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Rechnung mit zu hoher Umsatzsteuer? Keine Steuerschuld mehr bei Endverbrauchern

20. Mär. 2024
8 MIN

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Überhöhte Umsatzsteuer auf der Rechnung muss dem Finanzamt dann auch bezahlt werden – das galt lange. Nun hat sich die Rechtslage geändert, wenn die Rechnung an einen Verbraucher ging: In dem Fall führen Umsatzsteuerfehler nicht mehr dazu, dass sich die Steuerpflicht erhöht.

 

Aus Versehen 19 % statt 7 % USt berechnet? Oder Umsatzsteuer für eine Kleinunternehmer-Leistung?

Bis vor Kurzem galt: eine Rechnung, auf der unberechtigt viel Umsatzsteuer berechnet wurde, brachte dem Unternehmer eine entsprechende Steuerschuld ein: Er musste den überhöhten Umsatzsteuerbetrag dann auch ans Finanzamt abführen.

  • Das galt zum einen, wenn der Umsatzsteuersatz zu hoch war: Etwa, wenn auf den Preis von Zeitschriften, Kuhmilch oder eines selbst erstellten Designs 19 Prozent Umsatzsteuer statt dem ermäßigten Umsatzsteuersatz von 7 Prozent aufgeschlagen wurden (§ 14c Abs. 1 UStG).
  • Die Steuerpflicht galt auch, wenn ein umsatzsteuerlicher Kleinunternehmer eine Rechnung mit Umsatzsteuer ausstellte, obwohl auf seine Lieferungen oder Dienstleistungen gar keine Umsatzsteuer anfällt (§ 14c Abs. 2 UStG).

Nun hat sich die Rechtslage in einem Punkt geändert. Ob das Finanzamt die unkorrekt ausgewiesene Umsatzsteuer beanspruchen kann, hängt jetzt vom Status des Rechnungsempfängers ab.

 

Entwarnung, wenn die Rechnung an einen Verbraucher ging

Ging die Rechnung an einen Endverbraucher, muss der Unternehmer den zu hohen Umsatzsteueranteil nicht abführen.

Das hat der Europäische Gerichtshof vor einiger Zeit entschieden. Das Urteil betraf einen Fall aus Österreich, wo die Sache analog zur deutschen Rechtslage gehandhabt wurde (EuGH, 08.12.2022 - C-378/21). Zur Begründung führte der EuGH an, dass ein Verbraucher sich den überhöhten Umsatzsteuerbetrag aus der fehlerhaften Rechnung vom Fiskus nicht als Vorsteuer erstatten lassen kann. Da dem Staat kein finanzieller Nachteil droht, kann der nicht verlangen, dafür kompensiert zu werden.

Davor führte eine Rechnung mit zu hohem oder unberechtigtem Umsatzsteuerbetrag nach deutschem Steuerrecht in jedem Fall zu einer entsprechenden Steuerschuld. So wurde es vom Bundesfinanzhof noch 2018 bestätigt (BFH, 13.12.2018 – V R 4/18). Dieses Urteil hat nun keine Bedeutung mehr.

Die Finanzverwaltung hat die EuGH-Auslegung der europäischen Umsatzsteuerrichtlinie offiziell übernommen. Der § 14c UStG sei „unionsrechtskonform einschränkend auszulegen“, ließ das Bundesfinanzministerium wissen (BMF-Schreiben vom 27. O2.2024, III C 2 - S 7282/19/10001 :002).

 

Vier Anmerkungen zur neuen Regelung:

  • Wenn die überhöhte Umsatzsteuer-Angabe nicht zu einer höheren Umsatzsteuer führt, weil die Rechnung einem Verbraucher ausgestellt wurde, dann muss die Umsatzsteuererklärung bzw. Umsatzsteuervoranmeldung nicht berichtigt werden.
  • Die Beweispflicht dafür, dass der Rechnungsempfänger Verbraucher war, liegt beim Unternehmer, der die Rechnung ausgestellt hat.
  • Wenn der Adressat der Rechnung sein Geld zwar als Unternehmer verdient, die Lieferung oder die Dienstleistung jedoch privat für den „nichtunternehmerischen Bereich“ geordert hat, dann zählt er bei falsch ausgewiesener Umsatzsteuer wie jeder andere Endverbraucher.
  • Die Änderung gilt auch bei Kleinbetragsrechnungen bis 250 Euro.

 

Keine Entwarnung, wenn die Rechnung an ein nicht vorsteuerabzugsberechtigtes Unternehmen geht

Folgt man der Logik des EuGH-Urteils, dann sollten Umsatzsteuer-Irrtümer nicht nur in Rechnungen an Verbraucher folgenlos bleiben, sondern auch dann, wenn der Adressat zwar ein Unternehmen ist, dieses aber keine Vorsteuer geltend machen kann. Das gilt für Rechnungsadressaten, die die Kleinunternehmerregelung nutzen oder die selbst keine Umsatzsteuer berechnen dürfen, wie Arztpraxen oder Versicherungsmakler.

Dieser Logik verweigert sich die Finanzverwaltung jedoch. Im BMF-Schreiben hält sie daran fest, dass die Steuerschuld nur entfällt, wenn die Rechnung an einen Verbraucher gerichtet war. Das Urteil könne „nicht auf Fälle übertragen werden, in denen die fragliche Rechnung an einen Unternehmer für dessen unternehmerischen Bereich erteilt worden ist“ – unabhängig von dessen umsatzsteuerlichem Status.

Ob diese Position einer rechtlichen Überprüfung durch die Finanzgerichtet standhält, kann man nur abwarten: einstweilen ist sie Vorgabe für die Finanzämter.

 

Keine Entwarnung, wenn ein Nicht-Unternehmer eine Rechnung mit Umsatzsteuer stellt

§ 14c UStG schreibt auch in weiteren Fällen eine Umsatzsteuerschuld für unberechtigt aufgeschlagene Umsatzsteuer fest:
  • Ein Nichtunternehmer stellt eine Rechnung mit Umsatzsteuer auf – zum Beispiel ein Privatmann, der sein Auto als Gebrauchtwagen verkauft und dem Käufer 19 Prozent Mehrwertsteuer berechnet.
  • Ein Unternehmer stellt eine Rechnung aus, hat aber die entsprechende Dienstleistung gar nicht erbracht oder die Ware nicht geliefert. Auch in diesem Fall schuldet er dem Fiskus die in der Rechnung angegebene Umsatzsteuer.

In diesen Konstellationen muss der Aussteller der Rechnung auch in Zukunft die darin enthaltene Umsatzsteuer ans Finanzamt abführen. Das hält das BMF-Schreiben eindeutig fest.

 

Beste Lösung: Schnelle Rechnungskorrektur

Wer eine Rechnung mit zu hoher Umsatzsteuer verschickt, dann jedoch …

  • den Fehler rechtzeitig erkennt,
  • die nicht korrekte Rechnung storniert,
  • eine korrigierte Rechnung ausstellt,
  • falls nötig eine Berichtigung bei der nächsten Umsatzsteuervoranmeldung oder in der nächsten Umsatzsteuererklärung vornimmt,
  • bereits bezahlte, überhöhte Umsatzsteuer an den Kunden zurücküberweist und
  • den Rechnungsempfänger nötigenfalls dazu bringt, die zu viel erstattete Vorsteuer ans Finanzamt zurückzuzahlen,

… ist damit aus dem Schneider.

Das gilt selbst dann, wenn der Rechnungsadressat Unternehmer ist.

Es liegt auf der Hand, dass eine schnelle Rechnungskorrektur – vor der Bezahlung der Rechnung sowie vor der eigenen Umsatzsteuervoranmeldung und der des Kunden – Aufwand erspart, da in diesem Fall außer der Rechnung nichts berichtigt und nichts zurücküberwiesen werden muss.

Die Berichtigung der Umsatzsteuer darf erst dann erfolgen, wenn die korrigierte Rechnung ausgestellt wurde. Anders ausgedrückt: Eine zurückliegende Voranmeldung oder Steuererklärung, die den fehlerhaften Umsatzsteueranteil enthält, wird nicht nachträglich korrigiert.

 

Zwei Varianten der Rechnungskorrektur

Hat der Kunde die fehlerhafte Rechnung bereits bezahlt, gibt es grundsätzlich zwei Möglichkeiten. Für die Umsatzsteuer ergeben sie einen Unterschied:

  • Angenommen, der Netto-Rechnungswert betrug 1.000 Euro. An Umsatzsteuer wurden irrtümlich 19 Prozent statt 7 Prozent aufgeschlagen, so dass der Brutto-Rechnungsbetrag bei 1.190 Euro lag. Dieser wurde vom Kunden, einem Unternehmer, bezahlt.
    Nachdem der Fehler aufgefallen ist, wird die Rechnung korrekt mit einem Umsatzsteuerbetrag von 70 Euro neu ausgestellt. Der Kunde hat also 120 Euro zurückzubekommen – und erst danach verringert sich die Umsatzsteuerschuld des Rechnungsausstellers von 190 Euro auf 70 Euro.
  • Einfacher ist die Sache, wenn bei der Neuausstellung der bereits bezahlten, fehlerhaften Rechnung der korrekte Rechnungsbetrag aus dem Brutto-Betrag herausgerechnet wird. In diesem Fall muss nichts rückerstattet werden, da der Brutto-Betrag gleichbleibt. Gleichzeitig steigt der Netto-Rechnungsbetrag von 1.000 Euro auf 1.112,15 Euro, denn 7 % von 1.190 Euro belaufen sich auf 77,85 Euro.
    Diese Variante ist für den ausstellenden Unternehmer angenehmer, da die berichtigte Rechnung vom Finanzamt direkt anerkannt wird. Für seinen Kunden ist die Sache dagegen ärgerlich, denn für ihn hat sich die Lieferung oder Dienstleistung nachträglich um 112,15 Euro verteuert.

Die Unterscheidung findet sich im Umsatzsteueranwendungserlass (14c.1 Abs. 5 Beispiel UStAE). Sie gilt ausdrücklich weiterhin.

 

Im Zweifel hilft Expertenrat: Das deutsche Umsatzsteuerrecht ist mehr als kompliziert. Besprechen Sie Unklarheiten und Zweifelsfragen mit Ihrer Steuerberaterin oder Ihrem Steuerberater.

 

 

Umsatzsteuer- und Rechnungs-Basics zum schnellen Einlesen:

 

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