Die Dokumentation der Zuordnungsentscheidung

Wenn ein „Gegenstand“ oder eine Dienstleistung ganz oder teilweise dem unternehmerischen Bereich zugeordnet wird, um den Vorsteuerabzug zu ermöglichen, dann muss das dokumentiert werden. Erforderlich ist eine „durch Beweisanzeichen gestützte Zuordnungsentscheidung des Unternehmers“.

Das kann allerdings nicht nur durch eine Mitteilung ans Finanzamt erfolgen. Das haben der Europäische Gerichtshof und der Bundesfinanzhof entschieden, weshalb nun auch die Finanzverwaltung ihre Anwendungsregeln geändert hat (BFM-Schreiben vom 17.05.2024 III C 2 - S 7300/19/10002 :001). Zuvor wurde grundsätzlich eine Mitteilung verlangt, die innerhalb der Abgabefrist der Umsatzsteuererklärung für das betreffende Jahr abgegeben werden musste. Nun kann die Zuordnung innerhalb dieser Frist auch auf andere Art dokumentiert werden. Einige Beispiele:

  • Die betriebliche Fläche im neuen Gebäude mit gemischter Nutzung ist im offiziellen Bauplan klar als solche gekennzeichnet („Büro/Geschäftsräume“).
  • Der Kauf der Maschine erfolgt durch das Unternehmen des oder der Selbstständigen, der Firmenname taucht als Rechnungsadressat auf.
  • Das Unternehmen schließt Verwertungs- oder Vermietungsverträge über die Sache ab, zum Beispiel eine Einspeisevereinbarung über den Strom aus einer gemischt genutzten Solaranlage, die zu Betriebseinnahmen führt.
  • Der oder die Selbstständige schließt eine betriebliche Versicherung über die Sache ab, z. B. eine Photovoltaik-Versicherung, deren Kosten als Betriebskosten gebucht werden, oder eine betriebliche Inhaltsversicherung für die Büroräume im neuen gemischt genutzten Gebäude.
  • Der Umsatzsteueranteil auf die Beschaffungskosten der Maschine werden als Vorsteuer bei der nächsten Umsatzsteuervoranmeldung geltend gemacht.
  • Die neue Fräsmaschine wird ins Anlageverzeichnis aufgenommen.
  • Die neue Maschine ersetzt eine alte Maschine mit gleicher Funktion, die bereits dem Unternehmen zugeordnet war.

Entscheidend ist, dass solche „Beweisanzeichen“ in dem Zeitraum geschaffen werden, in dem der Vorsteuerabzug erfolgen soll. Diese Frist läuft dann aus, wenn die Umsatzsteuererklärung für das betreffende Jahr abgegeben werden muss – in der Regel also am 31 Juli des Folgejahrs. Das gilt selbst dann, wenn das Finanzamt eine Fristverlängerung einräumt.

 

Praktische Konsequenz: Zuordnung für die Umsatzsteuer sicherstellen

Für Selbstständige ist vor allem eine Konsequenz wichtig: Wenn sie eine Maschine oder ein Fahrzeug anschaffen, ein Gebäude errichten oder Material kaufen, und das sowohl zur geschäftlichen wie zur privaten Verwendung, dann sollte die Möglichkeit des Vorsteuerabzugs rechtzeitig gewährleistet sein.

Erforderlich ist dafür eine ganze oder teilweise Zuordnung zum unternehmerischen Bereich, die nachvollziehbar dokumentiert ist. Außerdem sollte die Vorsteuer nach Möglichkeit direkt im entsprechenden Zeitraum geltend gemacht werden, da dies als wichtiges Indiz für die Zuordnung zum unternehmerischen Bereich gilt.

Die Zuordnungsentscheidung kann schon im Buchen der Ausgaben in der Buchhaltung und ihrer Berücksichtigung bei der Umsatzsteuervoranmeldung sichtbar werden, oder beispielsweise im Abschluss von Verträgen, Bestellungen oder Versicherungen im Namen des Unternehmens. Im Zweifel kann eine ausdrückliche Mitteilung ans Finanzamt für Klarheit sorgen. Das gilt zum Beispiel dann, wenn Selbstständige eine Maschine gebraucht von einer Privatperson kaufen, so dass kein Vorsteuerabzug möglich ist, und für ihr Geld nur eine einfache Quittung erhalten.

  • Entscheidend ist erstens, dass man bei einer möglichen späteren Betriebsprüfung auf Tatsachen hinweisen kann, die die Zuordnung belegen.
  • Zweitens ist wichtig, dass diese Tatsachen bzw. „Beweisanzeichen“ bis zum Ablauf der Abgabefrist für die Umsatzsteuererklärung geschaffen werden. Nachträglich – nach dem 31. Juli des Folgejahres – lässt sich die Zuordnung nicht mehr vornehmen.

Die Steuerberaterin oder der Steuerberater sind wie immer die richtige Anlaufstelle für alle Fragen zu Ihrem eigenen Fall.

 

Lektüretipps

Weiterführende Informationen zu Rechts- und Steuerthemen finden Sie im orgaMAX-Blog und im Newsletter-Archiv:

 

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