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Zeitfalle für Arbeitgeber: Sozialversicherungs-Pflicht trotz pauschaler Lohnsteuer

14. Jun. 2024
6 MIN

Zeitfalle_Arbeitgeber_pauschale_Lohnsteuer

Bei bestimmten Arbeitgeberleistungen kann die Lohnsteuer pauschal entrichtet werden. Zusätzlicher Vorteil: Dann entfallen die Sozialversicherungsbeiträge. Dafür muss die Versteuerung jedoch rechtzeitig erfolgen. Das hat das Bundessozialgericht entschieden.

 

Worum geht es?

Für den geldwerten Vorteil bestimmter Arbeitgeberleistungen kann die Lohnsteuer mit einem pauschalen Satz versteuert werden. Das erspart das Berechnen der individuellen Lohnsteuer. Außerdem sind diese Leistungen damit sozialversicherungsfrei.

Allerdings gilt die Beitragsfreiheit in der Sozialversicherung nur, wenn die pauschale Steuerung ohne Verzögerung stattfindet. Schon bisher setzte der Prüfdienst dafür als Deadline die Übermittlung der Lohnsteuerbescheinigung, spätestens zu Ende Februar des Folgejahrs. Nun setzt ein Urteil des Bundessozialgerichts eine noch engere Frist: demnach muss die Pauschalbesteuerung direkt mit der Lohn- und Gehaltsabrechnung für den betreffenden Zeitraum erfolgen.

 

Lohnsteuerpauschalierung: feste Lohnsteuer statt individueller Steuerabzüge

Grundsätzlich muss die Lohnsteuer für alle Beschäftigten individuell berechnet werden. Ihre Höhe hängt von den Lohnsteuer-Abzugsmerkmalen des Arbeitnehmers wie etwa möglichen Kinderfreibeträgen ab, von seiner Steuerklasse und natürlich von der Höhe des Einkommens.

Bei bestimmten Leistungen erlaubt das Steuerrecht jedoch pauschale Lohnsteuersätze, unabhängig von Lohnsteuerklasse und Abzugsmerkmalen. Einige Beispiele:

  • Wenn das Unternehmen Angestellte aus betrieblichem Anlass beschenkt, kann der Wert mit 30 Prozent besteuert und die Pauschalsteuer vom Arbeitgeber übernommen werden.
  • Mit 25 Prozent pauschal besteuert werden können unter anderem vom Arbeitgeber subventionierte Mahlzeiten, Erholungsbeihilfen, Ausgaben für Betriebsveranstaltungen sowie Zahlungen zur Verpflegung bei Auswärtstätigkeiten über den steuerfreien Verpflegungsmehraufwand hinaus. Der gleiche pauschale Lohnsteuersatz kann auch angewendet werden, wenn der Chef seinen Arbeitnehmern ein Smartphone oder anderes „Datenverarbeitungsgerät“, eine Wallbox zum Laden des E-Autos oder ein Fahrrad bezahlt und diese Geräte in Arbeitnehmereigentum übergehen.
  • Mit 20 Prozent werden Arbeitgeberbeiträge zu einer umlagefinanzierten Pensionskasse als besonderer Form betrieblicher Altersvorsorge besteuert.
  • In Höhe von 15 Prozent können Fahrtkostenzuschüsse des Arbeitgebers besteuert werden, ebenso ein Jobticket auf Grundlage von Gehaltsumwandlung.
  • Mit 2 Prozent wird in der Regel die Lohnsteuer von Minijobbern pauschaliert. Ist der Minijob auch für den Arbeitgeber rentenversicherungsfrei, sind es 20 Prozent.

Das ist nur ein Teil der Möglichkeiten pauschaler Lohnsteuer (§ 37b EStG, §§ 40-40b EstG). Dabei gelten jeweils bestimmte Voraussetzungen und Besonderheiten. Außerdem ist die Lohnsteuerpauschalierung selbst dort, wo sie möglich ist, immer nur eine Option. Der Arbeitgeber kann stattdessen stets auch die individuelle Besteuerung nutzen.

Schuldner des Finanzamts für die pauschalierte Lohnsteuer ist der Arbeitgeber. Ob er sie auf die Arbeitnehmer „abwälzt“, wie es das Einkommensteuergesetz formuliert, ist grundsätzlich seine Sache.

 

Tipps zu pauschal besteuerten Arbeitgeberleistungen

Möglichkeiten, um Arbeitnehmern Gehaltsbestandteile mit pauschaler Versteuerung zu gewähren, beschreiben die Beiträge:

 

Bei pauschaler Lohnsteuer: grundsätzlich sozialversicherungsfrei, aber nicht immer

Lohnsteuerpauschalierung führt genau wie Lohnsteuerfreiheit in der Regel dazu, dass auch die Beiträge zur Sozialversicherung für die entsprechenden Leistungen wegfallen. Das macht die Lohnsteuerpauschalierung für Arbeitgeber noch attraktiver: sie spart nicht nur Steuern für den Arbeitnehmer, zumindest in der Mehrzahl der Fälle. Auch die Belastung des Arbeitgebers selbst sinkt, weil er im Gegensatz zur individuellen Besteuerung keine Arbeitgeberanteile zur Sozialversicherung entrichtet.

Allerdings entfällt die Sozialversicherungspflicht nicht in allen Fällen von Lohnsteuerpauschalierung. Eine Ausnahme ist die pauschale Lohnsteuer bei Minijobs bzw. geringfügiger Beschäftigung, eine weitere die Lohnsteuerpauschalierung in Höhe von 30 Prozent für Geschenke bzw. Sachzuwendungen, falls diese an eigene Arbeitnehmer gehen.

Andere pauschal versteuerte Leistungen sind dagegen sozialversicherungsfrei – so zum Beispiel Fahrtkostenzuschüsse, eine Erholungsbeihilfe oder ein vom Arbeitgeber bezahlter Laptop, der in das Eigentum der Arbeitnehmerin übergeht. Dafür muss der Arbeitgeber die Lohnsteuer jedoch tatsächlich pauschaliert haben. Versteuert er die Leistung nach individuellen Merkmalen, ist sie sozialversicherungspflichtig.

Außerdem muss der pauschale Lohnsteuerabzug rechtzeitig erfolgt sein. Das hat das Bundessozialgericht vor kurzem bestätigt, und dabei die Zeitgrenze noch verschärft.

 

Bundessozialgericht: Wer zu spät kommt, zahlt Sozialversicherungsbeiträge

Der Gesetzestext erfordert, dass die Lohnsteuerpauschalierung mit der Entgeltabrechnung für den jeweiligen Abrechnungszeitraum „mit der Entgeltabrechnung für den jeweiligen Abrechnungszeitraum“ erfolgt (§ 1 Abs. 1 SvEV).

Das interpretierten die Spitzenverbände der Sozialversicherung bisher so, dass die Pauschalbesteuerung spätestens dann erfolgt sein muss, wenn der Arbeitgeber dem Finanzamt die elektronische Lohnsteuerbescheinigung übermittelt. Dies muss spätestens zum letzten Februartag des Folgejahres geschehen. Danach kann zwar der Lohnsteuerabzug einer bestimmten Arbeitgeberleistung noch geändert werden. An der Beitragspflicht lässt sich jedoch nichts mehr ändern, so zumindest die Spitzenverbände, selbst wenn die Lohnsteuer noch pauschaliert werde.

Ob sie mit ihrer Position richtig lagen, war bis vor kurzem ungeklärt. Nun hat das Bundessozialgericht diese Rechtsauffassung vor kurzem bestätigt und noch verschärft: es beharrt darauf, dass die Anmeldung der Lohnsteuerpauschalierung mit der Entgeltabrechnung für den betreffenden Lohnabrechnungszeitraum erfolgen muss, um die Beitragsfreiheit in der Sozialversicherung zu gewährleisten.

Ob die Sozialversicherungsträger das Urteil dazu nutzen werden, um ihre Prüfpraxis ebenfalls entsprechend zu verschärfen, muss sich noch zeigen.

 

Der Fall: Jubiläumsfeier im September, Lohnsteuerabzug im März

Der vom Bundessozialgericht entschiedene Fall betraf ein Unternehmen, das für seine Beschäftigten im September eine Feier zum Firmenjubiläum ausgerichtet hatte. Der Pro-Kopf-Aufwand betrug mehr als die steuerfreien 110 Euro. Die deshalb fällige pauschale Lohnsteuer wurde jedoch erst im folgenden März angemeldet und versteuert.

Aufgrund dieser Tatsache forderte die Deutsche Rentenversicherung nach einer Betriebsprüfung rund 60.000 Euro an Beitragsnachzahlung. Das Unternehmen legte Widerspruch ein. Es kam zu einem Prozess, der bis zum Bundessozialgericht führte. Das bestätigte den Beitragsanspruch der Sozialversicherungsträger, weil die Lohnsteueranmeldung zu spät erfolgt war. Die pauschale Besteuerung hätte mit der Entgeltabrechnung für den September erfolgen müssen (BSG, 23.04.2024 - B 12 BA 3/22 R).

 

Fazit: keine Verzögerungen bei Pauschalversteuerung

Für die Praxis bedeutet die Entscheidung: Nutzen Arbeitgeber und Arbeitnehmer die Möglichkeit zur Pauschalbesteuerung, dann müssen sie sich umgehend darum kümmern - am besten direkt mit der nächsten Lohn- oder Gehaltsabrechnung, spätestens aber bis zum Übermittlungstermin für die Lohnsteuerbescheinigung.

Das gilt nicht nur für den Pro-Kopf-Aufwand bei Betriebsfeiern, sondern auch für Essenzuschüsse, eine Erholungsbeihilfe oder einen vom Arbeitgeber finanzierten Laptop.

Übrigens ist die Rechtslage bei steuerfreien Leistungen, die ebenfalls sozialversicherungsfrei sind, gleich: auch dort läuft de facto eine Frist, die gemäß der BSG-Entscheidung mit der Lohnabrechnung für den entsprechenden Monat endet.

 

Lektüretipps

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