Wer beim Stichwort „Künstlersozialkasse“ an eine Art Nothilfe für brotloses Kunstschaffen denkt, liegt falsch:
Für freiberufliche Selbstständige mit künstlerischer oder publizistischer Tätigkeit gibt es in Deutschland eine Pflicht-Sozialversicherung. Sie werden über die in Wilhelmshaven ansässige Künstlersozialkasse versichert. Und zwar sowohl in der gesetzlichen Rentenversicherung wie in der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung.
Dabei haben KSK-Versicherte gegenüber anderen Selbstständigen zwei große Vorteile:
Wichtig: Die KSK ist kein eigener Versicherungsträger. Sie zieht nur die monatlichen Beiträge ein und leitet sie weiter. KSK-Versicherte bleiben Mitglied ihrer gesetzlichen Kranken- und Pflegekasse, etwa der TK, Barmer oder AOK.
Auch eine private Kranken- und Pflegeversicherung ist für KSK-Versicherte möglich. Allerdings müssen sie in jedem Fall in die gesetzliche Rentenversicherung einzahlen.
Die Versicherung über die Künstlersozialkasse ist eine Pflichtversicherung. Wer die Voraussetzungen erfüllt, muss sich bei der KSK anmelden! Allerdings sorgt angesichts der günstigen Bedingungen eher das Gegenteil für Probleme: Nicht alle Selbstständigen, die sich um eine KSK-Mitgliedschaft bemühen, sind erfolgreich.
Als eine Art Aufnahmeantrag in die KSK dient ein umfangreicher Fragebogen. Außerdem müssen Belege für die hauptberufliche kreative Tätigkeit erbracht werden – zum Beispiel Tätigkeitsnachweise oder Rechnungen an Auftraggeber. Die Kasse selbst listet zahlreiche selbstständige Tätigkeiten auf, die die Voraussetzungen erfüllen – von „A“ (wie Akrobat) bis „Z“ (wie Zauberer).
Trotzdem gibt es viele Grenzfälle. So hat sich die KSK in der Vergangenheit gegen die Aufnahme von Übersetzern, Lektorinnen und Web-Designern gesperrt. Ihr Argument war, dass diese Tätigkeiten zu wenig kreativen Freiraum ermöglichten. In allen drei Fällen mussten erst Sozialgerichte die Aufnahme erzwingen.
Vom vornherein keine Chance auf Aufnahme in die Künstlersozialversicherung haben ...
Die Künstlersozialkasse legt die Höhe der Beiträge jeweils einmal pro Jahr per Bescheid fest. Dafür verlangt sie von den Versicherten gegen Jahresende eine Schätzung des Jahresarbeitseinkommens für das Folgejahr.
Es ist Sache der Versicherten, die Einkommenshöhe zu ermitteln. Die Schätzung muss nicht durch Steuerbescheide oder betriebswirtschaftliche Auswertungen untermauert werden. Erweist sie sich als zu hoch oder zu niedrig, kann und soll man sie nachträglich korrigieren. Die Beiträge werden dann angepasst, allerdings nicht rückwirkend.
Einen automatischen Abgleich mit dem tatsächlichen Einkommen, so wie bei anderen gesetzlich krankenversicherten Selbstständigen, erfolgt nicht. Die KSK hat jedoch einen eigenen Prüfdienst, der jährlich 5 % der Versicherten kontrolliert. Bei Verstößen sind neben Nachzahlungen auch Bußgelder möglich.
Jeder Selbstständige und jedes Unternehmen, das „nicht nur gelegentlich“ Aufträge an kreative Selbstständige vergibt, muss die Auftragssumme einmal im Jahr gesammelt an die KSK melden. Die erhebt auf dieser Grundlage die Künstlersozialabgabe. Derzeit beträgt die Abgabe 4,2 % der gesamten (Netto-)Auftragssumme.
Bitte beachten Sie: „Nicht nur gelegentlich“ ist die Auftragserteilung, wenn pro Kalenderjahr mehr als 450 Euro an selbstständige Künstler und Publizisten bezahlt werden. Wird die Schwelle überschritten, ist jede kreative Leistung abgabepflichtig, die externe Selbstständige in Rechnung stellen: die Neugestaltung der Visitenkarten oder der Firmen-Website ebenso wie Produktfotos, das Schreiben von Pressemitteilungen oder die musikalische Untermalung beim letzten Betriebsfest. |
Für „typische Verwerter“ wie Verlage, Agenturen, Veranstalter oder Medienproduktionen gilt die Geringfügigkeitsgrenze nicht: Eine PR-Beraterin, die einen einzelnen Unterauftrag für ein Porträt an einen freien Fotografen vergibt, muss diesen auch dann melden, wenn nur 400 Euro in Rechnung gestellt werden. Ihr Auftraggeber bezahlt auf die Leistung dann erneut Künstlersozialabgabe, wenn sie das zugekaufte Porträtfoto ihrem Kunden in Rechnung stellt.
Bitte beachten Sie:
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Die Meldepflicht gilt unabhängig von einer Aufforderung durch die Künstlersozialkasse. Die Meldefrist für das Vorjahr endet jeweils am 31. März. Wenn Sie trotz kreativer Aufträge die Abgabe noch nie bezahlt oder die diesjährige Meldefrist verpasst haben, sollten Sie von sich aus aktiv werden und die Künstlersozialkasse kontaktieren.
Gegebenenfalls drohen zwar Nachzahlungen. Wenn die Künstlersozialabgabe-Pflicht jedoch erst bei der nächsten Betriebsprüfung durch die Deutsche Rentenversicherung aufgedeckt wird, steigt die Wahrscheinlichkeit, dass zusätzlich Säumniszuschläge anfallen.
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