Bei betriebsinternen schwarzen oder Sperr-Listen sollte unbedingt der Datenschutz beachtet werden. In bestimmten Fällen ist es kaum vermeidbar, sich Sperrlisten über Kunden oder Interessenten anzulegen, die durch Fehlverhalten auffallen oder zahlungsunfähig sind. In vielen anderen Fällen verstoßen interne Vermerke gegen die die Datenschutz-Bestimmungen. Ein Beispiel sind geheime schwarze Listen mit personenbezogenen Informationen zum eigenen Personal. Dann drohen hohe Bußgelder.
Für Unternehmen jeder Größe ist es nützlich, wenn sie geschäftliche Informationen genau im Blick behalten, dokumentieren und analysieren. Das gilt auch für negatives oder verdächtiges Verhalten und unliebsame Eigenschaften von Menschen, die mit dem Betrieb zu tun haben.
Schwarze Listen mit Sperrvermerken werden in vielen Unternehmen geführt: über (frühere) Kunden und Interessenten, Auftragnehmer und Zulieferer, Vertriebs- und Geschäftspartner und oft auch über Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Häufig finden sich in diesen Listen neben konkreten Vorkommnissen auch subjektive Wertungen. Häufig geht es zudem um Verhalten, das sich juristisch nicht beanstanden lässt. Und fast immer enthalten sie personenbezogene Informationen.
Das ist aus Sicht des Datenschutzrechts ein Problem: Das Führen schwarzer Listen ist mit der Speicherung beziehungsweise Verarbeitung personenbezogener Daten verbunden. Schließlich enthalten sie Namen und Vornamen, Adressen und Kontaktdaten, berufliche Positionen und Geschlechtsangaben. Dazu kommen oft Notizen zum Verhalten und Kommunikationsinhalte. Nicht selten werden selbst heikle Angaben etwa zur Gesundheit, zur ethnischen Zugehörigkeit, zu Weltanschauung oder Religion oder zu Gewerkschafts- und Betriebsratsaktivitäten festgehalten. Ob die Angaben digital gespeichert oder handschriftlich in einer Kladde notiert werden, macht keinen Unterschied.
Das Speichern und Nutzen solcher personenbezogenen Daten erlaubt das europäische Datenschutzrecht im Wesentlichen nur unter vier Voraussetzungen (Art 6 DSGVO):
Es gibt legitime Zwecke, die das Abspeichern oder Festhalten personenbezogener Angaben in schwarzen oder anderen Listen erlauben.
Eine Bank darf beispielsweise Ex-Kunden, bei denen es konkrete Anhaltspunkte auf Geldwäsche oder andere Verstöße gibt, in einer solchen Liste eintragen. Schließlich ist sie gesetzlich verpflichtet, die missbräuchliche Nutzung ihrer Konten zu unterbinden.
Die Glückspiel-Sperrliste für Spielsalons und Casinos, auf der Spielsüchtige eingetragen werden, beruht nicht nur auf Eintragungen durch Angehörige oder den Betroffenen selbst. Die Beschäftigten in Spielsalons sind ebenfalls berechtigt (und verpflichtet), spielsüchtige Besucher dort zu melden.
Grundsätzlich darf jedes Unternehmen eine schwarze Liste anlegen, um sich vor Betrug, Missbrauch und unseriösen oder zahlungsunfähigen Vertragspartnern zu schützen. Typisches Beispiel sind Nicht-Zahler: Jedes Unternehmen hat ein berechtigtes Interesse daran, ihre Namen festzuhalten, um keine erneuten Bestellungen zuzulassen. Eine Geschäftsführung, die solche Vorkehrungen versäumt, riskiert die persönliche Haftung. Allerdings muss dabei das Datenschutzrecht eingehalten werden.
Schwarze Listen sind datenschutzrechtlich selten ohne Risiko. Das Unternehmen, das die Liste führt, muss im Streitfall ihre Berechtigung nachweisen können.
Außerdem stellt die Liste aus DSGVO-Perspektive eine Form von Datenverarbeitung vor, die je nach Größe des Betriebs und seiner Organisation zu datenschutzrechtlichen Pflichten führt: die Berufung eines Datenschutzbeauftragten (Art. 37 DSGVO) beispielsweise oder eine Datenschutz-Folgenabschätzung (Art. 35 DSGVO). Die in der Liste Aufgeführten haben das Recht, Auskunft darüber zu verlangen, ob, wozu und welche Informationen über sie gespeichert werden (Art. 15 DSGVO).
Drei beispielhafte Fälle von Unternehmen, denen interne schwarze Listen beträchtliche Bußgelder einbrachten, machen das rechtliche Risiko deutlich.
Solche Fälle sind keineswegs auf Deutschland beschränkt. Schließlich gilt die DSGVO EU-weit. In den Niederlanden mussten selbst die Finanzbehörden eine Rekordstrafe von 3,4 Millionen Euro bezahlen. Die Finanzämter hatten eine unzulässige schwarze Liste mutmaßlicher Steuerhinterzieher geführt.
Bußgelder aufgrund von DSGVO-Verstößen treffen keineswegs nur große Betriebe. Die Datenschutzbeauftragten ahnden solche Verstöße auch bei kleineren Unternehmen, wie ein Blick in die DSGVO-Bußgelddatenbank belegt. (Die Angabe „0 €“ bedeutet dort nicht, dass kein Bußgeld verhängt wurde, oft ist nur dessen Höhe nicht bekannt).
Selbst in einem Kleinbetrieb genügt bereits ein unzufriedener Mitarbeiter, damit eine intern geführte schwarze Liste, die gegen die DSGVO verstößt, bei den Medien oder im Büro des Datenschutzbeauftragten landet – mit entsprechenden Konsequenzen.
Umgekehrt ist längst nicht jede Sperrliste verboten: Nur in wenigen Ausnahmen sind Unternehmen verpflichtet, jeden Interessenten als Kunden zu akzeptieren. Sie dürfen sich vor unerwünschten Geschäfts- und Vertragspartnern schützen, soweit belastbare Indizien für mangelnde Seriosität oder Verlässlichkeit vorliegen und ein berechtigtes Interesse am Ausschluss begründen. In bestimmten Fällen sind interne Sperrlisten unumgänglich, um gesetzliche Vorgaben etwa zur Geldwäsche-Bekämpfung zu erfüllen oder um als Geschäftsführung der Sorgfaltspflicht gerecht zu werden. Selbst die EU führt im Rahmen ihres Frühwarnsystems eine schwarze Liste, die verdächtige Personen und Organisationen von EU-Finanzmitteln ausschließt.
Aus einer zulässigen schwarzen Liste mit personenbezogenen Angaben ergeben sich Datenschutzpflichten. Betroffene, beispielsweise Interessenten oder Bewerber, müssen über die mögliche Speicherung informiert werden. Stellt ein Gelisteter kein Risiko mehr da, ist sein Eintrag zu löschen. Außerdem haben Betroffene einen Auskunftsanspruch: Sie können fragen, was über sie in der Liste steht und wozu sie existiert.
In jedem Fall werden schwarze Listen dann zum Rechtsrisiko, wenn sie in diskriminierender Absicht oder heimlich geführt werden. Ganz besonders riskant sind schwarze Listen über Arbeitnehmer: Im Unterschied zur Personalakte – in die Beschäftigte Einblick nehmen dürfen – verstoßen heimlich geführte Listen unliebsamer Mitarbeiter mit Sicherheit gegen den Arbeitnehmerdatenschutz. Das Gleiche gilt für Listen, die ohne Rechtsgrundlage mit anderen Unternehmen oder Personen geteilt werden.
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