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Wie erhält man eine Stundung für Steuern und Sozialversicherungsbeiträge?

23. Dez. 2025
9 MIN

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Ihre Liquidität reicht nicht mehr für die fälligen Steuern und Sozialversicherungsbeiträge? Dann wäre Vogel-Strauß-Politik jetzt der größtmögliche Fehler. Gehen Sie auf das Finanzamt oder die Krankenkassen als Einzugsstellen zu. Die Stundung der Steuer- oder Beitragsforderungen ist grundsätzlich möglich.

Gratis-Download: Fälligkeitstermine von Steuern und Sozialversicherungsbeiträge für 2026

Damit Sie die Fälligkeiten der verschiedenen Steuerarten und der Sozialversicherungsbeiträge auch im neuen Jahr im Auge haben, stellt orgaMAX Ihnen eine kostenlose Übersicht der Fälligkeitstermine 2026 als Download zur Verfügung.

Um sich auf diese Termine einzustellen, bietet „Liquidität: So überwachen und sichern Sie Ihre Zahlungsfähigkeit“ konkrete Tipps zur Liquiditätsplanung.

 

Steuerstundung beim Finanzamt

Das Finanzamt ist ein unangenehmer Gläubiger. Werden Steuern nicht bezahlt, kann es die Forderungen selbst titulieren und dann direkt vollstrecken, also zum Beispiel Konten oder Vermögen pfänden.

Zum Glück muss es so weit nicht kommen. Ein Stundungsantrag – ein Antrag, um mit dem Begleichen der Steuerforderung etwas warten zu dürfen – kann die Eskalation vermeiden.

Steuerzahlung als „erhebliche Härte“?

Ihr Unternehmen steckt in einer akuten Liquiditätskrise und hat nicht die Mittel, um die fälligen Steuern und Steuervorauszahlungen zu begleichen? Umso wichtiger ist es, jetzt proaktiv eine Lösung zu suchen.

  • Wenn Banken oder andere Finanzgeber abwinken, bleibt die Möglichkeit, beim Finanzamt eine Steuerstundung zu beantragen.

  • Die Möglichkeit, fällige Steuern zu stunden, ist in der Abgabenordnung ausdrücklich vorgesehen (§ 222 AO). Voraussetzung: Die Zahlung wäre „eine erhebliche Härte“ für das betroffene Unternehmen. Dafür reicht die mangelnde Liquidität allein nicht aus – mehr dazu im nächsten Abschnitt.

  • Stundung bedeutet: die Finanzbehörden gewähren einen Zahlungsaufschub. Die Steuerforderung wird nicht erlassen, aber Sie erhalten zusätzliche Zeit für die Bezahlung.

  • Stundungen sind grundsätzlich für alle Steuerarten möglich, außer für Lohnsteuer (abgesehen bei pauschaler Lohnsteuer) sowie Kapitalertragsteuer.

  • Allerdings ist das eine „kann“-Bestimmung. Ein Anspruch auf Stundung besteht nicht.

  • Steuerliche Unregelmäßigkeiten oder verspätete Steuerzahlungen in der Vergangenheit verhindern normalerweise eine Stundung.

  • Wurde die Liquiditätskrise selbstverschuldet? Auch das ist ein Ausschlusskriterium. Wer nach hohen Privatentnahmen einen Stundungsantrag ans Finanzamt stellt, wird es schwer haben.

„Richtig eng, aber nur jetzt gerade“ – wann liegt eine erhebliche Härte vor?

Damit der Stundungsantrag Aussicht auf Erfolg hat, sollte die Darstellung der aktuellen Situation ebenso überzeugen wie die Zukunftsperspektive. Voraussetzung ist, dass der finanzielle Engpass ernsthaft besteht, aber nur vorübergehender Natur ist, und nicht selbst verschuldet wurde. Drei mögliche Beispiele:

  • Die Umsatz- und Gewinnausfälle, die bei einer Selbstständigen zum Liquiditätsmangel geführt haben, sind das Ergebnis einer längeren, aber bereits überstandenen Krankheit.

  • Das Unternehmen wurde zum Opfer eines unvorhergesehenen Desasters, etwa einer Überschwemmung oder einer Cyberattacke. Als Konsequenz stand der Betrieb drei Wochen still, aber nun geht es weiter.

  • Die Steuerforderung beruht auf einem Änderungsbescheid nach einer Steuerprüfung. Darauf konnte sich der oder die Selbstständige nicht einstellen, deshalb wurde sie in der Liquiditätsplanung nicht berücksichtigt.

Formloser Stundungsantrag

Um die Stundung zu beantragen, genügt ein formloser Antrag ans zuständige Finanzamt. Formlos bedeutet aber keineswegs, dass ein oder zwei Zeilen genügen.

Erwartet werden nicht nur Angaben dazu, welche Steuer für wie lange gestundet werden soll. Das Finanzamt möchte eine ausführliche Begründung dafür, warum …

  • es zu einem derartigen Liquiditätsengpass gekommen ist

  • die pünktliche Zahlung die Existenz des Unternehmens gefährden würde oder sonst eine „erhebliche Härte“ wäre

  • es davon ausgehen kann, nach der Schonfrist sein Geld zu erhalten – erscheint die Zukunft des Unternehmens ungewiss, wird die Stundung nicht bewilligt

  • der oder die Selbstständige sich das nötige Geld nicht bei der Hausbank oder einem anderen Geldgeber besorgt oder beispielsweise etwas aus dem Betriebsvermögen verkauft

Das Finanzamt wird oft weitere Dokumente und Auskünfte anfordern, um die Situation einzuschätzen. Das können beispielsweise eine Stellungnahme der Hausbank oder betriebswirtschaftliche Auswertungen des Steuerbüros sein.

Tilgung planen

Außerdem möchte das Finanzamt wissen, wie lange der Zahlungsaufschub dauern soll. In der Regel werden Steuerforderungen für maximal ein halbes Jahr gestundet.

Es empfiehlt sich, gleich mit dem Stundungsantrag einen kompletten Tilgungsplan einzureichen. So hat man immerhin die Chance darauf, die aufgeschobenen Zahlungsfristen selbst zu strukturieren. Außerdem zeigt es den Beamtinnen und Beamten, dass man sich mit der Stundung ernsthaft beschäftigt hat. Dabei sollte die geplante Tilgung so kurz wie realistisch möglich ausfallen.

Besonders aussichtsreich: Antrag auf Verrechnungsstundung

In bestimmten Fällen muss der Stundungsantrag nicht mit der persönlichen oder betrieblichen Situation begründet werden. Eine absehbare Steuerrückzahlung lässt sich für einen Stundungsantrag nutzen, um anstehende, andere Steuerzahlungen zu vermeiden.

In diesem Fall ist der Stundungsantrag eigentlich ein Antrag auf Verrechnung der jetzt fälligen Steuerschuld mit der kommenden Erstattung. Dafür müssen die für den Erstattungsanspruch maßgeblichen Steuerunterlagen, etwa die Jahresumsatzsteuererklärung, dem Finanzamt bereits vorliegen.

Die Stundung ist nicht umsonst

  • In aller Regel müssen Selbstständige dem Finanzamt im Gegenzug zur Stundung Sicherheiten stellen, ähnlich wie bei einem Darlehen. Das können zum Beispiel Bürgschaften sein oder die Sicherungsübereignung von Maschinen oder Fahrzeugen.

  • Außerdem werden Stundungszinsen berechnet. Sie betragen 0,5 Prozent des auf volle 50 Euro abgerundeten gestundeten Steuerbetrages für jeden vollen Monat. Das entspricht einem Jahreszins von 6 Prozent. Nur in Ausnahmefällen verzichtet die Finanzverwaltung auf Zinsen.

  • Aber auch so spart man mit der Stundung Geld, denn als Säumniszinsen verlangt das Finanzamt ein Prozent der Forderung pro Monat. Außerdem entfällt das Risiko der Zwangsvollstreckung.

Rechtzeitig handeln, bevor die Forderung fällig wird!

Für die Finanzverwaltung gibt es keine rückwirkende Stundung. Das bedeutet: Die Stundung sollte beantragt werden, bevor die Steuerforderung fällig wird – also vor dem Termin, der im Steuerbescheid unter „zu zahlen bis“ oder als Datum der Vorauszahlungen genannt ist.

Wenn Sie schon bei Abgabe einer Steuererklärung absehen, dass Sie die Steuern überfordern werden, können Sie bereits zu diesem Zeitpunkt einen Stundungsantrag stellen.

Stundung der Gewerbesteuer: Gemeinde kann zuständig sein

Die Gewerbesteuer oder Gewerbesteuervorauszahlung ist ein Sonderfall. Die Gewerbesteuererklärung geht zwar ans Finanzamt. Doch der Gewerbesteuerbescheid kommt in der Regel von der zuständigen Gemeinde, die ja auch die Gewerbesteuereinnahmen erhält. Dann ist der Antrag auf eine Gewerbesteuer-Stundung ebenfalls an die Gemeindeverwaltung zu stellen. Auch in diesem Fall gelten die Stundungsregelungen der Abgabenordnung: Ob der Antrag bewilligt wird, liegt im Ermessen der zuständigen Sachbearbeitenden. Sie werden in der Regel auf Sicherheiten bestehen und Stundungszinsen berechnen.

In manchen Gemeinden ist das Finanzamt für die Festsetzung und Erhebung der Gewerbesteuer zuständig. Dann wird dort in der Regel auch ein Stundungsantrag bearbeitet. Im Zweifel kann man beim Fiskus erfragen, wo die Stundung beantragt werden sollte.

Außerdem: Herabsetzung der Vorauszahlung beantragen

Eine sinnvolle Alternative oder Ergänzung zur Stundung kann ein Antrag auf Herabsetzung der Steuervorauszahlungen sein. Die Geschäfte laufen nachweislich unerwartet schlecht, zum Beispiel aufgrund der flauen Konjunktur oder aus anderen, nicht selbst verschuldeten Gründen? Dann kann das Finanzamt auch mitten im Jahr die Umsatzsteuer-, Einkommensteuer-, Körperschaftssteuer und/oder Gewerbesteuervorauszahlungen niedriger ansetzen, da sich ein niedrigerer Gewinn oder Umsatz abzeichnet als gedacht.

Stundung abgelehnt? Antrag auf Vollstreckungsaufschub

Das Finanzamt will seine Steuerforderung nicht stunden, doch Ihnen fehlen die Mittel dafür? Dann bleibt noch die Möglichkeit, Vollstreckungsaufschub und damit den einstweiligen Verzicht auf Pfändung oder andere Zwangsvollstreckungsmittel zu beantragen. Das ist möglich, wenn ein Einspruch eingelegt und vom Finanzamt abgelehnt wurde, so dass ein Vollstreckungstitel vorliegt.

Auch für diesen Antrag sollten Sie beispielsweise nachweisen können, dass die Vollstreckung das Aus Ihres Unternehmens bedeuten würde. Außerdem von Vorteil: Ein Tilgungsplan, der die Finanzbeamtinnen und Beamten davon überzeugt, dass sie trotzdem an das Geld kommen. Leicht zu erreichen ist die Aussetzung der Vollstreckung meist nicht.

Stundung der Sozialversicherungsbeiträge

Ein zweiter unangenehmer Gläubiger sind die gesetzlichen Krankenkassen beziehungsweise die Einzugsstellen der Sozialversicherung.

  • Freiwillig gesetzlich krankenversicherte Selbstständige verlieren ihre Leistungsansprüche, wenn Beitragsanteile aus zwei oder mehr Monaten unbezahlt bleiben. Dann besteht nur noch Anspruch auf Akutbehandlungen. Außerdem drohen Säumniszuschläge. Und natürlich gibt es selbst bei entsprechender Zusatzversicherung kein Krankengeld.

    Immerhin: Früher drohte Selbstständigen bei verzögerten Einkommensangaben die Festsetzung des Höchstbeitragssatzes, was schnell zu Beitragsschulden führte. Diese Gefahr ist seit einigen Jahren deutlich geringer. Mehr dazu: „Gesetzliche Krankenversicherung: Kasse muss verspätete Einkommensnachweise akzeptieren“.

  • Noch viel brisanter sind Beitragsschulden, die die Sozialversicherung der Beschäftigten betreffen. Dann drohen nicht nur Säumniszuschläge in Höhe von einem Prozent pro angefangenem Monat sowie Mahngebühren. Vor allem ist das Nichtabführen der Arbeitnehmerbeiträge eine Straftat („Vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsentgelt“, § 266a StGB). Neben Geldstrafen sind Freiheitsstrafen bis zu fünf Jahren möglich.

Stundung durch die Einzugsstellen

  • Schon aufgrund des rechtlichen Risikos sind Arbeitgeber gut beraten, sich rechtzeitig zu kümmern. Kann man die Sozialversicherungsbeiträge absehbar nicht fristgemäß überweisen, sollte man vor dem Fälligkeitstermin Kontakt zur Einzugsstelle aufnehmen.

  • Auch die Sozialversicherungsträger dürfen Beitragsforderungen stunden. Dazu ist wie im Fall des Finanzamts ein Antrag erforderlich. Er sollte nicht nur zeigen, dass ein Liquiditätsengpass besteht. Wichtig ist auch die Begründung, warum er nur zeitweiliger Natur ist.

  • Eine rückwirkende Stundung ist auch in diesem Fall ausgeschlossen – ein Grund mehr, sich frühzeitig zu melden.

  • Zunächst einmal entscheiden die Krankenkassen als Einzugsstellen darüber, ob die Stundung gewährt wird.

  • Sobald die Beitragsschulden mehr als zwei Monate betreffen und der Betrag die jährliche Bezugsgröße übersteigt (für 2026: 3.955 Euro monatlich bzw. 47.460 Euro pro Jahr) entscheiden Krankenkasse, Deutsche Rentenversicherung und die Bundesagentur für Arbeit gemeinsam über weitere Stundungen.

  • Wie die Finanzverwaltung berechnen auch die Sozialversicherungsträger im Normalfall Stundungszinsen und verlangen Sicherheiten. Der Zinssatz liegt ebenfalls bei 0,5 Prozent pro Monat, zur Berechnung wird der Betrag auf volle 50 Euro abgerundet.

  • Rechtsgrundlage für Beitragsstundung ist das Sozialgesetzbuch (§ 76 SGB IV).

Auch in diesem Fall: Antrag gut begründen, Tilgungsplan vorschlagen

Genau wie gegenüber dem Finanzamt sollte man einen Stundungsantrag an die Einzugsstellen sorgfältig begründen. Auch hier geht es darum, klarzumachen, dass man …

  • die fälligen Beiträge derzeit tatsächlich nicht begleichen kann,

  • die Gründe nicht selbst verschuldet hat und

  • begründete Aussicht auf Besserung der Liquidität besteht.

Stundung nicht verschleppen

Versäumt ein Arbeitgeber trotz offener Beitragsforderungen den Stundungsantrag, oder kann er die Einzugsstellen nicht von der Aussicht auf Besserung seiner Liquidität überzeugen, muss er mit Zwangsvollstreckungsmaßnahmen rechnen. Gehen diese ins Leere, droht ein Gläubigerantrag auf Insolvenz durch die Sozialversicherungsträger.

Vorteile der Stundung

Der Schutz vor möglicher Strafverfolgung ist nur einer der Vorteile einer Stundungsvereinbarung mit den Sozialversicherungsträgern. Darüber hinaus schützt sie vor Zwangsvollstreckung und verschafft eine Atempause. Und sie spart Geld: Statt Säumniszuschlägen von einem Prozent monatlich werden nur Stundungszinsen von 0,5 Prozent berechnet.

Außerdem ist bei einer geltenden Vereinbarung trotz der noch nicht beglichenen Beiträge eine Unbedenklichkeitsbescheinigung und damit die Teilnahme an öffentlichen Auftragsvergaben möglich. Mehr dazu im Beitrag „Unbedenklichkeitsbescheinigung: Wozu? Und wie bekommt man sie?

 

Lektüretipps

Weiterführende Informationen zu Rechts- und Businessthemen finden Sie im orgaMAX-Blog und im Newsletter-Archiv:

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