Steuern, Buchführung und andere bürokratische Hürden gehen den meisten Freiberuflern und Unternehmern auf die Nerven. Während Arbeitnehmer zum Beispiel Werbungskosten-Pauschalen, aber auch Kontoführungs- und Bewerbungskosten-Pauschalen in Anspruch nehmen können, müssen Selbstständige jeden Vorgang penibel dokumentieren und belegen. Vereinfachungen gelten allenfalls für Kleinstunternehmer mit Jahresumsätzen von bis zu 22.000 Euro. Und das auch nur bei der Umsatzsteuer, oder? Nicht ganz!
Was viele Gründer und selbst erfahrene Geschäftsleute nicht wissen: Auch Freiberufler und Gewerbetreibende dürfen Steuer-Pauschalen in Anspruch nehmen. Richtig angewendet ersparen die nicht nur Arbeit. Unter bestimmten Umständen sinkt sogar die Steuerbelastung!
Bestes Beispiel sind die Durchschnittssätze bei der Umsatzsteuer:
Umsatzsteuerpflichtige Unternehmer dürfen die selbst gezahlte Umsatzsteuer (= Vorsteuer) mit der von Kunden eingenommenen Umsatzsteuer verrechnen. Die Höhe des Vorsteuerabzugs ergibt sich normalerweise aus den Umsatzsteuer-Anteilen in den Eingangsrechnungen und Zahlungsnachweisen von Lieferanten und Dienstleistern.
Es geht aber auch einfacher: § 23 UStG ermächtigt den Gesetzgeber, „allgemeine Durchschnittsätze“ festzusetzen. Die Bedingungen für den pauschalen Vorsteuerabzug sind in der Umsatzsteuer-Durchführungsverordnung (UStDV) geregelt. Eine Liste mit den begünstigten Branchen und den konkreten Durchschnittssätzen findet sich in der Anlage zur UStDV.
Beispiel:
Unterm Strich ergibt der Vorsteuer-Abzug auf Basis des Durchschnittssatzes in diesem Fall ein finanzielles Plus von 360 Euro. Leicht verdientes Geld, oder?
Praxistipp: Um in den Genuss der Steuerpauschale zu kommen, müssen Sie noch nicht einmal einen förmlichen Antrag stellen. Es genügt, wenn Sie bei der nächsten Umsatzsteuervoranmeldung
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In orgaMAX sieht das zum Beispiel so aus:
In Anspruch nehmen dürfen Sie die Vorsteuer-Pauschalen Ihres Berufs- und Gewerbezweigs, wenn ...
Die Berechnung der Vorsteuer nach Durchschnittssätzen gilt dabei immer für ein ganzes Kalenderjahr. Ein unterjähriger Wechsel des Berechnungsverfahrens ist nicht zulässig.
Wichtig: Die amtlichen Durchschnittssätze müssen zu einer Steuer führen, „die nicht wesentlich von dem Betrag abweicht, der sich nach diesem Gesetz ohne Anwendung der Durchschnittssätze ergeben würde.“ Diese Bedingung gilt jedoch für die betroffenen Branchen insgesamt – nicht für ein einzelnes Unternehmen!
Mit anderen Worten:
Liegen die Voraussetzungen vor, kann der Vorsteuerabzug nach Durchschnittssätzen sogar nachträglich bis zur „Unanfechtbarkeit der Steuerfestsetzung“ beantragt werden!
Bitte beachten Sie: Wann genau die Vorsteuer-Pauschale für Sie vorteilhaft ist und was Sie sonst noch berücksichtigen sollten, besprechen Sie am besten mit Ihrem Steuerberater. |
Die Aufzählung der Berufs- und Gewerbezweige ist in insgesamt fünf Abschnitte untergliedert:
Hinzu kommt: Bestimmte Branchen (darunter Architekten, Rechtsanwälte, Notare und Patentanwälte, aber auch Schornsteinfeger) dürfen bestimmte Vorsteuer-Zahlungen (z. B. im Zusammenhang mit Grundstücken und Gebäuden) zusätzlich zur Vorsteuer nach Durchschnittssätzen geltend machen.
Bitte beachten Sie: Wenn Sie die Vorsteuer in Ihren Voranmeldungen und der Jahressteuererklärung eigenhändig auf Basis von Durchschnittssätzen berechnen, müssen Sie auch Ihre Einnahmen-Überschussrechnung entsprechend anpassen.
Denn die Umsatzsteuer-Zahllast bzw. Erstattungen durch das Finanzamt gelten im Rahmen der Gewinnermittlung ja als Betriebsausgaben bzw. -einnahmen. Das passende EÜR-Eingabefeld für die „Gezahlten Vorsteuerbeträge“ finden Sie auf Seite 2 des EÜR-Formulars (in Zeile 63). In orgaMAX sieht das so aus:
Apropos EÜR: Bequeme Steuerpauschalen gibt es auch bei der Einkommensteuer:
Immer wenn es um Bürokratie-Abbau zwecks Förderung der Selbstständigkeit geht, kommt die Idee einer Betriebsausgaben-Pauschale auf den Tisch. In Österreich gibt es die sogenannte Basispauschalierung schon lange. Dort darf ein großer Teil der Selbstständigen und Gewerbetreibenden 12 % ihres (Netto-) Umsatzes pauschal als Betriebsausgabe ansetzen.
Das erspart das mühsame Sammeln, Buchen und Archivieren von Eingangsrechnungen. Für die Gewinnermittlung reicht im Prinzip ...
In Deutschland gibt es diese Vereinfachung ebenfalls. Allerdings gilt sie hierzulande bislang nur für ganz wenige Berufsgruppen. So dürfen ...
Wichtig: Wird ein Kind weniger als 40 Stunden pro Woche betreut, muss die Pauschale anteilig auf die tatsächliche Stundenzahl umgerechnet werden (z. B. 30 Stunden: 225 Euro; 20 Stunden: 150 Euro). |
Geregelt sind die prozentualen Pauschalen in den Hinweisen zu § 18 EStG (H18.2). Die Einzelheiten zur „Ertragsteuerlichen Behandlung der Kindertagespflege“ gehen aus einem BMF-Schreiben vom November 2016 hervor.
In jedem Fall gilt: Wer will, darf alternativ die tatsächlichen Kosten ansetzen. Das ist immer dann vorteilhaft, wenn die Kosten (deutlich) höher sind als die Ausgabenpauschale. In dem Fall müssen dann aber wieder Belege gesammelt und aufbewahrt werden. Außerdem ist eine klassische EÜR erforderlich.
Zusatztipp: Hauptberufliche Arbeitnehmer, die nebenher selbstständig sind und dabei nicht mehr als 410 Euro Gewinn pro Jahr (= Einnahmenüberschuss: Einnahmen minus Ausgaben!) erzielen, müssen auf ihre Nebentätigkeit gar keine Steuern zahlen. Der sogenannte Härteausgleich ist in § 46 Abs. 3 EStG geregelt. Die Einzelheiten besprechen Sie auch hier am besten mit Ihrem Steuerberater. |
Einen Steuer-Nulltarif gibt es schließlich noch im Bereich der Ehrenamts- und Freiwilligenarbeit. Auch wenn das wenig bekannt ist: Die Übungsleiter- und Ehrenamtspauschalen dürfen durchaus von Selbstständigen in Anspruch genommen werden. Voraussetzung: Die entsprechende Tätigkeit wird im Nebenberuf ausgeübt und unterscheidet sich von der hauptberuflichen Tätigkeit.
Die in § 3 Nr. 26 EStG geregelte steuerfreie Übungsleiterpauschale von bis zu 3.000 Euro pro Jahr gilt für Einnahmen aus nebenberuflichen ...
Die in § 3 Nr. 26a EStG geregelte steuerfreie Ehrenamtspauschale von bis zu 840 Euro pro Jahr gilt für Einnahmen aus nebenberuflichen Tätigkeiten im Auftrag einer juristischen Person des öffentlichen Rechts (z. B. Schule, Volkshochschule) oder einer gemeinnützigen, mildtätigen oder kirchlichen Einrichtung (z. B. Religionsgemeinschaft, Sport- oder Kulturverein).
Oft werden mit dieser Pauschale Vorstandstätigkeiten in Vereinen und anderen gemeinnützigen Einrichtungen abgegolten. Anders als bei der Übungsleiterpauschale kommt es bei der Ehrenamtspauschale jedoch nicht auf die Art der ausgeübten Tätigkeit an.
Bitte beachten Sie:
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