Verbraucherschutzbestimmungen sind nicht nur für Online-Händler relevant. Das musste ein Gartenbauer aus der Pfalz auf schmerzhafte Weise erfahren. Der Dienstleister hatte den Auftrag seines Kunden, eines Privatmanns, zwar korrekt ausgeführt. Er hatte ihm jedoch keine Widerrufsbelehrung übermittelt. Nach Abschluss der Arbeiten widerrief der Kunde den Auftrag, anstatt zu bezahlen.
Dazu war er berechtigt. Das wurde ihm vom Landgericht Frankenthal bestätigt. Der Gartenbauer empfand das Verhalten des Auftraggebers mit Sicherheit als unfair. Vor Gericht blitzte er mit seiner Forderung nach Bezahlung jedoch ab.
Der Fall ist eine eindringliche Warnung für Handwerker und andere Dienstleister, die für Verbraucher tätig werden. Sie sollten darauf achten, dass ihre Verträge, AGB und die vom Verbraucherrecht geforderten Pflichtinformationen korrekt formuliert sind und tatsächlich übermittelt werden. Sonst droht ihnen das gleiche Schicksal wie dem pfälzischen Gartenservice-Anbieter.
Der Betrieb sollte sich um den völlig verwilderten Garten einer Villa im Raum Bad Dürkheim kümmern. Umfangreiche Gartenbauarbeiten waren notwendig, um das Grundstück auf Vordermann zu bringen. Den Auftrag erteilte der Villeneigentümer telefonisch den Auftrag.
Nach Abschluss der Arbeiten kam es zum Streit über die Rechnung. Sie belief sich auf fast 19.000 Euro. Der Auftraggeber monierte den Stundensatz, den der Gartenbaubetrieb berechnet hatte.
Außerdem hielt er die Rechnung für nicht prüffähig. Prüffähigkeit setzt laut Bürgerlichem Gesetzbuch eine „übersichtliche Aufstellung der erbrachten Leistungen“ voraus, so dass die Rechnung „für den Besteller nachvollziehbar ist“ (§ 650g Abs. 4 BGB). Erst dann kann bei Bauleistungen die Bezahlung eingefordert werden.
Der Auftraggeber ging noch einen Schritt weiter. Er widerrief den Auftrag insgesamt, obwohl dieser bereits ausgeführt war und er die Arbeit nicht beanstandet hatte. Daraufhin ging der Gartenbau-Unternehmer vor Gericht.
Für den Gartenbauer unerfreulich: Das Gericht gab dem Auftraggeber Recht. Dieser musste die Arbeiten nicht bezahlen (LG Frankenthal, 15.04.2025 - 8 O 214/24, noch nicht rechtskräftig). Die Begründung ist juristisch stichhaltig, auch wenn sie für Betroffene schwer zu schlucken sein dürfte:
Der Auftraggeber war Verbraucher und der Auftrag damit ein Verbrauchervertrag. Zudem handelte es sich um eine „außerhalb von Geschäftsräumen geschlossene“ Vereinbarung ( 312b BGB).
Das gab dem Auftraggeber ein besonderes Widerrufsrecht. Regulär darf ein Verbraucher einen Auftrag innerhalb von 14 Tagen widerrufen, wenn er diesen per Telefon, per Internet, an der Haustür oder sonst „außerhalb der Geschäftsräume“ erteilt hat ( 356 BGB).
Außerdem muss sein Geschäftspartner, der Selbstständige oder das Unternehmen, den Verbraucher ausdrücklich auf dieses Widerrufsrecht hinweisen. Das hatte der Gartenbauunternehmer aber versäumt. Ein Versäumnis mit Folgen: Ohne Widerrufsbelehrung verlängert sich die vierzehntägige Widerrufsfrist auf bis zu zwölf Monate und 14 Tage.
Die Widerrufsfrist lief noch, als der Auftraggeber aus Bad Dürkheim den Vertrag mit dem Gartenbaubetrieb widerrief. Damit war er den Zahlungsanspruch des Betriebs los. Das ist die Sichtweise des Landgerichts.
Allerdings ist das Urteil noch nicht rechtskräftig. Falls der Unternehmer in die nächste Instanz geht, könnte er dort argumentieren, dass die Vorgehensweise des Kunden gegen Treu und Glauben verstoßen habe und rechtsmissbräuchlich war. Ein weiterer Ansatzpunkt wäre das Bereicherungsrecht. Es verpflichtet zur „Herausgabe“ von Vermögen, das man ohne Rechtsgrund durch die Leistung von jemand anderem erlangt hat (§ 812 Abs. 1 BGB). Dies könnte auf den Bad Dürkheimer Fall zutreffen, da das Grundstück durch die Arbeiten wohl an Wert gewonnen hat und der Vertrag dazu nun wirkungslos geworden ist.
Ob es zu einer Fortsetzung des Verfahrens kommt, und wie das Oberlandesgericht in diesem Fall entscheidet, bleibt abzuwarten.
Der jetzige Stand ist jedenfalls, dass die Vertragsgrundlage für die bereits ausgeführten Arbeiten durch den Widerruf im Nachhinein verloren ging. Schlimmer noch: Der Handwerksbetrieb hatte auch keinen Anspruch auf Wertersatz.
Wenn ein Verbraucher etwas im Internet bestellt und die Bestellung nach Lieferung widerruft, dann muss er zwar nichts bezahlen. Er ist jedoch verpflichtet, die Sache zurückzuschicken. Außerdem muss er für den Wertverlust aufkommen, wenn er das Produkt benutzt hat und dieses Gebrauchsspuren zeigt.
Aber auch der Anspruch auf Wertersatz hängt bei Verbrauchern von einer ordnungsgemäßen Widerrufsbelehrung ab. Das war jedoch versäumt worden.
In dem vom Landgericht Frankenthal entschiedenen Fall ging es um eine Handwerkerleistung. Die Rechtslage ist auf viele andere Dienstleistungen übertragbar. Auch eine Grafikerin, ein Hochzeitsmanager, ein Innenarchitekt oder eine Finanzberaterin müssen mit einem kompletten Zahlungsausfall rechnen, wenn sie …
für eine Verbraucherin oder einen Verbraucher tätig werden,
der Vertrag nicht in den eigenen Geschäftsräumen abgeschlossen wurde und
keine ordnungsgemäße Widerrufsbelehrung übermittelt wurde – oder wenn dies nicht nachweisbar ist.
Dienstleister mit Privatkunden sind gut beraten, sich vertragsrechtlich solide aufzustellen. Genau wie bei Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind auch bei Widerrufsbelehrungen Gratis-Musterdokumente aus dem Internet meist wenig wert. Im Zweifel lohnt sich anwaltliche Unterstützung.
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