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Verbraucherverträge mit Laufzeit: Das gilt für Kündigung und Verlängerung

29. Jan. 2025
7 MIN

Person entspannt mit Netflix auf dem Fernseher im Wohnzimmer – ein Beispiel für Dauerschuldverhältnisse wie Streaming-Abonnements.Schließen Sie mit Verbrauchern Verträge über Abos, Software-Lizenzen, Entsorgung, Gitarrenunterricht, Jahreskarten oder Sportstudio-Mitgliedschaften ab? Bei solchen „Dauerschuldverhältnissen“ greifen besondere Verbraucherschutzvorschriften. Sie reichen von maximalen Laufzeiten bis zu einem Kündigungsbutton auf der Website. Wer sie nicht einhält, riskiert eine Abmahnung und unwirksame Verträge.

 

Verbraucherschutzvorschriften bei längerfristigen Verträgen

Dauerschuldverhältnis nennen Juristen Verträge, die über mehrere Monate oder Jahre laufen oder von vornherein unbefristet angelegt sind. Beispiele dafür sind Abos, Mobilfunk- oder Fitnessstudio-Verträge. Früher monierten Verbraucherschützer, dass solche Vereinbarungen oft unfaire Bestimmungen enthielten: überlange Laufzeiten, automatische Verlängerung um lange Zeit oder unnötige Hürden bei der Kündigung.

2021 wurden die Verbraucherschutzvorschriften verschärft. Inzwischen gelten strenge Vorgaben für Dauerschuldverhältnisse, die Selbstständige oder Unternehmen mit Verbrauchern und Verbraucherinnen vereinbaren.

Die Einhaltung dieser Regeln ist wichtig. Andernfalls drohen rechtliche Nachteile wie Abmahnungen, unwirksame Klauseln oder ein Kündigungsrecht ohne jede Frist. Ist der Kunde dagegen ein Unternehmen, gelten die hier erläuterten Verbraucherschutzvorschriften nicht.

 

Dauerlieferverträge und Dauerdienstleistungsverträge mit Verbrauchern

Betrifft ein Vertrag mit Verbrauchern die „regelmäßige Lieferung von Waren oder die regelmäßige Erbringung von Dienst- oder Werkleistungen“, gelten Einschränkungen bei der Laufzeit, für eine automatische Verlängerung und bei den Kündigungsfristen. Weichen die Regelungen in AGB oder vorformulierten Verträgen davon ab, sind sie unwirksam.

  • Die erste Laufzeit des Vertrags bis zu einer eventuellen Verlängerung darf maximal zwei Jahre Ohne Vertragsverlängerung muss der Vertrag also spätestens nach 24 Monaten enden.

  • Der Vertrag muss während der ersten Laufzeit monatlich kündbar

  • Eine stillschweigende Verlängerung ist nur zulässig, wenn das Vertragsverhältnis anschließend unbefristet Die automatische Verlängerung um eine feste Frist, etwa weitere zwei Jahre, ist nicht zulässig. Außerdem darf die Kündigungsfrist nach einer automatischen Verlängerung maximal einen Monat betragen.

Soll der Vertrag nach Verlängerung wieder für einen festen Zeitraum gelten, oder soll dann eine längere Kündigungsfrist als ein Monat greifen, muss die Verbraucherin oder der Verbraucher explizit auf die bevorstehende Verlängerung hingewiesen werden.

Die Vorgaben finden sich in § 309 Nr. 9 BGB. Für ein im Einzelfall gesondert ausgehandeltes Vertragsverhältnis haben sie keine Wirkung. Außerdem betreffen sie ausschließlich Verträge, die seit dem 1. März 2022 geschlossen wurden. Für ältere Vereinbarungen greift weiterhin die alte Rechtslage. Sie hatte eine stillschweigende Vertragsverlängerung von bis zu einem Jahr und Kündigungsfristen von bis zu drei Monaten ermöglicht.

Weiter gelten die Regelungen nicht bei Versicherungsverträgen und bei Vereinbarungen über die Lieferung „zusammengehörig verkaufter“ Sachen. Ein Beispiel dafür wäre eine sukzessive erscheinende Buchreihe, die als Ganzes bestellt wird.

 

Pflicht zu einem „Vertrag kündigen“-Button bei digitaler Abschlussmöglichkeit

Bietet eine geschäftliche Website den Abschluss von Abos, langfristigen Lieferverträgen, kostenpflichtigen Mitgliedschaften und anderen Dauerschuldverhältnissen an, dann muss es dort auch eine Möglichkeit zur digitalen Kündigung der Vereinbarung geben. Gleiches gilt bei der Abschlussmöglichkeit aus einer App heraus.

Verlangt wird eine leicht zugängliche und auffindbare „Kündigungsschaltfläche“ auf der Website, für ordentliche und außerordentliche Kündigungen. Vorgeschrieben ist zudem eine klare, gut lesbare Beschriftung mit dem Text „Verträge hier kündigen“, ohne weitere Aussagen.

Beim Klick auf den Kündigungs-Button oder -Link müssen die Verbraucherinnen oder Verbraucher direkt auf einem Formular landen, das alle kündigungsrelevanten Eingaben ermöglicht und das über einen Button mit der Beschriftung „Jetzt kündigen“ bestätigt wird. Bei beiden Buttons ist eine abweichende Beschriftung grundsätzlich erlaubt. Sie setzt jedoch eine ebenso eindeutige Formulierung voraus. Außerdem sollten Kunden ihre Kündigung mit allen Angaben speichern können und eine Kündigungsbestätigung mit Datum und Uhrzeit erhalten.

Diese Vorschriften sind in § 312k BGB zusammengefasst. Anbieter, die dagegen verstoßen, geben ihren Kunden damit das Recht, jederzeit und ohne Kündigungsfrist zu kündigen.

Ausgenommen von der Pflicht zur digitalen Kündigungsmöglichkeit sind Online-Verträge über Finanzdienstleistungen sowie Vertragsverhältnisse, für die das Gesetz nur die Kündigung in Schriftform oder mit qualifizierter elektronischer Signatur gestattet.

 

Die Gerichte setzen enge Grenzen bei den Kündigungsbuttons

Bisher haben die Gerichte die gesetzlichen Vorgaben zur Online-Kündigungsmöglichkeit strikt angewandt. Einige Beispiele:

  • Es ist nicht zulässig, wenn das Kündigungsformular nach dem Klick auf den Kündigungsbutton erst nach Eingabe von E-Mail-Adresse, PIN, Vertragsnummer oder Anmeldedaten erreichbar ist (u. a. OLG Düsseldorf, 23.05.2024 - I-20 UKl 3/23).

  • Genauso wenig darf der Kündigungsbutton erst nach Login im Kundenbereich sichtbar beziehungsweise zugänglich sein (OLG Nürnberg, 30.07.2024 - 3 U 2214/23).

  • Der Kündigungsbutton darf nicht unauffällig gestaltet sein und keinen zusätzlichen Klick erfordern. Das Landgericht München monierte, dass ein Anbieter den „Kündigen“-Link in Grau gehalten und in kleinerer Schrift im Fußbereich der Seite untergebracht hatte, zusammen mit dem Link zum Impressum und der Datenschutzerklärung. Um dorthin zu kommen, musste man erst eine Schaltfläche „Weitere Links“ aufrufen. Links zu Angeboten des Unternehmens waren dagegen größer, farbig gestaltet und direkt erreichbar (LG München I, 16.11.2023 – 12 O 4127/23).

  • Der Kündigungsbutton muss direkt zu dem vom Gesetz verlangten Kündigungsformular führen. Gelangt man erst auf eine allgemeine Kontaktseite, auf der man erneut die Kündigung auswählen muss, verstößt dies gegen die Verbraucherschutzvorschriften (LG Hamburg, 25.04.2024 - 312 O 148/23).

  • Der sprachliche Spielraum, um bei der Beschriftung des Kündigungsbuttons von dem im Gesetz vorgegebenen „Jetzt kündigen“ abzuweichen, ist für das Oberlandesgericht Hamburg „sehr schmal“ (OLG Hamburg, 26.09.2024 - 5 UKI 1/23). Problematisch ist es demnach, wenn das Wort „jetzt“ nicht enthalten ist oder die Endgültigkeit der Kündigung nicht klar wird, wie bei „Wirklich kündigen?“ oder „Kündigungsabsicht abschicken“.

  • Wenn das Unternehmen Kundenverträge auch auf Websites anderer Unternehmen abschließt, etwa Vergleichs- oder Vermittlungsplattformen, dann haftet es dafür, dass dort ebenfalls ein Kündigungsbutton existiert. Das hat das OLG Hamburg im erwähnten Fall weiter entschieden. Es ging um Vertragsabschlüsse des Stromanbieters Lichtblick über die Tarifvergleichs-Website Verivox. Ähnlich sah es auch das OLG Celle in einem Verfahren gegen Digistore24. Das trat als Verkäufer für einen Online-Gitarrenkurs auf. Geliefert wurden die Inhalte von einem Unternehmen, das den Vertragsabschluss auch auf seiner eigenen Website anbot. Einen Kündigungsbutton hatte der Kursanbieter dort nicht. Dafür hätte Digistore24 jedoch sorgen müssen (OLG Celle, 18.04.2024 - 13 U 7/24).

  • Auch das kostenpflichtige „Plus-Vorteilsprogramm“ eines E-Commerce-Händlers, bei dem man mit jedem Kauf Punkte sammelt, ist ein Dauerschuldverhältnis. Deshalb musste dafür ebenfalls ein Kündigungsbutton angeboten werden (OLG Hamburg, 22.08.2024 - 6 UKl 1/23).

 

Sonderregelungen für Telekommunikationsverträge

Für Anbieter von Telekommunikationsdienstleistungen wie etwa Internetprovider gelten eigene Vorschriften. Sie sind im Telekommunikationsgesetz geregelt (§§ 54 – 57 TKG).

  • Auch hier darf die Vertragslaufzeit zunächst maximal 24 Monate dauern.

  • Eine stillschweigende Verlängerung ist nicht zulässig.

  • Spätestens ab der ersten Verlängerung gilt eine Kündigungsfrist von höchstens einem Monat.

  • Vor dem Vertragsabschluss muss der Anbieter eine „klare und leicht lesbare Vertragszusammenfassung“ bereitstellen, mit Angaben unter anderem zu den Preisen, zur Laufzeit und zu den erbrachten Diensten

  • Die Änderung der angebotenen Dienste bzw. Leistungen gibt Verbrauchern ein Sonderkündigungsrecht, das sie innerhalb von drei Monaten nutzen können.

 

Fazit: Beim Kündigen-Button besteht kaum Spielraum

Unternehmen und Website-Betreiber haben die Pflicht, es ihren Kunden ausgerechnet auf dem Weg zur virtuellen Tür besonders einfach zu machen. So verlangt es die Rechtslage – und die Gerichte wenden sie konsequent an.

Als die Verbraucherzentrale im Sommer 2023 rund 3.000 Websites mit Angeboten zu Dauerschuldverhältnissen untersuchte, war der Kündigungsbutton auf fast 60 Prozent davon nicht oder nicht korrekt eingebaut. Mittlerweile mag sich der beanstandungsfreie Anteil erhöht haben. Trotzdem findet man immer noch viele Apps, Shops und Websites, die die Vorschriften nicht erfüllen. Das öffnet die Tür für Abmahnungen.

Eine Prüfung des eigenen Angebots hilft, Ärger zu vermeiden. Werden (auch) Dauerschuldverhältnisse angeboten? Fallen sie unter den § 312k BGB, etwa als Service-Verträge, langfristige Dienstleistungsverträge oder Dauer-Lieferverträge? Kann der Vertrag online abgeschlossen werden? Sind die Kunden (auch) Verbraucher?

Wenn die Antworten „ja“ lauten, sind korrekte Vertragsbedingungen und ein gut sichtbarer und leicht erreichbarer Kündigungs-Link oder -Button Pflicht. Wer davon abweicht, macht sich angreifbar.

 

Lektüretipps

Weiterführende Informationen zu Rechts- und Businessthemen finden Sie im orgaMAX-Blog und im Newsletter-Archiv:

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