Überhöhte Umsatzsteuer auf der Rechnung muss dem Finanzamt dann auch bezahlt werden – das galt lange. Nun hat sich die Rechtslage geändert, wenn die Rechnung an einen Verbraucher ging: In dem Fall führen Umsatzsteuerfehler nicht mehr dazu, dass sich die Steuerpflicht erhöht.
Bis vor Kurzem galt: eine Rechnung, auf der unberechtigt viel Umsatzsteuer berechnet wurde, brachte dem Unternehmer eine entsprechende Steuerschuld ein: Er musste den überhöhten Umsatzsteuerbetrag dann auch ans Finanzamt abführen.
Nun hat sich die Rechtslage in einem Punkt geändert. Ob das Finanzamt die unkorrekt ausgewiesene Umsatzsteuer beanspruchen kann, hängt jetzt vom Status des Rechnungsempfängers ab.
Ging die Rechnung an einen Endverbraucher, muss der Unternehmer den zu hohen Umsatzsteueranteil nicht abführen.
Das hat der Europäische Gerichtshof vor einiger Zeit entschieden. Das Urteil betraf einen Fall aus Österreich, wo die Sache analog zur deutschen Rechtslage gehandhabt wurde (EuGH, 08.12.2022 - C-378/21). Zur Begründung führte der EuGH an, dass ein Verbraucher sich den überhöhten Umsatzsteuerbetrag aus der fehlerhaften Rechnung vom Fiskus nicht als Vorsteuer erstatten lassen kann. Da dem Staat kein finanzieller Nachteil droht, kann der nicht verlangen, dafür kompensiert zu werden.
Davor führte eine Rechnung mit zu hohem oder unberechtigtem Umsatzsteuerbetrag nach deutschem Steuerrecht in jedem Fall zu einer entsprechenden Steuerschuld. So wurde es vom Bundesfinanzhof noch 2018 bestätigt (BFH, 13.12.2018 – V R 4/18). Dieses Urteil hat nun keine Bedeutung mehr.
Die Finanzverwaltung hat die EuGH-Auslegung der europäischen Umsatzsteuerrichtlinie offiziell übernommen. Der § 14c UStG sei „unionsrechtskonform einschränkend auszulegen“, ließ das Bundesfinanzministerium wissen (BMF-Schreiben vom 27. O2.2024, III C 2 - S 7282/19/10001 :002).
Folgt man der Logik des EuGH-Urteils, dann sollten Umsatzsteuer-Irrtümer nicht nur in Rechnungen an Verbraucher folgenlos bleiben, sondern auch dann, wenn der Adressat zwar ein Unternehmen ist, dieses aber keine Vorsteuer geltend machen kann. Das gilt für Rechnungsadressaten, die die Kleinunternehmerregelung nutzen oder die selbst keine Umsatzsteuer berechnen dürfen, wie Arztpraxen oder Versicherungsmakler.
Dieser Logik verweigert sich die Finanzverwaltung jedoch. Im BMF-Schreiben hält sie daran fest, dass die Steuerschuld nur entfällt, wenn die Rechnung an einen Verbraucher gerichtet war. Das Urteil könne „nicht auf Fälle übertragen werden, in denen die fragliche Rechnung an einen Unternehmer für dessen unternehmerischen Bereich erteilt worden ist“ – unabhängig von dessen umsatzsteuerlichem Status.
Ob diese Position einer rechtlichen Überprüfung durch die Finanzgerichtet standhält, kann man nur abwarten: einstweilen ist sie Vorgabe für die Finanzämter.
In diesen Konstellationen muss der Aussteller der Rechnung auch in Zukunft die darin enthaltene Umsatzsteuer ans Finanzamt abführen. Das hält das BMF-Schreiben eindeutig fest.
Wer eine Rechnung mit zu hoher Umsatzsteuer verschickt, dann jedoch …
… ist damit aus dem Schneider.
Das gilt selbst dann, wenn der Rechnungsadressat Unternehmer ist.
Es liegt auf der Hand, dass eine schnelle Rechnungskorrektur – vor der Bezahlung der Rechnung sowie vor der eigenen Umsatzsteuervoranmeldung und der des Kunden – Aufwand erspart, da in diesem Fall außer der Rechnung nichts berichtigt und nichts zurücküberwiesen werden muss.
Die Berichtigung der Umsatzsteuer darf erst dann erfolgen, wenn die korrigierte Rechnung ausgestellt wurde. Anders ausgedrückt: Eine zurückliegende Voranmeldung oder Steuererklärung, die den fehlerhaften Umsatzsteueranteil enthält, wird nicht nachträglich korrigiert.
Hat der Kunde die fehlerhafte Rechnung bereits bezahlt, gibt es grundsätzlich zwei Möglichkeiten. Für die Umsatzsteuer ergeben sie einen Unterschied:
Die Unterscheidung findet sich im Umsatzsteueranwendungserlass (14c.1 Abs. 5 Beispiel UStAE). Sie gilt ausdrücklich weiterhin.
Im Zweifel hilft Expertenrat: Das deutsche Umsatzsteuerrecht ist mehr als kompliziert. Besprechen Sie Unklarheiten und Zweifelsfragen mit Ihrer Steuerberaterin oder Ihrem Steuerberater. |
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