Zum Jahresbeginn 2023 wurde die Hinzuverdienstgrenze für vorgezogene Altersrenten komplett gestrichen. Bei Erwerbsminderungsrenten wurden sie deutlich angehoben. Für Selbstständige, die über die KSK krankenversichert sind, gelten erleichterte Zuverdienstmöglichkeiten aus nicht-kreativen selbstständigen Tätigkeiten. Das sind gute Nachrichten für Rentenbezieher mit Nebenbei-Selbstständigkeit, für Selbstständige in Kreativ-Berufen mit nicht-kreativen Zusatzaufträgen und für Arbeitgeber auf Personalsuche.
Hinzuverdienstgrenze für Rentner mit Zusatzeinkommen: dauerhaft aufgehoben beziehungsweise angehoben
- Wer eine vorgezogene Altersrente bezieht und sich durch selbstständige Tätigkeit oder durch eine Anstellung Geld dazuverdient, muss seit dem 1. Januar 2023 nicht mehr auf die Hinzuverdienstgrenzen achten. Bei Beziehern einer vorgezogenen Altersrente werden Lohn und Gehalt beziehungsweise der Gewinn aus einer Selbstständigkeit nicht mehr auf den Rentenanspruch angerechnet, es kommt zu keinen Rentenkürzungen mehr.
- Im Fall einer Erwerbsminderungsrente gibt es die Hinzuverdienstgrenze weiterhin. Allerdings wurde der Betrag zum Jahresbeginn deutlich erhöht. Er liegt für 2023 bei etwa über 35.000 Euro im Fall von teilweiser und bei fast 18.000 Euro im Fall von voller Erwerbsminderung.
Die Rechtsgrundlage hat das 8. SGB IV-Änderungsgesetz geschaffen. Dadurch wurden mit Wirkung vom 1. Januar 2023 die früheren Absätze 2 bis 3g in § 34 SGB VI komplett gestrichen und der § 96 a SGB VI grundlegend umformuliert.
Zusatz-Verdienst zur vorgezogenen Altersrente in unbegrenzter Höhe ohne Rentenkürzung
Die Änderungen macht einen Zusatz-Verdienst vor allem für Bezieher vorgezogener Altersrenten interessant. Damit setzt sich eine Entwicklung fort, die schon 2020 begonnen hatte. Damals war die Jahres-Hinzuverdienstgrenze für Altersrentner, die die Regelaltersgrenze nicht erreicht hatten, zunächst von 6.300 Euro auf 44.590 Euro angehoben worden. In den Jahren 2021 und 2022 wuchs sie noch einmal auf dann 46.060 Euro.
Diese Erhöhungen waren allerdings befristet. Der Wegfall der Hinzuverdienstgrenze für Altersrentner und die Erhöhung für Erwerbsminderungsrentner gelten nun dauerhaft. Damit bestehen feste Planungsgrundlagen sowohl für Arbeitgeber, die Rentner einstellen, als auch für Menschen, die vorzeitig in Rente gehen und parallel selbstständig Geld verdienen wollen.
Hinzuverdienstgrenze und Hinzuverdienstdeckel wurde für diese Personengruppe gestrichen. Eine Rentenkürzung ist damit unabhängig von der Regelaltersgrenze und der Höhe des Zusatzverdiensts ausgeschlossen.
Höhere Hinzuverdienstgrenze bei Erwerbsminderungsrente
Auch Bezieher einer Erwerbsminderungsrente dürfen in Zukunft mehr dazu verdienen. Allerdings gelten für sie weiterhin Beschränkungen.
Bei einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bleibt mehr an Nebenverdienst anrechnungsfrei als bei voller Erwerbsminderung. Im Fall einer Teilerwerbsminderung sind es 2023 genau 35.647,50 Euro. Die Hinzuverdienstgrenze liegt zukünftig bei sechs Achtel der vierzehnfachen monatlichen Bezugsgröße. Bei voller Erwerbsminderung gilt 2023 eine Hinzuverdienstgrenze von 17.823,75 Euro beziehungsweise von drei Achtel der vierzehnfachen monatlichen Bezugsgröße. Da die Bezugsgröße jeweils jährlich angepasst wird, werden beide Grenzen in Zukunft absehbar steigen.
Geht der zusätzliche Verdienst im Jahr über die jeweilige Hinzuverdienstgrenze hinaus, werden 40 Prozent des darüberliegenden Betrags durch zwölf geteilt und von der monatlichen Rentenauszahlung abgezogen. Es wird also nur die entsprechende Teilrente ausgezahlt. Zusätzlich gilt bei Erwerbsminderungsrenten ein Hinzuverdienstdeckel. Dieser richtet sich nach dem Jahr mit den meisten Entgeltpunkten aus den letzten 15 Jahren vor Renteneintritt. Wenn die gekürzte Teilrente und der Hinzuverdienst zusammengenommen über diesem Hinzuverdienstdeckel liegen, wird der darüber liegende Betrag zusätzlich von der Rente abgezogen.
Geänderte Zuverdienstregeln bei nicht-kreativen selbstständige Einkünften von KSK-Versicherten
Bis vor kurzem waren Nebenverdienste aus einer Anstellung für Selbstständige in künstlerischen und publizistischen Berufen, die über die Künstlersozialversicherung (KSK) krankenversichert sind, deutlich problemloser als Zusatzeinnahmen aus nicht-kreativen selbstständigen Aufträgen. Grundlagen zum Thema KSK liefert der Blogbeitrag „Nicht nur für Kreative: Künstlersozialversicherung und Künstlersozialabgabe“.
Bei einem nicht-künstlerischen Nebenverdienst als Arbeitnehmer war und ist der KSK-Krankenversicherungsschutz erst dann gefährdet, wenn die abhängige Beschäftigung gegenüber der selbstständigen kreativen Tätigkeiten überwiegt. Dafür gelten die allgemeinen Regeln der Krankenkassen zur Abgrenzung von Haupt- und Nebenberuf: Die Angestelltentätigkeit überwiegt grundsätzlich dann, wenn Lohn oder Gehalt höher liegen als die selbstständigen Einkünfte, oder wenn die Beschäftigung mehr als 20 Wochenstunden ausmacht. Die Grundsätze haben wir im Beitrag „Selbstständig und gleichzeitig angestellt: Was bedeutet das für die Krankenversicherung?“ genauer dargestellt. Sie lassen vergleichsweise viel Spielraum für ein Nebeneinkommen.
Anders war es bis zum Jahreswechsel im Fall von selbstständigen, aber nicht-kreativen Aufträgen. Eine selbstständige Werbetexterin, die nebenbei als freie Dozentin Software-Schulungen durchführte, durfte mit der Zweit-Tätigkeit ursprünglich nur 450 Euro im Monat (beziehungsweise 5.400 Euro im Jahr) verdienen. Jeder Euro darüber führte dazu, dass sie für die KSK als krankenversicherungsfrei galt und sich um eine freiwillige Mitgliedschaft in der gesetzlichen Krankenversicherung oder eine private Krankenversicherung kümmern musste – zu deutlich höheren Kosten. Über die KSK war sie dann nur noch rentenversichert.
Diese Zuverdienstgrenze für selbstständige Nebentätigkeiten wurde zwar im Zuge der Corona-Maßnahmen zum 23. Juli 2023 auf 1.300 Euro im Monat angehoben. Diese Regelung war allerdings befristet, nach Verlängerung bis zum Jahresende 2022.
Nun wurde der Zuverdienst durch Einkünfte aus nicht-kreativer Selbstständigkeit für KSK-Versicherte dauerhaft neu geregelt. Dazu wurde § 5 Abs. 1 Nr. 5 KSVG neu gefasst. Wann solche Aufträge die Krankenversicherung über die Künstlersozialkasse gefährden, entscheidet sich in Zukunft analog zum Fall von Zusatzeinkünften aus einer Anstellung (§ 5 Abs. 1 Nr. 1 KSVG). Die Kriterien der gesetzlichen Krankenkassen für Haupt- und Nebenberuf gelten auch für die Frage, ob eine nicht-kreative selbstständige Tätigkeit die künstlerische oder publizistische Selbstständigkeit überwiegt.
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