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Doppelte Haushaltsführung bei Selbstständigen: weniger Steuern

Geschrieben von orgaMAX Redaktionsteam | 20.06.23 09:00

Selbstständige, die aus beruflichen Gründen an zwei Orten wohnen, haben höhere Kosten. Den erhöhten Aufwand für die doppelte Haushaltsführung können Sie bei der Einkommensteuer als Betriebskosten ansetzen. Damit senken Sie Ihre Steuerlast.

Doppelte Haushaltsführung: zweiter Wohnsitz aus beruflichen Gründen

Ein typischer Fall von doppelter Haushaltsführung: Der oder die Selbstständige hat den Hauptwohnsitz zum Beispiel in München. Dort lebt die Partnerin oder der Partner und vielleicht die Kinder. Dort liegt auch der Lebensmittelpunkt. Der Ort der Arbeit ist Hamburg, zu weit für tägliches Pendeln. Deshalb lebt der oder die Selbstständige unter der Woche in Hamburg in einer Zweitwohnung. Wochenenden und freie Tagen werden in München verbracht.

Für solche Konstellationen sieht das Steuerrecht bei Selbstständigen wie bei Arbeitnehmern Erleichterungen vor. Selbstständige dürfen den zusätzlichen Aufwand als Betriebsausgaben von den Einnahmen abziehen: Kosten der Zweitwohnung, zusätzliche Fahrtkosten, zusätzliche Verpflegungskosten sowie Umzugskosten.

Wo steht das im Gesetz?

Die Rechtsgrundlage findet sich im Einkommensteuergesetz: In § 9 Abs. 1 Nr. 5 EstG ist der Werbekostenabzug für die doppelte Haushaltsführung bei Arbeitnehmern geregelt. Gemäß § 4 Abs. 5 Nr. 6a EStG gelten diese Regelungen auch für Selbstständige. Verwaltungsanweisungen hat die Finanzverwaltung in Punkt 4a des BMF-Schreibens vom 25. November 2020 zusammengefasst.

Wann akzeptiert das Finanzamt eine doppelte Haushaltsführung?

Für den Betriebskostenabzug gelten mehrere Voraussetzungen:

  • Der zweite Wohnsitz ist beruflich veranlasst. Ihr Ferienhaus zählt nicht, selbst wenn Sie dort aufgrund der Ruhe besonders gut arbeiten können. Dagegen entsteht eine doppelte Haushaltsführung, wenn Sie Familie und Lebensmittelpunkt in München haben, aber unter der Woche in Hamburg wohnen, weil dort Ihr Betrieb liegt, oder der Firmensitz eines Kunden, bei dem Sie für ein Projekt auf Monate hinaus arbeiten. Entscheidend ist, dass es die Haupt- und eine Zweitwohnung gibt. Wie oft Sie wo übernachten, ist für sich genommen nicht ausschlaggebend.
  • Ihr Einsatzort ist von der Zweitwohnung aus schneller erreichbar. Die Strecke zwischen Einsatzort und Zweitwohnung sollte maximal die Hälfte der Distanz zum ersten Wohnsitz betragen. Diese Distanz sollte zudem groß genug sein, dass tägliches Pendeln vom ersten Wohnsitz aus unzumutbar wird. Davon geht das Finanzamt aus, wenn die Fahrzeit mehr als eine Stunde oder die Entfernung mehr als 50 Kilometer beträgt.
  • Ihr Lebensmittelpunkt liegt am ersten Wohnsitz. Wenn Sie in Hamburg wohnen und den Partner in München nur in den Ferien besuchen, ist das keine doppelte Haushaltsführung. Die Finanzverwaltung will, dass die Wohnung am ersten Wohnsitz der „auf Dauer angelegte Mittelpunkt der Lebensinteressen“ ist. Bei Verheirateten gibt es in der Regel keine Diskussionen. In anderen Fällen kann es sein, dass man regelmäßige Aufenthalte nachweisen muss, beispielsweise mindestens zwei pro Monat. Auch der Hinweis auf Vereinsmitgliedschaften oder ehrenamtliche Engagements am ersten Wohnsitz kann helfen.
  • Sie müssen am ersten Wohnsitz einen „Hausstand“ unterhalten. Das Finanzamt fordert, dass Sie die „Haushaltsführung bestimmen oder wesentlich mitbestimmen“. Sie können die Wohnung dort zum Beispiel gekauft, geerbt oder gemietet haben. Es kann sich auch um die Wohnung Ihres Ehepartners oder Ihrer Lebensgefährtin handeln, oder um eine Wohngemeinschaft, zu der Sie gehören.
    Wenn sie nicht Mieter oder Eigentümer der Wohnung sind, sollten Sie sich nachweislich an den laufenden Kosten beteiligen, in der Regel mit mindestens zehn Prozent. Darauf achtet der Fiskus zum Beispiel dann, wenn die in der Steuererklärung genannte Hauptwohnung aus einem Zimmer im Haus der Eltern besteht. Regelmäßige Zahlungen in bestimmter Höhe darf das Finanzamt jedoch nicht fordern (BFH, 12.01.2023 - VI R 39/19).
    Am Erstwohnsitz muss auch kein dauerndes „hauswirtschaftliches Leben“ stattfinden. Zwei Selbstständige, die ihren gemeinsamen ersten Wohnsitz in München haben, können beide den Großteil der Zeit aus beruflichen Gründen an ihrem jeweiligen Zweitwohnsitz verbringen. Dieser kann auch in einer gemeinsamen Wohnung in Hamburg bestehen, wenn beide dort arbeiten. In diesem Fall dürfen beide Partner den vollen (eigenen) Aufwand der doppelten Haushaltsführung ansetzen.

 

Bitte beachten Sie: Entscheidend ist der Einzelfall. Sie haben eine doppelte Haushaltsführung geltend gemacht, das Finanzamt sieht es anders? In solchen Fällen kann sich Gegenwehr lohnen. Die Gesamtbetrachtung ist stets wichtiger als Einzelkriterien wie „Hauptwohnsitz wurde sechs Mal im Jahr aufgesucht“ oder „Zweitwohnung ist nicht Familienwohnung“. Am besten, Sie sprechen mit Ihrem Steuerberater oder einer Rechtsanwältin über die Aussichten eines Einspruchs gegen den Steuerbescheid.

Selbstverständlich sollten Sie sowohl am Hauptwohnsitz wie in der Zweitwohnung ordnungsgemäß gemeldet sein.

 

 

Welche Kosten können Sie geltend machen?

  • Laufende Kosten der Zweitwohnung bis zu maximal 1.000 Euro: Das ist ein Höchstbetrag, keine Pauschale. Sie müssen die Kosten mit Belegen nachweisen können. Berücksichtigt werden z. B. Mietkosten, eine Zweitwohnungs- und die Grundsteuer, die Zinsen eines Immobiliendarlehens, Abschreibungen auf den Immobilienkauf, die Hausratversicherung, Wohnungsreparaturkosten, Heiz- und andere Nebenkosten, Parkplatz- oder Garagengebühren, die Kosten für eine Putzhilfe etc.
    Werden die 1.000 Euro in einem Monat nicht ausgeschöpft, kann der verbleibende Betrag auf einen anderen Monat des Kalenderjahrs übertragen werden (§ 11 Abs. 2 EstG), entscheidend ist die jährliche Gesamtgrenze von 12.000 Euro. Betriebskostenerstattungen müssen Sie vom Höchstbetrag abziehen.
  • Die Kosten für Möbel, Haushaltsgeräte und andere Einrichtungsgegenstände im erforderlichen und angemessenen Rahmen können Sie als „notwendige Mehraufwendungen“ zusätzlich zu den laufenden Kosten absetzen. Bis zu einem Betrag von 5.000 Euro für Mobiliar und Gerätschaften verzichtet das Finanzamt auf eine Einzelprüfung. Bei möbliert vermieteten Wohnungen oder Zimmern muss der auf die Einrichtung entfallende Mietanteil geschätzt werden, wenn er sich nicht aus dem Mietvertrag ergibt.
    Für Möbel und Elektrogeräte, die die GWG-Grenze von 800 Euro netto überschreiten, darf pro Jahr nur der jeweils geltende Abschreibungsbetrag gemäß AfA angesetzt werden. Bei Möbeln dauert die Abschreibungsfrist 13 Jahre, bei einer Waschmaschine oder einem Kühlschrank sind es 10 Jahre.
    Inzwischen haben die Gerichte mehrfach auch einen separat angemieteten Kfz-Stellplatz als notwendige Mehraufwendung anerkannt. Er fällt damit genau wie die Beschaffung notwendiger Möbel nicht unter die 1.000-Euro-Grenze für Unterkunftskosten (z. B. FG Mecklenburg-Vorpommern, 21.09.2022 - 3 K 48/22).
  • Arbeitsmittel machen Sie gesondert geltend. Das betrifft berufliche Anschaffungen für die Zweitwohnung wie einen dort genutzten Computer, Schreibtisch oder Bürostuhl. Gibt es in der Zweitwohnung ein häusliches Arbeitszimmer, werden die darauf entfallenden Arbeitsmittel und laufenden Kosten ebenfalls gesondert angesetzt. Hinweise dazu und zum Arbeitsmittel-Abzug stehen im Beitrag „Homeoffice-Pauschale und häusliches Arbeitszimmer für Selbstständige“.
  • Ihre Fahrtkosten für eine wöchentliche „Familienheimfahrt“ sowie für die Hinfahrt zu Beginn und die Rückfahrt am Ende der doppelten Haushaltsführung dürfen Sie ebenfalls geltend machen. Für die Hinfahrt zu Beginn und die Rückfahrt am Ende der doppelten Haushaltsführung können Sie entweder die tatsächlichen Kosten oder die Fahrtkostenpauschale von 30 Cent pro Kilometer ansetzen. Bei den wöchentlichen Familienheimfahrten kann dagegen nur die Entfernungspauschale von derzeit 30 Cent für die ersten 20 Entfernungskilometer und 38 Cent für jeden weiteren Entfernungskilometer genutzt werden.
    Findet die Familienheimfahrt im Firmenwagen statt, muss im Gegenzug eine Betriebseinnahme gebucht werden. Im Fall der 1-Prozent-Methode sind das pro Kilometer 0.002 Prozent vom Listenpreis, im Fall der Fahrtenbuchmethode der errechnete Kostenanteil pro Kilometer. In dieser Beziehung sind Selbstständige gegenüber Arbeitnehmern schlechter gestellt, da diese Familienheimfahrten nicht als geldwerten Vorteil versteuern müssen. Mehr zur Versteuerung der Privatnutzung von Firmenwagen steht im Beitrag „Geschäftswagen von Selbstständigen: 1-Prozent-Methode oder Fahrtenbuch?
    Wenn Sie die Bahn nutzen, können Sie dafür statt der Entfernungspauschale auch die tatsächlichen Kosten ansetzen. Beim Flugzeug ist nur der Ansatz der tatsächlichen Kosten möglich.
  • Drei Monate lang können Sie Pauschalen für Ihre zusätzlichen Verpflegungskosten als Betriebskosten geltend machen. An Tagen, an denen Sie nicht am Hauptwohnsitz waren, betragen die Pauschbeträge 28 Euro, wenn die Abwesenheit mindestens 24 Stunden beträgt, und 14 Euro bei mindestens 8stündiger Abwesenheit sowie am Anreise- und Abreisetag (§ 4 Abs. 5 Nr. 5 EStG in Verbindung mit § 9 Abs. 4a EstG). Nach drei Monaten am Ort der Zweitwohnung entfällt diese Abzugsmöglichkeit.
  • Die Kosten für den Umzug in die Zweitwohnung sind in kompletter Höhe als Betriebskosten absetzbar. Dazu gehören neben der Rechnung einer Umzugsfirma auch Maklerkosten und die Fahrtkosten für Wohnungsbesichtigungen. Ansetzen können Sie außerdem die Kosten des Rückumzugs beim Beenden der doppelten Haushaltsführung. Eine Pauschale dürfen Sie für die Umzugskosten bei doppelter Haushaltsführung im Gegensatz zu anderen Konstellationen nicht geltend machen: Sie können nur die tatsächlichen Kosten ansetzen (FG Thüringen, 29.06.2015 - 2 K 698/14, zu § 10 BUKG).

 

Bitte beachten Sie: Wenn Sie die Kosten für eine doppelte Haushaltsführung in Ihrer Steuererklärung ansetzen, können Sie natürlich nicht gleichzeitig Reise- und Fahrtkosten für eine dortige Auswärtstätigkeit geltend machen.

 

 

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