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Sachentnahme: Der Eigenverbrauch von Produkten und Waren ist steuerpflichtig

2. Feb. 2023
12 MIN

sachentnahme

Wenn Selbstständige Waren oder Erzeugnisse aus dem Angebot ihres Unternehmens selbst nutzen oder konsumieren, ist dieser Eigenverbrauch steuerpflichtig. Er muss korrekt gebucht und bei der Einkommensteuer und Umsatzsteuer berücksichtigt werden. Bei Lebensmitteln und Getränken gelten Pauschalbeträge, so dass nicht jede selbst verzehrte Käsescheibe einzeln aufgezeichnet werden muss.

Die „Entnahme aus dem Unternehmen“ ist umsatzsteuerpflichtig

Wenn Sie Erzeugnisse oder Produkte aus dem Sortiments Ihres Unternehmens für sich selbst oder für Ihren Haushalt entnehmen, ist das nicht umsonst. Die „Entnahme für betriebsfremde Zwecke“, wie der Eigenverbrauch im Steuerrecht genannt wird, führt zu Buchhaltungs- und Steuerpflichten.

Aus Sicht des Finanzamts ist das nur logisch:

  • Sobald Sie ein Produkt aus dem Unternehmen entnehmen und privat verwenden oder verbrauchen, sind die für diese Ware angefallenen Aufwendungen keine Betriebsausgaben mehr. Als Sie die Ware vom Lieferanten gekauft haben, wurde die entsprechende Ausgabe jedoch als Betriebsausgabe gebucht, die den Gewinn und damit die Steuerlast vermindert. Das Gleiche gilt für Ausgangsmaterialien, Energie, Maschinennutzung etc., wenn Sie die Sache im Betrieb selbst hergestellt haben.
  • Entsprechend ist es mit der Umsatzsteuer: Den Umsatzsteueranteil, den Ihr Lieferant Ihnen beim Einkauf der Ware oder für die Ausgangsstoffe etc. berechnet hat, haben Sie als Vorsteuer vom Finanzamt erstattet bekommen, falls Sie umsatzsteuerpflichtig sind. Da Sie nun selbst der Endverbraucher sind, müssen Sie wie andere Endkunden den Umsatzsteueranteil auf das Produkt entrichten.

Deshalb müssen Selbstständige Waren oder Produkte aus dem eigenen Betrieb, die sie selbst verbrauchen, als Betriebseinnahme buchen und bei der Einkommensteuer und Umsatzsteuer berücksichtigen (§ 3 Abs. 1a UStG).

Der steuerliche Wert von Sachentnahmen

Der beim Eigenverbrauch für die Steuer anzusetzende Wert entspricht nicht unbedingt dem Verkaufspreis. Anzusetzen ist der Teilwert: Der Wert, den jemand, der das Unternehmen kauft, für das entsprechende Produkt im Warenbestand ansetzen würde (§ 6 Abs. 1 Nr. 4 EStG). Ausschlaggebend ist also der objektive Marktpreis, keine subjektive oder rein situative Bewertung.

In der Praxis bedeutet das:

  • Wurde die Ware selbst hergestellt, sind die Selbstkosten bzw. Herstellungskosten entscheidend – der Wert der Rohstoffe und Zutaten, der benötigte Energie, die eigene Arbeitszeit, ggf. die Lohnkosten für die Arbeit von Mitarbeitern etc.
  • Wurde die entnommene Ware eingekauft, bestimmt grundsätzlich der Einkaufspreis den Wert der Entnahme „für Zwecke außerhalb des Unternehmens“, d. h. zum Eigenbedarf.
  • Hat der Wert der Ware seit dem Einkauf jedoch abgenommen, kann die Wertminderung berücksichtigt werden. Beispiele dafür sind ein Kleidungsstück aus der Vorsaison oder ein nicht mehr ganz aktuelles IT-Gerät. Das Prinzip gilt allerdings auch umgekehrt, d. h. bei einer Zunahme des Marktwerts. Entscheidend ist in diesen Fällen der Wiederbeschaffungspreis.
  • Für Lebensmittel und Speisen gelten Pauschalbeträge. Bei ihnen muss der Eigenverbrauch nicht einzeln ermittelt und gebucht werden.

Pauschbeträge bei Entnahme von Lebensmitteln und Getränken

Gerade bei Gastronomie-Betrieben und im Lebensmittelhandel geht das Finanzamt davon aus, dass Inhaber sich auch selbst am Sortiment bedienen oder selbst Speisen verzehren. Um die Entnahme von Lebensmitteln, Getränken und zubereiteten Speisen für die Umsatzsteuer zu bewerten, können Pauschal-Nettowerte angesetzt werden. Dies erspart die Buchung vieler einzelner Entnahmen.

Die Pauschwerte gelten pro Person und liegen als Jahreswerte vor. Ihre Grundlage sind Zahlen des statistischen Bundesamts. Für 2023 betragen sie:

 

Gewerbezweig

Jahreswert für eine Person ohne Umsatzsteuer

1. Januar bis 31. Dezember 2023

ermäßigter Steuersatz

voller Steuersatz

insgesamt

Bäckerei

    1.537                   197            1.734

Fleischerei/Metzgerei

    1.368                   522            1.890

Gaststätten aller Art

a) mit Abgabe von kalten Speisen

                    

    1.678                   579            2.257

b) mit Abgabe von kalten und warmen Speisen

    2.919                   762            3.681

Getränkeeinzelhandel

       113                   254              367

Café und Konditorei

    1.481                   550            2.031

Milch, Milcherzeugnisse, Fettwaren und Eier (Einzelhandel)

       663                       0              663

Nahrungs- und Genussmittel (Einzelhandel)

    1.284                   339            1.623

Obst, Gemüse, Südfrüchte und Kartoffeln (Einzelhandel)

       353                   156              509

(Quelle: BMF-Schreiben vom 21. Dezember 2022)

Pauschwerte für Sachentnahmen: Praxishinweise

  • Grundsätzlich geht das Finanzamt davon aus, dass Selbstständige Lebensmittel für ihren gesamten Haushalt entnehmen – der Partner und die Kinder müssen gegebenenfalls mitberücksichtigt werden. Entnahmen für Kinder bis zum 12. Lebensjahr können mit den halben Pauschalwerten abgegolten werden. Für Kinder bis zwei Jahren muss keine Entnahme addiert werden.
  • Ansonsten ist keine Anpassung der Werte an individuelle Verhältnisse wie bestimmte Ernährungsweisen etc. gestattet. Unter Umständen kann es – je nach Betrieb – überlegenswert sein, statt der Pauschwerte die tatsächlichen Entnahmen aufzuzeichnen. Beispielsweise dann, wenn eine Fleischermeisterin einen veganen Ehemann und mit diesem mehrere vegetarisch lebende Kinder hat oder wenn der Bäckerei-Inhaber an Zöliakie leidet.
  • Wer zusätzlich zu den Lebensmitteln auch Tabakwaren aus dem eigenen Betrieb entnimmt, muss für diese den Entnahmewert auf Grundlage einer Schätzung erhöhen.
  • Bei gemischten Betrieben (etwa Bäckerei und Getränkehandel parallel) muss der jeweils höhere Wert angesetzt werden.
  • Die Pauschwerte für den Eigenverbrauch werden für die Umsatzsteuer wie umsatzsteuerpflichtige Umsätze behandelt. Die Netto-Pauschwerte müssen also zu den Beträgen addiert werden, die als umsatzsteuerpflichtige Umsätze in der Umsatzsteuervoranmeldung und Umsatzsteuererklärung angegeben werden.
  • Deshalb empfiehlt es sich, den Eigenverbrauch im Rhythmus der Umsatzsteuervoranmeldung zu buchen, monatlich, vierteljährlich oder jährlich. Um die Monats- oder Quartalswerte zu erhalten, müssen die Jahres-Pauschbeträge aus der Tabelle durch zwölf beziehungsweise durch vier geteilt werden.

Pauschbeträge für den Eigenverbrauch an Lebensmitteln: Rechenbeispiel

Angenommen, Ihnen gehört eine Bäckerei. Zu Ihrem Haushalt gehören Ihr Partner, ein Kind von einem Jahr und ein Kind von sieben Jahren.

Ihren Eigenverbrauch an Brot, Brötchen etc. können Sie für eine erwachsene Person gemäß Tabelle pauschal mit einem Nettowert von insgesamt 1.734 Euro für das gesamte Jahr ansetzen. Der Monatswert liegt entsprechend bei 144,50 Euro, fürs Quartal sind es 433,50 Euro. Der gleiche Wert fällt jeweils noch einmal für Ihren Partner an, dazu die Hälfte des Betrags für das siebenjährige Kind.

Der Betrag von 1.734 Euro enthält zwei Teilbeträge mit unterschiedlichem Umsatzsteuersatz, da auf Grundnahrungsmittel 7 Prozent, auf andere Lebensmittel 19 Prozent Umsatzsteuer anfallen. Von den 1.734 Euro insgesamt entfallen 1.537 Euro auf den ermäßigten Steuersatz von 7 Prozent, dem entspricht ein Umsatzsteueranteil von 107,59 Euro. Unter den vollen Umsatzsteuersatz fallen 197 Euro, die Umsatzsteuer darauf beträgt 37,43 Euro.

Pro Jahr beträgt der steuerliche Wert der Betriebseinnahme durch Eigenverbrauch von Backwaren und Lebensmitteln für Ihren Haushalt damit 4.335 Euro (= 1.734 Euro + 1.734 Euro + 0,5 * 1.734 Euro). Zur Umsatzsteuer müssen sie bei vierteljährlicher Voranmeldung jeweils 960,63 Euro zu den steuerpflichtigen Umsätzen zu 7 Prozent und 123,13 Euro zu dem Umsätzen zum vollen Umsatzsteuersatz hinzuaddieren (= 1.537 Euro / 4 * 2,5 bzw. 197 Euro / 4 * 2,5).

Andere Sachentnahmen

Die Pauschwerte gelten nur für die genannten Branchen beziehungsweise nur für Lebensmittel und zubereitete Speisen. In allen anderen Fällen müssen Sie jede Sachentnahme zum Eigenverbrauch einzeln buchen. Dazu können Sie sich einen Eigenbeleg ausstellen.

Der Wert entspricht wie oben erläutert den Herstellungskosten beziehungsweise dem Wiederbeschaffungspreis. Wenn Sie das Erzeugnis im Betrieb selbst hergestellt haben, wird das Finanzamt zumindest bei werthaltigen Dingen darauf achten, ob auch der Aufwand für Energie, Arbeitszeit, Lizenzen und ähnliches mehr berücksichtigt wurde.

Der Umsatzsteuersatz für Sachentnahmen entspricht dem, der beim Verkauf anfallen würde.

Photovoltaik

Die Vorschriften zur Versteuerung von Sachentnahmen galten bis vor kurzem auch beim Betrieb kleinerer Photovoltaik-Anlagen: Waren diese Eigentum des Unternehmens, mussten Selbstständige den damit erzeugten, privat verbrauchten Strom als Betriebseinnahme deklarieren und versteuern. Außerdem fiel darauf 19 Prozent Umsatzsteuer an.

Mit Wirkung seit Jahresbeginn 2022 sind PV-Anlagen bis zu einer bestimmten Leistungsgrenze nun einkommensteuerfrei, seit Jahresbeginn 2023 gilt außerdem der Nullsteuersatz für die Umsatzsteuer. Das gilt damit auch für den privaten Eigenverbrauch des erzeugten Stroms. Weitere Hinweise lesen Sie in den Beiträgen „Photovoltaik-Anlagen: Steuerliche Erleichterungen ab 2022 und 2023“ und „Photovoltaik-News: So setzen Sie die Umsatzsteuer-Korrekturen um“.

Nutzungs- und Leistungsentnahme

Neben der Sachentnahme von Produkten, Waren und Erzeugnissen gibt es auch andere Arten der Entnahme.

  • Selbstständige können beispielsweise den Firmenlastwagen oder eine Baumaschine ihres Betriebs für private Zwecke nutzen. Das ist dann eine Nutzungsentnahme.
  • Oder sie lassen Leistungen des Betriebs für betriebsfremde Zwecke ausführen: Der Inhaber des Software-Hauses stellt eine bei ihm angestellte Fachinformatikerin ab, um in seinem Wohnhaus Smart-Home-Systeme zu installieren und zu vernetzen. Damit liegt eine Leistungsentnahme vor.

Nutzungs- und Leistungsentnahmen sind umsatzsteuerpflichtig (§ 3 Abs. 9a UStG). Sie müssen grundsätzlich auch bei der Einkommensteuer als Betriebseinnahme berücksichtigt werden. Mag sein, dass es in der Steuererklärung gern vergessen wird, wenn die Schlagbohrmaschine aus der Firma am Wochenende zuhause zum Einsatz kommt. Spätestens bei der privaten Nutzung von Firmenimmobilien oder teuren Spezialmaschinen geht es jedoch um echte Wertbeträge, die der Steuerpflicht unterliegen und auf die bei einer Betriebsprüfung des Finanzamts geachtet wird.

Der Wert der Nutzungsentnahme entspricht den Selbstkosten, die durch dem Gebrauch entstehen, maximal aber dem Marktwert der Bereitstellung (BFH, 12. März 2020 - IV R 9/17). Für die private Verwendung einer teuren Maschine muss der Gesamtaufwand an Kosten berechnet und dann der auf die private Verwendung entfallende Anteil ermittelt werden. Bei einer Leistungsentnahme kommen die Arbeitskosten hinzu.

Ein Sonderfall der Nutzungsentnahme ist die Privatnutzung eines Firmenfahrzeugs. Dafür gibt es besondere steuerliche Regelungen. Sie kann auf zwei Arten berücksichtigt werden, per Fahrtenbuch oder 1-Prozent-Methode.

Barentnahme

Wenn Selbstständige sich Geld vom Firmenkonto zur privaten Verwendung auszahlen oder überweisen, ist das im Gegensatz zur Sachentnahme nicht umsatzsteuerpflichtig.

Allerdings müssen alle solche Privatentnahmen ordentlich gebucht und bei der Einkommensteuererklärung berücksichtigt werden.

 

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