Da staunt der Laie, und der Fachmann wundert sich: Mit dem BMF-Schreiben vom 26. Februar 2021 hat ein echtes Novum Einzug ins deutsche Steuerrecht gehalten: die einjährige betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer. Rückwirkend ab Januar 2021 gilt: Die Anschaffungs- und Herstellkosten von ...
... dürfen bereits im Jahr der Anschaffung komplett abgeschrieben werden! Bislang galt für solche Wirtschaftsgüter eine mindestens dreijährige betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer.
Als Begründung führt die Finanzverwaltung an, dass diese Wirtschaftsgüter aufgrund des raschen technischen Fortschritts einem immer schnelleren Wandel unterliegen. Anlass für die Steuererleichterung war aber wohl eher die Absicht, die Corona-bedingt schwächelnde Wirtschaft zusätzlich zu stimulieren.
Bitte beachten Sie: Trotz des unterstellten Corona-Hintergrunds gilt die Neuregelung dauerhaft. Es ist also keine zeitlich befristete Pandemie-Maßnahme! Für die meisten von der Pandemie betroffenen Unternehmen macht eine zusätzliche Gewinnminderung angesichts der desolaten Ertragslage ohnehin keinen Sinn. |
Die meisten anderen Selbstständigen und Unternehmer werden die Möglichkeit hingegen begrüßen, viele IT-Investitionen zeitnah abschreiben zu können. Trotzdem ergeben sich aus der Neuregelung eine Menge Fragen zur praktischen Umsetzung.
Langlebige Wirtschaftsgüter im Nettowert von mehr als 800 Euro müssen über die Nutzungsdauer „abgeschrieben“ werden. Den Umsatzsteueranteil erkennt das Finanzamt sofort in voller Höhe als Vorsteuer an.
Abschreibung (auch „Absetzung für Abnutzung“ = AfA genannt) bedeutet, dass Sie Ausgaben für langlebige Wirtschaftsgüter im Jahr der Anschaffung nur teilweise bei der Gewinnermittlung berücksichtigen dürfen.
Mit anderen Worten: Sie müssen Ihre Lieferanten zwar sofort bezahlen – bei der Gewinnermittlung erkennt das Finanzamt einen Großteil der Anschaffungskosten aber erst nach Jahren als Betriebsausgabe an!
Über welchen Zeitraum Anschaffungen abgeschrieben werden, hängt von der „betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer“ ab. Die übliche Nutzungsdauer legen die Finanzbehörden in sogenannten AfA-Tabellen fest. Für Computer-Hardware betrug die gewöhnliche Nutzungsdauer bis einschließlich 2020 drei Jahre. Die Nutzungsdauer von Software orientiert sich in der Regel an der dazugehörigen Computer-Hardware. Für spezielle Unternehmens-Software („Enterprise-Resource-Planning“, ERP) galt bislang sogar eine fünfjährige Nutzungsdauer.
Bitte beachten Sie:
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Angenommen, Sie haben im Juli des vergangenen Jahres ein Notebook im Wert von 1.800 Euro gekauft. Bei einer dreijährigen Nutzungsdauer und linearer Abschreibung bedeutet das:
Von 1.800 Euro durften demnach im Jahr 2020 standardmäßig nur 300 Euro als Notebook-Abschreibung geltend gemacht werden. Die übrigen 1.500 Euro mussten auf die folgenden drei Kalenderjahre verteilt werden (2 x 600 Euro und 1 x 300 Euro in 2023).
Bitte beachten Sie: Durch Sonderabschreibungen konnte der Abschreibungsbetrag im Anschaffungsjahr in der Vergangenheit bereits höher ausfallen. |
Sonderabschreibungen und ähnliche Feinheiten erübrigen sich künftig bei den meisten IT-Investitionen:
Wichtig: Der Wortlaut des BMF-Schreibens legt nahe, dass es bei der Abschreibungsdauer ein Wahlrecht gibt. Demnach „kann [...] eine betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer von einem Jahr zugrunde gelegt werden.“
Mit anderen Worten: Ist die Abschreibung in späteren Wirtschaftsjahren für Sie steuerlich günstiger (z. B. wegen voraussichtlich steigender Gewinne und damit absehbar höherer Steuerbelastung), dürfen Sie auch die bisherige drei- bis fünfjährige betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer zugrunde legen!
Bitte beachten Sie: Ob diese Rechtsauffassung tragfähig ist, wird früher oder später von den Finanzgerichten geklärt. Anders als ein Gesetz ist der Wortlaut von BMF-Schreiben zwar für Finanzämter bindend – nicht jedoch für die Gerichte! Die Einzelheiten besprechen Sie wie üblich am besten mit Ihrem Steuerberater – oder Sie fragen direkt beim Finanzamt nach. |
Das Bundesfinanzministerium listet in seinem Schreiben akribisch die begünstigten Wirtschaftsgüter auf. Demnach gilt die einjährige betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer (und damit die Sofortabschreibung) insbesondere für ...
Auch Tablets gehen als Computer durch. Nicht jedoch Smartphones: Die müssen weiterhin über die dreijährige Nutzungsdauer abgeschrieben werden!
Fun fact: Offiziell sieht die AfA-Tabelle für allgemein verwendbare Anlagegüter bei „Funktelefonen“ sogar noch eine fünfjährige Abschreibungsdauer vor. Kein Wunder: Zum Zeitpunkt der letzten Aktualisierung der allgemeinen AfA-Tabelle gab es noch keine Smartphones... 😊 |
Auch Software darf ab sofort im Jahr der Anschaffung komplett abgeschrieben werden. Das gilt insbesondere für ...
Auch die Anschaffungskosten der Rechnungs- und Bürosoftware orgaMAX können Sie damit auf jeden Fall im laufenden Jahr in voller Höhe gewinnmindernd geltend machen.
Apropos orgaMAX:
In Ihrer Bürosoftware ordnen Sie Neuanschaffungen mit wenigen Mausklicks Ihrem Anlagevermögen zu. So sorgen Sie dafür, dass orgaMAX die am Jahresende fälligen Abschreibungen automatisch erledigt.
Angenommen, Sie haben im August 2021 ein neues Notebook zum Preis von 2.142 Euro gekauft (1.800 Euro plus 342 Euro Mehrwertsteuer). Kurz darauf erscheint die Zahlung im Arbeitsbereich „Finanzen > Zahlungen Bank / Kasse“ auf Ihrem Geschäftskonto:
Dann öffnen Sie den Zuordnungsassistenten ...
Bitte beachten Sie: orgaMAX berechnet den Abschreibungsbetrag im Jahr der Anschaffung bislang standardmäßig monatsgenau. Um die laut BMF-Schreiben zulässige Komplettabschreibung in Anspruch zu nehmen, aktivieren Sie die Option (7) „Tabelle manuell anpassen“: |
Im Dialogfenster „Abschreibungsdetails“ ...
Um alles Übrige kümmert sich orgaMAX: In der „Anlage AVEÜR 2021“ (= Seite 5 der „Anlage EÜR“, die Sie im Bereich „Finanzen > Steuer-Auswertungen > Einnahmenüberschussrechnung“ finden) erscheint die beschriebene Notebook-Abschreibung ...
LektüretippsWeiterführende Informationen zu Steuer- und Rechtsthemen finden Sie im orgaMAX-Blog und im Newsletter-Archiv:
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