Gesetzlich krankenversicherte Selbstständige können sich für den Tarif mit Krankengeld entscheiden. Über dessen Höhe gibt es immer wieder Streit. Das Sozialgericht in Frankfurt hat vor kurzem in gleich drei Fällen darüber entschieden, ob das Krankengeld bei höherem Einkommen nachträglich anzupassen ist, analog zu den Beiträgen freiwillig versicherter Selbstständiger.
Auch Selbstständige müssen krankenversichert sein. Dies kann entweder in Form einer privaten Krankenversicherung oder über eine freiwillige gesetzliche Krankenversicherung erfolgen. Die freiwillige gesetzliche Krankenversicherung muss in der Regel spätestens drei Monate nach Gründung beantragt werden. Ein späterer (Wieder-) Eintritt in die gesetzliche Versicherung ist normalerweise nicht möglich, solange die Selbstständigkeit Hauptberuf ist. Außerdem setzt die freiwillige Mitgliedschaft voraus, dass der Gründer oder die Gründerin zuvor gesetzlich krankenversichert waren, und zwar mindestens zwölf Monate am Stück oder insgesamt 24 Monate in den letzten fünf Jahren.
Bestimmte Selbstständige sind gesetzlich pflichtkrankenversichert: entweder, weil sie künstlerisch beziehungsweise publizistisch tätig und deshalb Mitglied der Künstlersozialversicherung sind, oder weil sie parallel angestellt arbeiten und dies den Hauptberuf darstellt.
Weitere Informationen finden Sie in diesen Beiträgen:
Selbstständige tragen (mit Ausnahme von KSK-Versicherten) den gesamten Krankenversicherungsbeitrag selbst, im Gegensatz zu Arbeitnehmern, bei denen der Arbeitgeber die Hälfte übernimmt. Außerdem fließen bei Selbständigen, ebenfalls anders als bei pflichtversicherten Arbeitnehmern, neben dem Arbeitseinkommen auch andere Einkünfte in die Beitragshöhe ein, beispielsweise Mieteinnahmen oder Kapitaleinkünfte.
Während der Lohn von Arbeitnehmern den Kassen monatlich gemeldet wird, werden die Beiträge von Selbstständigen pro Kalenderjahr festgesetzt. Das geschieht zunächst vorläufig, auf Grundlage des letzten per Steuerbescheid festgestellten Einkommens aus einem früheren Jahr. Liegt der Steuerbescheid für das betreffende Jahr vor, werden die Beiträge endgültig festgelegt. Dann kann es bei freiwillig Versicherten zu Nachzahlungen, aber auch zur Rückzahlung von Beiträgen kommen (§ 240 Abs. 4a SGB V). Bei Gründern, zu denen noch kein Steuerbescheid mit selbstständigen Einkünften vorliegt, gilt zunächst ihre Einkommensprognose.
Übrigens: Zur Beitragsbemessung von freiwillig versicherten Selbstständige existiert ein fiktives Mindestentgelt. 2023 liegt es bei 1.131,67 Euro. Die Beitragsberechnung beruht selbst dann auf diesem Betrag, wenn das tatsächliche Einkommen darunter liegt.
Weitere Informationen liefert der Beitrag „Vorläufige GKV-Beiträge für Selbstständige". Die detaillierten Regelungen stehen in den „Einheitlichen Grundsätzen zur Beitragsbemessung freiwilliger Mitglieder“ des GKV-Spitzenverbands.
Bei Beschäftigten ist die Situation vergleichsweise einfach: bei ihnen bestimmt der Lohn oder das Gehalt, wie hoch die Krankenversicherungsbeiträge und das Krankengeld ausfallen. Ihr Krankengeld-Anspruch beträgt 70 Prozent ihres Bruttolohns, höchstens jedoch 90 Prozent des Nettolohns, wobei der Bruttolohn auf die Beitragsbemessungsgrenze gedeckelt ist. Im günstigsten Fall ist 2023 somit ein Krankengeld von 116,38 Euro pro Tag möglich.
Auch bei Selbstständigen beträgt der Krankengeldanspruch grundsätzlich 70 Prozent ihres Arbeitseinkommens. Als Grundlage nehmen die Krankenkassen das Einkommen, auf das Beiträge bezahlt wurden, in aller Regel also den letzten Einkommensteuerbescheid.
Für die Krankengeld-Berechnung ist das oben erwähnte fiktive Mindesteinkommen nicht ausschlaggebend. Auch dann, wenn die Beiträge danach berechnet werden, können die Kassen für das Krankengeld das konkrete, geringere Einkommen zugrunde legen. Wurde kein Einkommen mehr erzielt, gibt es auch kein Krankengeld. Dem Mindestbeitrag steht also kein entsprechendes Mindest-Krankengeld gegenüber (z. B. LSG Baden-Württemberg, 23.04.2015 - L 11 KR 5087/14).
Eigentlich sollte das Einkommen aus dem Kalenderjahr vor der Erkrankung über die Krankengeldhöhe entscheiden. Allerdings bezieht sich der letzte Einkommensteuerbescheid, der der Krankenkasse vorliegt, oft auf frühere Jahre. In der Zwischenzeit können sich die Einkommensverhältnisse deutlich geändert haben. Dann zahlt der oder die Selbstständige Beiträge gemäß dem damaligen Einkommen – und erhält im Krankheitsfall auch das Krankengeld auf dessen Basis.
Deshalb wäre es aus Sicht vieler Selbstständiger nur gerecht, dass die Krankengeld-Zahlung ebenfalls nachträglich angepasst wird, falls das Einkommen sich erhöht hat und der Steuerbescheid dafür nun vorliegt.
Über entsprechende Forderungen hatte das Sozialgericht Frankfurt am Main im Juli 2023 gleich drei Mal zu entscheiden. In allen Fällen waren Selbstständige mit freiwilliger gesetzlicher Krankenversicherung für längere Zeit erkrankt und erhielten Krankengeld. Da ihr tatsächliches Einkommen inzwischen jeweils über dem lag, was die Kasse zur Berechnung der Beiträge und der Krankengeldhöhe heranzog, wollten sie eine Krankengeld-Nachzahlung erreichen – mit unterschiedlichem Erfolg:
In allen drei Fällen bekräftigte das Sozialgericht ausdrücklich, dass bei freiwillig gesetzlich Versicherten zwar die Beiträge, nicht aber das Krankengeld vorläufig festgesetzt werden, so dass rückwirkende Krankengeld-Nachzahlungen nach der Festsetzung nicht mehr möglich sind. Begründet wird die direkte, endgültige Festlegung damit, dass die „Bewilligung rasch erfolgen“ müsse.
Wer freiwillig gesetzlich krankenversichert ist, tut bei steigenden selbstständigen Einkünften gut daran, die Einkommensteuererklärung rasch einzureichen. Damit sorgt man zwar früher für eine höhere Neuberechnung der Krankenkassenbeiträge. Die lässt sich jedoch ohnehin nicht umgehen. Und nur ein rechtzeitig bei der Kasse eingereichter Einkommensteuerbescheid sorgt im Fall längerer Arbeitsunfähigkeit verlässlich für angemessene Krankengeldzahlungen.
Sobald der Krankengeldbescheid vorliegt, ist die Korrektur durch nachgereichte Unterlagen ausgeschlossen. Das ist der Tenor sämtlicher Urteile des Sozialgerichts Frankfurt am Main.
Viele Selbstständige gehen davon aus, dass sie ohnehin immer „selbst“ und „ständig“ im Einsatz sein werden. Für mögliche längere Krankheiten oder Rekonvaleszenz-Zeiten planen sie nicht vor. Ein echtes Versäumnis, denn auch Selbstständige können von einem Tag zum anderen für längere Zeit ausfallen. Ohne Absicherung droht dann in vielen Fällen ein finanzielles Loch. Praktische Tipps liefert der Beitrag „Wie Sie als Selbstständiger mit Ausfallzeiten umgehen“.